[175] 1. Wenn ich auch nicht will, man solle glauben, dass die Körper der sichtbaren Welt in der bisher beschriebenen Weise gebildet worden, und ich dies schon früher gesagt habe, so muss ich doch diese Hypothese hier zur Erklärung dessen, was auf der Erde geschieht, noch beibehalten. Wenn ich, wie ich hoffe, klar gezeigt haben werde, dass die Ursachen aller natürlichen Dinge nur auf diesem Wege und auf keinem anderen möglich sind, so möge man daraus mit Recht folgern, ihre Natur sei derart, als wären sie wirklich so erzeugt worden.
2. Wir wollen deshalb annehmen, dass die von uns bewohnte Erde einst nur aus Stoff ersten Elementes bestanden wie die Sonne, obgleich sie viel kleiner ist, und dass sie einen grossen Wirbel um sich hatte, in dessen Mittelpunkt sie sich befand. Da indess die gerieften Theilchen[175] und die übrigen, und zwar nicht die allerkleinsten Stückchen dieses Stoffes ersten Elementes aneinanderhingen und so sich gegen den Stoff dritten Elementes wendeten, so entstanden daraus zunächst dunkle Flecken auf der Oberfläche der Erde, wie wir solche an der Sonne entstellen und vergehen sehen. Sodann bildeten die Theilchen dritten Elementes, die bei dieser fortgehenden Auflösung dieser Flecken zurückblieben und sich in dem benachbarten Himmel verbreiteten, dort im Laufe der Zeit eine grosse Masse Luft oder Aether. Als endlich dieser Aether sehr gross wurde, haben sich dichtere Flecken um die Erde gebildet und sie ganz bedeckt und verdunkelt. Indem sie so sich nicht mehr auflösen konnten, und vielleicht viele über einander lagen, und zugleich die Kraft des die Erde enthaltenden Wirbels abnahm, so ist sie endlich mit den Flecken und der ganzen Luft, welche sie einschloss, in den grösseren Wirbel gefallen, dessen Mittelpunkt die Sonne ist.
3. Betrachten wir die Erde noch vor diesem Fall nach der Sonne, aber zu einer Zeit, wo dieser bald eintreten wird, so lassen sich drei sehr verschiedene Abtheilungen an ihr unterscheiden. Die erste und Innerste davon J
[Fig. 27] enthält nur Stoff ersten Elementes, der sich da nur so wie in der Sonne bewegt und von keiner anderen Natur ist, nur etwas weniger rein; denn das, was aus der Sonne fortwährend in ihre Flecken übergeht, kann sich nicht so bei der Erde entfernen. Ich würde deshalb den ganzen Raum J blos von Stoff dritten Elementes angefüllt annehmen, wenn nicht daraus folgte, dass dann die Erde der Sonne, wegen ihrer zu grossen Dichtigkeit, nicht so nahe bleiben könnte, als es der Fall ist.[176]
4. Der mittlere Theil M ist ganz von einem dunklen und dichten Körper ausgefüllt; denn da dieser Körper aus den kleinsten mit einander verbundenen Theilchen besteht (die früher zu dem ersten Element gehörten), so sind nur so kleine Gänge in ihm geblieben, dass blos jene gerieften, oben beschriebenen Theilchen und anderen Regler ersten Elementes hindurch können. Dies bestätigt die Erfahrung bei den Sonnenflecken, die von der Natur wie der Körper M sind und nur noch dünner und weniger dicht und doch den Durchgang des Lichtes verhindern, was nicht möglich wäre, wenn ihre Gänge so weit wären, dass sie die Kügelchen zweiten Elementes hindurchlassen könnten. Denn wenn diese Gänge, als der Stoff noch flüssig und weich war, sich gebildet hätten, so wären sie unzweifelhaft gerade und bequem genug, um das Licht in seiner Wirksamkeit nicht zu hindern.
5. Diese beiden inneren Theile der Erde haben wenig Beziehung auf uns, weil bis jetzt Niemand lebend zu ihnen gelangt ist. Es bleibt blos der dritte Theil, und wir werden später zeigen, dass daraus alle Körper, welche uns hier umgeben, entstehen konnten. Jetzt nehmen wir ihn nur als eine grosse Masse Von Theilchen dritten Elementes, die viel Himmelsstoff um sich haben, und deren Natur aus der Art ihrer Entstehung erkannt werden kann.
6. Denn da sie aus der Auflösung der Flecken entstanden sind, die ans den kleinsten Abreibungsstückchen ersten Elementes bestanden, so muss jedes Theilchen aus mehreren solchen Stückchen bestehen und gross genug sein, um den Stoss der um sie bewegten Kügelchen zweiten Elementes auszuhalten; denn die, welche dies nicht[177] vermochten, wurden wieder in zweites oder erstes Element aufgelöst.
7. Allein wenn sie auch den Kügelchen zweiten Elementes widerstehen, so geben doch die einzelnen Stückchen, aus denen sie bestehen, jenen nach, und deshalb werden sie durch die Begegnung mit jenen immer etwas verändert.
8. Und da diese Stückchen ersten Elementes verschieden gestaltet sind, so konnten sie sich nie so genau zu einem Theilchen dritten Elementes verbinden, ohne dass nicht viele sehr enge Gänge in ihnen blieben, die nur für den feinsten Stoff ersten Elementes zum Durchgang geeignet waren. Wenn daher diese Theilchen auch grösser als die Himmelskügelchen sind, so sind sie doch nicht so dicht und nicht so grosser Bewegung fähig. Dazu kommt, dass sie sehr unregelmässige und zur Bewegung weniger geeignete Gestalten haben als jene Kügelchen mit ihrer Kugelgestalt. Denn da die Stückchen, aus denen sie bestehen, auf unzählige Weise mit einander verbunden sind, so müssen sie sich in Grösse, Dichtigkeit und Gestalt sehr unterscheiden, und sie müssen in Gestalt beinahe alle höchst unregelmässig sein.
9. Auch ist festzuhalten, dass, so lange die Erde wie ein Fixstern sich in ihrem eigenen Wirbel befand und noch nicht zur Sonne herabgefallen war, jene Theilchen dritten Elementes, die sie einhüllten, zwar noch nicht mit einander verbunden, aber doch nicht hier und dorthin in dem Himmel zerstreut waren, sondern sich alle um die Kugel M anhäuften, und hier ein Theilchen sich auf das andere legte. Denn sie wurden von den Kügelchen zweiten Elementes nach dem Mittelpunkt J gestossen, weil diese eine grössere Bewegkraft hatten und deshalb von dem Mittelpunkt sich mehr zu entfernen strebten.
10. Auch waren diese Theilchen, wenn sie sich auch auf einander legten, doch nicht so genau an einander gepasst, um nicht viele Zwischenräume zu lassen, welche von dem Stoff ersten Elementes und auch von den Kügelchen zweiten Elementes ausgefüllt wurden. Dies musste eintreten, da sie sehr unregelmässig und ungleich gestaltet waren und ohne Ordnung sich an einander gehängt hatten.
11. Ferner waren die unteren, diesen Theilchen beigemischten Kügelchen etwas kleiner als die oberen; denn[178] oben ist gezeigt worden, dass sie in der Nähe der Sonne allmählich abnehmen, je näher sie der Sonne sind. Alle jene Kügelchen waren nicht grösser, als die bei der Sonne unterhalb des Merkur; vielleicht waren sie selbst kleiner, weil die Sonne grösser ist, als die Erde je gewesen, und sie deshalb kleiner waren als die, welche jetzt bei uns sind. Denn diese sind grösser als die unterhalb der Merkurbahn, weil sie von der Sonne entfernter sind.
12. Diese Kügelchen haben sich ihre Bahn zwischen den Theilchen dritten Elements bewahrt und sie ihrer Grösse angepasst, so dass nicht leicht etwas grössere Kügelchen hindurch können.
13. Endlich haben vielfach die grösseren und festeren dieser Theilchen dritten Elements kleinere und dünnere um sich gehabt, weil sie sich alle gleichmässig um die Erdachse drehten und wegen ihrer unregelmässigen Gestalt sich leicht aneinander hingen. Wenn auch die dichteren und stärkeren von den umgebenden Kügelchen zweiten Elements stärker nach dem Mittelpunkt gedrängt wurden, so konnten sich doch die dichteren nicht immer von den weniger dichten so frei machen, dass sie unter sie gelangten, vielmehr behielten sie häufig die bei ihrer ersten Bildung bestandene Ordnung.
14. Als dann die Erdkugel mit diesem Unterschied von drei Theilen nach der Sonne fiel (nachdem der Wirbel, in dem sie war, sich verzehrt hatte), so konnte dadurch in dem Innersten und mittleren Theile keine grosse Veränderung entstehen, allein bei dem äusseren mussten sich erst zwei, dann drei, später vier und mehr verschiedene Körper bilden und sondern.
15. Die Entstehung derselben werde ich bald erklären; vorher sind aber drei oder vier Vorgänge, von denen sie bedingt sind, zu betrachten. Der erste ist die Bewegung der Himmelskügelchen im Allgemeinen; der zweite die Schwere; der dritte das Licht; der vierte die Wärme. Unter der allgemeinen Bewegung der Himmelskügelchen verstehe ich ihre fortwährende Beweglichkeit, die so gross ist, dass sie nicht blos jährlich um die Sonne und täglich um die Erde sich drehen, sondern auch noch in mancherlei anderer Weise sich bewegen. Wohin sie sich zu bewegen anfangen, da fahren sie darin nachher in gerader oder möglichst gerader Richtung so lange fort, als sie[179] können. Daher kommt es, dass diese Himmelskügelchen, die den Theilchen dritten Elements, welche alle Körper der dritten Region der Erde bilden, beigemischt sind, verschiedene Wirkungen in ihnen hervorbringen, von denen ich die drei vornehmsten hier erwähnen will.
16. Die erste ist, dass sie alle die Körper auf der Erde durchsichtig machen, welche flüssig sind und aus so dünnen Theilchen dritten Elements bestehen, dass jene Kügelchen sich um sie nach allen Richtungen hin bewegen. Denn da sie durch die Gänge dieser Körper sich fortwährend hier- und dahin bewegen, und sie die Kraft haben, die Lage der Theilchen derselben zu verändern, so bilden sie sich leicht in denselben gerade oder mit den geraden gleich wirksame Wege, die zur Uebertragung der Wirksamkeit des Lichtes geeignet sind. Deshalb finden wir, dass auf der Erde jede reine und aus dünnen Theilchen bestellende Flüssigkeit durchsichtig ist. Denn was das Quecksilber anlangt, so sind dessen Theilchen zu grob, als dass sie die Kügelchen zweiten Elements überall um sich zuliessen; dagegen ist die Dinte, die Milch, das Blut und Aehnliches keine reine Flüssigkeit, sondern mit vielen Stäubchen harter Körper untermischt. Die harten Körper sind aber alle dann durchsichtig, wenn sie bei ihrer Bildung, wo sie flüssig waren, durchsichtig waren, und ihre Theilchen die Lage beibehielten, in die sie durch die Himmelskügelchen versetzt wurden, als diese sich noch um sie bewegten, ehe sie sich aneinander anhingen. Dagegen sind alle Körper dunkel, deren Theilchen[180] durch eine äussere Kraft verbunden und verknüpft worden sind, welche der Bewegung der ihnen beigemischten Himmelskügelchen nicht nachgab. Denn wenn auch in diesen Körpern viele Gänge zurückgeblieben sind, in denen die Himmelskügelchen sich hier- und dahin bewegen, so sind doch diese Gänge an vielen Stellen unterbrochen oder verschlossen und deshalb zur Ueberführung der Wirksamkeit des Lichtes, was gerade oder den geraden gleich geltende Wege fordert, nicht geeignet.
17. Um hier zu erkennen, wie die harten Körper genügende Wege für den Durchgang des von allen Seiten kommenden Lichtes haben können, stecke man Obst oder andere genügend grosse Kugeln mit weicher Oberfläche in ein Tuch und ziehe dies so eng zusammen, dass das Obst aneinander klebt and nur gleichsam einen Körper bildet. Mag man nun diesen Körper drehen, wie man will, immer wird er Gänge in sich haben, durch welche die feinen Schrotkörnchen von Blei, welche man über ihn schüttet, nach dem Mittelpunkt der Erde vermöge ihrer Schwere leicht herabdrängen in Linien, die den geraden hier gleich sind, und er wird so das Beispiel eines durchsichtigen, festen und harten Körpers abgeben. Denn die Himmelskügelchen brauchen in den irdischen Körpern nicht zahlreichere und geradere Wege zu finden, um ihre Lichtstrahlen hindurchzusenden, als die, durch welche die Bleikügelchen zwischen jenem Obste hinabdringen.
18. Die zweite Wirkung ist, dass, wo die Theilchen zweier oder mehrerer irdischer Körper, vorzüglich flüssiger, verworren verbunden sind, die Himmelskügelchen die einen von den anderen entweder absondern und sie in verschiedene Körper zerlegen oder bei anderen beide enger mischen und so herstellen, dass jeder Tropfen der[181] so gemischten Flüssigkeit dem anderen gleich ist. Denn wenn die Himmelskügelchen bei ihren Gängen durch die flüssigen Körper Theilchen dritten Elements begegnen, so stossen sie sie so lange, bis sie mit den anderen sich so geordnet und gestellt haben, dass sie ihren Durchgang nicht mehr als die übrigen behindern, oder, wenn dies nicht angeht, bis sie sie von den übrigen getrennt haben. So stösst der Most die Hefen nicht blos nach unten oder oben (was man von der Schwere oder Leichtigkeit ableiten könnte), sondern auch nach den Seiten des Gefasses, und der ausgegohrene Wein ist durchsichtig, obgleich er noch ans verschiedenen Theilchen besteht, und er ist auf dem Boden nicht dicker oder dichter als auf der Oberfläche. Dasselbe ist bei den übrigen reinen Flüssigkeiten anzunehmen.
19. Die dritte Wirkung der Himmelskügelchen ist, dass sie die in der Luft oder einer anderen Flüssigkeit schwebenden Tropfen des Wassers oder sonst einer Flüssigkeit abrunden, wie ich schon in der Abhandlung über die Meteore dargelegt habe. Denn da. diese Himmelskügelchen ganz andere Wege in dem Wassertropfen als in der umgebenden Luft nehmen und sich immer gerade oder möglichst gerade bewegen, so werden offenbar die in der Luft befindlichen durch die Bewegung des Wassertropfens dann weniger in ihrer von der geraden möglichst wenig abweichenden Bewegung gehindert, wenn der Tropfen ganz kugelförmig ist, als wenn er eine andere Gestalt hat. Steht ein Theil in der Oberfläche dieses Tropfens über die Kugelgestalt hinaus, so werden die durch die Luft strömenden Himmelskügelchen ihn stärker treffen als die anderen, und ihn deshalb nach der Mitte des Tropfens zurückstossen; ist dagegen ein Theil der Oberfläche dem Mittelpunkt näher als die übrigen,[182] so werden die in dem Tropfen selbst enthaltenen Kügelchen ihn stärker von dem Mittelpunkt fortstossen, und somit werden alle zur Kugelform des Tropfens beitragen. Da nun der Winkel der Tangente, um welchen allein die Kreislinie von der geraden absteht, kleiner ist als jeder geradlinige Winkel, und da er nur bei dem Kreise an allen Stellen der Kurve sich gleich ist, so kann die gerade Linie nicht gleichmässiger und für alle Punkte wirksamer sich beugen, als wenn sie in eine Kreislinie sich umwandelt.
20. Die Schwerkraft ist wenig von dieser dritten Wirksamkeit der Himmelskügelchen verschieden. Denn sowie sie durch ihre blosse Bewegung, in der sie nach allen Richtungen ohne Unterschied treiben, alle Theilchen jedes Tropfens gleichmässig nach dem Mittelpunkt drängen und so den Tropfen abrunden, so werden sie auch durch dieselbe Bewegung, wenn sie durch die Begegnung der ganzen Erdmasse an ihrer geradlinigen Bewegung gehindert werden, alle deren Theile nach der Mitte stossen, und darin besteht die Schwere der irdischen Körper.[183]
21. Um ihre Natur vollkommen einzusehen, bemerke man zunächst, dass, wenn alle Räume der Erde, die von ihrem Stoffe nicht besetzt wären, leer wären, d.h. wenn ein nur Körper enthielten, die die Bewegungen anderer Körper weder hinderten noch beförderten (denn nur das kann man unter Leere verstehen), und wenn dabei die Erde sich durch ihre eigene Bewegung in 24 Stunden um ihre Axe drehte, alle ihre Theile, die nicht fest aneinander befestigt wären, von da nach dem Himmel abspringen würden; wie man bei einem Kreisel sieht, dass der auf ihn gestreute Sand sofort nach allen Richtungen sich entfernt und zerstreut. Deshalb würde dann die Erde nicht schwer, sondern vielmehr leicht genannt werden müssen.
22. Da es aber keine solche Leere giebt, und die Erde nicht durch ihre eigene Kraft, sondern durch den sie umgebenden Himmelsstoff, der alle ihre Poren durchdringt, fortgeführt wird, so hat sie Reibst das Verhältniss eines ruhenden Körpers; der Himmelsstoff aber, der ganz in die Bewegung aufgeht, womit er die Erde fortführt, hat keine Kraft der Schwere oder Leichtigkeit, sondern soweit seine Theile mehr Wirksamkeit haben, als sie auf die Bewegung der Erde verwenden, werden sie durch die Begegnung der Erde in der Verfolgung ihrer geradlinigen Bewegung gehemmt werden und sich, soweit sie können, entfernen, und darin bestellt ihre Leichtigkeit.
23. Diese Kraft, mit der die einzelnen Theile des Himmelsstoffes von der Erde sich zu entfernen streben, kann sich nicht äussern, wenn sie nicht bei ihrem Aufsteigen andere irdische Körper, an deren Ort sie eintreten, unter sich drücken und herabstossen. Denn da alle Räume an der Erde entweder von irdischen Körpern oder von Himmelsstoff erfüllt sind, und alle Kügelchen dieses Himmelsstoffes das gleiche Bestreben haben, sich von ihr zu entfernen, so haben die einzelnen keine Kraft, um andere ihresgleichen aus ihrer Stelle zu vertreiben. Dagegen ist dieses Streben in den Theilchen des irdischen Stoffes nicht so vorhanden, und deshalb werden diese Kügelchen, wenn[184] sie dergleichen über sich haben, gegen diese ihre Kraft äussern. Und so wird die Schwere jedes irdischen Körpers nicht von dem ganzen ihn umgebenden Himmelsstoff, sondern nur von dem Theile desselben bewirkt, welche, wenn der Körper berabsteigt, unmittelbar in seinen Ort aufsteigt, und welche mithin seiner Grösse ganz gleich ist. So sei z.B. B [Fig. 27] ein irdischer Körper, der sich mitten in der Luft befindet, und der aus mehr Theilchen dritten Elements besteht, als die ihm in Grösse gleiche Menge Luft, und deshalb weniger und engere, mit Himmelsstoff angefüllte Poren hat. Dann ist klar, dass, wenn dieser Körper nach J herabsteigt, eine gleiche Menge Luft in seinem Platze aufsteigen wird, und da in dieser Luft mehr Himmelsstoff enthalten ist als in jenem Körper, so ist klar, dass sie die Kraft hat, ihn niederzudrücken.
24. Damit diese Rechnung richtig angestellt wird, ist zu beachten, dass in den Gängen des Körpers B ein Himmelsstoff sich befindet, welcher sich mit einer gleichen Menge gleichen Stoffes, der in der Luftmasse enthalten ist, ausgleicht und sie wirkungslos macht; ebenso sind in der Luftmasse eine Menge irdischer Theile, welche sich mit ebensoviel-dergleichen in dem Körper B ausgleichen und deren Wirkung aufheben. Zieht man dies beides ab, so wirkt der Rest des Himmelsstoffes in der Luftmasse auf den Rest der irdischen Stoffe in dem Körper B, und darin allein bestellt dessen Schwere.
25. Auch werden hier unter Himmelsstoff nicht blos[185] die Kügelchen zweiten Elements verstanden, sondern auch der ihnen beigemischte Stoff ersten Elements, und auch darauf sind die irdischen Theilchen zu beziehen, welche, seinem Lauf folgend, sich schneller bewegen, wozu alle die gehören, welche die Luft bilden. Auch hat der Stoff ersten Elements unter sonst gleichen Verhältnissen mehr Kraft, um die irdischen Körper abwärts zu treiben, als die Kügelchen zweiten Elements, weil er stärkere Bewegung hat, und ebenso haben diese aus gleichem Grunde mehr Kraft als die irdischen Theilchen der Luft, die sie mit sich führen. Deshalb kann man nach dem blossen Scheine nicht abnehmen, wie viel irdischer Stoff in einem Körper enthalten ist, und es ist möglich, dass eine Masse Gold, obgleich sie zwanzigmal schwerer ist als die gleiche Masse Wasser, doch nicht mehr als vier- oder fünfmal so viel Stoff enthält, theils weil gleich viel von beiden in Abzug zu bringen ist, wegen der Luft, in der sie schweben, theils auch weil in dem Wasser, wie in allen flüssigen Körpern, wegen der Bewegung seiner Theilchen eine Leichtigkeit in Vergleich zu den harten Körpern enthalten ist. 26. Auch ist zu bedenken, dass zu jeder Bewegung ein Kreis von Körpern gehört, die sich gleichzeitig bewegen, wie oben gezeigt worden, und dass kein Körper sich nach unten bewegt, ohne dass gleichzeitig ein anderer, eben so grosser, aber leichterer sich nach oben bewegt. Daher kommt es, dass selbst in einem tiefen und grossen Gefässe die unteren Tropfen des Wassers oder einer anderen Flüssigkeit von den oberen nicht gedrückt werden; auch die einzelnen Theile des Bodens werden nur von[186] den Tropfen gedrückt, welche senkrecht über ihnen liegen. So wird z.B. in dem Gefäss A B C
[Fig. 28] der Tropfen 1 nicht von denen 2 3 4 über ihn gedrückt. Denn wenn sie nach nuten drängten, müssten andere Tropfen 5 6 7 oder ähnliche in ihre Stelle aufsteigen; aber da sie gleich schwer sind, so hindern sie deren Sinken. Aber die Tropfen 1234 drücken mit gemeinsamer Kraft einen Theil des Bodens B; denn wenn sie sein Fallen bewirken könnten, so würden sie selbst sinken, und an ihre Stelle würden die Theile der Luft 8 9, welche leichter als sie sind, aufsteigen. Aber diese Stelle des Gefässbodens B drücken nur diese Tropfen 1 2 3 4 und andere ihnen gleichgeltende; denn in dem Augenblick, wo dieser Theil B sich senken kann, können ihm nicht mehr folgen. Und so lassen sich unzählige Vorgänge in Bezug auf die Schwere der Körper oder vielmehr, wenn man sagen darf, in Bezug auf ihre Gravitation, welche mit Unrecht den Philosophen wunderbar scheint, sehr leicht erklären.
27. Endlich ist zu bemerken, dass, wenngleich, die Theilchen des Himmelsstoffs gleichzeitig von verschiedenen Bewegungen getrieben werden, doch ihre Wirksamkeiten alle sich so verbinden und in dem Gleichgewicht sind und sich gegenseitig entgegentreten, dass aus dem Gegensatz[187] allein, welchen die Masse der Erde ihren Bewegungen entgegenstellt, sie geneigt sind, sich aus ihrer Nähe und gleichsam aus ihrem Mittelpunkt nach allen Richtungen zu entfernen, so lange nicht eine äussere Ursache hier eine Aenderung herbeiführt. Dergleichen Ursachen kann man sich vorstellen, ob aber deren Wirkung so gross ist, dass sie wahrnehmbar wird, habe ich noch nicht bemerkt.
28. Die Kraft des Lichtes, sofern es sich von der Sonne und den Fixsternen nach allen Seiten des Himmels verbreitet, ist oben genügend erklärt worden; es ist hier nur noch zu bemerken, dass seine von der Sonne kommenden Strahlen die Erdtheilchen verschieden erregen. Denn an sich ist diese Kraft nur ein Druck in der Richtung von der Sonne nach der Erde; aber da diesen Druck nicht alle Theilchen dritten Elements gleichmässig erleiden, sondern jetzt diese, dann jene, und auch jetzt dies Ende des Theilchens, dann jenes, so erhellt, wie daraus verschiedene Bewegungen in diesen Theilchen veranlasst werden. Wenn z.B. A B
[Fig. 30] ein solches Theilchen dritten Elements ist, wie sie den oberen Theil der Erde bilden, und wenn diese einem anderen Theilchen C aufliegt, und zwischen ihnen und der Sonne noch viele andere liegen, wie D E F, so werden diese dazwischen liegenden nicht hindern, dass die Sonnenstrahlen S S das Ende A drücken, aber wohl, dass B nicht gedrückt wird; so wird also das Ende A sinken, und das Ende B sich heben. Da nun diese Theilchen ihre Lage fortwährend ändern, so werden sie sich bald nachher den Sonnenstrahlen nach A entgegenstellen, aber nicht den nach B gehenden, und so wird sich A wieder heben, und B wieder sinken. Dies hat bei allen Theilchen der Erde statt, wohin die Sonnenstrahlen gelangen, und deshalb werden alle von dem Sonnenlicht erregt.
29. Diese Erregung der irdischen Theilchen, mag sie vom Licht oder von einer anderen Ursache kommen, heisst die Wärme, namentlich wenn sie stärker wie gewöhnlich ist und das Gefühl erregt; denn das Wort Wärme wird auf den Gefühlssinn bezogen. Jedes so erregte irdische Theilchen verharrt nachher den Naturgesetzen zufolge in seiner Bewegung, bis es von einer anderen Ursache gehemmt wird, und deshalb dauert die von dem Licht erweckte[188] Wärme immer noch an, wenn auch das Licht beseitigt ist.
30. Diese so von den Sonnenstrahlen angestossenen irdischen Theilchen erregen ihre Nachbarn, zu welchen jene Strahlen nicht gelangen; diese wieder andere, und so fort. Da nun immer eine volle Hälfte der Erde von der Sonne erleuchtet wird, so werden so viele Theilchen dieser Art gleichzeitig erregt, dass die Wärme, obgleich das Licht auf der ersten dunklen Oberfläche aufgehalten wird, doch die von ihm erzeugte Wärme bis zu den inneren Theilen der mittleren Erdregion gelangen muss.
31. Auch können jene irdischen Theilchen, wenn sie von der Wärme mehr als gewöhnlich bewegt sind, nicht in einem so engen Räume bleiben, als wenn sie ruhen oder sich weniger bewegen; denn sie haben unregelmässige Gestalten, die weniger Raum brauchen, wenn sie in bestimmter Weise verbunden ruhen, als wenn sie bei steter Bewegung sich trennen. Deshalb verdünnt die Wärme beinahe alle irdischen Körper, aber den einen mehr als den anderen, je nach der Lage und Gestalt der Theilchen, aus denen sie bestehen.[189]
32. Gehen wir nach Betrachtung dieser Vorgänge zur Erde zurück, wenn sie in die Nähe der Sonne rückt. Ihre oberste Region besteht aus Theilchen dritten Elements, die nicht fest aneinander haften, und dazwischen sind Himmelskügelchen eingemengt, die etwas kleiner sind als die in dem Theile des Himmels, den sie durchläuft, und auch in dem, wo sie hingebt. Offenbarwerden hier diese kleinen Kügelchen den grösseren, welche sie umgeben, ihren Platz räumen, und indem diese grösseren so mit Gewalt in diese Stellen eindringen, werden sie auf viele Theilchen dritten Elements stossen, namentlich auf die dickeren, und sie unter die übrigen herabstossen, wobei die Schwerkraft mit hilft. Indem so die dickeren unter die anderen gestossen werden, werden sie bei ihrer unregelmässigen und unterschiedenen Gestalt sich enger als die oberen mit einander verbinden und die Bewegungen der Himmelskügelchen aufhalten. Dadurch wird die obere Region der Erde, wie sie hier bei A
[Fig. 29] dargestellt ist, sich in zwei sehr verschiedene Körpertheilen, wie sie bei B und G angegeben sind; der obere B ist dünn, flüssig und durchsichtig, der untere G aber mehr dicht, hart und dunkel.
33. Indem so der Körper C sich von dem Körper B blos deshalb geschieden hat, weil seine Theilchen von den Himmelskügelchen herabgedrückt wurden und sich aneinander hängten, wird sich auch noch ein anderer Körper wie D später zwischen diesen beiden erzeugen. Denn die Gestalten der Theilchen dritten Elements, aus denen die Körper B und C bestehen, sind sehr verschieden, wie oben bemerkt worden, und man kann sie hier in drei Hauptarten unterscheiden. Einige haben nämlich gleichsam verschiedene Arme und dehnen sich wie die Bäume oder Aehnliches aus; diese sind es hauptsächlich, die, wenn der Himmelsstoff sie herabstösst, sich aneinander hängen und den Körper O bilden. Andere sind fester und haben bald die Gestalt eines Würfels oder einer Kugel, bald die von eckigem Gemüht; sind sie[190] etwas gross, so sinken sie durch die Schwerkraft unter die anderen; die kleineren aber bleiben mit den ersteren vermengt und besetzen die von diesen verlassenen Stellen. Eine dritte Art endlich ist länglich, ohne Zweige und gleich den Stäbchen; auch diese mengen sich mit den vorigen, wenn sie den hinlänglichen Zwischenraum finden, aber sie hängen sich ihnen nicht leicht an.
34. Hiernach ist die Annahme begründet, dass, als die zweigartigen Theilchen des Körpers C sich zuerst zu verwickeln begannen, die meisten der länglichen sich zwischen ihnen befanden, und dass sie, als die zweigartigen sich mehr und mehr pressten und enger verbanden, sich über sie nach D erhoben haben und dort sich zu einem, von den beiden Körpern B und C sehr verschiedenen Körper D vereinigt haben. So wird in sumpfigen Stellen durch das Betreten der Erde das Wasser aus ihr auggepresst und deckt dann die Oberfläche. Offenbar sind dann auch viele aus dem Körper B herabgefallen, welche die Masse der beiden Körper C und D vergrössern.
35. Wenn nun auch im Anfange nicht blos jene länglichen Theilchen, sondern auch andere, die wie Stücke von zerbrochenen Steinen fest waren, mit den zweigartigen vermengt waren, so erhoben sich diese festeren nicht so leicht wie die länglichen über jene zweigartigen, und geschah es, so sind sie später leicht wieder herabgesunken, denn die länglichen haben unter sonst gleichen Umständen mehr Oberfläche in Verhältniss zur Masse und werden deshalb von der durch die Gänge des Körpers C fliessenden Himmelsmasse leichter herausgetrieben, und wenn sie nach D gelangt sind, so liegen sie der Quere über der Oberfläche des Körpers C und treffen nun schwer Gänge, durch die sie in ihn eingehen könnten.
36. So sammeln sich viele längliche Theilchen dritten Elements bei D, und wenn sie auch anfänglich nicht völlig gleich und ähnlich waren, so hatten sie doch das Gemeinsame, dass sie sich nicht leicht aneinander noch anderen Theilchen dritten Elements an hängen konnten, und dass sie von dem sie umgebenden Himmelsstoff bewegt wurden. Denn wegen dieser Eigenthümlichkeit sind sie aus dem Körper C ausgetreten und haben sich bei D gesammelt. Indem nun hier der Himmelsstoff sie fortwährend umfliesst und sie nach verschiedenen Richtungen treibt, und sie ihre[191] Stellen wechseln, so müssen sie im Laufe der Zeit weich und glatt und möglichst einander gleich werden, so dass man nur zwei Arten an ihnen unterscheiden kann. Denn die dünneren, welche von dem blossen Stoss des Himmelsstoffs sich biegen, legten sich um die dickeren und nicht so biegsamen, und nahmen sie so mit sich. In dieser Verbindung werden diese zwei Arten, die biegsamen und die unbiegsamen, leichter in ihrer Bewegung verharren, als jede Art für sich es vermocht hatte. Deshalb bleiben beide in dem Körper D, und selbst die anfänglich unbiegsamen werden im Laufe der Zeit durch die vielen Anlässe, sich zu biegen, mehr und mehr biegsam, gleich den Schlangen oder kurzen Seilen; dagegen verlieren andere, weil sie niemals gebogen wurden, ihre frühere Biegsamkeit und werden nach Art der Spiesse starr.
37. Auch wird sich der Körper D eher von B und G gesondert haben, als diese beiden fertig gebildet waren, d.h. ehe C so hart war, dass seine Theilchen nicht mehr enger verbunden und von dem Himmelsstoff nach unten ausgestossen werden konnten, und ehe alle Theilchen des Körpers B so geordnet waren, dass sie dem Himmelsstoff überall leichte und gleiche Wege gewährten; es werden deshalb nachher noch viele Theilchen dritten Elements von dem Körper B nach C ausgestossen worden sein. Waren diese Theilchen dichter als die in D angehäuften, so sanken sie unter jene, verbanden sich mit C und blieben je nach ihren Gestalten auf seiner Oberfläche oder drangen in sein Inneres. So wurde der eine Körper C in mehrere getheilt, vielleicht wurden auch einzelne seiner Gegenden ganz flüssig, weil solche Theilchen sich hier gesammelt hatten, deren Gestalt jedes Anhängen verhinderte. Dies Alles kann indess hier nicht weiter auseinandergesetzt werden.
38. Wenn aber Theilchen, die weniger fest als die von D waren, aus B herabfielen, so blieben sie an der Oberfläche von D hängen, und da die meisten von ihnen zweigartig waren, so verbanden sie sich allmählich und bildeten den harten Körper E, der von den flüssigen B und D sehr verschieden war. Dieser Körper E war anfänglich sehr dünn und deckte wie eine Kruste oder Rinde die Oberfläche von D; allmählich wurde er aber dicker, weil neue Theilchen ans B sich mit ihm verbanden, so[192] wie auch aus D, da sie aus D, wie ich gleich darlegen werde, durch die Bewegung der Himmelskügelchen ausgestossen wurden, weil sie den Theilen von D nicht gleich waren. Auch ordneten sich diese Theilchen in den Stellen der Erde anders, wo es Tag oder Sommer war, als in denen, wo es Nacht und Winter war, weil die Wirkungen des Lichtes und der Wärme hier verschieden waren. Was diesem Körper in einem Tage oder in einem Sommer hinzutrat, unterschied sich etwas von dem an dem folgenden Tage oder Sommer hinzukommenden, und so wurde diese Oberfläche der Erde aus verschiedenen übereinandergelegten Krusten oder Rinden gebildet.
39. Es bedurfte auch keiner langen Zeit zur Trennung der oberen Erdregion A in die beiden Körper B und C, und zur Anhäufung vieler länglicher Theilchen nach D zu, und zur Bildung der ersten inneren Kruste des Körpers E. Doch konnten nur in dem Zeiträume von mehreren Jahren die Theilchen des Körpers D sich in die zwei oben beschriebenen Arten sondern, und alle Krusten des Körpers E sich bilden. Denn im Anfange werden die nach D zusammenströmenden Theilchen, das eine dicker und länger als das andere, und noch nicht ganz weich und glatt gewesen sein, sondern sie werden noch etwas rauh gewesen sein, obgleich nicht so sehr, dass sie sich mit den zweigartigen verbunden hätten; sie konnten auch der Länge nach an einem Ende glatter oder eckiger oder dicker als an dem anderen sein. Allein weil sie nicht an einander hingen, konnte der sie stets umfliessende Himmelsstoff sie in Bewegung setzen, und die meisten werden durch das gegenseitige Reiben weich und glatt und von gleicher Dicke und Länge geworden sein. Denn sie gingen durch dieselben Wege hindurch, und eins folgte dem ändern; diese Stellen konnten aber keine grösseren aufnehmen, noch von den kleineren ganz ausgefüllt werden; vielmehr wurden die, welche sich nicht nach der allgemeinen Regel gestalten wollten, durch die Bewegung der Himmelskügelchen allmählich ans D ausgestossen, und ein Theil davon verband sich mit dem Körper C; der grösste Theil aber stieg nach E und B und gewährte dem Körper E den Stoff zu seiner Vergrösserung.
40. Denn wenn die Sonne am Tage oder im Sommer die eine Hälfte des Körpers D durch ihr Licht und Hitze[193] verdünnte, so hatte der Stoff dieser Hälfte zwischen D und E nicht mehr den erforderlichen Platz; auch konnten diese benachbarten Körper bei ihrer Härte nicht aus ihrer Stelle vertrieben werden; deshalb stiegen viele Theilchen dieses Stoffes durch die Poren des Körpers E nach B, die, wenn während der Nacht oder im Winter diese Verdünnung wieder aufhörte, durch ihre Schwere wieder herabkamen. Indess konnten aus vielen Ursachen nicht alle so aus D herausgetretenen Theilchen dritten Elements später in D wieder eintreten. Denn sie traten mit mehr Heftigkeit aus, als sie zurückkamen, weil die ausdehnende Kraft der Hitze grösser ist als die der Schwere. Viele hatten sich deshalb wohl durch die engen Wege von E eine Bahn zum Aufsteigen gemacht, aber sie fanden später keine zur Rückkehr und blieben deshalb auf seiner Oberfläche; andere blieben in den Gängen stecken, indem sie nicht höher konnten, und verschlossen so anderen den Weg zur Rückkehr. Ferner wurden die dünnen und weniger weichen und glatten durch die blosse Bewegung der Himmelskügelchen aus dem Körper D gestossen und drängten anfangs nach E und B aufzusteigen. Hier begegneten sie oft Theilchen dieser Körper, veränderten deshalb oft ihre Gestalt und hingen sich an jene an oder konnten wenigstens nach D nicht zurückkehren. So musste nach vielen Tagen und Jähren ein grösser Theil des Körpers D verzehrt sein, und es konnten nur noch Theilchen der oben beschriebenen zwei Arten in ihm enthalten sein. Dagegen musste E dicht und dick geworden sein, weil beinahe alle von D fortgegangenen Theilchen entweder in seinen Poren staken und ihn dichter machten, oder durch Begegnung mit Theilchen von B
[Fig. 31] sich veränderten, sich mit ihnen verbanden und nach E zurückfielen und so seine Dicke vermehrten. Endlich musste ein weiter Raum F zwischen D und E übrigbleiben, der sich nur mit dem Stoff, aus dem B gebildet war, anfüllen konnte, und dessen dünnste Theilchen deshalb durch die Gänge des Körpers E leicht in die Stellen gelangten, welche die etwas stärkeren, aus D austretenden freigelassen hatten.
41. So blieb der Körper E, obgleich er schwerer und dichter als F und vielleicht auch als D war, doch wegen seiner Härte wie ein Gewölbe über D und F eine Zeit lang ausgespannt. Bei seiner Entstehung hatte er aber sehr[194] viele Gänge, die nach dem Maasse des Körpers D ausgehöhlt waren. Denn als er auf dessen Oberfläche auflag, so musste er jenen Theilchen, welche durch die tägliche Hitze am Tage nach B aufstiegen und des Nachts zurückkehrten, den Durchgang gewähren, und diese erfüllten immer, einander folgend, diese Gänge. Als aber später die Masse des Körpers D abnahm, so füllten seine Theilchen nicht mehr alle diese Wege in E, und es traten andere kleine Theilchen aus B an ihre Stelle, und da diese die Gänge in E nicht genug ausfüllten, und ein Leeres in der Natur nicht möglich ist, so stürzte der Himmelsstoff, der allein alle kleinen Zwischenräume bei den irdischen Körpertheilchen ausfüllen kann, auf sie, veränderte ihre Gestillt, stiess, um sie daraus fortzuführen, und trieb sie so enger mit den anderen zusammen. So konnte es leicht kommen, dass in einzelnen von einander getrennten Theilen des Körpers E sich Spalten bildeten, welche allmähliche immer grösser wurden. Aehnlich öffnen sich im Sommer in der Erde viele Spalten, wenn die Sonne sie austrocknet, und sie werden immer weiter, je länger die Trockenheit anhält.
42. Da indess viele solche Spalten in dem Körper E [Fig. 31] waren und immer zunahmen, so hingen zuletzt seine Theile so wenig an einander, dass sie sich nicht länger wie ein Gewölbe über F und B erhalten konnten; er brach deshalb zusammen und fiel durch seine Schwere auf die Oberfläche von C. Dessen Oberfläche war indess nicht gross genug, um alle diese an einander stossenden und ihre frühere Lage behaltenden Bruchstücke aufzunehmen: deshalb mussten einzelne sich auf die Seite biegen und auf einander zu liegen kommen. Wenn z.B. in dem hier an der Figur dargestellten Stück des Körpers E
[Fig. 32] die Hauptrisse sich auf die Stellen 1 2 3 4 5 6 7 so vertheilten, dass zwei Stücke 2 3 und 6 7 etwas früher als die anderen zusammenzubrechen begannen, und die Enden von vier anderen 2 3 5 und 6 eher als die entgegenstehenden 1 4 und V; ferner das Ende 5 des Bruchstückes 4 5 etwas eher fiel, als das Ende v vom Bruchstück v 6, so mussten sie auf der Oberfläche des Körpers C dann so sich lagern, wie es hier verzeichnet ist, nämlich so, dass die Bruchstücke 2 3 und 6 7 dem Körper C[195] am nächsten liegen, die anderen vier sich aber auf die Seite biegen und über einander liegen u.s.w.
43. Auch wird unzweifelhaft der Körper D, der flüssig und leichter ist als die Bruchstücke von dem Körper E, die unter diesen Bruchstücken geblichenen hohlen Räume möglichst ausfüllen; ja, er wird in ihre Risse und Gänge eindringen, und weil sie ihn nicht ganz fassen können, wird er über die niederen Bruchstücke, wie 23 und 6 7, sich erheben.
44. Wenn wir nun bedenken, dass unter den Körpern B und F die Luft verstanden wird, unter C die Innerste dickste Kruste der Erde, aus der die Metalle entstellen; unter D das Wasser und endlich unter E die äussere Erde, welche aus Steinen, Thon, Sand und Schmutz gebildet ist, so wird man leicht unter dem über die Bruchstücke 2 3 und 6 7 überragenden Wasser die Meere, unter den anderen nur sanft gelehnten und von Wasser nicht bedeckten Bruchstücken, wie 8 9 und v x, die Flächen der Ebenen, und unter den mehr aufgerichteten, wie 12 und 9 4 v, die Berge erkennen. Wenn die Bruchstücke in dieser Weise durch die eigene Schwere herabgefallen sind, so werden die Enden sich stark an einander stossen und in kleinere Bruchstücke zersprungen sein und so die Felsen gebildet haben, an einzelnen Küsten des Meeres, wie bei 1, oder mehrfache, zum Theil sehr hohe Bergrücken, wie bei 4, zum Theil niedrigere, wie bei 9 und v, und auch Felsen im Meere, wie bei 3 und 6.[196]
45. Aus dem Gesagten kann die Innerste Natur all dieser Dinge ermittelt werden. Denn zuerst erhellt daraus, dass die Luft nur eine Anhäufung von Theilchen dritten Elements ist, die so dünn und von einander getrennt sind, dass sie allen Bewegungen der Himmelskügelchen folgen. Die Luft ist deshalb ein sehr verdünnter, flüssiger, durchsichtiger Körper, der aus kleinsten Stückchen jeder Gestalt zusammengesetzt ist. Wären sie nicht sehr von einander getrennt, so hätten sie schon längst dem Körper E [Fig. 31] sich angehängt; in Folge dieser Trennung bewegt sich jedes selbstständig und erfüllt ganz den kleinen Kugelraum, die zu seiner Unidrehung um sich selbst erforderlich ist und stösst daraus alle anderen fort. Deshalb ist ihre Gestalt unerheblich.
46. Durch Kälte wird die Luft leicht verdichtet und durch Wärme verdünnt; denn alle ihre Theilchen sind biegsam wie weiche Federn oder dünne Fäden; deshalb dehnen sie sich um so mehr aus, je schneller sie sich bewegen, und brauchen dann einen grösseren Kugelraum, um sich zu drehen. Aus dem Obigen ist nämlich bekannt, dass die Wärme nur eine beschleunigte Bewegung dieser Theilchen, und die Kälte eine langsamere bedeutet.
47. Endlich hat die Luft, wenn sie stark in ein Gefäss gedrückt wird, die Kraft, zurückzutreiben und sich plötzlich in einen weiteren Raum auszubreiten. Deshalb kann durch Maschinen mittelst blosser Hülfe der Luft das Wasser nach oben, wie bei Quellen, gehoben, und Geschosse mit grosser Gewalt wie von einem Bogen geworfen werden. Der Grund davon ist, dass bei so gepresster Luft ihre einzelnen Theilchen nicht den zu ihrer Umdrehung erforderlichen Kugelraum für sich allein behalten, sondern die benachbarten sich eindrängen; da nun inmittelst die Hitze oder diese Bewegung der Theilchen durch die Bewegung der Himmelskügelchen unterhalten wird, die fortwährend um sie herumfliessen, so müssen sie an ihren Enden an einander schlagen und verdrängen, und alle müssen streben, einen grössern Raum zu gewinnen.[197]
48. Was das Wasser anlangt, so habe ich schon gezeigt, dass nur zwei Arten von Theilchen in ihm angetroffen werden; die einen biegsam, die anderen nicht; getrennt bilden die einen das salzige, die anderen das süsse Wasser. Da ich alle Eigenschaften des salzigen und süssen Wassers bereits in der Abhandlung über die Meteore erklärt habe, so bedarf es hier keiner weiteren Auseinandersetzung. Ich will nur bemerken, wie passend Alles unter sich zusammenhängt, und wie ans dieser Entstehung des Wassers folgt, dass zwischen der Dicke seiner Theilchen und der der Luft dasselbe Verhältniss bestehen muss, wie zwischen diesen und der Kraft, mit der die Kügelchen zweiten Elemente sie bewegen. Wenn daher diese Kügelchen weniger als die Regel sich bewegen, so verwandeln sie das Wasser in Eis; bewegen sie sich aber etwas stärker, so treiben sie die dünneren Theilchen des Wassers, d.h. die biegsameren, in die Luft.
49. In der Abhandlung über die Meteore habe ich auch die Ursache der Winde erklärt, von denen das Meer in mancherlei unregelmässigen Weisen bewegt wird. Es hat aber noch eine andere, regelmässige Bewegung, wodurch es zweimal des Tages an den einzelnen Orten steigt und fällt und unterdess immer von Osten nach Westen[198] fliesst. Um diese Bewegung zu erklären, muss man sich jenen kleinen Himmelswirbel vorstellen, welcher die Erde zum Mittelpunkte hat, und der mit ihr und mit dem Monde in einem grösseren Wirbel sich um die Sonne dreht. A B C D
[Fig. 33] sei dieser kleine Wirbel; E F G H die Erde; 1 2 3 4 die Oberfläche des Meeres, welches des leichteren Verständnisses wegen die Erde ganz bedecken soll, und 5 6 7 8 sei die Oberfläche der das Meer umgebenden Luft. Ist kein Mond in diesem Wirbel, so wird der Punkt T, der Mittelpunkt der Erde, in dem Punkt M als dem Mittelpunkt des Wirbels sein. Aber da der Mond sich bei B befindet, muss der Mittelpunkt der Erde T zwischen M und D sein; denn der Himmelsstoff dieses Wirbels würde sich etwas schneller als die Erde und der Mond, den er mit sich führt, bewegen, wenn nicht T etwas weiter von B als von D abstände, und die Gegenwart des Mondes verhinderte, dass er zwischen B und T so frei wie zwischen T und D fliessen könnte. Da nun die Stelle der Erde in diesem Wirbel nur durch die Gleichheit der Kräfte des sie umfliessenden Himmelsstoffes bestimmt wird, so ist klar, dass sie sich D etwas nähern muss. Ebenso wird, wenn der Mond in C ist, der Mittelpunkt der Erde zwischen M und A sein müssen, und so weicht die Erde immer etwas von dem Monde zurück. Weil aber auf diese Weise, wenn der Mond bei B ist, nicht blos der Raum zwischen B und T, durch den der Himmelsstoff fliesst, sondern auch der zwischen T und D enger wird, so muss hier dieser Stoff schneller fliessen, und deshalb die Oberfläche der Luft in 6 und 8, und. die Oberfläche des Wassers in 2 und 4 mehr drücken, als wenn der Mond sich nicht in dem Durchmesser B D des Wirbels befände. Da nun die Körper der Luft und des Wassers flüssig sind und jener Pressung leicht nachgeben, können sie an den Stellen F und H der Erde weniger hoch sein, als wenn der Mond sich nicht in diesem Durchmesser befindet; umgekehrt müssen sie bei G und E höher sein, so dass die Oberfläche des Wassers 1 3 und der Luft 5 7 daselbst in die Höhe steigen.
50. Aber der Erdtheil, der jetzt in F ist, in der Gegend des Punktes B, wo das Meer am niedrigsten ist, wird nach 6 Stunden in G sein, in der Gegend des Punktes G, wo es am höchsten ist, und nach anderen 6 Stunden[199] in A, in der Gegend von D und so fort. Aber da inmittelst der Mond auch ein Wenig von B nach C vorschreitet weil er innerhalb eines Monats den Kreis A B C D durchläuft, so wird der Theil der Erde, der jetzt in F ist, gegenüber dem Mondkörper nach 6 Stunden und 12 Minuten ungefähr über G hinaus sein, in dem Durchmesser des Wirbels A B C D, welcher den Durchmesser, in dem der Mond dann sein wird, rechtwinklig schneidet, und das Wasser wird dann hier am höchsten sein, und nach anderen 6 Stunden und 12 Minuten wird er jenseit des Punktes H sein, an einer Stelle, wo das Wasser am niedrigsten steht. Hieraus erhellt, dass das Wasser des Meeres in den einzelnen 12 Stunden 24 Minuten an derselben Stelle abfliessen und zurückfliessen muss.
51. Uebrigens ist dieser Wirbel A B C D nicht völlig rund, sondern sein Durchmesser, in dem der Mond zur Zeit des Neumondes und Vollmondes ist, ist kürzer als der diese rechtwinklig schneidende, wie im dritten Abschnitt gezeigt worden. Deshalb müssen Ebbe und Fluth bei Neumond und Vollmond höher steigen als in den Zwischenzeiten.
52. Der Mond ist auch immer nahe der Ebene der Ekliptik; dagegen dreht sich die Erde täglich in der Ebene des Aequator, und beide Ebenen schneiden sich in den Tag- und Nachtgleichen und stehen in den Sonnenstandpunkten am weitesten von einander ab; deshalb müssen die Fluth und Ebbe am grössten im Anfang des Frühjahrs und Herbstes sein.
53. Während die Erde sich von E durch F nach G bewegt oder von Abend nach Morgen, wandern die Wasserhaufen 4 1 2 und die Lufthaufen 8 5 6, die jetzt auf den Theil E der Erde aufliegen, allmählich nach mehr westlichen Theilen, so dass sie nach 6 Stunden auf der Erdstelle H aufliegen, und nach 12 Stunden auf G. Dasselbe gilt von den Wasser- und Lufthaufen 2 3 4 und 6 7 8, und daher kommt es, dass das Wasser und die Luft von den östlichen Punkten der Erde nach den westlichen sich in einem steten Fluss befindet.
54. Wenn auch diese Strömung nicht heftig ist, so ist sie doch daran erkennbar, dass weite Seereisen nach östlichen Gegenden langsamer und schwieriger sind als nach westlichen. Auch fliesst deshalb in einzelnen Meerengen[200] das Wasser immer nach Westen, und endlich empfinden unter sonst gleichen Umständen die Länder, welche das Meer auf der Ostseite haben, wie Brasilien, die Sonnenhitze nicht so stark als die, deren Landfläche sich weit nach Osten ausdehnt und das Meer auf der Westseite haben, wie Guinea; denn die Seeluft ist kühler als die Landluft.
55. Nun wird allerdings nicht die ganze Erde von dem Meere bedeckt, wie wir bisher angenommen haben; allein das Meer verbreitet sich doch rings um sie herum, und es muss deshalb in Bezug auf die allgemeine Wasserbewegung dasselbe davon gelten, als wenn es die Erde ganz bedeckte. Die Seen und Teiche, deren Wasser von dem Meere getrennt sind, erleiden keine solche Bewegungen, weil ihre Oberflächen nicht so gross sind, dass sie an einer Stelle mehr als an der anderen durch die Gegenwart des Mondes von dem Himmelsstoff gedrückt würden. Wegen der Ungleichheit der Meerbusen und Krümmungen, von denen das Meer eingeschlossen ist, kommen die Steigungen und Senkungen seiner Wasser zu verschiedenen Stunden an die verschiedenen Küsten, und daher kommen die grossen Unterschiede hierin.[201]
56. Alle die besonderen Ursachen dieser Verschiedenheiten können aus dem Obigen abgeleitet werden, wenn. man bedenkt, dass die Gewässer des Oceans bei Neu- und Vollmond in den von den Küsten entfernten Orten nach der Ekliptik und dem Aequator zu um die sechste Morgen- und Abendstunde am höchsten sein und deshalb nach den Küsten abfliessen müssen; um die zwölfte Stunde aber am niedrigsten, wo dann die Wasser von den Küsten zurückfliessen. Je nachdem nun die Küsten nahe oder fern sind, je nachdem das Wasser auf mehr geraden oder schiefen, breiten oder engen, tiefen oder seichten Wegen fliessen muss, wird es früher oder später, in grösserer oder geringerer Menge sich einstellen. Auch muss wegen ihrer mannichfachen und ungleichen Krümmungen der Küsten das nach einer Küste treibende Wasser dem von der anderen kommenden begegnen, und dessen Lauf sich dadurch verändern. Auch die mancherlei Winde, die in einzelnen Gegenden regelmässig wehen, müssen die Bewegung des Wassers verändern. Von Allem, was über Ebbe und Fluth beobachtet worden, werden so die Ursachen in dem Obigen enthalten sein.
57. Was die innere Erde C anlangt, so besteht sie aus Theilchen von allerlei Gestalt, die so dick sind, dass die Kügelchen zweiten Elementes in ihrer gewöhnlichen Bewegung sie nicht mit sich fortführen, sondern nur nach unten drücken und dadurch schwer machen, und bei ihrem Durchgänge durch die vielen in ihnen befindlichen Gänge sie etwas bewegen. Dies geschieht auch von dem Stoff ersten Elementes, welcher sie in den engsten Gängen ausfüllt, und dasselbe thun auch die Erdtheilchen der oberen Körper D und E, die häufig in die breitesten Gänge herabsteigen und so einzelne von den stärkeren Theilchen mit sich nehmen. Denn die äussere Oberfläche bestellt wahrscheinlich aus zweigartigen Theilchen, die eng an einander haften, welche bei der Bildung dieses Körpers den Stoss der durch die Körper B und D sich bewegenden Himmelskügelchen zuerst erhalten und dadurch zerbrechen. Allein es giebt unter ihnen doch viel breite Zwischenräume, durch welche die Theilchen des Bussen und salzigen Wassers so wie andere eckige und zweigartige, die aus E herabfallen, hindurchgehen können.
58. Allein unterhalb dieser Oberfläche sind die Theile[202] des Körpers C weniger eng verbunden; auch mögen in einer gewissen Tiefe sich viele sammeln mit glatten und rauhen Oberflächen, die zwar wegen ihrer Schwere auf einander liegen und nicht, wie die Wassertheilchen, die Kügelchen zweiten Elementes um sich fliessen lassen, aber doch theils durch die kleineren dieser Kügelchen, deren sich einige in ihren Zwischenräumen befinden, theils von dem Stoff ersten Elementes, welcher alle übrigen engen Zwischenräume anfüllt, leise bewegt werden. So bilden sie eine schwere und undurchsichtige Flüssigkeit wie das Quecksilber.
59. So wie die Sonnenflecken, die sich an ihr täglich erzeugen, sehr unregelmässige und mannichfache Gestalten haben, so wird auch der mittlere Theil der Erde, M, welcher aus ähnlichen Bestandtheilen sich gebildet hat, nicht überall gleich dicht sein. Deshalb wird er an einzelnen Stellen einer grösseren Menge Stoffes ersten Elementes den Durchgang verstauen, und wenn dieser Stoff durch den Körper C hindurchgeht, so wird er ihn an einzelnen Stellen stärker bewegen; auch die von den Sonnenstrahlen erweckte Wärme, die bis in das Innerste der Erde dringt, wirkt nicht gleichmässig auf diesen Körper C, denn sie theilt sich ihm leichter durch die Bruchstücke des Körpers E als durch das Wasser D mit. Auch die Höhe der Berge bewirkt, dass die der Sonne zugewendeten Theile der Erde sich mehr erhitzen als die abgewendeten; auch erwärmt sie sich anders bei dem Aequator als bei den Polen, und diese Hitze wechselt periodisch mit dem Wechsel von Tag und Nacht, und noch mehr. mit dem von Sommer und Winter.
60. In Folge dessen befinden sich alle Theilchen dieser inneren Erde C immer in einer bald grösseren, bald geringeren Bewegung, und zwar nicht blos die, welche mit ihren benachbarten unverbunden sind, wie die Theilchen des Quecksilbers, des salzigen und Bussen Wassers und anderer in ihren grösseren Gängen enthaltenen Theilchen, sondern auch die härtesten, welche fest an einander hängen. Sie trennen sich zwar deshalb nicht gänzlich; aber so wie die Zweige der Bäume, von dem Wind bewegt, bald grössere, bald kleinere Zwischenräume zwischen sich haben, obgleich deshalb diese Bäume an den Wurzeln nicht herausgerissen werden, so werden[203] auch die dicken und zweigartigen Theilchen des Körpers C so mit einander verbunden und verflochten sein, dass die Hitze sie nicht ganz trennt, sondern sie nur etwas schüttelt, und dass die Gänge in ihnen sich mehr oder weniger öffnen. Da sie nun härter sind als die anderen Theilchen, welche aus den oberen Körpern D und E in diese Gänge gefallen sind, so werden sie sie bei ihrer Bewegung leicht stossen und verkleinern und damit auf zwei Arten von Gestalten zurückführen, die hier zu betrachten sind.
61. Wenn die Theilchen von etwas dichterem Stoff, wie bei dem Salz, in diesen Gängen aufgehalten und gestossen werden, bleiben sie nicht uneben und starr, sondern werden glatt und biegsam, wie ein runder Stab glühenden Eisens durch die Schläge des Hammers zu einem länglichen Blech verbreitet werden kann. Indem sie an die harten Wände anstossen und sich da reiben, schärfen sie sich gleich Messern und verwandeln sich so in scharfe, bittere und fressende Flüssigkeiten, welche in Verbindung mit dem Metallstoff die Schusterschwärze, und mit dem Steinstoff den Alaun und vieles Andere bilden.
62. Dagegen werden die weicheren Theilchen, wozu die meisten der von der äusseren Erde E herabgefallenen und die des Bussen Wassers gehören, dort ganz zerstossen und so dünn, dass sie durch die Bewegung des Stoffes ersten Elementes zerrissen und in viele ganz kleine und höchst biegsame Zweigelchen getheilt werden; wenn diese sich dann an anderen Erdtheilen anhängen, bilden sie den Schwefel, das Harz und alle fetten und übrigen Substanzen, die in den Gruben gefunden werden.
63. So haben wir hier dreierlei, was für die drei bekannten Urstoffe der Chemiker, d.h. für Salz, Schwefel und Merkur gelten kann; der bittere Saft ist das Salz; die weichsten Zweigelchen des obigen Stoffes ist der Schwefel, und das Quecksilber ist der Merkur. Wahrscheinlich gelangen alle Metalle dadurch zu uns, dass die durch die Gänge des Körpers C fliessenden scharfen Säfte einzelne Theilchen desselben loslösen, welche, in dem übrigen Stoff eingehüllt und eingewickelt, von dem durch die Hitze verdünnten Quecksilber wieder in die Höhe gerissen werden und nach Unterschied der Grösse und Gestalt verschiedene Metalle bilden. Ich hätte so vielleicht einzelne hier beschreiben können; allein bis jetzt konnte ich noch nicht[204] die zu ihrer genauen Kenntniss nöthigen Versuche anstellen.
64. Jetzt ist nun die aussere Erde E zu betrachten, deren Bruchstücke zum Theil unter dem Meere stecken, theils sich in Ebenen ausdehnen, theils zu Bergen erheben. Es ist leicht zu verstehen, wie hier Quellen und Flüsse entstehen, deren Wasser, obgleich es immer in das Meer abfliesst, doch nicht versiegt, so wenig wie das Meer wächst oder süss wird. Denn unter den Bergen und Ebenen sind grosse mit Wasser gefüllte Höhlen, und deshalb werden täglich viele Dünste, d.h. Wassertheilchen, welche die Hitze von einander getrennt und in schnellere Bewegung gesetzt hat, bis zu der äusseren Oberfläche der Ebenen zu den höchsten Bergrücken gelangen; denn man sieht die meisten dieser Dünste sich noch höher bis zu den Wolken heben. Sie werden durch die Erdgänge noch leichter aufsteigen, da sie von deren[205] Theilchen gestützt werden, als durch die Luft, deren flüssige und bewegliche Theilchen sie nicht so stützen können. Nachdem diese Dünste so aufgestiegen sind, und Kälte hinzutritt, werden sie starr, verlieren die Dampfform und werden wieder zu Wasser, was durch die Gänge, durch welche es als Dunst aufgestiegen ist, nicht zurückkann, weil sie zu eng sind; dagegen findet es etwas weitere Wege in den Spalten der Krusten und Rinden, aus denen die ganze äussere Erde zusammengesetzt ist, und diese Wege Führen es nach der Senkung der Thäler und Ebenen schief ab. Wo nun diese unterirdischen Wege des Wassers in der Oberfläche eines Berges oder Thales oder Feldes aufhören, da brechen Quellen hervor deren Bäche zusammen die Flüsse bilden und durch die abfallenden Theile der Erdoberfläche in das Meer fliessen.
65. Trotzdem, dass so viel Wasser von den Bergen in das Meer fliesst, können doch die Höhlen, aus denen es aufsteigt, nicht erschöpft und das Meer nicht vermehrt werden. Denn die äussere Erde konnte sich in der oben beschriebenen Weise aus den Bruchstücken des Körpers E, die auf die Oberfläche von C fielen, nicht bilden, ohne dass das Wasser D viele breite Kanäle unter diesen Bruchstücken frei behielt, durch welche immer so viel von dem Meere nach den Wurzeln der Gebirge zurückkehrt, als aus den Bergen hervorkommt. Deshalb fliesst das Wasser,[206] wie das Blut der Thiere in deren Adern und Venen, ebenso in den Venen und Flüssen der Erde im Kreise.
66. Obgleich das Meer salzig ist, steigen doch nur die Theilchen des süssen Wassers in den Quellen in die Höhe, weil sie dünn und biegsam sind, während die Salztheilchen wegen ihrer Härte und Starrheit sich nicht so leicht in Dünste verwandeln und durch die schiefen Gänge der Erde hindurch können, und wenn auch das süsse Wasser durch die Flüsse immer zu dem Meere zurückkehrt, wird das Meer doch nicht süss, weil immer die gleiche Menge Salz in demselben verbleibt.
67. Indess kann es nicht auffallen, wenn in manchen Brunnen trotz ihrer Entfernung vom Meere viel Salz angetroffen wird. Denn da die Erde viele Risse hat, so kann sehr wohl das Salzwasser ungeseiht bis zu diesen Brunnen gelangen, da entweder das Meer so hoch ist als deren Grund, oder viele Salztheilchen da, wo die Wege breit genug sind, leicht von den Süsswassertheilchen durch die Schiefer des harten Körpers mit in die Höhe gehoben werden. Man kann dies in einem Gefäss mit etwas rückwärts gebogenen Rändern wie A B C [Fig. 28] beobachten, da, wenn sein Salzwasser verdunstet, sich dessen Ränder mit einer Salzkruste überziehen.
68. Daraus erklärt sich auch die grosse Anhäufung von Salz gleich Felsen in einzelnen Gebirgen. Das Meerwasser stieg so hoch, und die süssen biegsamen Wassertheilchen gingen weiter, während das Salz in den zufällig dort befindlichen Vertiefungen zurückblieb und sie ausfüllte.
69. Mitunter dringen auch Salztheilchen in die engeren Gänge der Erde, verlieren dort etwas an Gestalt und Grösse und verwandeln sich in Salpeter oder Ammoniak oder ein ähnliches Salz. Auch die meisten länglichen[207] Theilchen der Erde, die nicht zweigartig und genügend starr waren, hatten anfänglich die Gestalt des Salpeters oder anderer Salze. Denn ihre Form besteht nur darin, dass ihre Theilchen länglich, nicht biegsam und nicht zweigartig sind; je nachdem sie sonst verschiedene sind, bilden sie die verschiedenen Arten der Salze.
70. Ausserdem nehmen die aus den unterirdischen Wassern entwickelten Dämpfe bei ihrem Aufsteigen aus dem Innern nach der Oberfläche viele scharfe spirituöse und ölhaltige Ausdünstungen und Quecksilberdämpfe so wie Theilchen anderer Metalle mit sich, und aus deren Mischung bilden sich die mancherlei Fossilien. Unter schärfen Spirituosen verstehe ich die Theilchen scharfer Säfte und flüchtiger Salze, welche, von einander getrennt, sich schnell bewegen, so dass diese Kraft, mit der sie sich nach allen Richtungen bewegen, ihre Schwere überwiegt. Unter Ausdünstungen verstehe ich dagegen die zweigartigen sehr feinen Theilchen des öligen Stoffes, die sich ebenso bewegen. Im Wasser und anderen Flüssigkeiten und Oelen kriechen diese Theilchen nur, aber in den Dämpfen, Spirituosen und Ausdünstungen fliegen sie.
71. Die Spirituosen fliegen dabei mit stärkerer Kraft und durchdringen leichter die engen Wege der Erde und hängen, wenn sie darin eingeschlossen sind, sich an und machen damit die Körper härter als die Ausdünstungen und Dämpfe. Da der Unterschied unter diesen drei Stoffen erheblich ist nach dem Unterschied der sie bildenden Theilchen, so entstehen auch aus ihnen mancherlei Arten von Steinen und anderen nicht glänzenden Fossilien, da sie in den engen Gängen der Erde hängen bleiben und sich mit deren Theilchen mischen; desgleichen viele Arten glänzender Fossilien und Edelsteine, da sie in den Riefen und Höhlungen der Erde sich zuerst als Säfte sammeln, und wenn die schlüpfrigen und flüssigen Theilchen sich getrennt haben, die übrigen sich mit einander verbinden.
72. So lassen auch die Dünste des Quecksilbers bei ihrem Durchkriechen durch die Riefen und grösseren Gänge die ihnen beigemischten Theilchen anderer Metalle dort zurück und mischen sie so mit dem Golde, Silber, Bleie und anderen Metallen, während sie selbst bei ihrer grossen Schlüpfrigkeit weiter gehen oder herabsinken oder auch manchmal haften bleiben, wenn die Gänge,[208] durch die sie zurück konnten, von schwefligen Ausdünstungen erfüllt sind. Dann bilden die Theilchen des Quecksilbers selbst, bedeckt mit einem leichten Flaum dieser Ausdünstungen, einen Eingang. Endlich bringen die Spirituosen und Ausdünstungen auch einige Metalle, wie das Erz, Eisen, Spiessglas, aus dem Innern der Erde nach der Oberfläche.
73. Diese Metalle steigen beinahe nur aus den Theilen der inneren Erde auf, mit denen die Trümmer der äusseren unmittelbar verbunden sind. So in der Figur 32 aus 5 nach V, weil sie durch das Wasser nicht durchgehoben werden können. Deshalb findet man die Metalle nicht überall.
74. Gewöhnlich steigen diese Metalle durch die Adern der Erde nach den Wurzeln der Gebirge, so hier nach V, und sammeln sich da am meisten, weil da die Erde sich mehr wie anderwärts zerspaltet; auch sammeln sie sich mehr in den nach Mittag oder Morgen gerichteten Gebirgen als in den übrigen, weil dort die Hitze grösser ist, durch die sie in die Höhe steigen. Deshalb pflegen die Bergleute sie vorzüglich dort zu suchen.
75. Mit keiner Ausdauer im Graben wird man bis in das Innere der Erde gelangen können, denn theils ist die äussere Seite im Vergleich zu den Menschenkräften zu dick; hauptsächlich aber wegen der dazwischen befindlichen Wasser, die um so heftiger hervorspringen würden, je tiefer der Ort ist, wo ihre Adern geöffnet würden; alle Grabenden würden davon überschüttet werden.
76. Die feinsten Theilchen der Ausdünstungen, wie sie oben beschrieben worden, bilden für sich nur die reine Luft; da sie sich aber leicht mit den feinen Theilchen[209] der Spirituosen verbinden und aus weichen und schlüpfrigen zweigartige machen, so werden letztere durch ihre Verbindung mit den scharfen und metallischen Säften zu Schwefel. Wenn Erdtheilchen, die mit solchen Säften geschwängert sind, hinzutreten, so wird es Harz, und in Verbindung mit Erdtheilchen bilden sie den Thon; endlich verwandeln sie allein sich in Oel, wenn ihre Bewegung so abnimmt, dass sie sich über einander lagern.
77. Ist ihre Bewegung aber für die Bildung von Oel zu schnell, so bilden sie, wenn grosse Mengen in die Ritzen und Höhlungen der Erde sich sammeln, dort einen fetten und dicken Rauch, ähnlich dem von einer eben ausgelöschten Kerze ausgehenden; entzündet sich nun in diesen Höhlen zufällig ein Funken, so wird dieser Rauch plötzlich entzündet und verdünnt und erschüttert so mit grosser Gewalt die Wände seines Gefängnisses, namentlich wenn viele Spirituosen beigemischt sind, und so entstellen die Erdbeben.
78. Es kommt auch mitunter bei diesen Erdbeben vor, dass Theile der Erde sich spalten und öffnen, und eine Flamme durch die Bergrücken gen Himmel steigt. Dies trifft sich mehr dort als in niederen Gegenden, weil unter den Gebirgen mehr Höhlen sind, und weil die grossen Trümmer, aus denen die äussere Erde besteht, durch ihre Neigung gegen einander der Flamme einen leichteren Ausweg bieten als andere Orte. Obgleich nun der Erdspalt sich schliesst, wenn die Flamme so aus ihm hervorgebrochen ist, so kann doch eine solche Menge Schwefel und Harz aus den Eingeweiden des Gebirges nach der Spitze ausgestossen sein, dass sie zu einem langen[210] Brande hinreicht. Auch bricht neuer Rauch, der sich in diesen Höhlen wieder gesammelt bat, im Fall der Entzündung leicht wieder durch diese Spalten. Deshalb sind einzelne Berge wegen dieser häufigen Ausbrüche berüchtigt, wie der Aetna in Sicilien, der Vesuv in Campanien, der Hekla in Island u.s.w.
79. Endlich dauert das Erbeben manchmal Stunden oder Tage lang, weil es meist nicht blos eine zusammenhängende Höhle ist, in der sich der fette und entzündbare Rauch sammelt, sondern mehrere, welche durch Erde, die mit vielem Schwefel oder Harz gesättigt ist, getrennt sind. Hat ein Ausbruch in der einen die Erde einmal erschüttert, so dauert es eine Weile, ehe die Flamme durch die mit Schwefel angefüllten Gänge zu anderen Höhlen gelangen kann.
80. Es ist noch anzugeben, wie in diesen Höhlen die Flamme sich entzünden kann, weshalb die Natur des Feuers zu erklären ist. Die Erdtheilchen jeder Grösse und Gestalt haben, wenn sie einzeln und getrennt der Bewegung des ersten Elementes folgen, die Form der Flamme; wenn sie aber unter den Kügelchen zweiten Elementes flattern und deren Bewegung nachahmen, die Form der Luft. Der vornehmste Unterschied zwischen Luft und Flamme besteht also in der viel schnelleren Bewegung der Flamme als der Luft. Denn schon oben ist dargelegt worden, dass die Bewegung des Stoffes ersten Elementes viel schneller als die des zweiten ist. Es besteht aber auch der andere grosse Unterschied, dass die dicken Theilchen dritten Elementes, aus denen die Dünste des Quecksilbers bestehen, wohl die Form der Luft annehmen können, aber zu ihrer Erhaltung nicht nöthig sind; vielmehr ist die Luft reiner und weniger dem Verderben ausgesetzt, wenn sie blos ans den kleinsten Theilchen besteht. Denn wenn die dickeren nicht stets durch die Hitze getrieben werden, so fallen sie durch ihr Gewicht nach unten und legen von selbst ihre Form ab. Dagegen kann das Feuer nicht ohne die dicken irdischen Theilchen, welche es nähren und erneuern, bestehen.[211]
81. Denn die Kügelchen zweiten Elementes füllen alle Zwischenräume der Erde aus, so weit sie zu ihrer Aufnahme gross genug sind, und sie liegen da so auf einander, dass keines ohne die anderen sich bewegen kann (ausgenommen vielleicht um die eigene Axe); dabei bewegt sich der Stoff ersten Elementes, welcher alle von diesen Kügelchen freigelassenen Winkel erfüllt, sehr schnell in diesen; aber er hat nicht Kraft genug, um die Erdtheilchen, welche durch sich und durch die Kügelchen zweiten Elementes gestützt werden, mit sich zu reissen, und kann deshalb auch kein Feuer erzeugen. Wird aber erst irgend wo Feuer entzündet, so müssen die Himmelskügelchen mit einiger Gewalt aus den Zwischenräumen der Erdtheilchen ausgetrieben werden, die dann, frei geworden und nun in dem Stoff ersten Elementes schwimmend, durch dessen schnelle Bewegung mit fortgerissen und nach allen Seiten getrieben werden.
82. Damit das Feuer sich erhalte, müssen diese Erdtheilchen hinreichend stark, dicht und beweglich sein, damit sie durch den Anstoss des Stoffes ersten Elementes kräftig genug werden, um die Himmelskügelchen von dem Ort des Feuers, wohin sie zurückdrängen, fortzustossen und so zu verhindern, dass diese Kügelchen die von dem ersten Element verlassenen Zwischenräume einnehmen und so dessen Kräfte brechen und das Feuer verlöschen.
83. Auch können die auf diese Kügelchen aufstossenden Erdtheilchen an ihrer Fortbewegung nicht gehindert werden; sie treten dadurch aus der Stelle, wo das erste Element seine Kraft entwickelt und die Form des Feuers bildet, und werden zu Rauch. Es würde deshalb das Feuer nicht lange währen, wenn nicht gleichzeitig einzelne dieser Erdtheilchen durch Stoss gegen einen Körper, der dicker als die Luft ist, genügend feste Theilchen von ihnen trennten, welche an Stelle der ersten von dem Stoff des ersten Elementes fortgerissen, stetig ein neues Feuer erzeugten.[212]
84. Um dies besser zu verstehen, sind die verschiedenen Arten, wie das Feuer angemacht wird, zu betrachten; ebenso alles zu seinem Unterhalt Erforderliche und endlich seine Wirkungen. Gewöhnlich wird das Feuer aus dem Kieselstein geschlagen, was deshalb geschehen mag, weil die Kiesel sehr hart und starr und doch zerreibbar sind. Denn bei ihrer Härte und Starrheit werden die zwischen ihnen befindlichen und von Kügelchen zweiten Elementes erfüllten Zwischenräume bei dem Schlag mit einem gleichfalls harten Körper enger und jene Kügelchen zu dem Herausspringen genöthigt, wobei sie nur Stoff ersten Elementes zurücklassen; indem sie aber zugleich zerreiblich sind, trennen sich jene Theilchen des Kiesels, so bald sie durch den Schlag nicht mehr gedrückt werden, von einander und bilden, indem sie so in dem Stoff ersten Elementes, der sie allein umgiebt, schwimmen, das Feuer. Ist daher A
[Fig. 34] ein Kiesel, zwischen dessen vorderen Theilchen die Kügelchen zweiten Elementes ersichtlich sind, so ist B derselbe Kiesel, wenn er von einem harten Körper geschlagen wird und seine Gänge verengt sind, so dass sie nur noch Stoff ersten Elementes enthalten können; C stellt aber den bereits geschlagenen Kiesel vor, wo einige seiner Theilchen sich[213] von ihm getrennt nur den Stoff ersten Elementes um sich haben und in Feuerstücke verwandelt sind.
85. Wenn Holz, obgleich es trocken ist, so geschlagen wird, so giebt es keine solche Funken von sich, weil es nicht so hart ist, und daher sein erstes Theilchen, was dem schlagenden Körper entgegentritt, sich nach dem zweiten biegt und es erreicht, ehe dieses zweite sich nach dem dritten zu biegen beginnt. So weichen die Kügelchen zweiten Elementes nicht gleichzeitig aus vielen Zwischenräumen desselben, sondern nach und nach aus einem und dann aus dem anderen. Wenn aber dieses Holz einige Zeit derb gerieben wird, so kann die ungleiche Bewegung und Erschütterung seiner Theilchen, welche aus diesem Reiben entstellt, die Kügelchen zweiten Elementes ans mehreren Zwischenräumen vertreiben und zugleich jene Theilchen von einander trennen und so in Feuer verwandeln.
86. Das Feuer kann man auch mit Hülfe eines Hohlspiegels oder eines convex geschliffenen Glases entzünden, indem viele Strahlen der Sonne dadurch auf einen Punkt geleitet werden. Die Wirksamkeit dieser Strahlen hat allerdings nur die Kügelchen zweiten Elementes zu ihrem Gegenstände, aber ihre Bewegung ist doch viel heftiger als gewöhnlich; und da sie von einem Stoff ersten Elementes, aus dem die Sonne gebildet ist, herrührt, so ist sie zur Entzündung des Feuers stark genug, und es vereinigen sich so viele Strahlen, um selbst Theilchen der irdischen Körper in dieselbe Schnelligkeit zu versetzen.
87. Denn auf die Ursache, welche die Erdtheilchen zu einer so schnellen Bewegung zuerst bestimmt, kommt es nicht an, sondern sie erlangen, auch wenn sie früher keine solche Bewegung hatten, durch das blosse Schwimmen in dem Stoff ersten Elementes sofort eine sehr schnelle Bewegung, gleich einem Schiff, was, wenn es nicht befestigt ist, in einem reissenden Wasser sogleich mit fortgeführt wird. Und wenn auch die Erdtheilchen noch nicht so in dem ersten Elemente schwimmen, so brauchen sie doch nur von irgend einer Ursache in, schnelle Bewegung gesetzt zu werden, um einander und die Kügelchen zweiten Elementes so zu stossen, dass sie sogleich in jenem zu schwimmen beginnen und dadurch in ihrer Bewegung erhalten werden. Deshalb genügt jede sehr heftige Bewegung[214] zur Entzündung des Feuers. Eine solche besteht bei dem Blitz in den Wirbeln, wenn eine höhere Wolke auf eine niedere stürzt und die Luft dazwischen hinaustreibt, wie ich in der Abhandlung über die Meteore gezeigt habe.
88. Allerdings ist diese Bewegung allein kaum irgendwo die Ursache des Feuers; denn der Luft sind beinahe immer Ausdünstungen beigemischt, die nach ihrer Natur sich leicht in Flammen oder in leuchtende Körper verwandeln. Daher kommen die Irrlichter auf der Erde, das Wetterleuchten in den Wolken und die Sternschnuppen in den höheren Theilen der Luft. Denn diese Ausdünstungen bestehen, wie erwähnt, aus sehr feinen und sehr verzweigten Theilchen, die in dickere verwickelt sind, welche aus schärfen Säften und flüchtigen Salzen ausgetreten Bind. Diese kleinen Zweige sind so fein und dicht, dass nur Stoff ersten Elementes zwischen durch kann; aber unter den darin verwickelten grösseren Theilchen giebt es grössere Zwischenräume, welche mit Kügelchen zweiten Elementes erfüllt sind. Dann brennen die Dünste nicht; aber mitunter trifft es sich, dass sie von den Theilchen einer anderen Ausdünstung oder von Spirituosen erfüllt sind, welche die zweiten Elemente herausstossen und nur für das erste Platz lassen. Sobald sie von diesem plötzlich fortgerissen werden, bilden sie die Flamme.
89. Bei dem Blitz und Wetterleuchten ist die Ursache, welche mehrere Dünste auf einmal zusammenpresst, klar, indem eine Wolke auf die andere stürzt. Wenn aber die[215] Luft ruhig ist, und eine Ausdünstung durch die Kälte verdichtet, aber ohne Bewegung ist, so stösst leicht eine andere Ausdünstung, die aus einem wärmeren Orte kommt oder beweglichere Theilchen hat, oder durch einen gelinden Wind getrieben ist, in die Poren jener und vertreibt das zweite Element daraus. Da nun die Theilchen der ersten Ausdünstung noch nicht so eng verbunden sind, so werden sie durch diesen Stoss getrennt und brechen dadurch in Flammen aus. So entstehen nach meiner Ansicht die Sternschnuppen.
90. Sind aber die Theilchen der Ausdünstung in einen so dicken und klebrigen Körper zusammengetreten, dass sie sich so nicht mehr trennen, so strahlen sie nur ein Licht aus, ähnlich dem, was an faulem Holze, an gesalzenen Fischen und an den Tropfen des Meerwassers und Aehnlichem erscheint. Denn schon dadurch, dass die Kügelchen zweiten Elementes von dem Stoff ersten Elementes gestossen werden, entsteht Licht, wie aus dem Obigem sich ergiebt. Da nun die Zwischenräume der meisten Erdtheilchen bei ihrer Verbindung so eng sind, dass nur der Stoff ersten Elementes Platz hat, so hat dies vielleicht nicht Kraft genug, um diese zu trennen, aber wohl, um die Kügelchen zweiten Elementes durch die Thätigkeit, die wir das Licht genannt haben, fortzustossen. Für dergleichen halte ich die fallenden Sternschnuppen; denn ihr Stoff, der auf die Erde gefallen, ist oft zähe und klebrig, obgleich es nicht gewiss ist, dass sie selbst ein klebriger Stoff gewesen sind, welcher das Licht bildete; denn es konnte eine kleine Flamme ihnen anhängen.
91. An den Tropfen des Meerwassers, deren Natur oben erklärt worden ist, kann mau aber leicht sehen, wie[216] und das Licht entsteht. Denn während ihre biegsamen Theilchen an einander gehängt bleiben, werden andere starre und weiche durch den Wind oder eine andere Bewegung aus dem Tropfen ausgestossen und nach Art eines Wurfspiesses gedreht. Dadurch stossen sie leicht die Kügelchen zweiten Elementes aus ihrer Nachbarschaft und erzeugen so das Licht. Wenn aber das faule Holz und trocknende Fische leuchten, so kann ich es nur daraus ableiten, dass sie in diesem Zustande viele Gänge haben, die so eng sind, dass nur der Stoff ersten Elementes eindringen kann.
92. Dass aber auch die Theilchen mancher Spirituosen und Flüssigkeiten bei ihrem Eintritt in die Gänge eines harten oder auch eines flüssigen Körpers Feuer erregen können, zeigt das feuchte Heu, wenn. es eingeschlossen ist, der Kalk, wenn er mit Wasser begossen wird, alle Gährungen und viele den Chemikern bekannte Flüssigkeiten, welche bei ihrer Vermischung sich erwärmen und sogar aufflammen. Denn das frische Heu erhitzt sich, wenn es feucht verpackt wird, und schlägt zuletzt nur deshalb in Flammen aus, weil viele Spirituosen oder Säfte durch die Poren der grünen Gräser, welche von den Wurzeln nach der Spitze aufzusteigen pflegten und dort die ihrer Grösse angemessenen Wege hatten, in dem geschnittenen Grase sich befinden. Werden sie nun in einen engen Raum eingeschlossen, so finden die Theilchen dieser Säfte bei ihrer Wanderung ans einem Grase in das andere viele Gänge, die schon zu vertrocknen anfangen und enge werden, so dass sie mit den Kügelchen zweiten[217] Elementes nicht mehr hinein können; deshalb umgiebt dann die Gräser nur noch der Stoff ersten Elementes, der sie zu schnellen Bewegungen treibt und so Feuer fangen lässt. Wenn z.B. der Raum zwischen den zwei Körpern B und G
[Fig. 35] den Gang in einem grünen Grashalm darstellt und die kleinen Stränge 1, 2, 3, die mit kleinen rundlichen Theilchen umgeben sind, für die Theilchen der Säfte oder Spirituosen gelten, wie sie von den Kugel eben zweiten Elementes durch diese Gänge mitgeführt werden; wenn ferner der Raum zwischen D E der Gang eines vertrocknenden Grashalmes ist, in welchem die eindringenden Theilchen 1, 2, 3 nicht mehr das zweite Element, sondern nur das erste um sich haben können, so müssen sie offenbar zwischen B und C der massigen Bewegung des zweiten Elementes, aber zwischen D und E der sehr schnellen des ersten Elementes folgen. Auch ist es gleichgültig, dass nur eine sehr kleine Menge ersten Elementes sich bei ihnen befindet; es genügt, dass sie darin schwimmen, wie ja ein Schiff auf dem Flusse ebenso leicht seinem Lauf folgt, mag er so schmal sein, dass das Schiff beinahe die Ufer berührt, oder breit. So schnell bewegt, schlagen sie stärker auf die Theilchen der benachbarten Körper als selbst das erste Element, so wie auch das Schiff, wenn es an die Brücke oder einen sonstigen Widerstand stösst, diesen stärker trifft als das Wasser, was es treibt. Wenn es daher so auf die harten Theilchen des Heues stürzt, so trennt es diese leicht von einander, zumal mehrere aus entgegengesetzten Richtungen darauf losstürzen, und wenn sie so genug getrennt haben und mit sich führen, entsteht das Feuer. Stossen sie aber blos, ohne viele lostrennen zu können, so erwärmen sie das Heu nur langsam und verderben es.
93. Ebenso werden, wenn der Kalkstein gebrannt[218] wird, viele seiner Gänge, die sonst blos von den Kügelchen zweiten Elementes durchdrungen werden konnten, so weit, dass Theilchen des Wassers, von erstem Element allein umgeben, eintreten können. Und, um hier Alles mit einem Male zu umfassen, so geschieht, wenn ein harter Körper durch Zumischung von Feuchtigkeit sich erwärmt, dies nach meiner Ansicht deshalb, weil viele seiner Gänge ein solches Maass haben, dass Theilchen der Flüssigkeit, umgeben vom ersten Element, allein eintreten können. Aehnlich verhält es sich bei Mischungen verschiedener Flüssigkeiten; denn die eine besteht immer aus zweigartigen, mit einander verbundenen und verknüpften Theilchen und vertritt damit die Stelle des harten Körpers, wie sich dies bei den Ausdünstungen selbst oben ergeben hat.
94. So kann auf diese Weise nicht blos auf der Oberfläche der Erde, sondern auch in allen Höhlen das Feuer sich entzünden. Denn schärfe Spirituosen können da die Gänge der dicken Ausdünstungen so durchziehen, dass die Flamme in ihnen ausbricht. Ebenso können die Trümmer der Felsen und Gesteine durch den Fall verborgener Wasser und anderer Ursachen so mürbe gemacht werden, dass sie aus den Schwibbogen über den Höhlen auf den Boden herabstürzen und die Luft daraus mit grosser Gewalt vertreiben und durch den Anschlag der Kiesel Feuer entzünden. Hat aber einmal ein Körper Feuer gefangen,[219] so wird er es leicht anderen dazu geeigneten mittheilen. Denn wenn die Theilchen der Flamme jenen Theilchen der Körper begegnen, so bewegen sie sie und nehmen sie mit sich. Doch betrifft dies mehr die Unterhaltung und nicht die Entzündung des Feuers und ist deshalb später zu erörtern.
95. Man betrachte z.B. die angezündete Kerze A B
[Fig. 36] , und man nehme an, dass in dem ganzen, von der Flamme eingenommenen Raum C D E viele Wachstheilchen herumfliegen oder Theilchen eines anderen öligen Stoffes, aus dem die Kerze gemacht ist. Ebenso fliegen viele Kügelchen zweiten Elementes herum; aber beide schwimmen so in dem Stoff ersten Elementes, dass sie von dessen Bewegung fortgerissen werden. Obgleich sie sich viel berühren und stossen, so verstopfen sie sich doch nicht, wie es an anderen Orten geschieht, wo kein Feuer ist.
96. Der Stoff ersten Elementes, der sich in grosser Menge in einer Flamme befindet, strebt wegen seiner schnellen Bewegung immer den Ort, wo er ist, zu verlassen, und zwar aufwärts, d.h. fort von dem Mittelpunkt der Erde, weil er, wie erwähnt, leichter als die Himmelskügelchen ist, welche die Gänge der Luft ausfüllen. Deshalb streben diese Kügelchen und alle Erdtheilchen der benachbarten Luft in dessen Stelle herabzusteigen, und sie werden sofort die Flamme auslöschen, wenn sie blos aus ersten Elementen bestände. Allein die von dem Docht F G ausgehenden Erdtheilchen folgen, so wie sie in das erste Element eingetaucht sind, dessen Bewegung und begegnen so jenen Theilchen der Luft, welche an Stelle der Flamme eintreten wollten, stossen sie zurück und erhalten so die Flamme.
97. Da sie aber nach oben streben, so spitzt sich deshalb die Flamme zu, und da sie ich viel schneller als die Lufttheilchen bewegen, die sie zurückstossen, so können sie dadurch in ihrem Wege nach H nicht aufgehalten werden, wo ihre Bewegung allmählich nachlässt, und sie sich so in Rauch verwandeln.[220]
98. Dieser Rauch würde in der Luft nirgends einen Platz finden, da es kein Leeres giebt, wenn nicht ebenso viel Luft nach der Flamme in der Kreisbewegung zurückkehrte, als Rauch austritt. Während der Rauch nach H steigt, stösst er die Luft nach J und K; diese Luft umspielt die Spitze der Kerze B und den Grund des Dochtes F und dient, indem sie zur Flamme tritt, zu ihrer Ernährung. Sie würde jedoch bei der Dünne ihrer Theilchen dazu nicht hinreichen, wenn sie nicht viele Wachstheilchen, welche die Hitze des Feuers bewegt durch den Docht mit sich nähme. So muss die Flamme stetig erneuert werden, um nicht zu verlöschen, und sie bleibt so wenig dieselbe wie der Fluss, zu dem immer neue Wassertheilchen hinzukommen.
99. Die Bewegung der Luft und des Rauches kann man wahrnehmen, wenn in einem Zimmer ein grosses Feuer angezündet wird. Ist nämlich das Zimmer so geschlossen, dass ausser dem Kaminrohr, durch welches der Rauch austritt, nur eine Oeffnung besteht, so empfindet mau einen starken Zugwind von dieser Oeffnung nach dem Herd, um die Stelle des abziehenden Rauches einzunehmen.
100. Deshalb gehört zur Erhaltung des Feuers Zweierlei; erstens müssen darin Erdtheilchen enthalten sein, die durch ihren Stoss von dem ersten Element es verhindern, dass es von der oberen Luft und anderen Flüssigkeiten ausgelöscht werde. Ich spreche hier nur von den Flüssigkeiten[221] oberhalb des Feuers, denn da hier nur die Schwere die Bewegung veranlasst, so hat es keine Gefahr, dass es von denen unterhalb ausgelöscht werden könnte. So wird die umgedrehte Flamme von der Feuchtigkeit erdrückt, welche sonst sie erhält; umgekehrt giebt es Feuer, in denen die Erdtheilchen so fest, so zahlreich und so heftig bewegt sind, dass sie selbst das ausgeschüttete Wasser zurückstossen und davon nicht ausgelöscht werden können.
101. Zur Unterhaltung des Feuers gehört zweitens, dass es an einem Körperhafte, aus dem an Stelle des abziehenden Rauches neuer Stoff zum Feuer hinzutreten kann. Deshalb muss dieser Körper viel feine Theilchen nach Verhältniss des zu erhaltenden Feuers in sich haben, und sie müssen unter sich oder mit dickeren Theilchen so verbunden sein, dass sie durch den Stoss der Feuertheilchen sich sowohl von einander als auch von den benachbarten Kügelchen zweiten Elementes leicht trennen und so zur Erhaltung des Feuers verwendet werden können.
102. Ich sage, die Theilchen der Körper müssen in der zur Erhaltung des Feuers erforderlichen Menge dünn sein. Wenn z.B. Weingeist, auf ein Leinentuch geschüttet, anbrennt, so wird diese feine Flamme zwar den ganzen Weingeist verzehren, aber die Leinwand nicht berühren, obgleich doch ein anderes Feuer sie leicht verbrennen würde; die Theilchen derselben sind nämlich nicht dünn genug, um von jener Flamme bewegt zu werden.
103. Der Weingeist nährt nämlich die Flamme am leichtesten, da er nur aus sehr dünnen Theilchen besteht; sie haben zwar Verzweigungen, aber so kurz und biegsam, dass sie sich nicht an einander hängen, denn sonst würde sich der Weingeist in Oel verwandeln; vielmehr sind sie derart, dass sie viele kleine Zwischenräume um sich haben, die aber nicht von den Kügelchen zweiten[222] Elementes, sondern nur von dem Stoff ersten Elementes eingenommen werden können.
104. Das Wasser ist dagegen dem Feuer sehr entgegen, weil es nicht blos aus dickeren, sondern auch weicheren und klebrigen Theilchen besteht. Deshalb sind diese überall von Kügelchen zweiten Elementes umgeben und gefolgt; auch sind sie biegsam; es dringt daher leicht in die Gänge der brennenden Körper, hält die Feuertheilchen davon ab und hindert das Weiterbrennen.
105. Dennoch sind einzelne Körper von der Beschaffenheit, dass die in ihre Gänge eindringenden Wassertheilchen das Feuer vermehren, indem sie mit Gewalt daraus hervorspringen und so selbst anbrennen. Deshalb besprengen die Schmiede die Steinkohlen mit Wasser, und deshalb vermehrt eine kleine Menge Wasser in einem grossen Feuer dasselbe. Die Salze bewirken dies noch in höherem Maasse. Denn deren Theilchen sind starr und länglich und zittern in der Flamme wie Spiesse; so haben sie bei dem Stoss auf andere Körper eine Kraft, um deren kleinste Theile zu erschüttern; und deshalb pflegt man sie den zu schmelzenden Metallen zuzusetzen. 106. Die gewöhnlichen Nährmittel des Feuers, wie Holz und Aehnliches, bestehen aus verschiedenen Theilchen,[223] deren einige sehr dünn, andere mehr stark und noch stärker sind. Die meisten sind auch zweigartig und haben grosse Gänge zwischen sich. Wenn die Feuertheilchen in diese Gänge eintreten, bewegen sie zunächst die dünnsten, dann auch die mittleren, und mit deren Hülfe bringen sie auch die dickeren zu einer sehr schnellen Bewegung und stossen so die Himmelskügelchen erst aus den engen Zwischenräumen und später auch aus den anderen fort und reissen alle Theilchen (mit Ausnahme der dicksten, welche die Asche bilden) mit sich weg.
107. Sind diese aus dem brennenden Körper zugleich austretenden Theilchen zahlreich genug, um die Himmelskügelchen aus dem benachbarten Luftraum zu vertreiben, so dringt die Flamme in diesen Raum; wo nicht, so hat das Feuer keine Flamme und kriecht allmählich durch die Gänge des Körpers, in dem es glüht, um den Stoff, den es verzehren kann, zu erfassen, wie bei jenen Lunten oder Dochten, die man im Kriege zur Anzündung des Pulvers von grobem Geschütz benutzt.
108. Hat das Feuer keinen solchen Stoff um sich, so erhält es sich nicht, ausgenommen wenn es in den Poren eines Körpers eingeschlossen haftet und einige Zeit braucht, um alle diese Theile so aufzulösen, dass es sich davon befreien kann. Dies kann man bei den angezündeten Kohlen bemerken, die, wenn sie mit Asche bedeckt sind, viele Stunden das Feuer behalten, nur weil es gewissen dünnen und verzweigten Theilchen innewohnt, die, mit anderen stärkeren verknüpft, sich sehr schnell bewegen, aber nur eins nach dem ändern heraus können und, ehe dies so geschehen, durch die lange Bewegung abgerieben werden, so dass die einzelnen sich in mehrere Stücke trennen müssen.[224]
109. Nichts fängt schneller Feuer und behält es kürzere Zeit als Schiesspulver, was ans Schwefel, Salpeter und Kohle gemacht wird. Denn schon der blosse Schwefel ist sehr feuerfangend, weil er aus Theilchen scharfer Säfte besteht, die in so dünne und gespaltene Zweige des übrigen Stoffes eingehüllt sind, dass sehr viele Gänge dazwischen nur dem ersten Element offen stehen. Deshalb gilt auch der Schwefel als die hitzigste Medizin.
110. Der Salpeter besteht aber ans länglichen und starren Theilchen, die nur sich von dem gewöhnlichen Salz dadurch unterscheiden, dass sie an einem Ende dicker als an dem anderen sind, wie daraus erhellt, dass er, in Wasser aufgelöst, nicht, wie das gewöhnliche Salz, in viereckigen Gestalten auf der Oberfläche krystallisirt, sondern an den Seiten und dem Boden des Gefässes sich ansetzt.
111. Und was die Grösse der Theilchen anlangt, so ist ein solches Verhältniss zwischen ihnen anzunehmen, dass die Theilchen der scharfen Säfte, welche im Schwefel sind, wenn sie von dem ersten Element bewegt werden, leicht die Kügelchen zweiten Elements aus den Zwischenräumen der Zweige des übrigen Stoffes vertreiben und zugleich die Theilchen des Salpeters, welche dicker sind, in Bewegung bringen.
112. Diese Theilchen des Salpeters sinken an ihrer dicken Seite durch ihre Schwere herab, deshalb haben sie ihre Hauptbewegung an der spitzen Seite, welche nach oben gerichtet ist, wie in B
[Fig. 37] , und sich im Kreise dreht; anfangs in einem kleinen, wie bei C, aber der (wenn nichts hindert) bald grösser wird, wie bei D, während inmittelst die Schwefeltheilchen schnell nach allen Seiten zu anderen Theilchen des Salpeters in kürzester Zeit gelangen.
113. Da die einzelnen dieser Salpetertheilchen viel Raum zur Beschreibung ihrer Kreise brauchen, so dehnt sich deshalb die Flamme dieses Pulvers sehr aus, und da sie diese Kreise mit der spitzen Seite beschreiben, die nach oben gerichtet ist, so drängt seine ganze Kraft nach[225] oben; da es aber sehr trocken und fein ist, so kann es ohne Schaden auf der Hand angezündet werden.
114. Dem Schwefel und dem Salpeter wird Kohle beigemischt, und diese Mischung wird etwas angefeuchtet, wodurch Körner oder Pillen entstehen, die dann getrocknet werden. In der Kohle sind nämlich viele Gänge; theils giebt es solche, die schon in den Körpern, aus deren Verbrennung sie gebildet ist, waren, theils deshalb, weil bei dem Verbrennen viel Rauch aus ihnen davongegangen ist. So enthält die Kohle nur zwei Arten von Theilchen; die einen sind dicker und bilden für sich allein die Asche; die anderen sind feiner und fangen leicht Feuer, weil sie schon früher durch die Kraft des Feuers bewegt worden sind; aber sie sind in lange und vielfache Zweige verwickelt, so dass sie ohne eine gewisse Kraft sich nicht trennen können, was daraus erhellt, dass, während bei der ersten Verbrennung die übrigen im Rauch davongingen, sie allein zurückgeblieben sind.
115. So dringender Schwefel und der Salpeter leicht in die breiten Gänge der Kohle und verwickeln und klemmen sich zwischen deren zweigartige Theilchen, namentlich wenn nach einer Anfeuchtung sie in Körner oder kleine Pillen geformt und getrocknet werden. Der Nutzen[226] davon ist, dass die Salpetertheilchen nicht eins nach dem ändern, sondern viele auf einmal sich entzünden. Denn wenn zuerst das beigebrachte Feuer die Oberfläche eines Körnchens berührt, so entzündet und zertheilt es dasselbe nicht sofort, sondern es ist dazu einige Zeit nöthig, damit es von der Oberfläche in das Innere des Körnchens dringt. Dort entzündet es den Schwefel und bewegt allmählich auch die Salpetertheilchen, so dass diese mit wachsender Kraft grösseren Raum zur Beschreibung ihrer Drehungskreise erfordern, dadurch die Bande der Kohle zerreissen und das ganze Korn zerbrechen. Allerdings ist diese Zeit in Vergleich zu Stunden und Tagen sehr kurz, aber lang in Vergleich zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, mit der das zerspringende Körnchen seine Flamme durch die ganze umgebende Luft verbreitet. Wenn z.B. bei einer Kanone einige Pulverkörner durch die Berührung mit dem Feuer einer Lunte oder eines anderen Zünders zuerst sich entzünden, so verbreiten sie sich in die Zwischenräume aller benachbarten Körner; obgleich sie dann nicht so schnell zu deren inneren Theilchen gelangen können, so berühren sie doch viele und entzünden und erweitern so viele auf einmal und platzen so mit grosser Gewalt aus der Kanone heraus. So steigert der Widerstand der Kohle die Schnelligkeit sein, mit der die Salpetertheilchen in Flammen ausbrechen; und die Absonderung der Körner ist nothwendig, damit sie genügend grosse Gänge um sich haben, durch welche die Flamme des zuerst entzündeten Pulvers zu vielen Theilen des übrigen Pulvers gelangen kann.
116. Von diesem Feuer, was von allem das vergänglichste ist, wollen wir uns zu dem wenden, was umgekehrt ohne alle Nahrung am längsten wahrt. So erzählt man von Laternen, die in den Todtengewölben noch nach vielen Jähren brennend gefunden worden sind. Allerdings konnten in einem unterirdischen und ganz verschlossenen Orte, wo die Luft von keinem oder nur dem leisesten Wind bewegt wurde, sich viele zweigartige Theilchen von Russ um die Flamme der Laterne sammeln, die aufeinander ohne Bewegung lagen und so ein kleines Gewölbe bildeten, welches die umliegende Luft an Verlöschung der Flamme hinderte und die Kraft der Flamme auch so brach und bedeckte, dass kein Theilchen des etwa noch übrigen[227] Oeles oder Dochtes sich entzünden konnte. So blieb der Stoff ersten Elements allein zurück, der sich wie bei einem kleinen Sterne schnell um sich selbst drehte und die Kügelchen zweiten Elements zurückstiess, die allein zwischen den Theilchen des umliegenden Russes noch hindurch konnten, und so ein Licht in seiner ganzen Hülle verbreitete, was zwar klein und sehr schwach war, aber bei Oeffnung des Gewölbes durch die Bewegung der äusseren Luft leicht neue Kraft gewinnen und mit Abstossung des Kusses die brennende Laterne zeigen konnte.
117. Wir kommen nun zu den Wirkungen des Feuers, welche sich ans der Art seiner Entstehung und Erhaltung nicht erkennen lassen. Aus dem Obigen erhellt, wie das Feuer glänzt, wie es alle Körper, denen es sich nähert, in viele Theilchen auflöst, wie ans diesen Körpern erst sehr dünne und schlüpfrige, dann andere, vielleicht nicht stärkere, aber mehr verzweigte und verknüpfte Theilchen heraustreten, welche sich an die Kaminwände hängen und den Russ bilden; endlich die dicksten bleiben als Asche zurück. Es ist aber noch zu zeigen, wie durch die Kraft dieses Feuers auch Körper, die es nicht verzehrt, flüssig und kochend und andere trocken und hart werden, andere verdunsten, andere sich in Kalk, andere in Glas verwandeln.
118. Alle harten Körper, die aus Theilchen bestehen, von denen das eine so leicht wie das andere sich von den übrigen trennt, und die durch die Kraft des Feuers sich trennen, werden bei diesem Vorgänge flüssig. Denn das Flüssige bestellt nur in der Trennung und Bewegung[228] seiner Theilchen. Ist diese Bewegung so gross, dass einzelne Theilchen sich in Feuer oder Luft verwandeln und deshalb viel mehr Raum zu ihrer Bewegung brauchen und andere fortstossen, so werden jene Körper heiss und kochend.
119. Wenn aber in einem Körper viele feine, biegsame, schlüpfrige, mit dickeren und zweigartigen verschlungene, aber nicht fest verknüpfte Theilchen vorhanden sind, so dünstet der Körper, an das Feuer gebracht, diese aus und wird dadurch trocken. Denn das Trockne bezeichnet nur den. Mangel jener flüssigen Theilchen, die zusammen Wasser oder eine ändere Flüssigkeit bilden. Wenn diese flüssigen Theilchen in den Gängen der harten Körper eingeschlossen sind, so dehnen sie sich aus und stossen durch ihre Bewegung andere Theilchen derselben. Dies nimmt ihnen die Härte oder mindert sie wenigstens; sind sie aber verdunstet, so verbinden sich die übrigen enger und verknüpfen sich fester, und so werden die Körper hart.
120. Unter den so ausgedünsteten Theilchen unterscheidet man verschiedene Arten. Ich übergehe die, welche so beweglich und dünn sind, dass sie für sich blos die Luft bilden können; die nächstfeinsten, welche leicht in Dunst hervortreten, sind die, welche, wenn sie in die genau verschlossenen Gefässe der Chemiker aufgefangen[229] werden und sich sammeln, die hitzigen Wasser oder Spirituosen bilden, wie man sie aus den Weintrauben, dem Weizen und anderen Körpern auszuziehen pflegt. Dann kommen die Bussen oder geschmacklosen Wasser, die man aus Pflanzen und anderen Körpern destillirt. Drittens kommen die fressenden und scharfen Wasser oder bitteren Säfte, die aus den Salzen durch starkes Feuer ausgezogen werden.
121. Gewisse dickere Theilchen, wie die des Quecksilbers und der Salze, die oben an den Gefässen zu harten Körpern krystallisiren, können nur mit vieler Mühe verflüchtigt werden. Am schwersten verdunsten aber die Oele aus harten und trockenen Körpern, und dazu gehört nicht blos Feuer, sondern auch eine gewisse Geschicklichkeit. Denn ihre Theilchen sind dünn und zweigartig; eine starke Kraft würde sie deshalb zerbrechen und zerreissen, ehe sie aus den Gängen dieser Körper herausgebracht würden. Man schüttet deshalb viel Wasser hinzu, dessen weiche und schlüpfrige Theile jene Gänge durchziehen und jene so ganz mit sich fortnehmen.
122. Ueberall muss hier der Grad des Feuers beachtet werden; denn mit dessen Wechsel wechseln auch gewissermaasen die Wirkungen. So giebt es Körper, welche bei allmählicher Annäherung an das Feuer und einer gradweisen Verstärkung desselben trocknen und vielerlei ausdünsten; während dies nicht geschieht, sondern sie ganz flüssig werden, sobald sie gleich anfangs einem starken Feuer ausgesetzt werden.
123. Auch die Art, wie das Feuer angewendet wird, ändert die Wirkung. So wird Manches flüssig, wenn es überall gleichzeitig erwärmt wird; leckt dagegen eine starke Flamme nur seine Oberfläche, so verwandelt es sich in Kalk. Die Chemiker nennen nämlich alle harten Körper Kalke, welche durch das Feuer allein sich in feines Pulver verwandeln, wobei die feinsten Theilchen zerbrochen oder fortgestossen werden. Zwischen Asche und Kalk ist nur der Unterschied, dass die Asche der Ueberrest der in ihrem grössten Theile durch Feuer verzehrten Körper ist, Kalk aber der Rest solcher, die sich nach ihrer Verbrennung beinahe noch ganz erhalten.[230]
125. Die letzte Wirkung des Feuers ist die Verwandlung der Asche und des Kalkes in Glas. Denn wenn aus den brennenden Körpern alle feineren Theilchen abgestossen und fortgetrieben sind, so sind die übrigen, die als Asche oder Kalk übrig bleiben, so fest und dick, dass die Kraft des Feuers sie nicht heben kann; dabei haben sie meist unregelmässige und eckige Gestalten; deshalb bleiben sie, wenn sie auf einander liegen, nicht an einander hängen und berühren sich auch nur an kleinen Stellen. Wenn nun später ein kräftiges Feuer lange hindurch seine Kraft gegen sie äussert, d.h. wenn die feinen Theilchen dritten Elements zugleich mit den Kügelchen zweiten Elements, die von dem Stoff des ersten mit fortgerissen werden, sich fortwährend schnell und nach allen Richtungen um sie bewegen, so werden ihre Ecken allmählich abgestumpft, und die Oberfläche geglättet, vielleicht auch manche gebogen, und deshalb kriechen und fliessen sie über einander und berühren sich nicht blos in Punkten, sondern in kleinen Flächen und bilden so verbunden das Glas.
125. Denn wenn zwei Körper von einiger Breite einander in gerader Linie entgegenkommen, so können sie sich nicht so nähern, dass nicht ein Zwischenraum bliebe, der von den Kügelchen zweiten Elements besetzt ist; dagegen können sie sich viel enger verbinden, wenn einer über[231] den anderen schief geführt wird oder rutscht. Wenn z.B. die Körper B und C
[Fig. 38] sich in der geraden Linie A D begegnen, so hindern die Himmelskügelchen zwischen ihren Oberflächen die volle Berührung. Wird aber G auf H hin- und hergeschoben, so wird er ihn berühren, wenigstens wenn ihre Oberflächen glatt und eben sind; wo nicht, so werden sie dadurch allmählich geglättet und geebnet. Deshalb stellen hier die Körper B und C Theilchen der Asche und des Kalkes in ihrer Trennung vor, G und H aber die mit einander verbundenen Theilchen des Glases. Durch diesen Unterschied allein, welcher durch starke und kräftige Anwendung des Feuers in ihnen hervorgebracht wird, erlangen sie alle Eigenschaften des Glases.
126. Denn das heisse Glas ist flüssig, weil seine Theilchen durch das Feuer leicht bewegt werden, was sie schon vorher geglättet und gebogen hatte. Wird es aber kalt, so kann es allerlei Gestalt annehmen. Dies haben alle durch Feuer flüssiggemachte Körper mit einander gemein. Denn wenn sie flüssig sind, fügen sich ihre Theilchen leicht jeder Form, und wenn sie später durch Kälte zusammenbacken, halten sie die letzte fest. Das Glas kann in feine Fäden wie Haare ausgezogen werden, weil seine Theilchen, wenn sie schon anfangen zusammenzubacken, leichter eines über das andere fliessen, als sich von einander trennen.
127. Wenn dann das Glas erkaltet, wird es sehr hart, aber auch sehr zerbrechlich, und dies um so mehr, je schneller es erkaltet. Der Grund der Härte ist, dass es nur aus starken und unbiegsamen Theilchen besteht, die nicht durch die Verwickelung ihrer Zweige, sondern durch unmittelbare Berührung an einander hängen. Die meisten anderen Körper sind deshalb weich, weil ihre Theilchen biegsam sind oder in biegsame Zweige enden, durch deren Verknüpfung sie verbunden sind. Keine Verbindung zweier Körper kann aber fester sein als die ans der unmittelbaren Berührung entstehende, wo sie sich einander so berühren, und keines eine Bewegung hat, sich von dem anderen zu trennen. Dies findet bei den Glastheilchen statt, sobald sie von dem Feuer entfernt werden; denn ihre Dicke und Berührung und Ungleichheit der Gestalt hindern[232] die benachbarte Luft, sie in der Bewegung zu erhalten, wodurch sie sich von einander trennen könnten.
128. Das Glas ist aber dennoch sehr zerbrechlich, weil die Oberflächen, mit denen die Glastheilchen einander berühren, nur klein und wenige sind. Viele weichere Körper lassen sich schwerer zerbrechen, weil ihre Theile so in einander verwebt sind, dass sie ohne Zerbrechung und Abreissung vieler Zweigelchen sich nicht trennen lassen.
129. Das Glas ist zerbrechlicher, wenn es schnell, als wenn es langsam erkaltet ist. Denn während es glüht, sind seine Gänge weit, weil dann viel Stoff ersten Elements mit Kügelchen zweiten Elements und wohl auch einigen feinen dritten Elements sich durch sie bewegt. Wenn es aber sich von selbst abkühlt, werden diese enger, weil die dann allein hindurchgehenden Kügelchen zweiten Elements weniger Raum brauchen; geschieht aber die Abkühlung zu schnell, so wird das Glas früher hart, als seine Gänge sich verengen konnten; dann drängen jene Kügelchen fortwährend auf Trennung seiner Theilchen, und da diese blos durch Berührung verbunden sind, so kann keines von dem anderen sich trennen, ohne dass auch mehrere benachbarte derselben Oberfläche, wo die Trennung beginnt, sich ebenfalls trennen, und so das Glas zerbricht. Deshalb entfernen die Verfertiger von gläsernen Gefässen sie nur allmählich aus den Oefen, damit sie langsam erkalten. Wird ein kaltes Glas so dem Feuer genähert, dass es auf der einen Seite viel mehr als auf der anderen[233] sich erwärmt, so wird es von selbst hier zerbrechen. Denn die Gänge desselben können hier sich durch die Hitze nicht erweitern, wenn dabei die Gänge der benachbarten Theile sich nicht ändern, ohne dass jener Theil sich nicht trennt. Wird das Glas aber erst einem gelinden und dann allmählich einem verstärkten Feuer ausgesetzt und in allen seinen Theilen gleichmässig erwärmt, so wird es nicht springen, weil alle seine Gänge sich gleichzeitig und gleichmässig ausdehnen.
130. Das Glas ist ferner durchsichtig, weil es bei seiner Erzeugung flüssig ist, und der alle seine Theilchen umfliessende Feuerstoff sich unzählige Gänge aushöhlt, durch die die Kügelchen zweiten Elements nachher sich frei bewegen und die Wirksamkeit des Lichtes auf alle Theile in gerader Linie übertragen können. Sie brauchen dazu nicht ganz gerade, sondern nur nicht unterbrochen zu sein; so dass, wenn wir annehmen, das Glas bestehe aus genau kugelrunden und gleich grossen, aber so starken Theilchen, dass die Kügelchen zweiten Elements durch den dreieckigen Raum hindurch können, welcher zwischen drei sich berührenden frei bleibt, dieses Glas völlig durchsichtig sein wird, obgleich es viel dichter wäre als alles, was jetzt in Gebrauch ist.
131. Wenn dem Stoff, aus dem das Glas sich bildet, Metalle oder andere Körper beigemischt sind, deren Theilchen dem Feuer mehr widerstehen und nicht so leicht sich glätten als die Glastheilchen, so wird es weniger durchsichtig und bekommt verschiedene Farben, je nachdem diese härteren Theilchen seine Gänge mehr oder weniger und verschiedenartig verstopfen.
132. Endlich ist das Glas elastisch, so dass es von aussen ein Wenig, ohne zu brechen, sich biegen lässt und dann wie ein Bogen in seine frühere Form zurückkehrt,[234] wie an dünnen Glasfäden deutlich zu sehen ist. Diese elastische Eigenschaft hat in allen harten Körpern statt, deren Theilchen durch unmittelbare Berührung und nicht durch Verwickelung der Zweige verbunden sind. Da sie nämlich zahllose Gänge haben, durch die sich immer Stoff bewegt, da es kein Leeres giebt, und deren Gestalten diesem Stoff einen feinen Durchgang gestatten, weil sie durch ihn früher gebildet worden sind, so können diese Körper ohne Veränderung der Gestalt dieser Gänge nicht gebogen werden. Die durch sie sich bewegenden Stofftheilchen finden dann die Wege weniger bequem und stossen gegen deren Wände, damit sie die frühere Gestalt wieder annehmen. Wenn z.B. bei einem Bogen diese Gänge, durch welche Kügelchen zweiten Elements sich bewegen, kreisrund sind, so werden sie bei dem gespannten oder gekrümmten Bogen elliptisch sein, und die Kügelchen, welche durch sie hindurch wollen, werden gegen ihre Wände nach den kleineren Durchmessern dieser Ellipsen stossen und so die alte runde Gestalt wieder herstellen. Allerdings ist diese Kraft der einzelnen Kügelchen nur schwach; da indess fortwährend eine Menge durch eine Menge Poren des Bogens zu gehen streben, so können ihre Kräfte durch ihre Verbindung und ausschliessliche Richtung auf Zurückführung des Bogens sehr gross werden. Bleibt der Bogen lange gespannt, und besteht er aus Holz oder einem anderen nicht sehr harten Stoffe, so verliert er allmählich die Spannkraft, weil die Formen ihrer Gänge durch die lange Reibung der durch sie wandernden Stofftheilchen allmählich deren Gestalt und Grösse sich anpassen.
133. Bisher habe ich versucht, die Natur der Luft, des Wassers, der Erde und des Feuers, welche als die Elemente der von uns bewohnten Erdkugel gelten, mit ihren wichtigeren Kräften und Eigenschaften zu erklären.[235] Ich habe nun noch über den Magnet zu handeln; denn da seine Kraft sich über die ganze Erde verbreitet, so gehört er offenbar in die allgemeine Betrachtung derselben. Man erinnere sich hier jener gerieften Theilchen ersten Elements, welche oben Th. III. §. 87 u. f.[236] genau beschrieben worden sind. Wenn man das dort zu No. 105 bis 109 Gesagte hier auf die Erde bezieht, so sind in deren mittlerem Theil viele Gänge mit parallelen Axen anzunehmen, durch welche die von dem einen Pole kommenden gerieften Theilchen frei zu dem anderen gehen. Diese Gänge sind deren Grösse entsprechend ausgehöhlt, so dass die, welche die von dem Südpol kommenden gerieften Theilchen aufnehmen, keine solche aufnehmen können die von dem Nordpol kommen, und umgekehrt nehmen die für den Nordpol keine südlichen auf, da sie nach Art der Schneckenhäuser gewunden sind, die eine nach dieser, die andere nach jener Seite. Ferner können die Theilchen, welche auf der einen Seite eintreten, auf der entgegengesetzten nicht hinein, weil die feinen Enden ihrer Zweige in den Drehungen jener Gänge sich nach der Richtung biegen, wo sie einzutreten pflegen und so gegen die entgegengesetzte Drehung aufstossen und den Rückgang hindern. So kommt es, dass diese gerieften Theilchen, wenn sie mitten durch die Erde in gerader oder gleichgeltender, deren Axe paralleler Richtung von einer Hälfte zur anderen hindurchgegangen sind, durch den umfliessenden Aether zu derselben Erdhälfte zurückkehren, durch die sie vorher eingetreten sind, sie abermals durchlaufen und so gleichsam einen Wirbel bilden.
134. Und weil aus jenem Aether, durch den die gerieften Theilchen von dem einen Pol zu dem ändern zurückkehren, sich vier verschiedene Körper gebildet haben können, nämlich die innere oder metallische Kruste der Erde, das Wasser, die äussere Erde und die Luft, und da nach §. 113, Th. III. in den dickeren Theilchen dieses Aethers Spuren von Gängen bleiben konnten, die nach dem Maasse der gerieften Theilchen gebildet waren, so bemerke man, dass alle diese starken Theilchen anfangs zur inneren Erdkruste flössen, und keine davon im Wasser und in der Luft sein konnten, theils weil diese dicken Theilchen hier fehlten, theils weil bei der Flüssigkeit dieser Körper deren Theilchen fortwährend ihre Lage wechseln, mithin wenn sie auch sonst solche Gänge enthalten hätten, sie durch diesen Wechsel längst zerstört sein würden, da sie eine feste und bestimmte Richtung fordern.
135. Oben ist ferner gesagt, dass die. innere Kruste der Erde zum Theil aus zweigartigen Theilchen, die sich[237] verknüpft haben, und zum Theil ans solchen besteht, welche sich durch die Zwischenraume jener bewegen. Deshalb können diese Gänge auch nicht in den letzten beweglichen, sondern nur in den zweigartigen Theilchen sein. In der äusseren Erde konnten endlich auch keine solche Gänge sein, weil sie sich zwischen der Luft und dem Wasser gebildet hat. Nachdem aber später mancherlei Metalle aus der inneren Erde zur äusseren aufgestiegen waren, können zwar alle Körper, welche aus den beweglicheren und dichteren Theilchen jener bestehen, solche Gänge nicht haben; aber der Körper, welcher aus den zweigartigen und dicken, aber nicht so festen Theilchen besteht, kann nicht ohne solche sein. Und es entspricht der Vernunft, dass dieser Körper das Eisen ist.
136. Denn kein anderes Metall giebt dem Hammer so wenig nach und schmilzt so schwer im Feuer, und keines kann für sich ohne Zumischung anderen Metalles so hart gemacht werden. Diese drei Eigenschaften zeigen, dass seine Theilchen mehr zweigartig oder eckig als bei anderen sind und deshalb enger an einander haften. Dem stellt auch nicht entgegen, dass einzelne Klumpen desselben das erste Mal leicht im Feuer schmelzen; denn dann sind seine Theilchen noch nicht so verbunden, sondern noch getrennt und deshalb durch die Kraft der Wärme leichter zu bewegen. Ausserdem ist das Eisen trotz seiner grossen Härte und schwereren Schmelzbarkeit gegen andere Metalle doch auch eines der weniger schweren, was leicht durch Rost verdirbt oder durch geistige Flüssigkeiten zerfressen wird, was Alles zeigt, dass seine Theilchen nicht so dicht sind wie bei anderen Metallen, sondern dicker und mit vielen Gängen durchzogen.
137. Indess will ich nicht behaupten, dass in den einzelnen Theilchen des Eisens vollständige Gänge, nach Art der Schneckenhäuser ausgehöhlt, enthalten sind, durch welche die gerieften Theilchen gehen, so wenig wie ich das Gegentheil bestreiten mag. Hier genügt, anzunehmen, dass die der Länge nach getheilten Hälften solcher Gänge in die Oberflächen der einzelnen Theilchen so eingebohrt sind, dass sie bei passender Verbindung dieser durch Aneinanderlegung solcher Hälften vollständige Gänge bilden. Es ist auch wahrscheinlich, dass diese dicken und zweigartigen und angebohrten Erdtheilchen, aus denen das[238] Eisen sich bildet, durch die Kraft geistiger und scharfer Säfte, welche sie durchflossen, so getheilt worden sind, dass die Hälften solcher Höhlungen auf den Oberflächen der so getrennten Theilchen zurückblieben. Nachher sind diese Theilchen durch die Adern der äusseren Erde von jenen Spirituosen und von Ausdünstungen und Dämpfen fortgestossen worden und in den Erzgruben aufgestiegen.
138. Bei diesem Aufsteigen konnten sie sich nicht immer in derselben Richtung halten, da sie eckig waren und an viele Ungleichheiten in den Adern der Erde anstiessen. Wenn nun die gerieften Theilchen, die mit Gewalt von der inneren Erde kommen und sich durch die äussere Erde einen Ausgang suchen, die Gänge dieser Theilchen in der Lage treffen, dass, um ihre geradlinige Bewegung fortzusetzen, sie versuchen, in ihre Mündungen einzutreten, ans denen sie früher herausgetreten waren, so werden sie da jenen kleinen Enden der Zweige begegnen, welche zwischen den Windungen der Gänge vorstehen und sich gegen die rückkehrenden gerieften Theilchen stemmen. Diese Zweigenden werden zwar anfangs ihnen widerstehen; aber wenn sie wiederholt von ihnen geschlagen werden, so biegen sie sich mit der Zeit alle nach der entgegengesetzten Seite, und manche zerbrechen; und wenn dann später diese Gänge, sobald die Theilchen, die in ihnen sich befinden, ihre Lage geändert haben, das andere Ende den gerieften Theilchen entgegenhalten, so treffen diese wieder auf diese Enden der in den Gängen aufsteigenden Zweige und biegen sie allmählich auf die andere Seite. Je öfter und länger dies sich wiederholt, desto leichter wird die Biegsamkeit dieser Zweige nach beiden Richtungen.
139. Diese Theilchen, welche auf diese Weise bei ihrem Aufsteigen durch die Adern der äusseren Erde bald hier-, bald dorthin gewendet waren, bilden entweder in Mengen für sich allein oder in den Gängen anderer Körper eingeschlossen die Eisenklumpen; und die, welche immer dieselbe Lage beibehalten oder sie nur, um in die Gruben zu gelangen, einige Male zu ändern genöthigt waren und nachher mindestens in die Gänge von Steinen oder anderer Körper fest eingezwängt waren und da viele Jahre unbeweglich blieben, bilden den Magnet. Deshalb nähert sich beinahe jedes Eisenstück der Natur des[239] Magneten, und es giebt keinen Magnet ohne etwas Eisen, wenn auch vielleicht dieses Eisen anderen Körpern so eng anhaftet, dass es eher durch Feuer sich verflüchtigt als aus ihnen gesondert werden kann.
140. Wenn nun die Eisenerze im Feuer schmelzen, um in Eisen oder Stahl sich zu verwandeln, so werden deren Theilchen von der Wärme bewegt, von fremden Körpern getrennt und drehen sich so lange hin und her, bis sie sich nach den Oberflächen an einander legen, in welche die Hälfte jener für die gerieften Theilchen passenden Gänge eingegraben worden sind, und bis diese Hälften der Gänge so auf einander passen, dass sie vollständige Gänge bilden. Wenn dies geschehen, so hemmen die gerieften Theilchen, die ebenso im Feuer wie in anderen Körpern enthalten sind, indem sie durch diese Gänge lieber als durch andere Orte fliessen, dass ihre kleinen Oberflächen, durch deren passende Lage und Verbindung sie in die Höhe steigen, nicht so leicht wie früher ihre Stellung wechseln, und ihre eigene Berührung oder wenigstens ihre Schwere, womit alle Theilchen nach unten drücken, hindert ihre leichte Trennung. Da inmittelst die Theilchen selbst in Folge der Wirkung des Feuers sich zu bewegen fortfahren, so verbinden sich viele zu einer Bewegung, und die ganze ans ihnen bestehende Flüssigkeit trennt sich in verschiedene Tropfen oder Klümpchen; alle Theilchen mit gleicher Bewegung bilden dabei einen solchen Tropfen, welcher durch seine Bewegung seine Oberfläche schnell glättet und polirt. Denn bei der Begegnung mit anderen Tropfen wird das Rauhe und Eckige an den Theilchen von der Oberfläche des Tropfens in das Innere desselben gestossen, und dadurch werden zugleich alle Theile jedes Tropfens sehr eng mit einander verbunden.
141. Wenn die auf diese Art in Tropfen oder Klümpchen vertheilte Flüssigkeit schnell sich abkühlt, so verwandelt sie sich in sehr harten Stahl, der hart und beinahe so zerbrechlich wie Glas ist. Die Härte kommt von der engen Verbindung der Theilchen; das Elastische, wonach er bei Biegungen seine frühere Gestalt wieder annimmt, davon, dass durch solche Biegung die kleinen Oberflächen der Theilchen sich nicht trennen, sondern nur die Gestalt der Gänge ändern, wie bei dem Glase[240] gesagt worden ist. Die Zerbrechlichkeit kommt davon, dass die Tröpfchen oder Klümpchen, ans denen er besteht, nur durch die Berührung ihrer Oberflächen an einander hängen, und diese Berührung nur in wenigen und kleinen Stellen eine unmittelbare sein kann.
142. Aber nicht alle Erze sind zur Umwandlung in Stahl gleich geeignet, und gerade die, welche den besten und härtesten Stahl geben, geben nur ein schlechtes Eisen, wenn sie nicht bei dem richtigen Feuer geschmolzen werden. Denn wenn die Theilchen des Erzes so eckig und abgebrochen sind, dass sie sich eher anhängen, ehe ihre Oberflächen sich passend können an einander lagern und so in Tropfen vertheilen; oder wenn das Feuer nicht stark genug ist, um die Flüssigkeit in Tropfen so zu trennen und zugleich die sie bildenden Theilchen zusammenzutreiben; oder wenn es umgekehrt so stark ist, dass es die passende Lage dieser Theilchen stört, so wird kein Stahl, sondern ein weniger hartes und mehr biegsames Eisen gewonnen.
143. Wenn schon fertiger Stahl nochmals dem Feuer ausgesetzt wird, so schmilzt er nicht leicht, weil seine Körnchen zu dick und fest sind, um ganz von dem Feuer[241] bewegt zu werden, und weil die Theilchen, aus denen jedes Körnchen besteht, zu eng verbunden sind, um leicht aus ihrer Stelle vertrieben zu werden; indess erweicht er doch, weil alle seine Theilchen durch die Hitze erschüttert werden; und erkaltet er dann langsam, so erlangt er seine frühere Härte, Elastizität und Zerbrechlichkeit nicht wieder, sondern wird so biegsam wie schlechtes Eisen. Denn wenn er so abkühlt, machen die eckigen und brüchigen Theilchen, welche von der Oberfläche der Körnchen durch die Hitze in die inneren Theile gestossen worden waren, sich Oeffnungen, und indem eines an den anderen sich anhängt, verknüpfen sie wie mit kleinen Ringen die einzelnen Körnchen. Dadurch sind die Theilchen nicht mehr so eng in ihren Körnchen zusammengepresst und als Klümpchen nicht mehr durch unmittelbare Berührung, sondern wie durch Haken und Ringe mit einander verbunden und hängen so an einander, und deshalb ist solcher Stahl weder hart noch elastisch, sondern zerbrechlich, weich und biegsam. Er unterscheidet sich dann von gewöhnlichem Eisen nur dadurch, dass bei nochmaliger Erhitzung und demnächstiger schneller Abkühlung er seine frühere Härte und Elastizität wieder erlangt, was bei dem Eisen, wenigstens nicht in diesem Maasse, stattfindet. Dies kommt daher, dass die Theilchen im Stahl nicht so weit von der Lage entfernt sind, welche der grössten Härte entspricht, als dass sie nicht durch das Feuer sie wieder erlangen und bei schneller Abkühlung behalten könnten, während sie bei dem Eisen diese Lage nie gehabt haben und sie daher auch nicht wieder annehmen können. Um den Stahl und das Eisen im Glühen so schnell abzukühlen, pflegt man es in das Wasser oder in andere kalte Flüssigkeiten zu tauchen; sollen sie aber langsamer abkühlen, in Oel oder andere Fette. Da mit der Härte und Elastizität auch die Zerbrechlichkeit zunimmt, so wird das Eisen, aus dem die Säbel, die Sägen und Feilen gemacht werden sollen, nicht in den kältesten Flüssigkeiten abgekühlt, vielmehr geschieht es in milderen, je nachdem es bei diesen Instrumenten mehr auf die Vermeidung der Zerbrechlichkeit als auf die Gewinnung der Härte ankommt. Deshalb wird dieses Eintauchen in bestimmte Flüssigkeiten nicht mit Unrecht »Temperiren« genannt.
144. Was nun die zur Aufnahme der gerieften Theilchen[242] geeigneten Gänge anlangt, so erhellt aus dem Bisherigen, dass sowohl der Stahl wie das Eisen viele solche enthält, und dass sie im Stahl vollständiger und vollkommner sind, und dass die in die Windungen hineinragenden Enden der Zweige, wenn sie nach einer Richtung gebogen sind, sich nicht so leicht nach der umgekehrten zurückbiegen, obgleich dies hier noch leichter als bei dem Magnet geschieht; endlich, dass alle diese Gänge im Stahl und im Eisen nicht so passend wie im Magnet die Oeffnungen für Aufnahme der von Süden kommenden gerieften Theilchen nach einer Seite, und für Aufnahme der von Norden kommenden nach der anderen Seite haben; vielmehr ist deren Lage verschieden und schwankend, weil sie durch die Bewegung des Feuers gestört wird. Selbst in der kürzesten Zeit, wo diese Feuerwirksamkeit durch Kälte gehemmt wird, können sich nur so viele von diesen Gängen nach Süden und nach Norden wenden, als geriefte Theilchen zu dieser Zeit von den Polen der Erde kommen und sich da einen Weg durch sie suchen. Da nun diese gerieften Theilchen an Menge den sämmtlichen Gängen des Eisens nicht gleich kommen, so erlangt wohl jedes Eisen durch seine Lage eine gewisse magnetische Kraft, die es in Bezug auf die Pole der Erde hat, als es von seiner letzten Erhitzung auskühlte, oder in der es lange unbeweglich sich befunden hat; allein nach der Menge seiner Gänge könnte es noch viel mehr enthalten.
145. Dies folgt Alles so aus den oben entwickelten Naturgesetzen, dass, selbst wenn ich auch die magnetischen Eigenschaften, die ich hier erklären will, nicht beachtete, ich doch ebenso über ihr Verhalten urtheilen würde. Demnächst werden wir aber auch sehen, dass mit deren Hülfe die Ursache von all diesen Eigenschaften so passend und klar angegeben werden kann, dass dies genügt, sie für wahr anzunehmen, selbst wenn man nicht wüsste, dass sie ans den obersten Gesetzen der Natur sich ergeben. Die Eigenschaften des Magneten, wie[243] sie deren Bewunderer anzugeben pflegen, lassen sich auf folgende Sätze zurückführen:
1) dass jeder Magnet zwei Pole hat, von denen an jedem Orte der eine sich nach Norden, der andere nach Süden wendet;
2) dass diese magnetischen Pole nach den verschiedenen Orten der Erde, wo sie sich befinden, verschieden nach dem Mittelpunkt sich neigen;
3) dass, wenn zwei Magnete Kugelgestalt haben, der eine zu dem anderen sich ebenso stellt wie jeder zur Erde;
4) dass, wenn sie so gestellt sind, sie sich einander nähern;
5) dass, wenn sie umgekehrt gestellt sind, sie sich abstossen;
6) dass, wenn der Magnet durch eine Ebene parallel der Linie von einem Pol zu dem anderen getheilt wird, die früher zusammengehörigen Enden der Theilstücke auch einander abstossen;
7) dass, wenn der Magnet durch eine Ebene rechtwinklig auf der Linie von Pol zu Pol stehend getheilt wird, zwei Punkte, die früher einander berührten, nun entgegengesetzte Pole werden, der eine in diesem, der andere im anderen Abschnitt;
8) dass, obgleich in einem Magnet nur zwei Pole sind, ein südlicher und ein nördlicher, doch in jedem Stück desselben sich zwei ähnliche Pole befinden,[244] so dass seine Kraft, soweit sie nach dem Pole eine verschiedene ist, in jedem Theile dies ebenso wie in dem ganzen ist;
9) dass das Eisen diese Kraft von dem Magnet empfängt, wenn es ihm nur genähert wird;
10) dass nach dem Unterschied dieser Annäherung auch die Wirkung verschieden ist;
11) dass ein längliches Eisen, es mag dem Magneten auf jede beliebige Art genähert werden, diese Kraft nur in seiner Länge erhält;
12) dass der Magnet nichts an seiner Kraft durch Mittheilung an das Eisen verliert;
13) dass diese Mittheilung an das Eisen schnell erfolgt, aber bei längerer Dauer sich mehr darin befestigt;
14) dass der härteste Stahl sie in höherem Grade annimmt und länger festhält als das blosse Eisen;
15) dass ein stärkerer Magnet mehr Kraft mittheilt als ein schwächerer;
16) dass auch die Erde ein Magnet ist und von ihrer Kraft dem Eisen etwas mittheilt;
17) dass diese Kraft in der Erde, als dem grössten Magneten, schwächer erscheint als in den meisten kleineren;
18) dass eine von dem Magnet berührte Nadel ihre Enden ebenso nach der Erde richtet wie der Magnet seine Pole;
19) dass dies nicht genau nach Norden geschieht, sondern eine Abweichung davon nach Verschiedenheit der Orte stattfindet;
20) dass diese Abweichung sich mit der Zeit verändert;
21) dass sie verschwindet, wie man behauptet, oder wenigstens nicht dieselbe und nicht so gross ist bei einem Magneten, der auf seine Pole senkrecht gestellt wird, als bei einem, dessen Pole von der Erde gleich weit abstehen;
22) dass der Magnet das Eisen anzieht;
23) dass ein armirter Magnet mehr Eisen trägt als ein nicht armirter,[245] 24) dass beide Pole, obgleich entgegengesetzt, sich in Tragung des Eigens unterstützen;
25) dass die magnetische Kraft die Drehung eines eisernen Ringes, der dem Magnet angehangen wird, nach beiden Seiten nicht hindert;
26) dass die Kraft eines Magneten vermehrt oder vermindert werden kann je nach der Anfügung eines anderen Magneten oder Eisens;
27) dass ein noch so starker Magnet ein entfernteres Eisen von einem schwächeren Magneten, den es berührt, nicht abziehen kann;
28) dass dagegen ein schwacher Magnet oder ein kleines Eisen oft mittelst Berührung ein Eisenstück von einem starken Magnet abzieht;
29) dass der Südpol in diesen nördlichen Ländern mehr Eisen trägt als der Nordpol;
30) dass Eisenfeilspähne um einen oder mehrere Magneten sich in gewisser Weise zurecht stellen;
31) dass ein Eisenstück, was man mit den Polen eines Magneten verbunden hat, seine Kraft, Eisen anzuziehen und zu wenden, in der Richtung verändert;
32) dass dessen Wirksamkeit durch keinen anderen dazwischengestellten Körper gehemmt wird;
33) dass ein Magnet, der zur Erde oder zu benachbarten Magneten umgekehrt gestellt wird, als er sich von freien Stücken stellen würde, mit der Zeit seine Kraft verliert;
34) dass endlich diese Kraft auch durch Rost, Feuchtigkeit und Lage gemindert und durch Feuer vernichtet wird, aber, so viel uns bekannt, durch nichts Anderes.[246]
146. Um die Ursachen dieser Eigenschaften einzusehen, wollen wir uns die Erde unter A B
[Fig. 39] vorstellen; A ist der Südpol und B der Nordpol. Die vom südlichen Himmel E kommenden gerieften Theilchen sind in anderer Weise gewunden als die vom Norden und F kommenden, deshalb kann keines in die Gänge des anderen eintreten. Die südlichen gehen von A gerade nach B durch die Mitte der Erde und kehren dann durch die sie umfliessende Luft von B nach A zurück; gleichzeitig gehen die nördlichen von B nach A durch die Erde und kehren durch die Luft nach B zurück, weil die Gänge, durch die sie gekommen sind, derart sind, dass sie darin nicht zurück können.
147. Während so immer neue von den Gegenden E und J des Himmels hinzutreten, gehen ebenso viel in den Richtungen G und H des Himmels davon, oder sie[247] zerstreuen sich unterwegs und verlieren ihre Gestalt, zwar nicht bei ihrem Durchgange durch die Erde, wo die Gänge ihrer Gestalt ganz angepasst sind, und sie mithin ohne Anstoss höchst schnell strömen können, aber bei ihrem Rückgang durch die Luft, das Wasser und andere Körper der äusseren Erde, wo sie keine solche Gänge haben; hier bewegen sie sich viel schwieriger und begegnen fortwährend Theilchen ersten und zweiten Elementes; diese müssen sie aus ihren Orten vertreiben und werden dabei oft selbst verkleinert.
148. Wenn aber diese gerieften Theilchen hier einen Magneten treffen, so werden sie unzweifelhaft, wenn sie in ihm Gänge treffen, die ihrer Gestalt entsprechen, und. die so wie die Gänge der Erde gestellt sind, viel eher durch den Magnet gehen als durch die Luft und andere Körper der äusseren Erde, wenigstens wenn der Magnet so liegt, dass die Oeffnungen seiner Gänge nach den Orten der Erde gerichtet sind, wo die gerieften Theilchen herkommen, die hindurch sollen.
149. Wie bei der Erde, wird auch bei den Magneten die Mitte des Theils, wo die Oeffnungen der Gänge sind, in welche die vom Süden des Himmels kommenden gerieften Theilchen eintreten, der Südpol genannt, und der Mittelpunkt der anderen Seite, wo sie austreten und die von Norden kommenden eintreten, der Nordpol. Auch wollen wir uns nicht dabei aufhalten, dass im Volke man unseren Südpol Nordpol nennt; denn diese Materie wird überhaupt im gewöhnlichen Leben nicht besprochen, und nur eine solche häufige Uebung könnte schlecht gewählte Namen zu guten machen.
150, Wenn diese Pole der Magneten nicht dahin gerichtet sind, wo die gerieften Theilchen herkommen, und wo sie ihnen einen freien Durchgang gewähren können, dann stossen diese gerieften Theilchen schief auf diese Gänge und treiben ihn mit ihrer Kraft zur Umwendung in die gerade Richtung so lange, bis er in seine natürliche Lage zurückgekehrt ist. Wo also keine äussere Gewalt es hindert, wird der Südpol des Magneten sich nach dem Nordpol der Erde richten und der Nordpol nach dem Südpol, weil die von dem Nordpol der Erde nach dem Süden durch die Luft zurückkehrenden Theilchen vorher von dem südlichen Theil des Himmels durch die[248] Erde gekommen sind, und ebenso die von Norden gekommen sind, welche zu dem Nordpol zurückkehren.
151. Sie bewirken auch, dass der Magnet je nach dem Orte [Fig. 39] , wo er ist, einen seiner Pole mehr als den anderen der Erde zuneigt. Denn am Aequator wird der Südpol A des Magneten L nach dem Nordpol B der Erde und der Nordpol b des Magneten nach dem Südpol der Erde gelenkt, und keiner wird mehr als der andere niedergedrückt, weil die gerieften Theilchen von beiden Seiten mit gleicher Kraft hinzutreten. Aber am Nordpol der Erde wird der Pol a des Magneten N ganz hinuntergedrückt und der Pol b in die Höhe gerichtet. In den Zwischenstellen hebt der Magnet M seinen Pol b mehr oder weniger und senkt seinen Pol a mehr oder weniger, je nachdem er dem Pol B der Erde näher ist oder nicht. Denn die südlichen gerieften Theilchen, die in den Magnet N eintreten, erheben sich durch den Pol B aus dem Innern der Erde in gerader Linie; die nördlichen aber, welche von der Halbkugel der Erde D A C ringsum durch die Luft nach demselben Magneten N kommen, brauchen nicht schiefer zu gehen, um zu seinem oberen wie zu seinem unteren Theil zu gelangen. Wenn aber die südlichen in den Magnet M eintreten wollen, so kommen sie aus der Richtung von B und heben sich nach M und. können so seinen Pol a schief niederdrücken, wobei sie von den nördlichen Theilchen, welche von AG nach seinem Pol b ebenso leicht kommen können, wenn er gerade oder schief aufgerichtet ist, nicht gehindert werden.
152. Da diese gerieften Theilchen durch die Magnete ebenso wie durch die Erde fliessen, so müssen sich zwei Kugelmagnete zu einander ebenso wie zur Erde verhalten. Denn diese Theilchen sind immer in jedem Magneten in viel grösserer Menge wie in der entfernten Luft enthalten, weil sie in den Magneten Gänge haben, durch die sie leichter fliessen als durch die umgebende Luft, von[249] der sie deshalb nach dem Magneten sich hinziehen. Ebenso ist wegen der Gänge, welche sie in der inneren Erde haben, ihre Menge in der ganzen Luft und den übrigen Körpern der Erde grösser als im Himmel. In Bezug auf die magnetische Kraft gilt deshalb dasselbe von einem Magnet in seinem Verhältniss zu dem anderen wie zur Erde, welche selbst als der grösste Magnet betrachtet werden kann.
153. Allein zwei Magnete richten sich nicht blos so, dass der Nordpol des einen nach dem Südpol des anderen sieht, sondern in solcher Lage nähern sie sich auch einander, bis sie sich berühren, wenn kein Hinderniss da ist. Denn die gerieften Theilchen bewegen sich äusserst schnell, so lange sie in den Gängen der Magnete sind, weil sie sich da mit der Kraft des ersten Elementes bewegen, zu dem sie gehören; wenn sie aber heraustreten, treffen sie auf Theilchen von anderen Körpern, welche sie fortstossen, weil sie, als zum dritten Element gehörend, keine so schnelle Bewegung haben. So erlangen die den Magneten O durchlaufenden Theilchen
[Fig. 40] durch die Schnelligkeit, mit der sie von A nach B und von B nach A treiben, die Kraft, weiter fort in gerader Richtung nach R und S vorzuschreiten, bis sie da so vielen Theilchen zweiten und dritten Elementes begegnen, dass sie von diesen nach V zurückgestossen werden. Der ganze Baum, in dem sie so zerstreut sind, heisst die Sphäre der Wirksamkeit oder Thätigkeit des Magneten O. Es muss diese um so grösser sein, je grösser der Magnet ist, insbesondere je länger er in der Richtung AB ist, weil die gerieften Theilchen, je länger sie sich in ihm bewegen, um so grössere Kraft gewinnen. Ebenso gehen die den Magnet B durchschreitenden Theilchen nach S und T, werden hier nach X zurückgebogen und stossen die ganze in ihrer Wirksamkeitssphäre enthaltene Luft vorwärts. Aber sie vertreiben deshalb diese Luft nicht, da sie keinen Platz hat, wohin sie ausweichen kann, wie dies der Fall ist, wenn die Wirksamkeitssphären beider Magneten getrennt sind. Fallen diese aber zusammen, dann erst können die von O nach S gellenden gerieften Theilchen sich leichter geradeaus nach P bewegen an Stelle derer, welche sonst ans T durch X nach S und b zurückkehrten, als sich nach V und R umzubiegen, wogegen die von X kommenden[250] leicht diese Richtung einschlagen. Ebenso können die von P nach S gehenden leichter bis O fort gehen, als sich nach X umbiegen, während die von V kommenden leicht diese Richtung einschlagen. So werden die gerieften Theilchen durch beide Magnete in derselben Weise gehen, als wenn sie nur ein Magnet wären. Ferner ist es für die von O nach P und von P nach O sich geradeaus bewegenden gerieften Theilchen leichter, die Luft dazwischen von S hinweg nach R und T in die Stelle der Magneten O und P zu treiben und so zu bewirken, dass diese Magneten sich einander nähern, bis sie sich in S berühren, als durch diese ganze Luft von A nach b und von V nach X sich durchzudrängen. Beide Wege werden kürzer, wenn die Magnete an einander rücken oder wenn, im Fall einer fest ist, der andere zu ihm kommt.
154. Die gleichnamigen Pole zweier Magnete nähern sich nicht in dieser Weise, vielmehr weichen sie zurück, wenn sie zu sehr genähert werden. Denn die gerieften Theilchen, welche von dem Pole des einen Magneten kommen, der dem gleichen des zweiten zugewendet ist, können in diesen nicht eindringen und brauchen daher einigen Raum, um zwischen beiden Magneten hindurch zu kommen und zu dem anderen Pol des Magneten, aus dem sie ausgetreten sind, zurückzukehren. Denn wenn die bei O [Fig. 40] durch den Pol A austretenden Theilchen in P durch dessen Pol a nicht eintreten können, so brauchen sie einigen Raum zwischen A und a, um nach O und B zu gelangen, und mit der Kraft, die sie von B nach A geführt hat, stossen sie den Magnet P; ebenso stossen die aus P austretenden den Magnet O, wenigstens wenn ihre Axen B A und a b eine gerade Linie bilden. Sind diese aber etwas seitwärts gerichtet, so drehen sich die[251] Magnete in der vorbeschriebenen Art, oder wenn zwar diese Drehung, aber die gerade Bewegung nicht gehindert wird, so entfernt sich in dieser geraden Richtung der eine Magnet von dem anderen. Wird so der Magnet O auf ein kleines Kähnchen gesetzt, das im Wasser schwimmt, so dass seine Axe immer senkrecht gerichtet ist, und wird der Magnet P mit seinem Südpol dem Südpol des anderen genähert nach Y zu, so wird der Magnet O nach Z zurückweichen, ehe der Magnet P ihn berührt. Denn wohin sich das Kähnchen auch wenden mag, so ist immer ein Platz zwischen beiden Magneten nöthig, damit die gerieften Theilchen, welche aus den Polen A und a herauskommen, nach V und X einander vorbeigehen können.
155. Hieraus erhellt, weshalb, wenn ein Magnet, der parallel mit der Linie seiner Pole durchschnitten, und das abgeschnittene Stück über ihn aufgehangen wird, dieses sich von selbst in die entgegengesetzte Lage dreht. Wenn z.B. die Theile A und a früher verbunden waren; ebenso B und b, so wird sich später b nach A und a nach B zu wenden; denn früher war ein Theil des einen Südpols mit dem anderen Theil des selben verbunden, und ebenso ein Theil des Nordpols mit dem anderen Theil. Allein nach der Theilung müssen die durch den Südpol ausgetretenen Theilchen durch den Nordpol des zweiten Theiles eintreten, und die aus dem Nordpol gekommenen durch den Südpol.
156. Es ist auch klar, dass, wenn der Magnet quer durch zwischen seinen Polen
[Fig. 43] zerschnitten wird, die Pole der Abschnitte, da wo sie sich früher berührten, wie b und a, einander entgegengesetzt sind; denn die aus dem einen austretenden gerieften Theilchen müssen in den anderen eintreten können.
157. Deshalb muss auch in jedem Stück eines Magneten dieselbe Kraft wie in dem ganzen sein; denn diese Kraft ist in den Polen keine andere als an den übrigen[252] Stellen, sondern scheint nur so, weil hier die gerieften Theilchen austreten, welche die längsten Wege des Magneten durchlaufen haben und von allen, die die gleiche Richtung verfolgen, die mittelsten sind. Wenigstens nimmt man bei kugelförmigen Magneten und nach diesen auch in anderen die Pole da an, wo sich die stärkste Kraft zeigt. Auch ist diese Kraft in dem einen Pole dieselbe wie in dem anderen; in dem einen treten die Theilchen ein, in dem anderen aus, und kein Stück Magnet ist so klein, dass nicht zu einem Eingang sich auch ein Ausgang findet.
158. Auch ist es nicht auffallend, dass das dem Magnet genäherte Eisen die magnetische Kraft von demselben empfängt. Denn es hat schon die passenden Gänge zur Aufnahme der gerieften Theilchen, und es steht dieser Kraft nur entgegen, dass die kleinen Enden der Zweigelchen, aus denen seine Stückchen bestehen, hier und da in diesen Gängen vorstehen. Diese müssen sich sämmtlich nach einer Richtung biegen, wenn die von Süden kommenden gerieften Theilchen durch diese Gänge hindurch kommen sollen, und umgekehrt für die von Norden. Wird aber ein Magnet genähert, so stürzen sich die gerieften Theilchen wie ein Strom mit grosser Gewalt und Menge in die Gänge des Eisens und biegen jene kleinen Zweige in der besagten Weise, und damit gewähren sie ihm Alles, was zur magnetischen Kraft ihm fehlte.
159. Je nach Unterschied der Stellen, wo das Eisen an den Magnet gebracht wird, ist die empfangene Kraft verschieden. Wenn ein Theil R
[Fig. 44] das Eisen R S T an den Nordpol des Magneten P gebracht wird, so wird der Pol des Eisens ein Südpol, weil die von Süden kommenden gerieften Theilchen in es eintreten, und durch T die nördlichen eintreten, welche von dem Pol A durch die Luft umgebogen sind. Wenn derselbe Punkt R über dem Aequator des Magneten anliegt und nach seinem[253] Nordpol gerichtet ist, wie in C, so wird es wieder ein Südpol im Eisen werden; wird aber der Stab umgedreht und B nach dem Südpol gerichtet, wie bei D, dann verliert es die Wirksamkeit eines Südpols und wird ein Nordpol. Wenn ferner S, als die Mitte dieses Eisenstabes, den Pol A des Magneten berührt, so werden die eingedrungenen gerieften Theilchen, die vom Nordpol kommen, nach beiden Seiten R und T hinausgehen, und der Stab wird an beiden Enden die Wirksamkeit eines Südpols und in der Mitte die eines Nordpols haben.
160. Es bleibt blos die Frage, weshalb diese gerieften Theilchen, wenn sie ans dem Pol A in das Eisen bei S eintreten, nicht geradeaus nach E sich wenden, anstatt nach T und R umzubiegen, und weshalb somit das Eisen in seiner Länge und nicht in seiner Breite die magnetische Kraft annimmt. Die Antwort ergiebt sich leicht daraus, dass das Eisen viel mehr offene und gangbare Wege als die Luft enthält, und deshalb die Theilchen von dieser nach dem Eisen umbiegen.
161. Auch wenn man fragt, weshalb der Magnet nichts von seiner Kraft durch Mittheilung derselben an das Eisen verliert, ist die Antwort leicht. Denn in dem Magnet ändert sich dadurch nichts, dass die gerieften Theilchen bei ihrem Austritt eher in das Eisen als in einen anderen Körper eintreten; nur bequemer können sie durch das Eisen wie durch andere Körper hindurchgehen, und gehen deshalb in grösserer Menge aus dem Magnet, wenn Eisen mit ihm verbunden ist; dies vermehrt aber vielmehr seine Kraft, statt sie zu vermindern.
162. Die Kraft entwickelt sich sehr schnell in dem Eisen, weil die gerieften Theilchen höchst schnell durch dasselbe strömen; bei längerer Dauer wird sie beständiger,[254] weil die Enden der Zweige dann länger nach einer Richtung gebogen bleiben und sich dann schwer entgegengesetzt biegen.
163. Der Stahl nimmt die Kraft mehr als das Eisen an, weil er mehr und vollkommenere Gänge hat, die sich zur Aufnahme der gerieften Theilchen eignen; er behält sie auch fester, weil die Enden der in diesen Gängen vorstehenden Zweige weniger biegsam sind.
164. Ein grösserer und stärkerer Magnet theilt eine grössere Kraft mit; denn theils stürzen die gerieften Theilchen mit mehr Heftigkeit in seine Gänge und biegen die Enden der in sie hineinragenden Zweige mehr, theils öffnet die grössere Zahl der ans ihm herbeiströmenden Theilchen mehr Gänge dieser Art. Denn in dem Stahl, der blos aus Stückchen von Eisen besteht, sind mehr solche Gänge als in einem Magnet mit vielem steinartigen Stoff, dem die Eisenstückchen eingefügt sind. Wenn deshalb nur wenig geriefte Theilchen aus einem schwachen Magnet in das Eisen eintreten, so öffnen sie nicht alle dessen Gänge, sondern nur einzelne, wo die biegsamsten Enden der Zweige den Durchgang gestatten.
165. Deshalb kann selbst blosses Eisen, in dem nämlich jene Zweigenden sehr biegsam sind, von der Erde, als dem grössten, aber auch sehr schwachen Magneten, in kurzer Zeit einige magnetische Kraft annehmen. Ist es nämlich länglich, noch frei von solcher Kraft, und neigt es sich mit einem Ende zur Erde, so wird es in unseren nördlichen Ländern in diesem zur Erde geneigten Ende sofort die Wirksamkeit eines Südpols annehmen, aber auch augenblicklich wieder verlieren und die entgegengesetzte annehmen, wenn es an diesem Ende gehoben und das andere Ende gesenkt wird.[255]
166. Wenn man fragt, weshalb diese Kraft in der Erde, als dem grössten Magneten, schwächer als in kleineren ist, so antworte ich, dass ich jene nicht für einen schwächeren, sondern für einen viel stärkeren in jener mittleren Gegend der Erde halte, durch welche die gerieften Theilchen ihren Weg nehmen. Allein wenn diese Theilchen ausgetreten sind, so kehren sie grösstentheils durch jene innere Kruste der oberen Erdregion zurück, in welcher die Metalle entstehen, und wo viele zu ihrer Aufnahme geschickte Gänge sich befinden; daher kommen nur sehr wenige bis zu uns. Ich glaube nämlich, dass jene Gänge sowohl in dieser inneren Kruste wie in den Magneten und Eisentheilchen, welche sich in den Adern der äusseren Kruste befinden, auf eine andere Art gerichtet sind als die Gänge der mittleren Region, so dass die gerieften Theilchen, welche durch den mittleren Theil von Süden nach Norden gehen, von Norden nach Süden zwar durch alle Theile der oberen Kruste zurückkehren, aber doch hauptsächlich durch die innere Rinde wie durch die Magnete und das Eisen auf der äusseren Seite. Wenn der grösste Theil sich dahin wendet, so bleiben nur wenige, welche durch unsere Luft und die benachbarten Körper, denen diese Gänge fehlen, sich einen Weg suchen. Ist diese Annahme richtig, so muss ein ans der Erde entnommener Magnet, der frei in ein Kähnchen auf das Wasser gestellt wird, mit derselben Seite, mit der er vorher, als er in der Erde fest war, nach Norden schaute, auch dann noch nach Norden sich richten, wie Gilbert, der genaueste Forscher der magnetischen Kraft und der Entdecker der in der Erde befindlichen magnetischen Kraft, bemerkt haben will. Wenn Andere das[256] Gegentheil beobachtet haben wollen, so halte ich mich dabei nicht auf, denn sie sind vielleicht dadurch getäuscht worden, dass die Erde da, wo sie den Magneten heraushauen liessen, selbst ein Magnet war, und deshalb die Pole des herausgehauenen Magneten sich danach stellen mussten; da, wie bemerkt, das eine Stück eines Magneten sich gegen das andere wendet.
167. Da die magnetische Kraft sich einem Eisenstab nur nach der Länge desselben mittheilt, so erhellt, dass eine magnetische Nadel ihre Enden immer nach denselben Erdgegenden richten muss, wohin der Kugelmagnet seine Pole richtet, und dass solche Nadel die Pole ihrer stärksten magnetischen Kraft genau an ihren Enden haben muss.
168. Da diese Enden leichter aus der Gestalt erkannt werden können als die Pole eines Magneten, so hat man mit jener Hülfe bemerkt, dass die Pole der magnetischen Kraft nicht überall mit den Polen der Erde zusammentreffen, sondern in mancherlei Weise an verschiedenen Orten davon abweichen. Der Grund davon muss, wie schon Gilbert bemerkt hat, nur in den Ungleichheiten der Erdoberfläche gesucht werden. Denn offenbar befinden sich an dem einen Ort der oberen Erdfläche mehr Stückchen Eisen und mehr Magneten als an dem anderen. Deshalb strömen die aus der inneren Erde austretenden gerieften Theilchen mehr dort als hierher und weichen deshalb oft von ihrem Wege ab. Da nun die Pole des Magneten oder die Stellung der Nadelenden blos von dem Laufe dieser Theilchen abhängt, so müssen sie allen Biegungen desselben folgen. Einen Versuch hierüber kann man mit einem Magneten, der keine Kugelgestalt hat, machen. Denn wenn eine kleine Nadel an verschiedenen Stellen über ihn gehalten wird, so richtet sie sich nicht immer in gleicher Weise nach seinen Polen, sondern weicht oft etwas ab. Man darf nicht glauben, dass hier nicht derselbe Grund bestehe, weil die Ungleichheiten auf der äusseren Oberfläche der Erde in Vergleich zu ihrer ganzen Masse nur sehr klein sind; denn diese Ungleichheiten sind nicht nach der Masse der Erde, sondern nach den Nadeln und Magneten, welche die Abweichung anzeigen, zu messen und können deshalb sehr gross sein.[257]
169. Man sagt, dass diese Abweichung für bestimmte Orte der Erde nicht immer dieselbe bleibe, sondern sich mit der Zeit verändere. Dies kann nicht auffallen, denn einmal wird täglich Eisen von den Menschen aus einem Ort in den anderen geführt, und dann können die Erze an der äusseren Erde an einzelnen Orten mit der Zeit verderben und an anderen Orten neue entstehen oder aus der inneren Erde herbeigeführt werden.
170. Manche behaupten auch, dass diese Abweichung bei einem Kugelmagneten nicht stattfinde, wenn er auf dieser Seite des Aequators auf seinem südlichen Pole und in der südlichen Hälfte auf seinem Nordpole senkrecht stehe. Wenn er so in ein Kähnchen auf das Wasser gesetzt werde, so werde er eine bestimmte Seite seines Aequators nach Norden, die andere nach Süden richten. Ob dies richtig ist, habe ich durch Versuch noch nicht feststellen können; aber ich glaube gern, dass bei einem so gestellten Magneten entweder gar keine oder nur eine schwächere Abweichung stattfindet, als bei einem, dessen Pole gleich weit von der Erde entfernt sind. Denn in dieser oberen Erdregion kehren die gerieften Theilchen nicht blos in Linien; die von dem Mittelpunkt gleich entfernt sind, von dem einen Pol zu dem anderen zurück, sondern überall (ausgenommen am Aequator) steigen einzelne aus der inneren Erdregion in die Hohe; die Drehung eines auf seinen Polen stehenden Magneten hängt aber von diesen letzteren ab, die Abweichung dagegen von den ersteren.[258]
171. Der Magnet zieht ferner Eisen an, oder vielmehr nähern sich Magnet und Eisen; denn es findet hier kein Ziehen statt, sondern das Eisen empfängt, sobald es in den Kreis der Wirksamkeit des Magneten kommt, von ihm seine Kraft, und die aus beiden austretenden gerieften Theilchen stossen die Luft zwischen beiden hinweg, wodurch beide ebenso wie zwei Magneten sich nähern. Das Eisen bewegt sich selbst noch leichter als der Magnet, weil es blos aus solchen Stückchen besteht, in welchen die gerieften Theilchen ihre Gänge haben, während der Magnet mit vielem steinigen Stoff belastet ist.
172. Viele wundern sich, dass ein armirter Magnet, dem ein Eisenblech angeheftet ist, mehr Eisen tragen kann, als ohnedem. Der Grund ergiebt sich daraus, dass der Magnet, wenn er auch dann mehr Eisen trägt, es doch nicht deshalb mehr anzieht; denn sobald es nur ein Wenig von ihm entfernt wird, oder wenn ein Körper, sei er auch noch so dünn, dazwischen gelegt wird, hört diese stärkere Wirkung auf. Deshalb entspringt diese grössere Kraft blos aus dem Unterschied der Berührung. Die Gänge des Eisenblechs passen nämlich am besten mit den Gängen des ihnen angehängten Eisens, und deshalb stossen die durch diese Gänge aus einem Eisen in das andere übergehenden gerieften Theilchen alle dazwischen befindliche Luft hinweg, so dass ihre Oberflächen sich unmittelbar berühren und deshalb nur sehr schwer sich trennen lassen; denn schon oben ist gezeigt worden, dass kein Leim zwei Körper besser verbinden kann als die unmittelbare Berührung. Die Gänge der Magneten passen aber nicht so genau zu denen des Eisens, weil jener auch steinige Stoffe enthält; deshalb muss immer ein kleinerer Zwischenraum zwischen Magnet und Eisen bleiben, durch welchen die gerieften Theilchen aus den Gängen des einen in die des anderen gelangen.
173. Man wundert sich auch, dass beide Pole eines[259] Magneten, obgleich sie einander entgegengesetzt wirken, sich doch in Tragung des Eisens unterstützen, so dass, wenn beide mit Eisen armirt werden, sie doppelt so viel Eisen als ein Pol allein tragen können. Wenn also A B
[Fig. 45] ein Magnet ist, dessen Pole die Bleche C D und E F sind, und beide so vorstehen, dass das Eisen G H an sie gebracht, sie in genügend breiter Oberfläche berührt, so kann das Eisen G H noch einmal so schwer sein, als wenn es nur von einem dieser Bleche gehalten würde. Der Grund dafür ergiebt sich klar aus der schon erklärten Bewegung der gerieften Theilchen. Wenn sie auch so entgegengesetzter Natur sind, dass die, welche in den einen Pol eintreten, dies nicht auch in den anderen können, so können sie doch in Tragung des Eisens übereinstimmen; denn die, welche von dem Südpol A kommen und durch den Eisenbeschlag C D gebogen, in den Theil b des Eisens eintreten, machen daselbst einen Nordpol, von da fliessen sie bis zu dem Südpol a und treffen da auf den anderen Beschlag F E, durch den sie nach B aufsteigen, was der nördliche Pol des Magneten ist; in derselben Weise gehen die ans B austretenden durch die Armatur E F des angehängten Eisens H G und die andere Armatur D C nach A zurück.
174. Diese Bewegung der gerieften Theilchen durch den Magnet und das Eisen scheint nicht zu stimmen mit der kreisrunden Bewegung eiserner Räder, welche, wenn sie wie ein Kreisel gedreht werden, sich länger drehen, wenn sie von einem Magneten herabhängen, als wenn sie fern von ihm auf der Erde aufstehen. Allerdings müsste, wenn die gerieften Theilchen nur geradeaus gingen und auf die einzelnen Eisengänge stiessen, in die sie aus der Richtung der Magnetgänge, aus denen sie kommen, eintreten sollen, dies die Drehung dieser Rollen hemmen. Allein da sie selbst sich immer im Kreise bewegen, die einen in dieser Richtung, die ändern in der entgegengesetzten, und da sie schief aus den Magnetgängen in die Eisengänge eintreten sollen, so mag das Rad sich drehen, wie man will, sie werden ebenso leichter in diese Gänge eintreten, als wenn es ruhte, und es wird in dieser Bewegung durch[260] die Berührung mit dem Magneten weniger gehindert, wenn es so ihm angehängt, sich dreht, als durch die Berührung mit der Erde, wenn es diese mit seiner Last drückt.
175. Die Kraft eines Magneten wird durch den Zutritt eines zweiten Magneten oder Eisens mannichfach gesteigert oder gemindert. Es gilt hier als allgemeine Regel, dass, wenn die Magnete so gestellt sind, dass der eine die gerieften Theilchen in den anderen sendet, beide sich unterstützen; aber dass, wenn umgekehrt der eine sie von dem anderen wegführt, sie sich einander entgegen wirken. Denn je schneller und reichlicher diese Theilchen durch jeden Magneten fliessen, desto grösser ist seine Kraft, und die Bewegung ist lebhafter, und es können mehr aus einem Magneten oder Eisen in den anderen übergehen, als wenn statt seiner die Luft oder ein anderer Körper dessen Stelle ausfüllt. Deshalb helfen sich nicht blos der Südpol und der Nordpol eines Magneten gemeinsam das an beide Pole angelegte Eisen tragen, sondern es geschieht dies auch, wenn sie getrennt sind und das Eisen zwischen beide gestellt wird. So wird z.B. der Magnet C
[Fig. 46] von dem Magnet F in Tragung des jenen angelegten Eisens DE unterstützt, und umgekehrt wird der Magnet in der Erhaltung des Punktes E in der Luft durch den Magnet C unterstützt; denn es kann so schwer sein, dass er allein es nicht erhalten könnte, wenn das andere Ende D einem anderen Körper als dem Magnet C sich anlegte.
176. Dessenungeachtet wird etwas von der Kraft des Magneten F von dem Magneten C gehemmt, nämlich der Theil, womit er das Eisen D E zu sich zieht. Denn so lange dieses Eisen den Magneten C berührt, kann es von dem es nicht berührenden Magneten F nicht angezogen werden, wenn auch F viel stärker sein sollte. Der Grund ist, dass die gerieften Theilchen durch diese beiden Magneten und das Eisen wie durch einen einzigen Magneten in der oben dargelegten Weise hindurchgehen und gleiche[261] Kraft in dem ganzen Räume zwischen G und F haben; deshalb können sie das Eisen D E, was nicht blos durch diese magnetische Kraft, sondern auch durch Berührung mit dem Magneten C verbunden ist, nicht nach F führen.
177. Hieraus erhellt, weshalb oft ein schwacher Magnet oder ein kleines Eisen von einem starken Magneten ein Eisen abzieht. Es geschieht nämlich nur, wenn der schwächere Magnet das Eisen berührt, was er von dem stärkeren abzieht. Wenn nämlich zwei Magneten einen Eisenstab mit verschiedenen Polen, der eine an diesem, der andere an jenem Ende berühren, und dann beide Magneten von einander entfernt werden, so bleibt das Eisen nicht immer an dem schwächeren, auch nicht immer an dem stärkeren, sondern bald an dem einen, bald an dem anderen hängen, und dies kann nach meiner Ansicht nur davon kommen, dass die grössere Berührungsfläche des Eisens mit dem einen Magneten dies bestimmt.
178. Aus dem Umstände, dass der Magnet F den Magneten C in Tragung des Eisens D E unterstützt, erhellt, weshalb der Pol, welcher von uns der Südpol genannt wird, in der nördlichen Erdhälfte mehr Eisen tragen kann als der andere; denn er wird von der Erde, als dem grössten Magneten, ebenso unterstützt wie der Magnet C von dem Magneten F, während der andere Pol wegen seiner falschen Lage von der Erde gehemmt wird.
179. Wenn man die Eisenfeilspäne näher betrachtet, wie sie sich am den Magneten ordnen, so ergiebt sich Vieles, was das Bisherige bestätigt. Denn zunächst häufen sie sich nicht durch einander, sondern ein Körnchen legt sich an das andere, und so bilden sie gleichsam kleine Röhrchen, durch welche die gerieften Theilchen leichter als durch die Luftströmen, und die deshalb deren Wege andeuten. Um diese Wege mit blossen Augen zu sehen, streue man etwas von diesen Spänen auf eine Fläche;[262] die ein Loch hat, in das ein Kugelmagnet gesteckt ist, so dass er mit seinen Polen die Ebene auf beiden Seiten berührt, ähnlich wie die Astronomen die Himmelskugel in einen Kreis stellen, um die gerade liegende Kugel darzustellen. Die Feilspäne werden sich dann so in Röhrchen vertheilen, dass sie die Biegungen der gerieften Theilchen um den Magneten oder auch um die Erdkugel darstellen, wie sie oben beschrieben worden. Wird dann noch ein zweiter Magnet ebenso in die Fläche nahe bei dem anderen eingelassen, so dass der Südpol des einen nach dem Nordpol des anderen gerichtet ist, so werden die Feilspäne zeigen, wie die gerieften Theilchen durch beide sich wie durch einen bewegen. Denn die Röhrchen, die von einem jener beiden Pole nach dem anderen laufen, sind dann gerade, und die der anderen einander abgewendeten Pole sind um die Magneten gebogen, so wie hier die Linien B R V X T a [Fig. 40] zeigen. Man kann auch sehen, wenn etwas Späne von einem Pole, z.B. dem Südpole herabhängen, und der Südpol eines anderen Magneten von unten ihnen genähert wird, wie die Röhrchen sich anfangs aufwärts ziehen und biegen; denn die durch sie strömenden gerieften Theilchen werden von den aus dem unteren kommenden zurückgestossen. Ist der untere Magnet viel stärker, so lösen sich zuletzt die Röhrchen auf und die Späne fallen auf den unteren, weil die aus diesem aufsteigenden gerieften Theilchen an die Körner dieser Röhrchen anstossen, indem sie nur da in sie hineinkommen, wo diese mit ihrem Magneten zusammenhängen und deshalb sie von demselben losreissen. Wird dagegen dieser Südpol des oberen Magneten, dem die Feilspäne anhängen, dem Nordpol von unten genähert, so richten die Späne ihre Röhrchen geradeaus gegen den unteren und verlängern sie möglichst, weil sie den von beiden Richtungen kommenden gerieften Theilchen den Weg zum Uebergang in den anderen Magneten gewähren; sie trennen sich aber nicht eher von dem oberen als bei der Berührung mit dem unteren in Folge der oben erwähnten Kraft der Berührung. Wegen dieser Kraft verlassen auch, wenn die Feilspäne an einem sehr starken Magneten von einem schwächeren oder auch nur von einem Eisenstab berührt werden, einzelne Theilchen der stärkeren und folgen dem schwächeren oder dem Eisenstab; nämlich alle die,[263] welche letzteren mit einer grösseren Oberfläche als den ersten Magneten berühren. Da diese Oberflächen verschieden und ungleich sind, so trifft es sich immer, dass einzelne Theilchen der Feilspäne sich fester mit dem Eisen oder dem einen Magneten, wie mit dem anderen verbinden.
180. Das Eisenblech, was, wenn es an den Pol des Magneten angebracht wird, seine Tragkraft sehr steigert, vermindert dennoch seine Kraft, das Eisen anzuziehen und auf sich zu richten. So hindert das Blech D C D, welches dem Pol B des Magneten A B angelegt ist, die Nadel E F anzuziehen oder zu richten. Denn man bemerkt, dass die gerieften Theilchen, welche, wenn dieses Blech nicht wäre, von B nach E F gehen würden, von diesem nach den Enden D D umgebogen werden, weil sie lieber durch Eisen als durch die Luft gehen, und so kommen kaum einige bis zur Nadel. Aus demselben Grunde gelangen, wie oben gesagt worden, nur wenige von dem mittleren Theil der Erde zu uns, weil die meisten durch die innere Rinde der oberen Erdregion von dem einen Pol zu dem anderen zurückkehren, weshalb wir nur eine schwache magnetische Kraft an der Erde bemerken.
181. Dagegen wird der Magnet A von keinem anderen Gegenstande ausser Eisen, der zwischen ihn gestellt wird, in seiner Einwirkung auf die Nadel E F gehemmt; denn selbst der dichteste und härteste Körper auf der äusseren Erdoberfläche hat viele Gänge in sich, die nicht der Gestalt der gerieften Theilchen entsprechend geformt sind, sondern viel weiter, sind, weil auch die Kügelchen zweiten Elements hindurchgehen, und deshalb können die gerieften Theilchen durch sie ebenso leicht hindurch[264] wie durch die Luft, wo sie ebenfalls den Kügelchen zweiten Elements begegnen.
182. Wenn ein Magnet oder Eisen lange zur Erde oder einem benachbarten Magneten in einer der natürlichen Stellung entgegengesetzten Lage verharrt, so verliert er dadurch allmählich seine Kraft, weil dann die aus der Erde oder den benachbarten Magneten kommenden gerieften Theilchen schief oder verkehrt auf die Gänge jenes stossen und so allmählich deren Gestalt ändern und verderben.
183. Endlich wird die magnetische Kraft durch Rost, Feuchtigkeit und den Ort sehr geschwächt und durch starkes Feuer ganz zerstört. Denn der aus den Eisenstückchen herausblühende Rost schliesst die Mündungen der Gänge. Dasselbe bewirkt die Feuchtigkeit der Luft und der Ort, weil damit der Rost beginnt. Die Bewegung des Feuers stört die Ordnung der kleinen Stückchen gänzlich. So wird Alles, was bis jetzt über die Magneten wahrhaft[265] und sicher durch Beobachtung festgestellt worden ist, aus den hier dargelegten Ursachen leicht erklärt werden können.
184. Bei Gelegenheit dieser Anziehung des Eisens durch den Magneten ist noch Einiges über die Anziehung aller kleinen Körper durch den Bernstein, das Erdpech, das Wachs, Harz, Glas und Aehnliches zu sagen. Es ist allerdings nicht meine Aufgabe, das Besondere, soweit es nicht zur Bestätigung der allgemeinen Gesetze, über die ich gehandelt habe, dient, zu erläutern, und ich kann diese Kraft in dem Erdpech und Bernstein nicht prüfen, wenn ich nicht aus mancherlei Versuchen ihre Eigenschaften abgenommen und ihre Innerste Natur aufgespürt[266] habe; allein da diese Kraft sich auch bei dem Glase zeigt, über das ich oben zur Darlegung der Wirksamkeit des Feuers gehandelt habe, so könnte möglicherweise Anderes, was ich darüber geschrieben habe, in Zweifel gezogen werden, wenn ich nicht auch hierauf einginge. Da man sah, dass diese Kraft sich vorzüglich an dem Bernstein, dem Wachs, dem Harz und an beinahe allen öligen Stoffen zeigt, so glaubten Einige, sie bestehe darin, dass gewisse dünne und ästige Theilchen dieser Körper durch die Reibung in Bewegung gesetzt würden (denn die Reibung ist zur Erweckung jener Kraft erforderlich) und sich in die benachbarte Luft zerstreuten, wo sie sich sofort an einander hängen und so zurückkehren und dabei die auf ihrem Wege betroffenen kleinen Körper mit sich nehmen. So sieht man, dass Tropfen dieser fetten Flüssigkeiten, die an einem Stäbchen hängen, durch eine leichte Bewegung so abgestossen werden können, dass ein Theil an dem Stäbchen hängen bleibt, der andere sich etwas entfernt, aber gleich zurückkehrt und dabei Halme und andere kleine Körperchen mitnimmt. Allein dergleichen kann man bei dem Glase nicht annehmen, wenigstens wenn seine Natur so ist, wie oben dargelegt worden, und es muss deshalb eine andere Ursache Für diese Anziehung in ihm bestehen.
185. Denn aus der oben beschriebenen Art seiner Erzeugung erhellt, dass ausser des grösseren Zwischenräumen, durch welche die Kügelchen zweiten Elements nach allen Richtungen sich bewegen können, sich auch viele längliche Riefen zwischen seinen Theilchen befinden, welche für die Kügelchen zweiten Elements zu eng sind und deshalb nur den Stoff ersten Elements durchlassen. Da nun anzunehmen ist, dass dieser Stoff ersten Elements, der von allen Gängen, durch die er wandert, die Gestalt annimmt, bei seinem Durchgang durch diese Riefen sich zu dünnen, breiten und länglichen Bändern gestalten wird, die solche ähnliche Riefen in der Luft nicht antreffen; so wird er deshalb in dem Glase bleiben oder nicht weit davon herumschwimmen und, um seine Theilchen gewickelt, im Kreise aus einem Riefen in den ändern fliessen. Denn wenn auch der Stoff ersten Elements sehr flüssig ist, so besteht er doch, wie Th. III. §. 87 u. 88 erklärt[267] worden ist, aus Theilchen, die eine ungleiche Bewegung haben, und man kann deshalb schliessen, dass viele von den am heftigsten bewegten ans dem Glase stetig in die Luft übertreten und andere ans der Luft in das Glas wieder eintreten. Dabei sind aber alle rückkehrende nicht gleich bewegt, und deshalb werden die langsamsten nach den Riefen, denen keine Gänge in der Luft entsprechen, gestossen, hängen sich dort an einander und bilden jene Bänder, die im Laufe der Zeit eine bestimmte Gestalt annehmen, die sich nicht leicht ändert. Wird daher Glas stark gerieben, so dass es etwas warm wird, so werden diese Bänder dadurch herausgestossen und vertheilen sich in die umgebende Luft und dringen auch in die Gänge anderer hier befindlicher Körper; allein da sie hier keine passenden Gänge finden, so kehren sie gleich wieder nach dem Glase zurück und nehmen die kleineren Körper, in deren Gängen sie stecken, mit sich.
186. Gleiches, wie hier vom Glase, wird von den meisten anderen Körpern gelten, nämlich dass gewisse Zwischenräume zwischen ihren Theilchen bestehen, die für die Aufnahme der Kügelchen zweiten Elements zu eng sind, nur Stoffe ersten Elements aufnehmen, und da sie grösser sind als die, welche in der Luft diesem Stoffe ersten Elements offen stehen, so füllen sie sich mit den weniger bewegten Theilchen desselben. Diese hängen sich dann an einander und. bilden nach der Verschiedenheit dieser Zwischenräume Theilchen von verschiedener Gestalt, hauptsächlich nach Art von dünnen, breiten und langen Bändern, so dass sie sich um die Theilchen des Körpers, in dem sie sind, rollen und fortwährend bewegen können. Da die Zwischenräume, nach denen sie sich gestalten, sehr eng sind und daher keine Kügelchen zweiten Elements aufnehmen, so würden sie, wenn sie nicht länglich wären wie Riefen, kaum grösser sein als die Zwischenräume zwischen den Theilchen der Luft, welche die Kügelchen zweiten Elements nicht ausfüllen. Ich will deshalb nicht gerade bestreiten, dass vielleicht eine andere Ursache der Anziehung als die erwähnte in diesen Körpern bestehen kann; allein da eine solche nicht so allgemein sein könnte, während diese Anziehung an sehr vielen Körpern beobachtet wird, so halte ich dieselbe[268] Ursache wie bei dem Glase bei ihnen oder bei den meisten von ihnen wirksam.
187. Uebrigens können diese aus dem Stoff ersten Elements gebildeten Theilchen innerhalb der Gänge der irdischen Körper die Ursache nicht blos von mancherlei Anziehungen sein, wie sie in dem Bernstein und Magneten bestehen, sondern auch von unzähligen und wunderbaren anderen Wirkungen. Denn die Bildungen in einem Körper haben in ihrer Gestalt etwas Eigenthümliches, wodurch sie sich von allen anderen, in anderen Körpern gebildeten unterscheiden. Da sie nun die schnelle Bewegung des ersten Elements, dessen Theile sie sind, beibehalten, so reichen die kleinsten Umstände hin, sie in dem Körper festzuhalten, in dessen Gängen sie dann sich nur umher bewegen, oder sie aufs schnellste zu vertreiben, so dass sie alle anderen irdischen Körper durchwandern und[269] selbst an die entferntesten Orte in kürzester Zeit gelangen. Finden sie nun dort einen Stoff, der zur Aufnahme ihrer Wirkung geeignet ist, so können sie eigenthümliche Wirkungen hervorbringen. So wird man einsehen, wie wunderbar die Eigenschaften des Magneten und des Feuers Bind, und wie ganz von denen der übrigen Körper verschieden; wie eine ungeheure Flamme aus dem kleinsten Funken in einem Augenblick sich entzünden kann, und wie gross deren Gewalt ist; bis zu welcher ungeheuren Entfernung die Fixsterne ihr Licht ringsum ergiessen, und Anderes, dessen Ursachen ich meines Erachtens überzeugend aus den allbekannten und anerkannten Elementen, d.h. aus der Gestalt, Grösse, Lage und Bewegung der Theilchen des Stoffes in diesem Werke abgeleitet habe, und man wird sich hiernach leicht überzeugen, dass es in den Steinen und Pflanzen keine so verborgenen Kräfte, keine so staunenswerthe Wunder der Sympathie oder Antipathie und nichts endlich in der ganzen Natur giebt, soweit sie blos auf körperliche Ursachen, die keine Seele und kein Denken haben, sich bezieht, dessen Grund nicht aus denselben Elementen entlehnt werden könnte, so dass es keiner Zuhülfenahme anderer weiter bedarf.[270]
188. Mehr möchte ich in diesem vierten Theile der Prinzipien der Philosophie nicht aufnehmen, da ich nach einem früheren Plane noch zwei andere Theile, einen fünften nämlich über die lebendigen Geschöpfe, oder über die Pflanzen und Thiere, und einen sechsten über den Menschen schreiben will. Da ich jedoch noch nicht über Alles, was hier zu behandeln ist, im Klaren bin, und ich nicht weiss, ob ich dazu noch die genügende Müsse behalten werde, so möchte ich deshalb die vier ersten nicht länger zurückhalten. Damit aber nichts darin vermisst werde, was ich für die späteren aufbehalten habe, will ich noch Einiges über die Gegenstände der Sinne hier beifügen. Bis hier habe ich nämlich die Erde und die ganze sichtbare Welt nach Art einer Maschine beschrieben, wo ich nur die Gestalt und Bewegung beachtete aber unsere Sinne bieten uns noch vieles Andere, wie Farben, Gerüche, Töne und Aehnliches, und wollte ich hierüber ganz schweigen, so könnte es scheinen, ich hätte einen wichtigen Theil in der Naturerklärung übergangen.
189. Man wisse deshalb, dass die menschliche Seele, wenn sie auch den ganzen Körper erfüllt, ihren vornehmsten Sitz doch in dem Gehirn hat, wo sie nicht allein erkennt und bildlich vorstellt, sondern auch empfindet, und dies mit Hülfe der Nerven, die sich wie Fäden vom Gehirn nach allen Theilen des Körpers erstrecken und hier so angeheftet sind, dass keine Stelle des Körpers berührt werden kann, ohne dass die hier vertheilten Nervenenden bewegt werden, und deren Bewegung sich nach dem anderen Ende dieser Nerven überträgt, die in dem Gehirn um den Sitz der Seele zusammentreffen, wie ich im vierten Buche der Dioptrik umständlich dargelegt habe. Die so in dem Gehirn von den Nerven erregten Bewegungen erregen aber die mit dem Gehirn auf das[271] engste verbundene Seele verschieden nach ihrer eigenen Verschiedenheit. Und diese verschiedenen Erregungen der Seele oder die Gedanken, welche aus diesen Bewegungen unmittelbar folgen, heissen sinnliche Wahrnehmungen oder, im gewöhnlichen Sprachgebrauch, Sinnesempfindungen.[272]
190. Der Unterschied dieser Sinne ist erstens von dem Unterschied ihrer Nerven und dann von dem Unterschied der darin vorgehenden Bewegungen bedingt. Indess geben die einzelnen Nerven nicht sämmtliche eigenthümliche Empfindungen, sondern man kann sie nach den sieben Hauptarten derselben eintheilen, von denen zwei zu den inneren Sinnen, die übrigen zu den äusseren gehören. Die Nerven, welche zu dem Bauch, dem Schlund, der Kehle und anderen inneren, zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse bestimmten Theilen gehen, bilden den einen dieser inneren Sinne, welcher das natürliche Begehren heisst; die feinen Nerven, welche zu dem Herzen und den Herzkammern gehen, bilden den anderen inneren Sinn, in dem alle Gemüthsbewegungen oder Leidenschaften und Affekte, wie die Freude, die Traurigkeit, die Liebe, der Hass u.s.w., enthalten sind. Wenn z.B. das gesunde Blut leicht und mehr wie gewöhnlich im Herzen sich ausbreitet, so bewegt es die feinen, an den Oeffnungen verbreiteten Nerven, woraus eine andere Bewegung in dem Gehirn folgt, welche die Seele zu einem natürlichen Gefühl der Heiterkeit erregt. Aber auch andere kleine Umstände, welche diese Nerven ebenso bewegen, geben dasselbe Gefühl der Freude. So hat die bildliche Vorstellung des Genusses eines Gutes nicht selbst dieses Gefühl der Freude in sich, sondern sie treibt nur die Geister aus dem Gehirn in die Muskeln, mit denen diese Nerven verwebt sind, und durch deren Hülfe dehnen sich die Herzöffnungen aus, und seine Nerven bewegen sich dann so, dass jenes Gefühl darauf folgen muss. Hört man also eine frohe Nachricht, so urtheilt zunächst die Seele darüber und erfreut sich daran in jener geistigen Freude, welche ohne alle körperliche Bewegung besteht, und welche[273] deshalb die Stoiker auch bei dem Weisen zulassen; dann fliessen, während dieses Vorstellens, die Geister vom Gehirn nach den Muskeln der Herzkammern und bewegen dort die Nerven, wodurch eine andere Bewegung in dem Gehirn entsteht, welche die Seele zur Empfindung der thierischen Freude erregt. Ebenso bewirkt das zu dicke Blut, was in den Herzkammern schlecht fliegst und da sich nicht gehörig ausbreitet, eine andere Bewegung in diesen Nerven der Herzkammern, welche sich dem Gehirn mittheilt und in die Seele das Gefühl der Traurigkeit bringt, obgleich sie vielleicht die Ursache dieser Traurigkeit nicht kennt, und es können auch mehrere andere Ursachen sie ebenso bewirken. Und so erwecken andere Bewegungen dieser feinen Nerven die anderen Empfindungen der Liebe, des Hasses, der Furcht, des Zornes u.s.w., soweit sie eben nur Empfindungen oder Leiden der Seele sind, d.h. soweit sie gewisse verworrene Vorstellungen sind, die die Seele nicht durch sich allein hat, sondern dadurch, dass sie von dem Körper, mit dem sie innig verknüpft ist, etwas leidet. Denn die bestimmten Vorstellungen, die man von dem hat, was man begehrt oder wünscht oder flicht, unterscheiden sich in ihrer ganzen Art von diesen Empfindungen. Ebenso verhält es sich mit den natürlichen Trieben des Hungers, des Durstes u.s.w., die von den Nerven des Bauches, des Schlundes u.s.w. abhängen und von dem Wollen, zu essen oder zu trinken u.s.w., ganz verschieden sind; da jedoch meistentheils dieser Wille öder dieses Begehren jene Triebe begleitet, so nennt man sie Begehren.[274]
191. An äusseren Sinnen nimmt man gewöhnlich fünf an, weil fünf verschiedene Arten von Dingen die ihnen zugehörigen Nerven bewegen, und ebenso viel Arten von verworrenen Vorstellungen durch diese Bewegungen in der Seele erweckt werden. Den ersten Sinn bilden die Nerven, die in der Haut des ganzen Körpers enden und durch deren Vermittelung von gewissen irdischen Körpern berührt und von ihnen bewegt werden können, und zwar in dieser Weise von der Härte, anders von der Schwere, anders von der Hitze, anders von der Feuchtigkeit derselben u.s.w. Hiernach werden sie ebenso verschieden bewegt oder in ihrer gewöhnlichen Bewegung gehemmt, und erwecken in der Seele verschiedene Empfindungen, nach denen so viele Gefühlseindrücke ihren Namen erhalten. Werden ausserdem diese Nerven heftiger als gewöhnlich bewegt, aber doch noch nicht so, dass daraus eine Verletzung im Körper erfolgt, so entsteht davon das Gefühl des Kitzels, welches der Seele von Natur angenehm ist, weil es ihr ein Zeichen der Kraft des Körpers ist, mit dem sie eng verknüpft ist; entstellt aber eine Verletzung daraus, so giebt dies das Gefühl des Schmerzes. Deshalb sind die sinnliche Wollust und der Schmerz dem Gegenstande nach so wenig verschieden, obgleich ihre Gefühle entgegengesetzt sind.[275]
192. Ferner werden andere Nerven, die an der Zunge und den ihr benachbarten Theilen zerstreut sind, von den Theilchen derselben Körper, die von einander getrennt mit dem Speichel im Munde herumschwimmen, verschieden bewegt, je nach der Verschiedenheit der Gestalt jener, und bewirken so die Empfindung verschiedenen Geschmackes.
193. Drittens werden zwei Nerven oder zwei Anhängsel des Gehirns, die nicht aus dem Hirnschädel heraustreten, von den getrennten Theilchen derselben Körper bewegt, die in der Luft schweben. Es geschieht dies nicht von jedem, sondern nur von den hinlänglich leinen und zugleich lebhaften, so dass sie von den Nasenlöchern angezogen werden und durch die Gänge des schwammigen Knochens bis zu jenen Nerven gelangen. Die verschiedenen Bewegungen dieser geben die Empfindung verschiedener Gerüche.
194. Viertens sind in dem Innern der Ohren zwei Nerven verborgen, welche das Zittern und die Schwingungen der ringsum sich bewegenden Luft aufnehmen. Diese Luft stösst auf das Trommelfell, was mit der Kette dreier Knöchelchen in Verbindung steht, welchen die Nerven anhaften, und stösst sie. Von der Verschiedenheit dieser Bewegungen entspringt die Verschiedenheit der verschiedenen Töne.
195. Endlich bilden die Enden der Sehnerven ein Gewebe, die Netzhaut genannt, in den Augen, welches nicht von der Luft noch von irgend einem irdischen Körper bewegt wird, sondern nur von den Kügelchen zweiten[276] Elements, und davon kommt die Empfindung des Lichtes und der Farben, wie ich bereits in der Dioptrik und in der Abhandlung über die Meteore dargelegt habe.
196. Es ergiebt sich aber, dass die Seele nicht, so weit sie in den einzelnen Gliedern, sondern soweit sie in dem Gehirn ist, das, was dem Körper in seinen einzelnen Theilen begegnet, durch die Nerven empfindet. Denn erstens heben manche Krankheiten, die nur das Gehirn betreffen, alle Empfindung auf oder stören sie; selbst der Schlaf, der nur im Gehirn ist, nimmt uns täglich zum grossen Theil das Gefühlsvermögen, das dann durch Erwachen wieder hergestellt wird. Dann gebt, auch wenn das Gehirn nicht verletzt ist, aber die Wege, auf denen die Nerven von den äusseren Gliedern zu ihm gelangen, verstopft sind, das Gefühl in diesen Gliedern verloren. Endlich fühlt man mitunter den Schmerz in gewissen Gliedern, obgleich hier kein Anlass dazu da ist, sondern dort, wo die Nerven auf ihrem Wege zu dem Gehirn hindurchgehen. Man kann dies an zahllosen Beispielen zeigen; eines wird aber hier genügen. Als einem Mädchen, das an einer kranken Hand litt, die Augen bei dem Eintreten des Wundarztes verbunden wurden, damit sie nicht durch die Vorbereitung der Operation beunruhigt würde, und ihr einige Tage darauf der Arm bis zu dem Elbogen wegen des darin befindlichen Krebses abgeschnitten worden war, und an dessen Stelle Tücher so angebracht worden waren, dass sie die geschehene Amputation nicht bemerken konnte, klagte sie, dass sie verschiedene Schmerzen bald in dem einen, bald in dem anderen Finger der abgeschnittenen Hand empfinde, was nur daher kommen konnte, dass die Nerven, die früher von dem Gehirn bis in die Hand herabgingen und jetzt im Arm bei dem Elbogen endeten, hier ebenso bewegt wurden, wie es früher in der Hand geschehen war, wenn die Empfindung dieses oder jenes schmerzenden Fingers der Seele, die im Gehirn verweilte, beigebracht werden sollte.
197. Es ergiebt sich ferner, dass unsere Seele so eingerichtet ist, dass blosse körperliche Bewegungen innerhalb ihres Körpers sie zu bestimmten Vorstellungen treiben, die von diesen Bewegungen kein Bild enthalten; insbesondere zu den verworrenen Vorstellungen, welche Gefühle oder Empfindungen genannt werden. Auf demselben[277] Papier wird dieselbe Feder mit derselben Tinte, je nachdem das Ende der Feder geführt wird, Buchstaben einzeichnen, welche in der Seele des Lesers die Vorstellungen von Schlachten, Stürmen, Furien und die Affekte des Unwillens und Schmerzes erregen; wird aber in anderer, ziemlich ähnlicher Weise die Feder geführt, so wird sie ganz andere Vorstellungen von Buhe, Frieden, Vergnügen und die ganz entgegengesetzten Empfindungen der Liebe und Fröhlichkeit bewirken. Man wird vielleicht erwidern, dass die Schrift und die Rede keine Empfindungen und keine Bilder von ihr verschiedener Dinge unmittelbar in der Seele erwecke, sondern nur verschiedene Gedanken, in deren Veranlassung die Seele die Bilder der verschiedenen Dinge in sich ausbilde. Was sagt man aber zu dem Gefühl des Schmerzes und Kitzels? Ein Degen wird unserem Körper genähert, er schneidet ihn; daraus allein folgt der Schmerz, der ebenso verschieden ist von der Bewegung des Degens oder der örtlichen Bewegung des geschnittenen Körpers, wie die Farbe, der Ton, der Geruch oder Geschmack. Wenn so offenbar das Gefühl des Schmerzes dadurch allein in uns erregt wird, dass einige Theile unseres Körpers durch die Berührung mit einem anderen Körper örtlich bewegt werden, so ist der Schluss erlaubt, dass unsere Seele so beschaffen ist, dass sie auch von anderen örtlichen Bewegungen die Empfindungen aller anderen Sinne erleiden kann.
198. Auch bemerkt man nicht den geringsten Unterschied an den Nerven, der die Annahme gestattete, dass etwas Anderes durch dieselben von den Organen der äusseren Sinne zum Gehirn gelange, oder dass überhaupt Etwas dahin gelange, ausser die örtliche Bewegung dieser Nerven. Wir sehen, dass diese örtliche Bewegung nicht[278] blos das Gefühl des Kitzels und Schmerzes erregt, sondern auch des Lichtes und des Tones. Denn wird Jemand in das Auge gestossen, so dass die Schwingung des Stoffes bis zur Netzhaut dringt, so wird er mehrere Lichtfunken sprühen sehen, die ausserhalb seines Auges nicht sind; und wenn Jemand sein Ohr mit dem Finger zuhält, so wird er ein zitterndes Gemurmel hören, was blos von der Bewegung der darin eingeschlossenen Luft kommt. Endlich bemerken wir oft, dass Wärme und andere sinnliche Eigenschaften der Gegenstände, ebenso die Gestalten der rein körperlichen Dinge, z.B. die Gestalt des Feuers, von der örtlichen Bewegung gewisser Körper entstehen und so dann andere örtliche Bewegungen in anderen Körpern bewirken. Wir begreifen vollständig, wie nach der verschiedenen Grösse, Gestalt und Bewegung der Theilchen eines Körpers verschiedene örtliche Bewegungen in einem anderen Körper entstehen; aber man kann durchaus nicht verstehen, wie von denselben (d.h. von der Grösse, Gestalt und Bewegung) etwas Anderes hervorgebracht werden kann, was von ihrer Natur ganz verschieden ist, wie jene substantiellen Formen und realen Qualitäten, welche Einige in den Dingen annehmen, und ebensowenig, wie nachher diese Qualitäten und Formen in anderen Körpern örtliche Bewegungen veranlassen können. Ist dies richtig, und weiss man, dass verschiedene örtliche Bewegungen zureichen, alle Empfindungen in der Seele zu erregen, und nimmt man wahr, dass jene von selbst verschiedene Gefühle in ihr erwecken, während man nichts Anderes bemerkt, als dass solche Bewegungen von den äusseren Sinnesorganen nach dem Gehirn übergehen, so kann man in Mangel unmittelbarer Beobachtung schliessen, dass das, was wir in den äusseren Gegenständen mit dem Namen des Lichtes, der Farbe, des Geruchs, des Geschmacks, des Tones, der Wärme, der Kälte und anderer sinnlicher Eigenschaften oder substantieller Formen bezeichnen, nur verschiedene Zustände jener Dinge sind, welche bewirken, dass unsere Nerven verschieden bewegt werden.[279]
199. So ergiebt ein letzter Ueberblick, dass ich keine Naturerscheinung in dieser Abhandlung übersehen habe.. Denn nur das von den Sinnen Wahrgenommene gilt als Naturerscheinung. Und mit Ausnahme der Grösse, Gestalt und Bewegung, deren Beschaffenheit in den einzelnen Körpern ich erklärt habe, nehmen wir am Aeusserlichen nichts wahr als Licht, Wärme, Geruch, Geschmack, Ton und die fühlbaren Eigenschaften. Dies Alles ist in den Gegenständen selbst nur ein verschiedener Zustand in ihrer Grösse, Gestalt und Bewegung, oder kann wenigstens nichts Anderes von uns erfasst werden. Der Beweis dafür ist in dem Früheren erbracht worden.
200. Ich möchte aber hier noch bemerklich machen, wie ich die ganze körperliche Natur so zu erklären versucht habe, dass ich dabei kein Prinzip benutzt habe, was nicht Aristoteles und alle Philosophen früherer Jahrhunderte anerkannt haben. Diese Philosophie hier ist daher keine neue, sondern die älteste und verbreitetste. Denn ich habe die Grösse, die Gestalt und die Bewegung der Körper in Betracht genommen und geprüft, was nach den Gesetzen der Mechanik, die durch sichere und tägliche Versuche bestätigt werden, aus diesem gegenseitigen Zusammentreffen dieser Körper folgen müsse. Wer bat aber je es bezweifelt, dass die Körper sich bewegen, in Grösse und Gestalt verschieden sind, und dass nach dieser Verschiedenheit auch ihre Bewegung sich ändert, und dass durch Zusammenstoss die grössten sich in kleinere theilen und die Gestalt verändern? Dies nehmen wir nicht blos mit einem Sinne, sondern mit mehreren, mit dem Gesicht, Gefühl, Gehör, wahr; (lies kann man auch bestimmt vorstellen und einsehen, während von den übrigen, wie Farben, Töne u.s.w., die nicht durch mehrere, sondern nur[280] durch einen Sinn wahrgenommen werden, dies nicht behauptet werden kann; denn deren Vorstellungen sind in unserem Denken immer verworren, und wir wissen nicht, was jene sind.
201. Aber nach meiner Ansicht giebt es in den Körpern noch viele Theilchen, welche durch keinen Sinn wahrgenommen werden, was vielleicht Die nicht billigen, welche ihre Sinne für das Maass des Erkennbaren halten. Wer möchte aber daran zweifeln, dass es viele so kleine Körper giebt, welche man durch keinen Sinn bemerkt; man bedenke nur, was dem langsam Wachsenden in einer einzelnen Stunde zutritt und dem langsam Abnehmenden abgeht; der Baum wächst jeden Tag, und er kann nicht grösser werden, ohne dass ein Körper zu ihm hinzukommt. Wer hat aber je diese einzelnen Körperchen wahrgenommen, die einem wachsenden Baum in einem Tage zutreten? Wenigstens Die, welche die endlose Theilbarkeit der Masse annehmen, müssen anerkennen, dass die Theilchen so klein gemacht werden können, dass kein Sinn sie wahrnehmen kann. Es kann nicht auffallen, dass wir sehr kleine Körper nicht wahrnehmen; denn unsere eigenen Nerven, die von den Gegenständen bewegt werden müssen, um eine Empfindung hervorzubringen, sind nicht ganz klein, sondern nach Art der Seile aus vielen kleineren Theilchen zusammengesetzt; deshalb können sie von den kleinsten Theilchen nicht bewegt werden. Kein vernünftiger Mensch wird bestreiten, dass es besser ist, nach[281] dem Muster der in den grossen Körpern durch unsere Sinne wahrgenommenen Vorgänge über die zu urtheilen, die an den kleinen Körpern geschehen, aber wegen ihrer Kleinheit nicht wahrgenommen werden können, als zur Erklärung dieser neuen Dinge, ich weiss nicht welche, auszudenken, die mit den wahrgenommenen keine Aehnlichkeit haben.
202. Selbst Demokrit nahm kleine Körperchen an, welche unterschiedene Grösse, Gestalt und Bewegung hatten, und liess aus deren Anhäufung und verschiedener Verbindung alle wahrnehmbaren Körper entstehen, und dennoch pflegt die Weise seines Philosophirens meist von Allen verworfen zu werden. Allein noch Niemand hat sie deshalb verworfen, weil er in ihr Körper so klein in Betracht genommen hat, dass sie den Sinnen entgehen, und die verschieden an Grösse, Gestalt und Bewegung sein sollen, da Niemand zweifeln kann, dass es wirklich viele solche giebt, wie oben gezeigt worden. Vielmehr hat mau seine Philosophie verworfen, weil er erstens diese Körperchen für untheilbar annahm, und deshalb verwerfe auch ich sie; dann, weil er ein Leeres um sie annahm, dessen Unmöglichkeit ich dargelegt habe; drittens, weil er ihnen Schwere beilegte, die ich in keinem Körper für sich anerkenne, sondern nur, soweit er von der Lage und Bewegung anderer Körper abhängt und darauf bezogen wird; endlich, weil er nicht zeigte, wie die einzelnen Dinge aus der blossen Verbindung der Körperchen hervorgehen, und weil, soweit er dies bei einigen that, seine Gründe unter sich nicht übereinstimmten; soweit sich wenigstens nach dem urtheilen lässt, was über seine Ansichten zu unserer Kenntniss gekommen ist. Ob aber das, was ich bisher in der Philosophie geschrieben habe, genügend zusammenhängt, überlasse ich dem Urtheil Anderer.[282]
203. Wenn ich den unsichtbaren Körpertheilchen eine bestimmte Gestalt, Grösse und Bewegung zutheile, als wenn ich sie gesehen hätte, und dennoch anerkenne, dass sie nicht wahrnehmbar sind, so erhebt man vielleicht deshalb die Frage, woher ich diese Eigenschaften kenne. Ich antworte darauf, dass ich zunächst die einfachsten und bekanntesten Prinzipien, deren Kenntniss der Seele von Natur eingegeben ist, in Betracht genommen und überlegt habe, welches die vornehmsten Unterschiede in der Grösse, Gestalt und Lage der nur wegen ihrer Kleinheit nicht wahrnehmbaren Körper sein könnten, und welche wahrnehmbare Wirkungen aus ihrem mannichfachen Zusammentreffen sich ergäben. Da ich nun dergleichen Wirkungen an einigen wahrnehmbaren Dingen bemerkte, so nahm ich an, dass sie aus einem solchen Zusammentreffen von dergleichen Körperchen hervorgegangen seien, zumal da sich keine andere Weise für ihre Erklärung auffinden liess. Dabei haben mich die durch Kunst gefertigten Werke nicht wenig unterstützt; denn ich finde nur den Unterschied zwischen ihnen und den natürlichen Körpern, dass die Herstellung der Kunstsachen meistentheils mit so grossen Wirkungen geschieht, dass sie leicht wahrgenommen werden kann, da ohnedies die Menschen nichts fertigen können; dagegen hängen die natürlichen Wirkungen beinahe immer von gewissen so kleinen Organen ab, dass sie nicht wahrgenommen werden können. Auch giebt es in der Mechanik keine Gesetze, die nicht auch in der Physik gälten, von der sie nur ein Theil oder eine Art ist, und es ist der aus diesen und jenen Rädern zusammengesetzten Uhr ebenso natürlich, die Stunden anzuzeigen, als dem aus diesem oder jenem Samen aufgewachsenen Baum es ist, diese Früchte zu tragen. So wie nun Die, welche in der Betrachtung der Automaten geübt sind, aus dem Gebrauche einer Maschine und einzelner ihrer Theile, die sie kennen, leicht abnehmen, wie die anderen, die sie nicht sehen, gemacht sind,[283] so habe auch ich versucht, aus den sichtbaren Wirkungen und Theilen der Naturkörper zu ermitteln, wie ihre Ursachen und unsichtbaren Theilchen beschaffen sind.
204. Wenn man auch vielleicht auf diese Weise erkennt, wie alle Naturkörper haben entstehen können, so darf man daraus doch nicht folgern, dass sie wirklich so gemacht worden sind. Denn derselbe Künstler kann zwei Uhren fertigen, die beide die Stunden gleich gut anzeigen und äusserlich ganz sich gleichen, aber innerlich doch aus sehr verschiedenen Verbindungen der Räder bestehen, und so hat unzweifelhaft auch der höchste Werkmeister alles Sichtbare auf mehrere verschiedene Weise hervorbringen können. Ich gebe diese Wahrheit bereitwilligst zu, und ich bin zufrieden, wenn nur das, was ich geschrieben habe, derart ist, dass es mit allen Erscheinungen[284] der Natur genau übereinstimmt. Dies wird auch für die Zwecke des Lebens genügen, weil sowohl die Medizin und Mechanik, wie alle anderen Künste, welche der Hülfe der Physik bedürfen, nur das Sichtbare und deshalb zu den Naturerscheinungen Gehörige zu ihrem Ziele haben. Und damit Niemand glaube, dass Aristoteles mehr geleistet habe oder habe leisten wollen, so erklärt derselbe im I. Buche seiner Meteorologie im Eingang des 7. Kapitels ausdrücklich, dass er über das den Sinnen nicht Wahrnehmbare glaube genügende Gründe und Beweise beizubringen, sobald er nur zeige, dass das Wahrnehmbare nach seinen Voraussetzungen so hätte entstehen können.
205. Um indess hier über die Wahrheit sich nicht zu täuschen, so bedenke man, dass Manches für moralisch gewiss gehalten wird, d.h. für die Zwecke des Lebens hinreichend gewiss, obgleich es in Rücksicht auf die Allmacht Gottes ungewiss ist. Wenn z.B. Jemand einen Brief lesen will, der in lateinischen Buchstaben geschrieben ist, aber bei dem diese nicht in ihrer wahren Bedeutung hingestellt sind, und wenn er deshalb annimmt, dass überall, wo ein A stehe, ein B zu lesen sei, und wo B ein C, und dass so für jeden Buchstaben der nächstfolgende zu nehmen sei, und wenn er dann findet, dass auf diese Weise sich lateinische Worte daraus bilden lassen, so wird er nicht zweifeln, dass der wahre Sinn des Briefes in diesen Worten enthalten sei. Obgleich es nur auf einer Vermuthung beruht, und es möglich bleibt, dass der Schreiber nicht die nächstfolgenden, sondern andere an Stelle der wahren gesetzt und so einen anderen Sinn darin verborgen hat, so kann dies doch so schwer eintreffen, dass es nicht glaublich ist. Deshalb werden Die, welche bemerken, wie Vieles hier über den Magneten, das Feuer, die ganze Einrichtung der Welt aus wenigen Prinzipien hergeleitet worden, selbst wenn sie meinen, dass ich diese Prinzipien nur auf das Gerathewohl und ohne Grund angenommen hätte, doch vielleicht anerkennen, dass doch kaum so Vieles so zusammenstimmen könnte, wenn es falsch wäre.[285]
206. Ausserdem giebt es auch innerhalb der Natur Mehreres, was wir für unbedingt und mehr als moralisch gewiss halten, indem wir uns auf den metaphysischen Grundsatz stützen, dass Gott höchst gütig und nicht betrügerisch sei, und dass deshalb unser von ihm empfangenes Vermögen, das Wahre von dem Falschen zu unterscheiden, nicht irren könne, wenn wir es recht gebrauchen und- etwas mit dessen Hülfe genau erkennen. Derart sind die mathematischen Beweise; derart die Erkenntniss, dass körperliche Dinge bestehen, und derart sind alle klaren Vernunftbeweise, die dafür aufgestellt werden. Vielleicht wird auch das hier gebotene Werk dazu gerechnet werden, wenn man bedenkt, wie sein Inhalt aus den obersten und einfachsten Prinzipien der menschlichen Erkenntniss in ununterbrochener Folge abgeleitet worden ist. Vorzüglich, wenn man erkennt, dass man keine äusseren Gegenstände wahrnehmen kann, wenn nicht eine gewisse örtliche Bewegung in unseren Nerven von ihnen bewirkt wird; eine solche Bewegung kann aber selbst von den entfernten Fixsternen nicht erweckt werden, wenn nicht auch eine gewisse Bewegung in ihnen und in dem ganzen dazwischen liegenden Himmel erfolgt. Giebt man dies zu, so wird alles Andere, wenigstens das Allgemeinere, was ich über die Welt und die Erde gesagt habe, kaum anders als in der von mir erklärten Art eingesehen werden können.
207. Allein dennoch bin ich meiner Schwachheit eingedenk und behaupte nichts, sondern unterwerfe Alles sowohl der Autorität der katholischen Kirche wie dem Urtheil der Einsichtigeren. Ich will nicht, dass Jemand[286] Etwas für wahr annehme, als wovon ihn klare und unwiderlegte Gründe überzeugen.
Ende.
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