Dritte Rede

Zur Erlöschung

[230] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, am Geierkulm, im Gebirge.

Um diese Zeit nun war der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, willens die Vajjīner zu bekriegen. Er hatte gesagt: ›Ich werde diese Vajjīner, die so mächtigen, so gewaltigen, ausrotten, werde die Vajjīner vertilgen, werde die Vajjīner vom Boden verschwinden lassen, die Vajjīner360!‹ Da gab denn der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, Vassakāro dem Priester, dem Māgadher Marschall, den Auftrag361:

»Komme du, Priester, und geh' zum Erhabenen hin und bring' dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und erkundige dich in meinem Namen nach Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlbefinden: ›Der König‹, sage, ›o Herr, von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und läßt Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlbefinden wünschen362‹; und füge hinzu: ›Der König, o Herr, von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, ist willens die Vajjīner zu bekriegen. Er hat gesagt: »Ich werde diese Vajjīner, die so mächtigen, so gewaltigen, ausrotten, werde die Vajjīner vertilgen, werde die Vajjīner vom Boden verschwinden lassen, die Vajjīner!«‹ Wie aber der Erhabene dir antworten wird, das merke dir gut und melde mir. Denn die Vollendeten reden nicht unvollkommen.«

»Jawohl, Herr!« sagte da Vassakāro der Priester, der Māgadher Marschall gehorsam zum König von Magadhā, Ajātasattu, dem Sohn der Videherin. Dann ließ er prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr, gefolgt von manchen anderen, von Rājagaham hinaus, nach dem Geierkulm im Gebirge, da fuhr er hin. So weit gekommen als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und schritt dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen höflich, tauschte freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. Beiseite sitzend sprach nun Vassakāro der Priester, der Māgadher Marschall, zum Erhabenen also:

»Der König, o Gotamo, von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, bringt Herrn Gotamo zu Füßen Gruß dar und läßt Gesundheit und Frische,[231] Munterkeit, Stärke und Wohlbefinden wünschen; und er läßt sagen: der König, o Gotamo, von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, ist willens die Vajjīner zu bekriegen. Er hat gesagt: Ich werde diese Vajjīner, die so mächtigen, so gewaltigen, ausrotten, werde die Vajjīner vertilgen, werde die Vajjīner vom Boden verschwinden lassen, die Vajjīner!«

Während der Zeit nun war der ehrwürdige Ānando hinter dem Erhabenen gestanden und hatte dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Da wandte sich denn der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner häufig zusammenkommen, öftere Zusammenkünfte haben?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner häufig zusammenkommen, öftere Zusammenkünfte haben.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner häufig zusammenkommen, öftere Zusammenkünfte haben werden, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner einträchtig zusammenkommen, einträchtig auseinandergehn, einträchtig ihre Angelegenheiten erledigen?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner einträchtig zusammenkommen, einträchtig auseinandergehn, einträchtig ihre Angelegenheiten erledigen.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner einträchtig zusammenkommen, einträchtig auseinandergehn, einträchtig ihre Angelegenheiten erledigen werden, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner keine neuen Gesetze erlassen, bestehende Gesetze nicht aufheben, ihrer überlieferten alten Satzung getreu sich betragen?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner keine neuen Gesetze erlassen, bestehende Gesetze nicht aufheben, ihrer überlieferten alten Satzung getreu sich betragen.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner keine neuen Gesetze erlassen, bestehende Gesetze nicht aufheben, ihrer überlieferten alten Satzung getreu sich betragen werden, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner ihre Bejahrten im Lande als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und auf deren Rat etwas geben?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner ihre Bejahrten im Lande als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und auf deren Rat etwas geben.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner ihre Bejahrten im Lande als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und auf deren Rat etwas geben werden, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein [232] Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner da Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa mit Raub und Gewalt heimführen?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner da Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa mit Raub und Gewalt heimführen.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner da Edelfrauen und Edelfräulein nicht etwa mit Raub und Gewalt heimführen werden363, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner ihre Altarstätten da und dort im Lande, Tempel sowohl wie Grabmale, als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und ihnen einstige Schenkungen, einstige Zuwendungen, die rechtmäßige Beisteuer, nicht etwa entziehn?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner ihre Altarstätten da und dort im Lande, Tempel sowohl wie Grabmale, als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und ihnen einstige Schenkungen, einstige Zuwendungen, die rechtmäßige Beisteuer, nicht etwa entziehn.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner ihre Altarstätten da und dort im Lande, Tempel sowohl wie Grabmale, als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und ihnen einstige Schenkungen, einstige Zuwendungen, die rechtmäßige Beisteuer, nicht etwa entziehn werden, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden. – Vielleicht hast du, Ānando, gehört, ob die Vajjīner heiligen Pilgern wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut richtig angedeihen lassen, damit etwa heilige Pilger, die noch nicht gekommen sind, das Reich besuchen, heilige Pilger aber, die schon gekommen sind, im Reiche sich wohlbefinden möchten?«

»Gehört hab' ich, o Herr, daß die Vajjīner heiligen Pilgern wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut richtig angedeihen lassen, damit etwa heilige Pilger, die noch nicht gekommen sind, das Reich besuchen, heilige Pilger aber die schon gekommen sind, im Reiche sich wohlbefinden möchten.«

»So lange aber, Ānando, als die Vajjīner heiligen Pilgern wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen werden, damit etwa heilige Pilger, die noch nicht gekommen sind, das Reich besuchen, heilige Pilger aber, die schon gekommen sind, im Reiche sich wohlbefinden möchten, ist eben ein Wachsen, Ānando, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden.«

Nun aber wandte sich der Erhabene an Vassakāro den Priester, den Māgadher Marschall:

»Es war einmal, Priester, da bin ich bei Vesālī gewesen, beim Grabmal an der Sarandadā364. Da hab' ich den Vajjīnern diese sieben unvergeßbaren Dinge aufgewiesen. So lange aber, Priester, diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Vajjīnern bestehn bleiben, und die Vajjīner an diesen sieben unvergeßbaren [233] Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, Priester, der Vajjīner zu erwarten und kein Schwinden.«

Nach diesen Worten sprach Vassakāro der Priester, der Māgadher Marschall, zum Erhabenen also:

»Auch nur mit einem, o Gotamo, von den sieben unvergeßbaren Dingen begabt, wäre ein Wachsen bei den Vajjīnern zu erwarten und kein Schwinden: geschweige mit allen sieben! Nichts anhaben kann wohl, o Gotamo, der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, den Vajjīnern, wenn es zum Kampfe kommt, es sei denn durch Verrat oder Zwietracht. – Wohlan denn, o Gotamo, wir wollen nun aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Priester, belieben mag.«

Da stand denn Vassakāro der Priester, der Māgadher Marschall, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, von seinem Sitze auf und entfernte sich.

Bald aber nachdem Vassakāro der Priester, der Māgadher Marschall, gegangen war, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Gehe du, Ānando: soviel da Mönche um Rājagaham her sich aufhalten, alle die laß' in der Halle des Vorhauses sich einfinden.«

»Ja, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und soviel der Mönche um Rājagaham her sich aufhielten, alle die hieß er in der Halle des Vorhauses sich einfinden, kehrte dann zum Erhabenen zurück, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und stand beiseite. Beiseite stehend sprach nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Versammelt, o Herr, ist die Jüngerschaft: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag365

Da stand denn der Erhabene von seinem Sitze auf, begab sich nach der Halle des Vorhauses hin und nahm, dort angelangt, auf dem angebotenen Sitze Platz. Dann wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Sieben will ich euch, Mönche, der unvergeßbaren Dinge aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche häufig zusammenkommen, öftere Zusammenkünfte haben werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche, zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche einträchtig zusammenkommen, einträchtig auseinandergehn, einträchtig die Angelegenheiten des Ordens erledigen werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche keine neuen Gesetze erlassen, bestehende[234] nicht aufheben, dem überlieferten Regelpfade getreu sich betragen werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche die Stützen der Jünger, die längst erprobten, erfahrenen Pilger, die Väter des Ordens, die Führer des Ordens, als solche werthalten, hochschätzen, achten und ehren und auf deren Rat etwas geben werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche dem sich meldenden Durste, dem Wiederdasein säenden, keine Folge leisten werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche in waldiger Öde gern Sitz und Lager erwählen werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche eben bei sich selbst der Einsicht pflegen werden, damit etwa kundige Ordensbrüder, die noch nicht gekommen sind, herankommen, schon gekommene kundige Ordensbrüder aber sich wohlbefinden möchten, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. – So lange aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sieben unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden.

Noch andere sieben, ihr Mönche, der unvergeßbaren Dinge will ich aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche nicht froh der Geschäfte, nicht erfreut an Geschäften, nicht der Freude an Geschäften ergeben sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche nicht froh der Gespräche, nicht erfreut an Gesprächen, nicht der Freude an Gesprächen ergeben sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche nicht froh zu schlafen, nicht erfreut am Schlafe, nicht der Freude am Schlafen ergeben sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche nicht froh der Geselligkeit, nicht erfreut an Geselligkeit, nicht der Freude an Geselligkeit ergeben sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche keine bösen Wünsche hegen, bösen Wünschen keine Folge leisten werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche keine bösen Freunde, keine bösen Gefährten, keine bösen [235] Vertrauten haben werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche mit der Erlangung eines geringfügigen Ergebnisses innen sich nicht genügen lassen werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. – So lange aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sieben unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden.

Noch andere sieben, ihr Mönche, der unvergeßbaren Dinge will ich aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche Zutrauen haben, schamhaft, bescheiden, Kenner des Wortes sein, tapfer ausharren werden, klar bewußt, witzig erfahren, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden366. So lange aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sieben unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. – Noch an dere sieben, ihr Mönche, der unvergeßbaren Dinge will ich aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche der Einsicht Erweckung vollbringen werden, des Tiefsinns Erweckung vollbringen werden, der Kraft Erweckung vollbringen werden, der Heiterkeit Erweckung vollbringen werden, der Lindheit Erweckung vollbringen werden, der Innigkeit Erweckung vollbringen werden, des Gleichmuts Erweckung vollbringen werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden367. So lange aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sieben unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. – Noch andere sieben, ihr Mönche, der unvergeßbaren Dinge will ich aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche der Vergänglichkeit eingedenk sein werden, der Wesenlosigkeit eingedenk sein werden, der Unschönheit eingedenk sein werden, des Elends eingedenk sein werden, der Abkehr eingedenk [236] sein werden, der Wendung eingedenk sein werden, der Auflösung eingedenk sein werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange aber, ihr Mönche, als diese sieben unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sieben unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden.

Weiter noch will ich euch Mönchen sechs unvergeßbare Dinge aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»So lange als da, ihr Mönche, die Mönche mit liebevoller Tat den Ordensbrüdern beistehn werden, so offen als verborgen, mit liebevollem Worte den Ordensbrüdern beistehn werden, so offen als verborgen, mit liebevollem Geiste den Ordensbrüdern beistehn werden, so offen als verborgen, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche die empfangenen Gaben, die Ordenspenden, bis auf die Brocken in der Almosenschale, bei jeder solchen Gabe nicht nach Willkür austeilen werden, um nach den tüchtig bewährten Ordensbrüdern gleichmäßig mitzuverteilen, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche die Tugendsatzungen ungebrochen, unverletzt, ungemustert, ungesprenkelt, aus freiem Entschlusse, als von Verständigen gepriesen, nicht angetastet, zur Vertiefung tauglich, bei jeder solchen Regel das Regelmaß gemeinsam bewahren werden mit den Ordensbrüdern, so offen als verborgen, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. So lange als da, ihr Mönche, die Mönche jene Ansicht, die heilige, ausreichende, die dem Vollbringer zur gänzlichen Leidensversiegung ausreicht, bei solch einer Ansicht die Ansicht gemeinsam bewahren werden mit den Ordensbrüdern, so offen als verborgen, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden. – So lange aber, ihr Mönche, als diese sechs unvergeßbaren Dinge bei den Mönchen bestehn bleiben, und die Mönche an diesen sechs unvergeßbaren Dingen erkannt werden, ist eben ein Wachsen, ihr Mönche, der Mönche zu erwarten und kein Schwinden.«

Da hat denn nun der Erhabene, bei Rājagaham verweilend, am Geierkulm, im Gebirge, also noch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten368:

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn369

[237] Nachdem nun der Erhabene bei Rājagaham nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach dem Mangohage aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Mangohage hingezogen.

Am Mangohage weilte nun der Erhabene, im königlichen Rasthaus. Auch dort hat dann der Erhabene, am Mangohage verweilend, im königlichen Rasthaus, also noch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertiefung, das eben ist Weisheit370; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene am Mangohage nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach Nāḷandā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Nāḷandā hingezogen.

Bei Nāḷandā weilte nun der Erhabene, am Saume des Mangowaldes der Stadt Pāvā. Da ist denn der ehrwürdige Sāriputto zum Erhabenen hingekommen, hat den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und sich beiseite gesetzt. Beiseite sitzend sprach dann der ehrwürdige Sāriputto zum Erhabenen also:

»So klar geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird nicht sein und ist auch gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene an Weistum, und zwar im Erwachtsein.«

»Gewaltig ist, Sāriputto, das kühne Wort, das du gesprochen, schlechthin behauptet, als Löwenruf hast erschallen lassen: ›So klar geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird nicht sein und ist auch gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene an Weistum, und zwar im Erwachtsein‹; wie denn, Sāriputto: die da in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, alle jene Erhabenen hast du im Geiste geistig erfassend erkannt: ›Also gelebt hatten jene Erhabenen, so und so, also gelehrt, also gewußt, also geweilt, also erlöst waren jene Erhabenen, so und so‹?«

»Das wohl nicht, o Herr.«

»Wie aber, Sāriputto: die da in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, alle jene Erhabenen hast du im Geiste geistig erfassend [238] erkannt: ›Also leben werden jene Erhabenen, so und so, also lehren, also wissen, also weilen, also erlöst sein werden jene Erhabenen, so und so‹?«

»Das wohl nicht, o Herr.«

»Wie aber, Sāriputto: hast du gegenwärtig mich als Heiligen, vollkommen Erwachten im Geiste geistig erfassend erkannt: ›Also lebt der Erhabene, so und so, lehrt also, weiß also, weilt also, also erlöst ist der Erhabene, so und so‹?«

»Das wohl nicht, o Herr.«

»So hast du eben da, Sāriputto, von den vergangenen, künftigen, gegenwärtigen Heiligen, vollkommen Erwachten, keine geistig durchdringende Kunde: wie denn also nur, Sāriputto, konntest du das gewaltige, kühne Wort sprechen, schlechthin behaupten, als Löwenruf erschallen lassen: ›So klar geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird nicht sein und ist auch gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene an Weistum, und zwar im Erwachtsein‹?«

»Freilich hab' ich, o Herr, von den vergangenen, künftigen, gegenwärtigen Heiligen, vollkommen Erwachten keine geistig durchdringende Kunde: gleichwohl hab' ich folgerecht erkannt. – Gleichwie etwa, o Herr, als wenn an des Königs Grenzen eine Burg steht, mit mächtigem Walle, mächtigen Mauern und Zinnen, und einem Eingang: da sei ein Torhüter, klug, erfahren, besonnen, der Unbekannte abweist, Bekannte einläßt. Der würde, indem er rings um die Festung im Kreisweg herumschritte, keinen Spalt in der Mauer, keinen Schlitz in der Mauer bemerken, nicht einmal um ein Kätzchen durchschlüpfen zu lassen, so daß er sich sagte: ›Was auch immer für größeres Wesen diese Burg betreten oder verlassen will, ein jedes muß eben durch dieses Tor eintreten oder austreten.‹ Ebenso nun auch, o Herr, hab' ich folgerecht erkannt: die da, o Herr, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, alle jene Erhabenen hatten die fünf Hemmungen aufgehoben, die Schlacken des Gemütes kennengelernt, die lähmenden, hatten bei den vier Pfeilern der Einsicht den Geist wohlaufgepflanzt, die sieben Erweckungen der Wahrheit gemäß erwirkt, waren in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht. Und die da, o Herr, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, alle jene Erhabenen werden die fünf Hemmungen aufheben, die Schlacken des Gemütes kennenlernen, die lähmenden, bei den vier Pfeilern der Einsicht den Geist wohlaufpflanzen, die sieben Erweckungen der Wahrheit gemäß erwirken, werden in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwachen. Der Erhabene aber, o Herr, hat jetzt als Heiliger, vollkommen Erwachter die fünf Hemmungen aufgehoben, die Schlacken des Gemütes kennengelernt, die lähmenden, hat bei den vier Pfeilern der Einsicht den Geist wohlaufgepflanzt, die sieben Erweckungen [239] der Wahrheit gemäß erwirkt, ist in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht.«


Da hat denn noch der Erhabene, bei Nāḷandā verweilend, am Saume des Mangowaldes der Stadt Pāvā, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertiefung, das eben ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene bei Nāḷandā nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach dem Dorfe Pāṭali aufbrechen, dahin wollen wir gehn371

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Dorfe Pāṭali hingezogen.

Es hörten aber die Anhänger im Dorfe Pāṭali reden: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei unserem Dorfe angekommen!‹ Da begaben sich denn die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali zum Erhabenen hin, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich beiseite nieder. Beiseite sitzend sprachen nun die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali zum Erhabenen also:

»Beehren möge, o Herr, der Erhabene unser Gemeindehaus372

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali der Zustimmung des Erhabenen gewiß waren, standen sie auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und begaben sich nach dem Gemeindehause. Dort ließen sie den Boden ganz mit Matten bedecken373, die Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser aufstellen und eine Öllampe zurechtmachen. Dann kehrten sie wieder zum Erhabenen zurück, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und standen beiseite. Beiseite stehend sprachen nun die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali zum Erhabenen also:

»Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der Boden des Gemeindehauses, die Stühle sind bereit gerichtet, ein Eimer mit Wasser aufgestellt, eine Öllampe zurechtgemacht: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.«

So begann denn der Erhabene gegen Abend sich zu rüsten, nahm Mantel und Schale und begab sich, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Gemeindehaus, da ging er hin. Dort angelangt spülte der Erhabene die Füße ab, trat in den Saal ein und setzte sich nahe dem mittleren Pfeiler, gegen [240] Osten gewendet, nieder. Und auch die begleitenden Mönche spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der westlichen Wand, gegen Osten gewendet, nieder, so daß der Erhabene ihnen voransaß. Und auch die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der östlichen Wand, gegen Westen gewendet, nieder, so daß der Erhabene ihnen voransaß. Dann aber wandte sich der Erhabene an die Anhänger aus dem pāṭalischen Dorfe:

»Fünf gibt es, ihr Hausväter, der Kümmernisse für einen Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend: und welche fünf? Da geht, ihr Hausväter, ein Untüchtiger, von Tugend abgewichen, durch seinen Leichtsinn großem Verlust an Vermögen entgegen; das ist die erste Kümmernis eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, erfährt ein Untüchtiger, von Tugend abgewichen, übelberüchtigte Nachrede; das ist die zweite Bekümmernis eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Untüchtiger, von Tugend abgewichen, was für eine Versammlung er auch aufsuchen mag, sei es die Versammlung von Kriegern oder von Priestern, sei es die Versammlung von Hausleuten oder von Asketen, mit unfreiem Antlitz sie aufsuchen, mit gedrückter Miene; das ist die dritte Bekümmernis eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Untüchtiger, von Tugend abgewichen, wirren Geistes sterben; das ist die vierte Bekümmernis eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Untüchtiger, von Tugend abgewichen, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts geraten, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in höllische Welt; das ist die fünfte Bekümmernis eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. Das sind, ihr Hausväter, die fünf Bekümmernisse eines Untüchtigen durch sein Abweichen von Tugend. – Fünf gibt es, ihr Hausväter, der Fördernisse für einen Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend: und welche fünf? Da geht, ihr Hausväter, ein Tüchtiger, an Tugend gewöhnt, durch seine Ausdauer großem Zuwachs an Vermögen entgegen; das ist die erste Fördernis eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, erfährt ein Tüchtiger, an Tugend gewöhnt, rühmlich erfreuliche Nachrede; das ist die zweite Fördernis eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Tüchtiger, an Tugend gewöhnt, was für eine Versammlung er auch aufsuchen mag, sei es die Versammlung von Kriegern oder von Priestern, sei es die Versammlung von Hausleuten oder von Asketen, mit freiem Antlitz sie aufsuchen, mit unverlegener Miene; das ist die dritte Fördernis eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Tüchtiger, an Tugend gewöhnt, nicht wirren Geistes sterben; [241] das ist die vierte Fördernis eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. Ferner aber, ihr Hausväter, wird ein Tüchtiger, an Tugend gewöhnt, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte geraten, in himmlische Welt; das ist die fünfte Fördernis eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend. Das sind, ihr Hausväter, die fünf Fördernisse eines Tüchtigen durch sein Gewöhnen an Tugend374

So hatte dann der Erhabene die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali schon über die Nachtzeit in lehrreichem Gespräche noch ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, und mahnte nun:

»Vorgerückt ist, ihr Hausväter, die Nacht: wie es euch nun belieben mag.«

»Wohl, o Herr!« sagten da gehorsam die Anhänger aus dem Dorfe Pāṭali zum Erhabenen, standen alsbald von den Sitzen auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich. Nicht lange aber nachdem sich jene Anhänger entfernt hatten, zog sich der Erhabene in ein leeres Gemach zurück.


Um diese Zeit nun ließen Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, bei dem Dorfe Pāṭali eine Feste aufführen, den Vajjīnern zum Trutze. Damals aber hatten scharenweise Gottheiten, zu tausenden, bei dem Dorfe Pāṭali von Grund und Boden Besitz ergriffen. An welchem Orte hochmögende Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von hoher Macht die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen; an welchem Orte mittlere Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von mittlerer Macht die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen; an welchem Orte mindere Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von minderer Macht die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen375.

Es sah aber der Erhabene mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, wie jene Gottheiten zu tausenden bei dem Dorfe Pāṭali von Grund und Boden Besitz ergriffen. Als nun die Dämmerung anbrach verließ der Erhabene, vor Sonnenaufgang376, die Ruhstätte und wandte sich an den ehrwürdigen Ānando:

»Wer läßt wohl, Ānando, bei dem Dorfe Pāṭali eine Feste aufführen?«

»Sunīdho und Vassakāro, o Herr, die Māgadher Marschälle, lassen bei dem Dorfe Pāṭali eine Feste aufführen, den Vajjīnern zum Trutze.«

»Gleichwie etwa, Ānando, als wenn mit den Dreiunddreißig Göttern Sacko377 sich beraten hat: ebenso auch nun, Ānando, lassen da Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, bei dem Dorfe Pāṭali eine Feste aufführen, [242] den Vajjīnern zum Trutze. Gesehn hab' ich da, Ānando, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, wie Scharen von Gottheiten, zu tausenden, bei dem Dorfe Pāṭali von Grund und Boden Besitz ergriffen. An welchem Orte hochmögende Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von hoher Macht die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen; an welchem Orte mittlere Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von mittlerer Macht die Gedanken darauf gerichtet Bauwerke aufzuführen; an welchem Orte mindere Gottheiten von Grund und Boden Besitz ergriffen hatten, da waren bei den Werkführern der Könige von minderer Macht die Gedanken darauf gerichtet, Bauwerke aufzuführen. – Soweit, Ānando, altehrwürdiges Gebiet reicht, soweit Handelsstraßen sich erstrecken, dies wird die größte Stadt werden: Pāṭaliputtam, in der Gabel der Ströme378. Pāṭaliputtam, Ānando, stehn dreierlei Gefährnisse bevor: durch Feuer, durch Wasser, durch Zwietracht.«


Da nun begaben sich Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, zum Erhabenen hin. Dort angelangt boten sie höflichen Gruß dar, tauschten freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und stellten sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprachen dann Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, zum Erhabenen also:

»Gewähre uns Herr Gotamo die Bitte, heute mit der Jüngerschaft bei uns zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, der Zustimmung des Erhabenen gewiß waren, begaben sie sich nach ihrer Behausung zurück. Dort angelangt ließen sie in ihrem Saale ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandten alsbald einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.‹ So begann denn der Erhabene vor Mittag sich zu rüsten, nahm Mantel und Almosenschale und ging, von der Jüngerschaft begleitet, dorthin wo Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, wohnten. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Sunīdho und Vassakāro aber, die Māgadher Marschälle, bedienten und versorgten eigenhändig den Erwachten voran und die Jüngerschaft mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahmen Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, ein paar niedere Stühle zur Hand und setzten sich zur Seite hin. Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher [243] Marschälle, die da zur Seite saßen, wurden nun vom Erhabenen mit dieser Spruch weise erfreut:


»Wo immer er sein Haus bestellt,

Ein Mann von kluger Sinnesart:

Asketen, tugendecht, bezähmt,

Er wird sie gern zu Gaste sehn,

Und was an ihnen göttlich war

Verehren so an ihrer statt.


Bei solcher Sorgfalt sorgen sie,

In solcher Andacht denken sein

Und hüten sie gar liebreich ihn,

Gleichwie die Mutter hegt ihr Kind;

Ein göttlich mitgeliebter Mensch

Erblickt an jedem Orte Heil379


So hatte denn der Erhabene Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, mit dieser Spruch weise erfreut, stand nun vom Sitze auf und ging von dannen380.


Damals aber gerade waren Sunīdho und Vassakāro, die Māgadher Marschälle, dem Erhabenen rückwärts immer folgend, nachgegangen381: »Durch welchen Torweg der Asket Gotamo heute hinausschreiten wird, der soll ›Gotamo-Torweg‹ benannt werden, an welcher Furt der Asket Gotamo den Gangesstrom überfahren wird, die soll ›Gotamo-Furt‹ benannt werden.« Der Torweg nun, durch den der Erhabene hinausschritt, wurde ›Gotamo-Torweg‹ benannt. Da kam denn der Erhabene zum Gangesstrom heran. Um diese Zeit aber war der Gangesstrom vollgeworden, gleich hoch der Düne, Krähen schlürfbar382. Manche Leute bestiegen da einen Kahn, andere wieder bestiegen eine Fähre, und wieder andere banden ein Floß zusammen, in der Absicht von hüben hinüberzugelangen. Da war denn der Erhabene, gleichwie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, auch schon vom diesseitigen Ufer der Gangesfluten verschwunden und am Ufer drüben zu stehn gekommen383. Es sah aber der Erhabene jene Leute, wie da manche einen Kahn bestiegen, andere wieder eine Fähre bestiegen, und wieder andere ein Floß zusammenbanden, in der Absicht von hüben hinüberzugelangen. Da ließ nun der Erhabene, bei solchem Anblick eben dazumal tief aufatmend, dies verlauten:


»Wer die reißenden Wogen überkreuzen will,

Auf eigener Brücke läßt er das Gestade zurück;

[244] Ein Floß wohl zusammen bindet der Mensch:

Entronnen sind Weise hinübergelangt384


Ende des ersten Berichtes385


Da hat denn der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Laß' uns, Ānando, nach dem Dorfe Koṭi aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Dorfe Koṭi hingezogen. Bei dem Dorfe Koṭi hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Weil da, ihr Mönche, die vier heiligen Wahrheiten nicht verstanden, nicht durchdrungen waren, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch: und welche vier? Weil das Leiden, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil die Leidensentwicklung, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil die Leidensauflösung, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil der zur Leidensauflösung führende Pfad, ihr Mönche, als heilige Wahrheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch. Da ist jetzt, ihr Mönche, das Leiden als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, die Leidensentwicklung als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, die Leidensauflösung als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, der zur Leidensauflösung führende Pfad als heilige Wahrheit verstanden, durchdrungen, abgeschnitten der Daseinsdurst, versiegt die Daseinsader, und nicht mehr gibt es Wiedersein.«

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:


[245] »Vier Dinge sind es, heilig wahr:

Und sieht man die nicht wirklich ein,

Die lange Laufbahn kreist man um,

Geburten um Geburten hin.


Jetzt also sind sie recht erkannt:

Die Daseinsader ist versiegt,

Des Leidens Wurzel abgesägt,

Und nicht mehr gibt es Wiedersein386


Da hat denn noch der Erhabene, bei dem Dorfe Koṭi verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene bei dem Dorfe Koṭi nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach Nādikā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Nādikā hingezogen. Auch bei Nādikā hat dann der Erhabene Rast gehalten, in der Steinernen Einsiedelei387. Da ist nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen hingekommen, hat den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und sich beiseite hingesetzt. Beiseite sitzend sprach dann der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Saḷho, wie er hieß, o Herr, der Mönch, ist bei Nādikā gestorben: wo ist er jetzt, was ist aus ihm geworden? Die Nonne, o Herr, Nandā geheißen, ist bei Nādikā gestorben: wo ist sie jetzt, was ist aus ihr geworden? Sudatto, wie man ihn hieß, o Herr, der Anhänger, ist in Nādikā gestorben: wo ist er jetzt, was ist aus ihm geworden? Sujātā, wie sie geheißen war, o Herr, die Anhängerin, ist in Nādikā gestorben: wo ist sie jetzt, was ist aus ihr geworden? Anhänger, o Herr, wie Kakudho, Kāraḷimbho, Nikaṭo, Kaṭissaho, Tuṭṭho, Santuṭṭho, Bhaṭo, Subhaṭo, sind in Nādikā gestorben: wo sind sie jetzt, was ist aus ihnen geworden?«

»Saḷho, Ānando, der Mönch, hatte durch die Wahnversiegung die wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. Nandā, Ānando, die Nonne, war nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Sudatto, [246] Ānando, der Anhänger, war nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Haß und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur einmal wird er wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen. Sujātā, Ānando, die Anhängerin, war nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörerschaft gelangt, dem Verderben entronnen kann sie zielbewußt der vollen Erwachung entgegeneilen. Kakudho, Ānando, der Anhänger, war nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Kāraḷimbho, Nikaṭo, Kaṭissaho, Tuṭṭho, Santuṭṭho, Bhaṭo, Subhaṭo, diese Anhänger, Ānando, waren alle nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Über fünfzig, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporgestiegen um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Mehr als neunzig, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Haß und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur einmal werden sie wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen. Etliche fünfhundert, Ānando, der Anhänger, in Nādikā gestorben, waren nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörerschaft gelangt, dem Verderben entronnen können sie zielbewußt der vollen Erwachung entgegeneilen.

Nichts Besonderes ist es ja, Ānando, daß ein Menschenwesen zu sterben komme. Wenn ihr da bei jedem und jedem Verstorbenen an den Vollendeten herantreten und um eine Auskunft bitten wolltet, wäre das wohl eine Plage, Ānando, für den Vollendeten. Darum will ich, Ānando, den ›Spiegel der Lehre‹, wie hier die Darstellung heißen soll, aufweisen, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich aufklären kann: ›Versiegt hab' ich die Hölle, versiegt den Schoß der Tierheit, versiegt das Gespensterreich, versiegt den Abweg, die üble Fährte, das Verderben: Hörer der Botschaft bin ich geworden, dem Verderben entronnen, eile zielbewußt der vollen Erwachung entgegen.‹ Was ist das aber, Ānando, für eine Darstellung als Spiegel der Lehre, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich also aufklären kann? Da ist, Ānando, der heilige Jünger beim Erwachten mit begründeter Zuversicht ausgerüstet, so zwar: ›Das ist der Erhabene, Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens-und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde388, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene‹; ist bei der Lehre mit begründeter Zuversicht ausgerüstet: ›Wohl kundgetan ist vom Erhabenen die Satzung, die ersichtliche, zeitlose389, anregende, einladende, den Verständigen von selbst verständlich‹; [247] ist bei der Jüngerschaft mit begründeter Zuversicht ausgerüstet: ›Wohl vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, ehrlich vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, recht vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, geziemend vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, und zwar vier Paare der Menschen, nach acht Arten von Menschen: das ist des Erhabenen Jüngerschar, die Opfer und Spende, Gabe und Gruß verdient, heiligste Stätte der Welt ist390.‹ Er hat Eigenschaften erworben, wie sie Heiligen lieb sind, ungebrochen, unverletzt, ungemustert, ungesprenkelt, aus freiem Entschlusse, als von Verständigen gepriesen, nicht angetastet, zur Vertiefung tauglich. – Das ist da nun, Ānando, der dargestellte Spiegel der Lehre, mit dem versehn der heilige Jünger, wenn ihn danach verlangt, eben selber sich aufklären kann: ›Versiegt hab' ich die Hölle, versiegt den Schoß der Tierheit, versiegt das Gespensterreich, versiegt den Abweg, die üble Fährte, das Verderben: Hörer der Botschaft bin ich geworden, dem Verderben entronnen, eile zielbewußt der vollen Erwachung entgegen.‹«

Da hat denn noch der Erhabene, bei Nādikā verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das eben ist Tugend, das eben ist Vertiefung, das eben ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene bei Nādikā nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach Vesālī aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Vesālī hingezogen. Bei Vesālī hat dann der Erhabene Rast gehalten, im Haine der Ambapālī. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, wohlbewußt: das haltet als unser Gebot. Wie aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch klar? Da wacht, ihr Mönche, der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüte über das Gemüt, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Also, ihr Mönche, bleibt der Mönch klar. Wie aber, ihr Mönche, bleibt der Mönch wohlbewußt? [248] Da bleibt, ihr Mönche, der Mönch beim Kommen und Gehn wohlbewußt, beim Hinblicken und Wegblicken wohlbewußt, beim Neigen und Erheben wohlbewußt, beim Tragen des Gewandes und der Almosenschale des Ordens wohlbewußt, beim Essen und Trinken, Kauen und Schmecken wohlbewußt, beim Entleeren von Kot und Harn wohlbewußt, beim Gehn und Stehn und Sitzen, beim Einschlafen und Erwachen, beim Sprechen und Schweigen wohlbewußt. Also, ihr Mönche, bleibt der Mönch wohlbewußt. Klar, ihr Mönche, soll der Mönch verweilen, wohlbewußt: das haltet als unser Gebot.«


Es vernahm aber Ambapālī die Tänzerin391: ›Der Erhabene, heißt es, ist in Vesālī angekommen, hält bei Vesālī Rast, im Mangohaine bei mir!‹ Da ließ nun Ambapālī die Tänzerin prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr, gefolgt von manchen anderen, von Vesālī hinaus, nach ihrem Garten, da fuhr sie hin. So weit gekommen als man fahren konnte, stieg sie vom Wagen ab und schritt dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte sie den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Ambapālī die Tänzerin, die da beiseite saß, wurde nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Ambapālī die Tänzerin vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert war, sprach sie zum Erhabenen also:

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Nachdem nun Ambapālī die Tänzerin der Zustimmung des Erhabenen gewiß war, stand sie vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Es hörten aber die licchavischen Fürsten392 von Vesālī reden: ›Der Erhabene, sagt man, ist in Vesālī angekommen, hält in Vesālī Rast, im Haine der Ambapālī.‹ Da ließen denn jene Licchavier prächtige Wagen bespannen, bestiegen selber solche und fuhren mit großem Gepränge aus der Stadt weg. Einige Licchavier hatten da Blau gewählt, blaue Farben, blaue Gewänder, blaue Geschmeide, andere Licchavier hatten Gelb gewählt, gelbe Farben, gelbe Gewänder, gelbe Geschmeide, andere Licchavier wieder hatten Rot gewählt, rote Farben, rote Gewänder, rote Geschmeide, und wieder andere Licchavier hatten Weiß gewählt, weiße Farben, weiße Gewänder, weiße Geschmeide.

Da kam denn Ambapālī die Tänzerin den jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei Achse, Rad bei Rad, Roß bei Roß393 auf der Rückfahrt entgegen. Da haben nun jene Licchavier Ambapālī der Tänzerin zugerufen:

[249] »Warum, he Ambapālī, kommst du uns jungen jugendlichen Licchaviern Achse bei Achse, Rad bei Rad, Roß bei Roß entgegengefahren?«

»Weil ich ja eben, gnädige Herren, den Erhabenen eingeladen habe, für morgen zum Mahle, mit der Jüngerschaft.«

»Laß' uns, he Ambapālī, dieses Gastmahl über, um hunderttausend!«

»Und wenn ihr, gnädige Herren, mir gleich Vesālī mit seinen Einnahmen zum Geschenke gäbt, so würd' ich ein so gewichtiges Gastmahl doch nicht hergeben394

Da haben denn jene Licchavier mit den Fingern geschnalzt: »Geschlagen hat uns, ei seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat uns, ei seht nur, die Mangodame!«

So fuhren denn nun jene Licchavier weiter, nach dem Haine der Ambapālī hin. Es sah aber der Erhabene die Licchavier, wie sie von ferne heranzogen, und wandte sich bei diesem Anblick an die Mönche:

»Wer von den Mönchen, ihr Mönche, die Dreiunddreißig Götter noch nicht gesehn hat, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier ansehn, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier betrachten, der mag, ihr Mönche, die versammelten Licchavier den versammelten Dreiunddreißig als ähnlich vergleichen395

Als nun jene Licchavier so weit gefahren waren als man fahren konnte, stiegen sie von den Wagen ab und begaben sich dann zu Fuße dorthin, wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich beiseite nieder. Jene Licchavier, die da beiseite saßen, wurden nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann jene Licchavier vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert waren, sprachen sie zum Erhabenen also:

»Gewähre uns, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei uns zu speisen!«

»Gewährt hab' ich, Licchavier, für morgen Ambapālī der Tänzerin die Mahlzeit.«

Da haben denn jene Licchavier mit den Fingern geschnalzt: »Geschlagen hat uns, ei seht nur, die Mangodame, übertrumpft hat uns, ei seht nur, die Mangodame!«

Alsbald nun sind jene Licchavier, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, von den Sitzen aufgestanden, haben den Erhabenen ehrerbietig begrüßt, sind rechts herumgegangen und von dannen gezogen.

Ambapālī aber die Tänzerin ließ am nächsten Morgen in ihrem Garten ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte alsbald einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹ [250] So begann denn der Erhabene sich beizeiten zu rüsten, nahm Mantel und Almosenschale und begab sich, von der Jüngerschaft begleitet, nach dem Empfangsorte bei Ambapālī der Tänzerin hin. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Ambapālī aber die Tänzerin bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten voran und die Jüngerschaft mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Ambapālī die Tänzerin einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach dann Ambapālī die Tänzerin zum Erhabenen also:

»Diesen Garten, o Herr, gebe ich dem Erwachten voran und der Jüngerschaft.«

Es nahm der Erhabene den Garten an.

Dann hat noch der Erhabene Ambapālī die Tänzerin in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, ist sodann aufgestanden und von dannen geschritten396.


Auch bei Vesālī hat der Erhabene, im Hain der Ambapālī verweilend, also noch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene im Hain der Ambapālī nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach dem Bilva-Weiler397 aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Bilva-Weiler hingezogen. Bei dem Bilva-Weiler hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Geht hin, ihr Mönche, in die Gegend um Vesālī, und sucht womöglich freundliche, womöglich gern gesehene, womöglich gefällige Orte für die Regenzeit auf398; ich aber mag eben hier am Bilva-Weiler die Regenzeit verbringen.«

»Wohl, o Herr«, sagten da gehorsam jene Mönche zum Erhabenen. Und in der Gegend um Vesālī suchten sie womöglich freundliche, womöglich gern [251] gesehene, womöglich gefällige Orte für die Regenzeit auf. Der Erhabene aber mochte eben dort am Bilva-Weiler die Regenzeit verbringen.

Da hat nun den Erhabenen während der Regenzeit eine heftige Krankheit befallen, starke Schmerzen stellten sich ein, lebensgefährliche. Die hat denn der Erhabene klar und wohlbewußt erduldet, ohne sich verstören zu lassen.

Da sagte sich nun der Erhabene: ›Das kommt mir nicht zu, daß ich, ohne die Nahestehenden399 verständigt, ohne die Jüngerschaft bedeutet zu haben, zur Erlöschung einginge; wie, wenn ich nun diese Krankheit durch Kraft von mir abwendete und auf den Lebensgedanken gestützt verbliebe?‹ Alsbald hat nun der Erhabene diese Krankheit durch Kraft von sich abgewendet und ist auf den Lebensgedanken gestützt verblieben. Da hat denn beim Erhabenen diese Krankheit sich beschwichtigt400.

Als nun die Beschwer gewichen war, bald nach dem Aufhören der Beschwerden, kam der Erhabene aus der Klause hervor und nahm an der Schattenseite der Wand auf dem bereitstehenden Sitze Platz.

Da ist denn der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen herangekommen, hat den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und beiseite sich niedergesetzt. Beiseite sitzend sprach nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Zum Glücke, o Herr, geht es dem Erhabenen wohl, ein Glück ist's, o Herr, daß es dem Erhabenen leidlich geht! – Freilich war mir, o Herr, der Körper wie süßen Mostes trunken geworden, und ich wußte nicht links und nicht rechts und konnte an nichts mehr denken, bei den Beschwerden des Erhabenen; aber ich hatte, o Herr, eben doch noch eine gewisse Zuversicht: ›Nicht eher wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, nicht bevor der Erhabene in betreff der Jüngerschaft noch etwas anordnet.‹«

»Was hat denn, Ānando, die Jüngerschaft noch von mir zu erwarten? Aufgewiesen hab' ich, Ānando, die Satzung, und habe kein Innen und kein Außen ge macht: nicht gibt es, Ānando, beim Vollendeten ein Aufsparen in der hohlen Faust401. Wer da etwa, Ānando, also dächte: ›Ich habe die Jüngerschaft zu lenken‹, oder: ›Auf mich angewiesen ist die Jüngerschaft‹, der hätte ja wohl, Ānando, in betreff der Jüngerschaft noch etwas anzuordnen. Der Vollendete hat, Ānando, keine solchen Gedanken, wie: ›Ich habe die Jüngerschaft zu lenken‹, oder: ›Auf mich angewiesen ist die Jüngerschaft‹; was sollte, Ānando, der Vollendete in betreff der Jüngerschaft irgend noch anzuordnen haben? Ich bin doch, Ānando, jetzt alt geworden, ein Greis, hochbetagt, bin meinen Weg gegangen, am Ziel angelangt, stehe im achtzigsten Jahre. Gleichwie etwa, Ānando, ein abgeratterter Karren mit Ach und Krach weitergebracht wird, ebenso auch wird, Ānando, mit Ach und Krach, so zu sagen, der Leib des Vollendeten weitergebracht402. – Zu einer Zeit, Ānando, wo der Vollendete keinerlei Vorstellungen Raum gegeben und einzelne Empfindungen [252] aufgelöst hat, und also im Bereich einer geistigen Vertiefung ohne Vorstellen verweilt: Wohlsein, Ānando, mag zu einer solchen Zeit der Leib des Vollendeten erwirken.

Darum aber, Ānando, wahrt euch selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht. Wie aber, Ānando, wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht? Da wacht, Ānando, der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüte über das Gemüt, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Also, Ānando, wahrt der Mönch sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht.

Die also da, Ānando, jetzt eben oder nach meinem Verscheiden, sich selber als Leuchte, selber als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, die Lehre als Leuchte, die Lehre als Zuflucht, ohne andere Zuflucht, zu wahren verstehn: in solchem Anbetracht nur werden diese, Ānando, Mönche sein, die da eifrige Übung lieben403

Ende des zweiten Berichtes


Da hat denn der Erhabene eines Morgens sich gerüstet, Mantel und Schale genommen und den Weg nach Vesālī beschritten, um Almosenspeise. In der Stadt von Haus zu Haus tretend kehrte der Erhabene mit den erhaltenen Brocken zurück, nahm das Mahl ein, und wandte sich nun an den ehrwürdigen Ānando:

»Versieh dich, Ānando, mit der Sitzmatte: nach dem Pāvāler Baumfrieden, da wollen wir uns hinbegeben, bis gegen Abend dort verweilen404

[253] »Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und er versah sich mit der Sitzmatte und ging, dem Erhabenen rückwärts immer folgend, nach.

So begab sich denn der Erhabene nach dem Pāvāler Baumfrieden ihn und nahm, dort angelangt, auf dem vorbereiteten Sitze Platz. Der ehrwürdige Ānando aber verbeugte sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. An den ehrwürdigen Ānando, der da beiseite saß, wandte sich nun der Erhabene also:

»Schön gelegen ist, Ānando, Vesālī, schön gelegen der Udener Park, schön gelegen der Garten der Gotamiden, schön gelegen der Siebenmangohain, schön gelegen der Hügel mit dem Vielblätterlaub405, schön gelegen das Grabmal an der Sarandadā, schön gelegen der Pāvāler Baumfrieden. – Wer auch immer, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der könnte, Ānando, wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der Vollendete hat, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, Ānando, könnte der Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters.«

Ob nun gleich also dem ehrwürdigen Ānando vom Erhabenen ein wichtiger Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, hat er es nicht zu merken vermocht, hat nicht den Erhabenen gebeten: ›Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹, als wie da vom Bösen im Geiste umgarnt.

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal hat der Erhabene sich also an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Schön gelegen ist, Ānando, Vesālī, schön gelegen der Udener Park, schön gelegen der Garten der Gotamiden, schön gelegen der Siebenmangohain, schön gelegen der Hügel mit dem Vielblätterlaub, schön gelegen das Grabmal an der Sarandadā, schön gelegen der Pāvāler Baumfrieden. – Wer auch immer, Ānan do, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der könnte, Ānando, wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der Vollendete hat, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, Ānando, könnte der Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters.«

Ob nun gleich also dem ehrwürdigen Ānando vom Erhabenen ein wichtiger [254] Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, hat er es nicht zu merken vermocht, hat nicht den Erhabenen gebeten: ›Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹, als wie da vom Bösen im Geiste umgarnt406.

Da hat denn der Erhabene zum ehrwürdigen Ānando gesagt:

»Geh' hin, Ānando; wie es dir nun belieben mag.«

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen, stand vom Sitze auf, verbeugte sich ehrerbietig vor dem Erhabenen, ging rechts herum und setzte sich, nicht weit entfernt, an der Wurzel eines anderen Baumes nieder.

Da ist nun Māro der Böse, nicht lange nachdem der ehrwürdige Ānando gegangen war, zum Erhabenen herangekommen und beiseite gestanden. Beiseite stehend hat dann Māro der Böse zum Erhabenen also gesprochen:

»Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen. Verheißen hat ja einst, o Herr, der Erhabene die Worte: ›Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange Mönche bei mir nicht Jünger geworden sind, augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend auf dem geraden Pfade vorschreiten werden und der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben haben und anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen vermögen, einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren können, gut erfaßbar die Lehre aufweisen werden407.‹ Heute nun aber sind, o Herr, Mönche des Erhabenen Jünger, augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend schreiten sie auf dem geraden Pfade vor, haben der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben und vermögen sie anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen, können einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren, weisen gut erfaßbar die Lehre auf. Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen. – Verheißen hat ja einst, o Herr, der Erhabene die Worte: ›Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange Nonnen bei mir nicht Jüngerinnen geworden sind; solange Anhänger und Anhängerinnen bei mir keine Jünger geworden sind: augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend [255] auf dem geraden Pfade vorschreiten werden und der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben haben und anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen vermögen, einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren können, gut erfaßbar die Lehre aufweisen werden.‹ – Heute nun aber sind, o Herr, Nonnen des Erhabenen Jüngerinnen; sind Anhänger und Anhängerinnen des Erhabenen Jünger: augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend schreiten sie auf dem geraden Pfade vor, haben der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben und vermögen sie anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen, können einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren, weisen gut erfaßbar die Lehre auf. Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen.

Verheißen hat ja einst, o Herr, der Erhabene die Worte: ›Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange da bei mir das Asketentum nicht mächtig wird aufgediehen sein, nach allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet, jedem zugänglich, bis es eben den Menschen wohlbekannt geworden ist.‹ Heute nun aber ist, o Herr, das Asketentum des Erhabenen mächtig aufgediehen, nach allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet408, jedem zugänglich, lange schon den Menschen wohlbekannt geworden. Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen.«

Also angegangen hat der Erhabene zu Māro dem Bösen da gesagt:

»Sei du unbesorgt, Böser, binnen kurzem wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung kommen: heute über drei Monate wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn.«


Da hat denn der Erhabene am Pāvāler Baumfrieden klar und wohlbewußt den Dauergedanken entlassen.

Mit dem Entlassen des Dauergedankens durch den Erhabenen war aber ein gewaltiges Zittern über die Erde gegangen, ein Erschauern und ein Erschaudern, und der Wolken rollende Donner dröhnten dahin. Da ließ nun der Erhabene, bei solchem Anblick eben dazumal tief aufatmend, dies verlauten:


»Gemein und ungemein, was geworden ist,

Gedanken an Dasein entlassen hat der Mönch:

[256] In sich beseligt, innig geeint,

Zerriß wie ein Panzerhemd er den Selbstbestand409


Alsbald aber sagte sich da der ehrwürdige Ānando: ›Erstaunlich, fürwahr, außerordentlich, fürwahr! Ein gewaltiges Zittern war es über die Erde, ein ganz gewaltiges Zittern über die Erde war's, ein Erschauern und ein Erschaudern, und der Wolken rollende Donner dröhnten dahin. Was mag wohl der Anlaß, was der Umstand sein, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kam?‹ Da begab sich denn der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen hin, verbeugte sich vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Beiseite sitzend sprach nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich, o Herr: ein gewaltiges Zittern, o Herr, ist über die Erde gegangen, ein ganz gewaltiges Zittern, o Herr, über die Erde war's, ein Erschauern und ein Erschaudern, und der Wolken rollende Donner dröhnten dahin. Was mag wohl, o Herr, der Anlaß, was der Umstand sein, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kam?«

»Acht Anlässe gibt es, Ānando, acht Umstände, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt: und welche acht? Diese große Erde, Ānando, hat ihren Bestand im Wasser, das Wasser hat seinen Bestand im Winde, der Wind hat seinen Bestand im Raume. Zu einer Zeit nun, Ānando, wo gewaltige Winde wehen, lassen die gewaltigen Winde mit ihrem Wehen das Wasser erbeben: und erbebt das Wasser, erbebt die Erde. Das ist der erste Anlaß, der erste Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando, ist da ein Asket oder ein Priester, der ist machtvoll, hat die Herrschaft über seinen Geist, oder ein Gott, hochmächtig, hochgewaltig; der hat die Vorstellung ›Erde‹ mäßig entwickelt, unermeßlich die Vorstellung ›Wasser‹: so macht er diese Erde beben und erbeben, wanken und schwanken. Das ist der zweite Anlaß, der zweite Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt410.

Ferner aber, Ānando: wann der Erwachsame aus Seliger Gestalt hinweggeschwunden klar bewußt in den Leib der Mutter herabkommt, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist der dritte Anlaß, der dritte Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando: wann der Erwachsame klar bewußt aus dem Leibe der Mutter hervorkehrt, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in [257] Wanken und Schwanken. Das ist der vierte Anlaß, der vierte Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando: wann der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist der fünfte Anlaß, der fünfte Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando: wann der Vollendete das unvergleichliche Reich der Wahrheit darstellt, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist der sechste Anlaß, der sechste Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando: wann der Vollendete klar bewußt den Dauergedanken entläßt, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist der siebente Anlaß, der siebente Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.

Ferner aber, Ānando: wann der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt, dann gerät diese Erde in Beben und Erbeben, in Wanken und Schwanken. Das ist der achte Anlaß, der achte Umstand, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt411. – Das sind, Ānando, die acht Anlässe, acht Umstände, daß ein gewaltiges Zittern über die Erde zur Erscheinung kommt.


Acht gibt es, Ānando, der Versammlungen: und was für acht? Die Versammlung der Krieger, die Versammlung der Priester, die Versammlung der Bürger, die Versammlung der Asketen, die Versammlung der Götter der vier Gegenden, die Versammlung der Götter der Dreiunddreißig, die Versammlung der sinnlichen Götter und die Versammlung der heiligen Götter.

Nun weiß ich wohl, Ānando, daß ich eine Versammlung von etlichen hundert Kriegern besucht habe. Da hab' ich denn zuerst eben Platz genommen, zuerst die Unterredung eröffnet und zuerst die Unterhaltung in Gang gebracht. Welche Miene dort nun jene zeigten, solche Miene zeigte ich; welchen Ton jene angaben, solchen Ton gab ich an, und in lehrreichem Gespräche ermunterte, ermutigte, erregte und erheiterte ich. Während ich aber sprach, kannte mich keiner. ›Wer ist es nur, der da redet, ein Gott oder ein Mensch?‹, sagte man. Als ich aber in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert hatte, schwand ich von dannen; und auch mich Entschwundenen kannte keiner. ›Wer war es nur, der da entschwunden ist, ein Gott oder ein Mensch?‹, sagte man. – Auch weiß ich wohl, Ānando, daß ich eine Versammlung von etlichen hundert Priestern, Versammlung von etlichen [258] hundert Bürgern, Versammlung von etlichen hundert Asketen, daß ich eine Versammlung von etlichen hundert Göttern der vier Gegenden, Versammlung von etlichen hundert Göttern der Dreiunddreißig, Versammlung von etlichen hundert sinnlichen Göttern, Versammlung von etlichen hundert heiligen Göttern besucht habe. Da hab' ich denn zuerst eben Platz genommen, zuerst die Unterredung eröffnet und zuerst die Unterhaltung in Gang gebracht. Welche Miene dort nun jene zeigten, solche Miene zeigte ich; welchen Ton jene angaben, solchen Ton gab ich an, und in lehrreichem Gespräche ermunterte, ermutigte, erregte und erheiterte ich. Während ich aber sprach, kannte mich keiner. ›Wer ist es nur, der da redet, ein Gott oder ein Mensch?‹, sagte man. Als ich aber in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert hatte, schwand ich von dannen; und auch mich Entschwundenen kannte keiner. ›Wer war es nur, der da entschwunden ist, ein Gott oder ein Mensch?‹ sagte man. – Das sind, Ānando, die acht Versammlungen.


Acht Grade gibt es, Ānando, der Überwindung: und welche acht? Innen nimmt man Formen wahr, einig; außen sieht man Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der erste Grad der Überwindung. Innen nimmt man Formen wahr, einig; außen sieht man Formen, unermeßlich, schöne und unschöne; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der zweite Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, wenig, schöne und unschöne; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der dritte Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, unermeßlich, schöne und unschöne; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der vierte Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, blau aussehn. Gleichwie etwa eine Hanfblüte blau ist, blau schimmert, blau scheint, blau aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten blaugefärbt, blau schimmert, blau scheint, blau aussieht: ebenso auch sieht man, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, blaue, die blau schimmern, blau scheinen, blau aussehn; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der fünfte Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, gelbe, die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aussehn. Gleichwie etwa eine Zimtblüte gelb ist, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht, oder [259] gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten gelbgefärbt, gelb schimmert, gelb scheint, gelb aussieht: ebenso auch sieht man, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, gelbe, die gelb schimmern, gelb scheinen, gelb aussehn; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der sechste Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, rote, die rot schimmern, rot scheinen, rot aussehn. Gleichwie etwa eine Malvenrose rot ist, rot schimmert, rot scheint, rot aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten rotgefärbt, rot schimmert, rot scheint, rot aussieht: ebenso auch sieht man, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, rote, die rot schimmern, rot scheinen, rot aussehn; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der siebente Grad der Überwindung. Innen ohne Formwahrnehmung, einig, sieht man außen Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aussehn. Gleichwie etwa der Morgenstern weiß ist, weiß schimmert, weiß scheint, weiß aussieht, oder gleichwie etwa ein Seidenstoff, auf beiden Seiten weißgebleicht, weiß schimmert, weiß scheint, weiß aussieht: ebenso auch sieht man, innen ohne Formwahrnehmung, einig, außen Formen, weiße, die weiß schimmern, weiß scheinen, weiß aussehn; solche überwindend sagt man sich ›Ich weiß es, ich seh' es‹, nimmt es also wahr: das ist der achte Grad der Überwindung. – Das sind, Ānando, die acht Grade der Überwindung.


Acht gibt es, Ānando, der Freiungen: und was für acht? Formhaft ist man und sieht die Formen: das ist die erste Freiung. Innen ohne Formwahrnehmung sieht man außen Formen: das ist die zweite Freiung. Schönheit nur hat man im Sinne: das ist die dritte Freiung. Durch völlige Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt man in dem Gedanken ›Grenzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegrenzten Raumes: das ist die vierte Freiung. Nach völliger Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre gewinnt man in dem Gedanken ›Grenzenlos ist das Bewußtsein‹ das Reich des unbegrenzten Bewußtseins: das ist die fünfte Freiung. Nach völliger Überwindung der unbegrenzten Bewußtseinsphäre gewinnt man in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins: das ist die sechste Freiung. Nach völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre erreicht man die Grenzscheide möglicher Wahrnehmung: das ist die siebente Freiung. Nach völliger Überwindung der Grenzscheide möglicher Wahrnehmung erreicht man die Auflösung der Wahrnehmbarkeit: das ist die achte Freiung. Das sind, Ānando, die acht Freiungen.

[260] Es war einmal, Ānando, da bin ich bei Uruvelā geweilt, am Flußgestade der Nerañjarā, unter dem Feigenbaum der Ziegenhirten, soeben erst vollkommen auferwacht412. Da ist nun, Ānando, Māro der Böse zu mir herangekommen und beiseite gestanden. Beiseite stehend, Ānando, hat dann Māro der Böse zu mir also gesprochen: ›Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabe nen.‹ Also angegangen, Ānando, hab' ich zu Māro dem Bösen da gesagt: ›Nicht eher werde ich, Böser zur Erlöschung eingehn, solange Mönche bei mir nicht Jünger geworden sind, augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend auf dem geraden Pfade vorschreiten werden und der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben haben und anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen vermögen, einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren können, gut erfaßbar die Lehre aufweisen werden. Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange Nonnen bei mir nicht Jüngerinnen geworden sind; solange Anhänger und Anhängerinnen bei mir keine Jünger geworden sind: augenfällige, auserprobte, mit freiem Antlitz, in Sicherheit geborgen, vielerfahren, Hüter der Lehre, der Lehre lehrgemäß nachfolgend413 auf dem geraden Pfade vorschreiten werden und der Lehre gemäß wandelnd die eigene Meisterschaft erworben haben und anzuzeigen, aufzuweisen, darzulegen, darzustellen, zu enthüllen, zu entwickeln, offenbar zu machen vermögen, einen von anderen vorgebrachten Einwand mit Fug und Recht wohlabgewehrt abwehren können, gut erfaßbar die Lehre aufweisen werden. Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange da bei mir das Asketentum nicht mächtig wird aufgediehen sein, nach allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet, jedem zugänglich, bis es eben den Menschen wohlbekannt geworden ist.‹ Jetzt aber eben, Ānando, heute am Pāvāler Baumfrieden, ist Māro der Böse zu mir herangekommen und beiseite gestanden. Beiseite stehend, Ānando, hat nun Māro der Böse zu mir also gesprochen: ›Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabenen. Verheißen hat ja einst, o Herr, der Erhabene die Worte: »Nicht eher werde ich, Böser, zur Erlöschung eingehn, solange Mönche bei mir nicht Jünger geworden sind, solange Nonnen bei mir nicht Jüngerinnen geworden sind, solange Anhänger und Anhängerinnen bei mir keine Jünger geworden sind, solange da bei mir das Asketentum nicht mächtig wird aufgediehen sein, nach allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet, jedem zugänglich, bis es eben den Menschen wohlbekannt geworden ist.« [261] Heute nun aber ist, o Herr, das Asketentum beim Erhabenen mächtig aufgediehen, nach allen Seiten hin, unter vielem Volke verbreitet, jedem zugänglich, lange schon den Menschen wohlbekannt geworden. Erlöschen möge jetzt, o Herr, der Erhabene, erlöschen möge der Willkommene! Zur Erlöschung ist es jetzt Zeit, o Herr, für den Erhabe nen.‹ Also angegangen, Ānando, hab' ich zu Māro dem Bösen da gesagt: ›Sei du unbesorgt, Böser, binnen kurzem wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung kommen: heute über drei Monate wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn.‹ Jetzt eben hat, Ānando, heute am Pāvāler Baumfrieden, der Vollendete klar und wohlbewußt den Dauergedanken entlassen.«

Nach diesen Worten sprach der ehrwürdige Ānando den Erhabenen also an:

»Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!«

»Laß' es gut sein, Ānando, bitte nicht den Vollendeten, die Zeit ist vorbei, Ānando, den Vollendeten zu bitten.«

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal sprach nun der ehrwürdige Ānando den Erhabenen also an:

»Bestehn, o Herr, möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!«

»Hast du, Ānando, Vertrauen zur Wachheit des Vollendeten?«

»Gewiß, o Herr!«

»Wie denn also nur magst du, Ānando, den Vollendeten bis zur dreimaligen Wiederholung bedrängen?«

»Von Angesicht hab' ich es, o Herr, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Wer auch immer, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der könnte, Ānando, wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der Vollendete hat, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, Ānando, könnte der Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters.‹«

»Und du hast es geglaubt, Ānando?«

»Freilich, o Herr!«

»Darum aber, Ānando, hast du eben hier es versehn, hast du eben hier es versäumt, der du, ob dir gleich also vom Vollendeten ein wichtiger Wink, [262] ein wichtiger Hinweis gegeben war, es nicht zu merken vermochtest, den Vollendeten nicht gebeten hast: ›Bestehn möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.‹ Hättest du, Ānando, den Vollendeten gebeten, so hätte wohl zweimal deine Worte der Vollendete abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen entsprochen. Darum aber, Ānando, hast du eben hier es versehn, hast du eben hier es versäumt.

Es war einmal, Ānando, da bin ich bei Rājagaham geweilt, am Geierkulm, im Gebirge. Auch dort, Ānando, hab' ich zu dir gesagt: ›Schön gelegen ist, Ānando, Rājagaham, schön gelegen der Geierkulm, das Gebirge. – Wer auch immer, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der könnte, Ānando, wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der Vollendete hat, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, Ānando, könnte der Vollendete ein Weltalter durchbestehn oder bis zu Ende des Weltalters.‹ Ob dir gleich also, Ānando, vom Vollendeten ein wichtiger Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, hast du es nicht zu merken vermocht, hast nicht den Vollendeten gebeten: ›Bestehn möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.‹ Hättest du, Ānando, den Vollendeten gebeten, so hätte wohl zwei mal deine Worte der Vollendete abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen entsprochen. Darum aber, Ānando, hast du eben hier es versehn, hast du eben hier es versäumt.

Es war einmal, Ānando, da bin ich wieder eben bei Rājagaham geweilt, unter dem Feigenbaum im Hirtenhain414; und wieder bei Rājagaham, am Räubersprung; und wieder einmal am Abhange des Brockensteins, in der Siebenblätterlaubgrotte415; und wieder am Seherschlunde416, in der Schlucht beim Schwarzen Felsen; und im Kühlen Walde, in der Bucht am Schlangenweiher; und auch in der Aue am Tapodo417; auch wieder im Bambuspark, am Hügel der Eichhörnchen; und wieder auch im Mangohaine Jīvakos418; und auch eben bei Rājagaham im Wildgarten ober dem Engpaß. Auch dort, Ānando, hab' ich also zu dir gesprochen. – Es war einmal, Ānando, da bin ich wieder hier, bei Vesālī geweilt, im Udener Park; und hier bei Vesālī, im Garten der Gotamiden; und wiederum hier im Siebenmangohain; auch wieder am Hügel mit dem Vielblätterlaub; und wieder auch am Grabmal an der Sarandadā, bei Vesālī. Auch da, Ānando, hab' ich also zu dir gesprochen.

[263] Nun aber hab' ich dir, Ānando, heute am Pāvāler Baumfrieden gesagt: ›Schön gelegen ist, Ānando, Vesālī, schön gelegen der Udener Park, schön gelegen der Garten der Gotamiden, schön gelegen der Siebenmangohain, schön gelegen der Hügel mit dem Vielblätterlaub, schön gelegen das Grabmal an der Sarandadā, schön gelegen der Pāvāler Baumfrieden. – Wer auch immer, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet hat, der könnte, Ānando, wenn ihn danach verlangte, ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters. Der Vollendete hat, Ānando, die vier Machtgebiete geübt, gepflegt, ausgeführt, ausgebildet, angewendet, durchgeprüft, durchaus entrichtet; bei Verlangen danach, Ānando, könnte der Vollendete ein Weltalter durchbestehn, oder bis zu Ende des Weltalters.‹ Ob dir gleich also, Ānando, vom Vollendeten ein wichtiger Wink, ein wichtiger Hinweis gegeben war, hast du es nicht zu merken vermocht, hast nicht den Vollendeten gebeten: ›Bestehn möge der Erhabene das Weltalter durch, bestehn möge der Willkommene das Weltalter durch, vielen zum Wohle, vielen zum Heile, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.‹ Hättest du, Ānando, den Vollendeten gebeten, so hätte wohl zweimal deine Worte der Vollendete abgewiesen, aber das dritte Mal ihnen entsprochen. Darum aber, Ānando, hast du eben hier es versehn, hast du eben hier es versäumt419.


Hab' ich denn das, Ānando, nicht vorher schon verkündet, daß eben alles, was einem lieb und angenehm ist, verschieden werden, aus werden, anders werden muß420? Woher könnte das hier, Ānando, erlangt werden, daß was geboren, geworden, zusammengesetzt, dem Verfall unterworfen ist, da doch nicht verfallen sollte: das gibt es nicht. Weil nun aber, Ānando, der Vollendete sich davon losgemacht, entledigt, befreit, abgewandt, entäußert, den Dauergedanken entlassen hat, hat der Vollendete schlechthin gültig gesprochen: ›Binnen kurzem wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung kommen: heute über drei Monate wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn.‹ Daß aber der Vollendete dieses Wort, um am Leben zu bleiben, wieder zurücknehmen sollte: das gibt es nicht. – Laß' uns, Ānando, nach dem Großen Walde aufbrechen, zur Halle der Einsiedelei, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist denn der Erhabene mit dem ehrwürdigen Ānando nach dem Großen Walde, zur Halle der Einsiedelei hingewandert. Dort angelangt wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Gehe du, Ānando: soviel da Mönche um Vesālī her sich aufhalten, alle die laß' in der Halle des Vorhauses sich einfinden.«

[264] »Ja, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und soviel der Mönche um Vesālī her sich aufhielten, alle die hieß er in der Halle des Vorhauses sich einfinden, kehrte dann zum Erhabenen zurück, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und stand beiseite. Beiseite stehend sprach nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Versammelt, o Herr, ist die Jüngerschaft: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.«

Da begab sich nun der Erhabene nach der Halle des Vorhauses hin und nahm, dort angelangt, auf dem angebotenen Sitze Platz. Dann wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Darum aber, ihr Mönche, habt ihr die Dinge, die von mir zur Durchschauung euch aufgewiesen wurden, wohl zu bewahren, zu behüten, zu üben und zu pflegen, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehme, lange bestehn kann, daß es vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen. Was sind das aber, ihr Mönche, für Dinge, die von mir zur Durchschauung euch aufgewiesen wurden, die ihr da wohl zu bewahren, zu behüten, zu üben und zu pflegen habt, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehme, lange bestehn kann, daß es vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen? Als wie da sind: die vier Pfeiler der Einsicht, die vier gewaltigen Kämpfe, die vier Machtgebiete, die fünf Fähigkeiten, die fünf Vermögen, die sieben Erweckungen, der heilige achtfältige Weg421. Das sind, ihr Mönche, die Dinge, die von mir zur Durchschauung euch aufgewiesen wurden, die ihr da wohl zu bewahren, zu behüten, zu üben und zu pflegen habt, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehme, lange bestehn kann, daß es vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen422

Dann hat der Erhabene zu den Mönchen gesagt:

»Wohlan denn, ihr Mönche, laßt euch gesagt sein: schwinden muß jede Erscheinung, unermüdlich mögt ihr da kämpfen; binnen kurzem wird es mit dem Vollendeten zur Erlöschung kommen: heute über drei Monate wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn.«

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:


»Zarte Jugend, rauhes Alter,

Ob nun töricht, oder weise,

Ob es Arme sind, ob Reiche:

Todesuntertan ist alles.


[265] Wie des Hafners Töpferware,

Vielgeformte Tongefäße,

Große Krüge, kleine Schalen,

Ob gebrannt schon, ungebrannt noch:

Alle doch zerbrechen endlich;

Unser Dasein ist nicht anders423


Ferner aber sprach noch also der Meister:


»Mein Tagewerk ist abgereift,

Zur Neige senkt mein Leben sich:

Von euch nun scheidend geh' ich hin,

In eigne Zuflucht eingekehrt.


Seid unermüdlich, klar bewußt,

Ihr Mönche, tugendecht bewährt:

Geeinigt innen, recht gesinnt,

Laßt euch das Herz behütet sein.


In solcher Lehre, solcher Zucht

Wer unermüdlich ausbeharrt:

Geburtenwandel bald entflohn

Zu Ende wirkt er alles Weh.«


Ende des dritten Berichtes


Da hat denn der Erhabene eines Morgens sich gerüstet, Mantel und Schale genommen und den Weg nach Vesālī beschritten, um Almosenspeise. In der Stadt von Haus zu Haus tretend kehrte der Erhabene mit den erhaltenen Brocken zurück, nahm das Mahl ein, ließ einen Elefantenblick über Vesālī hingleiten und wandte sich nun an den ehrwürdigen Ānando424:

»Dies wird, Ānando, das letzte Gesicht des Vollendeten gegen Vesālī gewesen sein. Laß' uns, Ānando, nach dem Krämerdorfe aufbrechen, dahin wollen wir gehn425

[266] »Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Krämerdorfe hingezogen. Bei dem Krämerdorfe hat dann der Erhabene Rast gehalten. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Weil da, ihr Mönche, vier Dinge nicht verstanden, nicht durchdrungen waren, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch: und welche vier? Weil, ihr Mönche, heilige Tugend nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil, ihr Mönche, heilige Vertiefung nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil, ihr Mönche, heilige Weisheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch; weil, ihr Mönche, heilige Freiheit nicht verstanden, nicht durchdrungen war, ist eben diese lange Laufbahn umwandelt worden, umkreist worden, von mir sowie von euch. Da ist jetzt, ihr Mönche, heilige Tugend verstanden, durchdrungen, heilige Vertiefung verstanden, durchdrungen, heilige Weisheit verstanden, durchdrungen, heilige Freiheit verstanden, durchdrungen, abgeschnitten der Daseinsdurst, versiegt die Daseinsader, und nicht mehr gibt es Wiedersein.«

Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:


»Die Tugend, Tiefe, Weisheit dann

Und Freiheit, die zuhöchst besteht,

Sie sind verstanden, Ding um Ding«: – –


Vom Gotamiden, reich an Ruhm,

Der so als Meister hat gezeigt

Den Jüngern was zu wissen taugt,

Der Leiden Tilger, auferwacht,

Der Seher, selbst erloschen hin. –


Da hat denn noch der Erhabene, bei dem Krämerdorfe verweilend, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten426:

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

[267] Nachdem nun der Erhabene bei dem Krämerdorfe nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, über Elefantendorf nach dem Mangodorfe gehn, und über Rosenapfeldorf nach der Bhoger Burg aufbrechen, dahin wollen wir gehn427

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach der Bhoger Burg hingezogen. Bei der Bhoger Burg hat dann der Erhabene Rast gehalten, am Steinmal der Ānandiden428. Dort wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Vier wichtige Bezeugnisse will ich euch Mönchen hier aufweisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr«, sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Da mag wohl, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: ›Von Angesicht hab' ich es, Brüder, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot.‹ Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesem Mönche schlecht aufgefaßt worden‹; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesem Mönche recht aufgefaßt worden.‹ Das mögt ihr, Mönche, zum ersten als wichtiges Bezeugnis verwahren429.

Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: ›An dem und dem Orte dort weilt eine Jüngergemeinde, mit einem Oberen, mit einem Vorstand; von dieser Jüngergemeinde hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot.‹ Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden [268] sucht, und sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von dieser Jüngergemeinde schlecht aufgefaßt worden‹; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von dieser Jüngergemeinde recht aufgefaßt worden.‹ Das mögt ihr, Mönche, zum zweiten als wichtiges Bezeugnis verwahren.

Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: ›An dem und dem Orte weilt eine große Anzahl oberer Mönche, die viel erfahren, gründliche Kunde erworben haben, Hüter der Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der Überlieferung430 sind; von diesen Oberen hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot.‹ Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun weder in den Reden ihr Bestätigung, noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesen Oberen schlecht aufgefaßt worden‹; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesen Oberen recht aufgefaßt worden.‹ Das mögt ihr, Mönche, zum dritten als wichtiges Bezeugnis verwahren.«

»Da mag ferner, ihr Mönche, ein Mönch etwa sagen: ›An dem und dem Orte weilt ein einzelner alter Mönch, der viel erfahren, gründliche Kunde erworben hat, Hüter der Lehre, Hüter der Zucht, Hüter der Überlieferung ist; von diesem Alten hab' ich es von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen: das ist die Lehre, das ist die Zucht, das ist des Meisters Gebot.‹ Die Aussage eines solchen Mönches, ihr Mönche, ist weder zu billigen noch abzuweisen; ohne sie gebilligt, ohne sie abgewiesen zu haben, hat man sich da die bezeichnenden Sätze sorgfältig zu merken und in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und [269] sie nun weder in den Reden ihre Bestätigung noch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben nicht des Erhabenen Sprache, sondern ist von diesem Alten schlecht aufgefaßt worden‹; so mögt ihr, Mönche, dieses dann verwerfen. Wenn man aber in den Reden ihre Bestätigung, in der Zucht ihren Nachweis aufzufinden sucht, und sie nun gar wohl in den Reden ihre Bestätigung und auch in der Zucht ihren Nachweis finden, so muß man dabei zu dem Schlusse kommen: ›Freilich ist das eben des Erhabenen Sprache, ist von diesem Alten recht aufgefaßt worden.‹ Das mögt ihr, Mönche, zum vierten als wichtiges Bezeugnis verwahren. – Das sind, ihr Mönche, vier Bezeugnisse, die als wichtig verwahrt werden mögen431

Da hat denn noch der Erhabene, bei der Bhoger Burg verweilend, am Steinmal der Ānandiden, also auch weiterhin den Mönchen lehrreiche Rede gehalten:

»Das ist Tugend, das ist Vertiefung, das ist Weisheit; in Tugend ausgediehene Vertiefung verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Vertiefung ausgediehene Weisheit verleiht hohen Lohn, hohe Förderung, in Weisheit ausgediehenes Herz wird eben von allem Wahne frei, und zwar vom Wunscheswahn, vom Daseinswahn, vom Nichtwissenswahn.«

Nachdem nun der Erhabene bei der Bhoger Burg nach Belieben geweilt hatte, wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach Pāvā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach Pāvā hingezogen. Bei Pāvā hat dann der Erhabene Rast gehalten, im Mangohaine bei Cundo, dem Goldschmied432.

Es vernahm aber Cundo der Goldschmied: ›Der Erhabene, heißt es, ist in Pāvā angekommen, hält bei Pāvā Rast, im Mangohaine bei mir!‹ Da begab sich denn Cundo der Goldschmied zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Cundo der Goldschmied, der da beiseite saß, wurde nun vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Cundo der Goldschmied vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert war, sprach er zum Erhabenen also:

»Gewähre mir, o Herr, der Erhabene die Bitte, morgen mit der Jüngerschaft bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Nachdem nun Cundo der Goldschmied der Zustimmung des Erhabenen gewiß war, stand er vom Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

[270] Am nächsten Morgen dann ließ Cundo der Goldschmied in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und reichlich dazu noch Ebermorcheln433. Alsdann sandte er einen Boten an den Erhabenen mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹ So begann denn der Erhabene vor Mittag sich zu rüsten, nahm Mantel und Almosenschale und ging, von der Jüngerschaft begleitet, nach dem Hause, wo Cundo der Goldschmied wohnte. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz. Alsbald nun wandte sich der Erhabene an Cundo den Goldschmied:

»Was du, Cundo, an Ebermorcheln vorbereitet hast, damit versorge mich: was aber an anderer fester und flüssiger Speise vorhanden ist, damit versorge die Jüngerschaft.«

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam Cundo der Goldschmied zum Erhabenen; und was an Ebermorcheln vorbereitet war, damit versorgte er den Erhabenen, was aber an anderer fester und flüssiger Speise vorhanden war, damit versorgte er die Jüngerschaft. Da hat denn der Erhabene sich an Cundo den Goldschmied gewandt:

»Was dir, Cundo, an Ebermorcheln übriggeblieben ist, das verscharr' in der Grube: keinen seh' ich da, Cundo, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, von dem das genossen und gänzlich verdaut werden könnte, den Vollendeten ausgenommen.«

»Gut, o Herr«, sagte da gehorsam Cundo der Goldschmied zum Erhabenen; und was an Ebermorcheln noch übrig war, das verscharrte er in der Grube. Dann kehrte er zum Erhabenen zurück, verbeugte sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. Da hat denn noch der Erhabene Cundo den Goldschmied, der an der Seite saß, in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, ist sodann aufgestanden und von dannen geschritten.

Da hat nun den Erhabenen nach dem bei Cundo dem Goldschmied eingenommenen Mahle eine heftige Krankheit befallen, blutiges Erbrechen mit starken Schmerzen stellte sich ein, lebensgefährlich. Auch diese hat denn der Erhabene klar und wohlbewußt erduldet, ohne sich verstören zu lassen434.

Alsbald nun wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Laß' uns, Ānando, nach Kusinārā aufbrechen, dahin wollen wir gehn.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen.


Bei Cundo nach der Mahlzeit dann,

Beim Goldschmied, hat man mir erzählt,

[271] Erfuhr der Weise Krankheit bald,

Mit starken Schmerzen, sterbesiech.


Als wie bewirtet mit der Ebermorchel

Befiel ein Übel arger Qual den Meister da;

Geplagt von Schluchzen hat der Herr gesprochen:

»Nach Kusinārā weiter will ich wandern hin435


Da ist denn der Erhabene vom Wege abgebogen, an den Fuß eines Baumes in der Nähe herangetreten und hat dann dem ehrwürdigen Ānando gesagt:

»Sei so lieb, Ānando, und spreite mir den Mantel vierfach gefaltet auf: ich bin erschöpft, Ānando, und werde mich niedersetzen.«

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und er spreitete den Mantel vierfach gefaltet auf.

Es setzte sich der Erhabene auf den vorbereiteten Sitz. Dann wandte sich der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Sei so lieb, Ānando, und hole mir Wasser: ich bin durstig, Ānando, und möchte trinken.«

Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Es sind jetzt, o Herr, etwa fünfhundert Karren da hinübergefahren: von den Rädern durchschnitten läuft nun das Wasser seicht durcheinander, trübe geworden. Aber ganz in der Nähe, o Herr, fließt die Kakudhā, mit klarem Wasser, frischem Wasser, kühlem Wasser, reinem Wasser, leicht zugänglich, schön gelegen: dort wird der Erhabene Wasser trinken und auch die Glieder erquicken können436

Ein zweites Mal aber, und ein drittes Mal hat der Erhabene sich also an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Sei so lieb, Ānando, und hole mir Wasser: ich bin durstig, Ānando, und möchte trinken.«

»Wohl, o Herr«, sagte da beim drittenmal gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und mit der Schale versehn stieg er zum Bache herab. Da war nun der Bach, dessen Wellen von den Rädern durchschnitten seicht durcheinandergeflossen, trübe geworden waren, beim Herankommen des ehrwürdigen Ānando klar, durchsichtig, hell anzuschauen. Da gedachte nun der ehrwürdige Ānando alsbald: ›Ach wie erstaunlich, wie doch so wunderbar ist des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt! Dieser Bach da vor mir, dessen Gewässer, von den Rädern durchschnitten, seicht durcheinander geflossen, trübe geworden waren, der strömt nun bei meinem Herankommen klar, durchsichtig, hell dahin.‹ Dann schöpfte er Wasser in die Schale, kehrte zum Erhabenen zurück und sprach also:

[272] »Staunen und Wunder, o Herr, über des Vollendeten hohe Macht, hohe Gewalt: eben zuvor, o Herr, war dieser Bach, von den Rädern durchschnitten, seicht durcheinandergeflossen, trübe geworden, und ist bei meinem Herankommen klar, durchsichtig, hell anzuschauen! Trinken möge der Erhabene das Wasser, trinken möge der Willkommene das Wasser.«

Da hat denn der Erhabene das Wasser getrunken.


Um diese Zeit aber war Pukkuso der Mallerprinz, ein Jünger des Āḷāro Kālāmo, von Kusinārā nach Pāvā unterwegs und reiste die Landstraße entlang. Es sah nun Pukkuso der junge Maller den Erhabenen unter einem Baume sitzen. Als er den Erhabenen gesehn hatte, kam er heran, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich beiseite nieder. Beiseite sitzend sprach nun Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen also:

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie tief da, o Herr, der Frieden ist, in dem Pilger zu beharren vermögen. – Eines Tages einmal, o Herr, war Āḷāro Kālāmo die Landstraße entlang gewandert, war dann vom Wege abgebogen und hatte sich in der Nähe unter einem Baume niedergesetzt, bis gegen Abend zu verweilen. Da sind nun, o Herr, an fünfhundert Karren gerade Āḷāro Kālāmo gegenüber vorbeigefahren. Nun ist dann, o Herr, einer der Männer, den Spuren dieser Karrenkarawane immer nachfolgend, zu Āḷāro Kālāmo herangekommen und hat also gefragt: ›Du hast wohl, o Herr, an fünfhundert Karren vorbeifahren sehn?437‹ – ›Nichts hab' ich, Bruder, gesehn.‹ – ›Aber du hast doch, o Herr, den Lärm gehört?‹ – ›Nichts, Bruder, hab' ich von Lärm gehört.‹ – ›So hast du, o Herr, geschlafen?‹ – ›Nicht hab' ich, Bruder, geschlafen.‹ – ›Wie denn, o Herr: und du warst bewußt?‹ – ›Gewiß, Bruder.‹ – ›So hast du, o Herr, bewußt und mit wachen Sinnen die fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeigefahren sind, weder gesehn noch auch den Lärm gehört: aber dein Mantel, o Herr, ist ja ganz mit Staub überdeckt!‹ – ›Freilich, Bruder.‹ Da wurde nun, o Herr, jenem Manne also zumute: ›Großartig ist es, unglaublich, in der Tat, wie tief da, fürwahr, der Frieden ist, in dem Pilger zu beharren vermögen: wo ja eben einer bewußt und mit wachen Sinnen fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeifahren, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören braucht!‹ Und nachdem er so für Āḷāro Kālāmo hohe Begeisterung erkennen hatte lassen, ging er weiter.«

»Wie denkst du darüber, Pukkuso, was mag da wohl etwa schwieriger auszuführen, etwa schwieriger zu erwirken sein: daß einer bewußt und mit wachen Sinnen fünfhundert Karren, die gerade gegenüber vorbeifahren, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte; oder daß einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während [273] Blitze herabzücken und der Donner krachend dareinschlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte?«

»Was gälten da freilich, o Herr, fünfhundert Karren oder sechshundert, siebenhundert Karren oder achthundert, neunhundert Karren oder tausend oder hunderttausend Karren438: vielmehr wäre das eben gar schwieriger auszuführen und schwieriger zu erwirken, daß einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzücken und der Donner krachend dareinschlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören vermöchte!«

»Es war einmal, Pukkuso, da bin ich bei Ātumā geweilt, in einer Scheune. Um diese Zeit aber, bei einem Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzückten und der Donner krachend dareinschlug, wurden unweit der Scheune439 zwei Landbauern, Brüder, getroffen, und vier Zugochsen. Da ist denn, Pukkuso, aus Ātumā eine große Menschenmenge herangekommen und um die beiden Landbauern, die erschlagenen Brüder, und die vier Zugochsen herumgestanden. Doch war ich, Pukkuso, schon aus der Scheune hervorgetreten und ging vor der Tenne unter freiem Himmel auf und ab. Alsbald kam nun, Pukkuso, einer der Männer aus jener großen Menschenmenge auf mich zu, verbeugte sich vor mir und stand beiseite. Den Mann aber, Pukkuso, der da beiseite stand, sprach ich also an: ›Was ist denn da, Bruder, für eine große Menschenmenge zusammengekommen?‹ – ›Es sind jetzt, o Herr, im Wettersturm, im prasselnden Wolkengusse, unter flammenden Blitzen und krachendem Donnergetöse, zwei Landleute erschlagen worden, Brüder, und vier Pflugochsen: da ist denn nun diese große Menschenmenge zusammengelaufen; du aber, o Herr, bist wo gewesen?‹ – ›Hier eben, Bruder, bin ich gewesen.‹ – ›Und hast es, o Herr, wohl gesehn?‹ – ›Nichts hab' ich, Bruder, gesehn.‹ – ›Aber du hast doch, o Herr, den Lärm gehört?‹ – ›Nichts, Bruder, hab' ich von Lärm gehört.‹ – ›Dann hast du, o Herr, gar geschlafen?‹ – ›Nicht hab' ich, Bruder, ge schlafen.‹ – ›Wie denn, o Herr: und du warst bewußt?‹ – ›Gewiß, Bruder.‹ – ›So hast du, o Herr, bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm und wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabschossen und der Donner krachend dareinschlug, weder gesehn noch auch den Lärm gehört?‹ – ›Freilich, Bruder.‹ Da wurde nun, Pukkuso, jenem Manne also zumute: ›O wie seltsam ist es, wie so wunderbar doch, wie tief da wirklich der Frieden sein muß, in dem Pilger verharren können: wo ja eben einer bewußt und mit wachen Sinnen im Gewittersturm, im wirbelnden Wolkenbruch, während Blitze herabzücken und der Donner krachend dareinschlägt, weder zu sehn noch auch den Lärm zu hören braucht!‹ Und nachdem er so hohe Begeisterung für mich gezeigt hatte, ging er rechts herum und entfernte sich440

[274] Nach diesen Worten sprach Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen also:

»Da will ich nur, o Herr, die Begeisterung für Āḷāro Kālāmo in den Sturmwind aussäen oder den hurtigen Wellen des Flusses überlassen. – Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch, o Herr, ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach dargelegt worden. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

Dann hat Pukkuso der Mallerprinz einem seiner Leute gewunken:

»Ach bringe mir doch mal den goldfarbenen doppeltgewebten Schleier her441

»Sehr wohl, Herr«, sagte da gehorsam jener Mann zu Pukkuso dem Mallerprinzen; und er brachte den goldfarbenen doppeltgewebten Schleier herbei. Da hat denn Pukkuso der Mallerprinz den goldfarbenen doppeltgewebten Schleier dem Erhabenen dargereicht:

»Das ist, o Herr, ein goldfarbener doppeltgewebter Schleier: den möge, o Herr, der Erhabene von mir entgegennehmen, um Erbarmens willen!«

»Wohlan denn, Pukkuso: in den einen magst du mich hüllen, in den anderen Ānando.«

»Gern, o Herr!«, sagte da gehorsam Pukkuso der Mallerprinz zum Erhabenen; und in den einen hüllte er den Erhabenen, in den anderen den ehrwürdigen Ānando.

Da hat denn noch der Erhabene Pukkuso den Mallerprinzen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert. Als dann Pukkuso der Mallerprinz vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert worden war, stand er auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und zog weiter.

Als nun der ehrwürdige Ānando, nicht lange nachdem Pukkuso der Mallerprinz gegangen war, den goldfarbenen doppeltgewebten Schleier dem Körper des Erhabenen gemäß richtete, hat es, dem Körper des Erhabenen gemäß gerichtet, gänzlich wie glanzlos geschienen. Da hat nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also gesprochen:

»Erstaunlich, o Herr, wundersam ist es, o Herr, in welcher Klarheit, o Herr, des Vollendeten Hautfarbe rings erschimmert! Da ist, o Herr, der goldfarbene doppeltgewebte Schleier, dem Körper des Erhabenen gemäß gerichtet, gänzlich wie glanzlos geworden442

»Also ist es, Ānando; zweimal, Ānando, kommt es vor, daß der Körper des Vollendeten wie überklar wird und die Hautfarbe rings erschimmert: welche[275] zweimal? Die Nacht, Ānando, wann der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht, und die Nacht, wann der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt: diese zweimal, Ānando, kommt es vor, daß der Körper des Vollendeten wie überklar wird und die Hautfarbe rings erschimmert443. Heute aber, Ānando, in den letzten Stunden der Nacht, auf Kusinārer Landgebiet, im Kronbaumwalde der Maller, inmitten von ein paar Bäumen, wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn. – Laß' uns, Ānando, zum Wasser der Kakudhā hinabsteigen, dahin wollen wir schreiten.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen.


Goldschimmerseide, doppelt fein,

Pukkuso reichte gern sie dar:

Der Meister, damit angetan,

Erschien wie Mondesschimmer hell444.


Alsbald ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach dem Bette der Kakudhā herabgestiegen und, dort angelangt, in die rauschenden Gewässer eingetaucht, hat gebadet und getrunken, ist dann wieder ans Ufer zurückgekehrt und nach einem Mangowäldchen hingegangen. Dort eingetreten hat der Erhabene sich an den ehrwürdigen Cundako gewandt:

»Sei so lieb, Cundako, und spreite mir den Mantel vierfach gefaltet auf: ich bin müde, Cundako, und möchte mich hinlegen.«

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Cundako zum Erhabenen; und er spreitete den Mantel vierfach gefaltet auf. Da hat denn der Erhabene sich auf die rechte Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß über dem anderen, klar bewußt, der Zeit des Aufstehns gewärtig. Der ehrwürdige Cundako aber setzte sich ebenda vor den Erhabenen hin.


Es kam der Wache zur Kakudher Wellenflut,

Wo frisch die Wasser blinken, bis zum Grunde klar:

Hinab da stieg der Meister, schien ermüdet nicht,

Vollendet in der Welt und ohnegleichen.


Nach Bad und Trunk von dannen schritt der Meister,

Voran den Jüngerscharen rings im Zuge,

Der Künder und Verkünder, Herr der Satzung hier,

Den Mangohain betrat der hohe Seher:

Cundako, sagt' er zu dem Mönche, der so hieß,

Vierfach gefaltet spreite mir das Lager.


[276] Da hat der Mönch dem Selbstgewalt'gen gern gedient

Und alsogleich den Mantel vierfach glatt gestreift:

Hin legte sich der Meister, schien ermüdet nicht,

Cundako aber saß zuhäupten nieder445.


Da hat nun der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Es könnte wohl sein, Ānando, daß da jemand Cundo dem Goldschmied einen Vorwurf machen wollte: ›Das ist dir, Bruder Cundo, übel geraten, das hast du schlecht getroffen, daß bei dir der Vollendete den letzten Almosenbissen zu genießen bekam und dann erloschen ist.‹ Einem Vorwurfe nun, Ānando, gegen Cundo den Goldschmied muß also vorgebeugt werden: ›Das ist dir, Bruder Cundo, geraten, das hast du recht getroffen, daß bei dir der Vollendete den letzten Almosenbissen zu genießen bekam und dann erloschen ist446‹. Von Angesicht hab' ich es, Bruder Cundo, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: ›Zwei gibt es der Almosenbissen, beide gleich an Lohn, beide gleich an Entgelt, die gleichsam mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, hohe Förderung verleihen: und welche zwei? Der Almosenbissen, nach dessen Empfangnahme der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht, und der Almosenbissen, nach dessen Empfangnahme der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen kommt: das sind die zwei Almosenbissen, beide gleich an Lohn, gleich beide an Entgelt, die gleichsam mehr als andere Almosenbissen hohen Lohn, hohe Förderung verleihen. Ein lebenverlängerndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Gesundheit förderndes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Wohlsein bewirkendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein Ruhm verschaffendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zu bereitet, der Goldschmied, ein himmelgewinnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied, ein allversöhnendes Mittel hat der ehrwürdige Cundo sich zubereitet, der Goldschmied.‹ Einem Vorwurf, Ānando, gegen Cundo den Goldschmied muß also vorgebeugt werden.«

Da hat nun der Erhabene, in solcher Hinsicht eben dazumal tief aufatmend, dies verlauten lassen:


»Der Gabenspender spart sich Verdienst,

Der Insichgegangne greift keinen Grimm,

Der Kundige kehrt sich vom Bösen ab –

Wer Gier, Haß und Irre vertan, dem ist wohl447


Ende des vierten Berichtes


[277] Da hat denn der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Laß' uns, Ānando, nach den Gewässern der Hiraññavatī aufbrechen, ans andere Gestade hinüberziehn, auf Kusinārer Landgebiet, nach dem Kronwalde der Maller, dahin wollen wir gehn448

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Da ist nun der Erhabene, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, nach den Gewässern der Hiraññavatī, ans andere Gestade hinübergezogen, auf Kusinārer Landgebiet, zum Kronwalde der Maller gekommen. Dort angelangt hat der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Sei so lieb, Ānando, und lasse mir zwischen ein paar Bäumen eine Bahre mit dem Scheitel nach Norden aufstellen: ich bin müde, Ānando, und möchte mich hinlegen.«

»Wohl, o Herr«, sagte da aufmerksam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und er ließ inmitten zweier Kronbäume eine Bahre mit dem Scheitel nach Norden aufstellen. Da hat denn der Erhabene sich auf die rechte Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß über dem anderen, klar bewußt.

Damals nun waren die zwei Kronbäume in voller Knospenpracht aufgegangen, außer der Blütezeit449. Von denen wurde der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und Blüten vom himmlischen Korallenbaum flatterten aus den Lüften hernieder, auch davon wurde der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und himmlischer Sandelstaub kam aus den Lüften herangeweht, auch davon wurde der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und himmlische Klangweisen ließen sich in den Lüften vernehmen, dem Vollendeten zu Ehren, und himmlische Sangweisen gingen in den Lüften da vor, dem Vollendeten zu Ehren. Da hat nun der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»In voller Knospenpracht sind, Ānando, die zwei Kronbäume aufgegangen, außer der Blütezeit. Von ihnen wird der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und Blüten vom himmlischen Korallenbaum flattern aus den Lüften hernieder, auch davon wird der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und himmlischer Sandelstaub kommt aus den Lüften herangeweht, auch davon wird der Leib des Vollendeten bestreut, überstreut, über und über bestreut, dem Vollendeten zu Ehren. Und himmlische Klangweisen lassen sich in den Lüften vernehmen, dem Vollendeten zu Ehren, und himmlische Sangweisen gehn in den Lüften da vor, dem Vollendeten zu Ehren. Aber nicht eben, Ānando, insofern wird der Vollendete450 [278] wertgehalten oder hochgeschätzt, geachtet oder geehrt und gefeiert. Wer da, Ānando, als Mönch oder als Nonne, als Anhänger oder als Anhängerin, der Lehre lehrgemäß nachfolgend ausharrt, auf dem geraden Pfade vorschreitend der Lehre gemäß wandelt: der wertet und schätzt, achtet und ehrt den Vollendeten mit der höchsten Ehre. Darum aber, Ānando: ›Der Lehre lehrgemäß nachfolgend werden wir ausharren, auf dem geraden Pfade vorschreitend der Lehre gemäß wandeln‹: so habt ihr, Ānando, euch wohl zu üben.«

Während der Zeit nun war der ehrwürdige Upavāno vor dem Erhabenen gestanden und hatte dem Erhabenen Kühlung gefächelt. Da hat nun der Erhabene den ehrwürdigen Upavāno abgewiesen451:

»Geh' beiseite, Mönch, so daß du da nicht vor mir stehst.«

Aber der ehrwürdige Ānando gedachte nun hier: ›Dieser ehrwürdige Upavāno ist seit langem des Erhabenen Aufwärter, ist dem näheren Kreise mit zugehörig; und der Erhabene weist nun in der letzten Stunde den ehrwürdigen Upavāno ab: »Geh' beiseite, Mönch, so daß du da nicht vor mir stehst.« Was mag wohl der Anlaß, was der Umstand sein, daß der Erhabene den ehrwürdigen Upavāno so abgewiesen hat?‹ Und der ehrwürdige Ānando sprach nun zum Erhabenen also:

»Dieser ehrwürdige Upavāno, o Herr, ist seit langem des Erhabenen Aufwärter, ist dem näheren Kreise mit zugehörig; und der Erhabene weist nun in der letzten Stunde den ehrwürdigen Upavāno ab: ›Geh' beiseite, Mönch, so daß du da nicht vor mir stehst.‹ Was mag wohl, o Herr, der Anlaß, was der Umstand sein, daß der Erhabene den ehrwürdigen Upavāno so abgewiesen hat?«

»Immer mehr und mehr, Ānando, strömen in den zehn Weltgegenden Gottheiten zusammen, den Vollendeten zu sehn. Soweit, Ānando, als Kusinārer Landgebiet reicht, um den Kronwald der Maller zwölf Meilen in der Runde, ist keine Stelle auch nur mit der Spitze eines Haares betupfbar, die nicht von vielmögenden Gottheiten erfüllt wäre452. Gottheiten, Ānando, seufzten da auf: ›Weither gar sind wir herangezogen, den Vollendeten zu sehn: selten doch nur, irgend einmal, erscheint ein Vollendeter in der Welt, ein Heiliger, vollkommen Erwachter! Heute aber, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn: nun hat da ein vielmögender Mönch sich vor den Erhabenen hingestellt, ein Wehr bildend, und nicht ist uns gegönnt in der letzten Stunde der Anblick des Vollendeten‹, so seufzten, Ānando, da Gottheiten auf.«

»Wie beschaffen aber, o Herr, sind die Gottheiten, die der Erhabene im Geiste bemerkt?«

»Es sind, Ānando, Gottheiten im Raume mit irdischen Gedanken, die raufen sich klagend das Haar, ringen klagend die Hände, wie gebrochenen Fußes[279] stürzen sie nieder453, schwanken heran und schwanken hinweg: ›Allzu bald wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird der Willkommene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird das Auge der Welt dahingeschwunden sein!‹ Es sind, Ānando, Gottheiten auf der Erde mit irdischen Gedanken, die raufen sich klagend das Haar, ringen klagend die Hände, wie gebrochenen Fußes stürzen sie nieder, schwanken heran und schwanken hinweg: ›Allzu bald wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird der Willkommene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird das Auge der Welt dahingeschwunden sein!‹ Die aber da Gottheiten sind von Verlangen genesen, die harren hierbei klar bewußt aus: ›Erscheinung vergeht – wie wär's auch anders möglich‹.« –

»Früher, o Herr, sind allerseits, nach verbrachter Regenzeit, die Mönche hergekommen, den Vollendeten zu sehn: da war uns gegönnt, geistgewaltige Mönche zu sehn, gegönnt an ihrer Seite zu weilen. Nach dem Verscheiden, o Herr, des Erhabenen wird uns nun nicht mehr gegönnt sein geistgewaltige Mönche zu sehn, nicht gegönnt sein an ihrer Seite zu weilen!«

»Vier Stätten sind es, Ānando, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag: und welche vier? ›Hier ist der Vollendete geboren‹: das ist, Ānando, eine Stätte, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag. ›Hier ist der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht‹: das ist, Ānando, eine Stätte, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag. ›Hier hat der Vollendete das unvergleichliche Reich der Wahrheit dargestellt‹: das ist, Ānando, eine Stätte, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag. ›Hier ist der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen gekommen‹: das ist, Ānando, eine Stätte, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag. Das sind, Ānando, vier Stätten, die ein edler Sohn, der Zutrauen hat, wohl aufsuchen mag, wohl auf sich wirken lassen mag. – Herankommen werden, Ānando, aus Zutrauen Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinnen, gedenkend: ›Hier ist der Vollendete geboren454‹; gedenkend: ›Hier ist der Vollendete in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht‹; gedenkend: ›Hier hat der Vollendete das unvergleichliche Reich der Wahrheit dargestellt‹; gedenkend: ›Hier ist der Vollendete in der ohne Hangen verbliebenen Art der Erlöschung zu erlöschen gekommen.‹ Die aber da, Ānando, nach den Denkmalen wandernd wallfahrten und mit heiter gewordenem Herzen sterben werden, die werden alle, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte geraten, in himmlische Welt einkehren.« –

[280] »Wie sollen wir, o Herr, mit den Weibern uns verhalten?«

»Nicht sehn, Ānando.«

»Und wenn, Erhabener, gesehn, soll man sich wie verhalten?«

»Nicht ansprechen, Ānando.«

»Wenn aber eins anspricht, o Herr, soll man sich wie verhalten455

»Einsicht, Ānando, bewahren.« –


»Wie sollen wir, o Herr, mit dem Leichnam des Vollendeten uns betragen?«

»Nicht sollt ihr, Ānando, beschäftigt sein mit des Vollendeten Leichenfeier: laßt euch nur lieber, Ānando, am eigenen Heile gelegen sein, am eigenen Heile weiterschaffen, am eigenen Heile unermüdlich, in heißem, innigem Ernste arbeiten. Es gibt, Ānando, weise Fürsten, auch weise Priester, auch weise Bürger, die dem Vollendeten freundlich ergeben sind: die werden dem Vollendeten die Leichenfeier entrichten.«

»Wie aber, o Herr, hat man mit dem Leichnam des Vollendeten zu verfahren?«

»Wie man, Ānando, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit dem Leichnam des Vollendeten zu verfahren456

»Und wie geht man, o Herr, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs um?«

»Den Leichnam, Ānando, eines Kaiserkönigs umwindet man mit ungebrauchtem Linnen; mit ungebrauchtem Linnen umwunden umwindet man ihn mit ausgefaserter Baumwolle; mit ausgefaserter Baumwolle umwunden umwindet man ihn mit ungebrauchtem Linnen: hat man auf diese Weise den Leichnam des Kaiserkönigs fünfhundertmal doppelt umwunden, so versenkt man ihn in eine eherne Truhe mit Öl, verschließt sie mit ehernem Deckel457, schichtet einen Scheiterhaufen aus allen würzigen Hölzern zusammen und läßt den Leichnam des Kaiserkönigs in Flammen aufgehn, errichtet wo vier Straßen sich kreuzen dem Kaiserkönig ein Kuppelmal458. Also geht man, Ānando, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs um. Wie man nun, Ānando, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit dem Leichnam des Vollendeten umzugehn, wo vier Straßen sich kreuzen dem Vollendeten ein Kuppelmal zu errichten. Die aber etwa dort einen Kranz oder eine Blume oder Sandel niederlegen, oder einen Gruß darbringen, oder das Herz heiter zuwenden werden, denen wird das langehin zur Freude, zum Wohle gereichen459.

Vier sind es, Ānando, denen ein Kuppelmal gebührt: und welche vier? Einem Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten gebührt ein Kuppelmal, einem einzeln Erwachten460 gebührt ein Kuppelmal, einem Jünger des Vollendeten gebührt ein Kuppelmal, einem Kaiserkönige gebührt ein Kuppelmal.[281] Was für ein Umstand, Ānando, begründet es aber, daß einem Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten ein Kuppelmal gebührt? ›Das ist das Kuppelmal jenes Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erwachten‹: so wenden, Ānando, viele Leute das Herz heiter zu; und haben sie dort das Herz heiter zugewandt, so gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in himmlische Welt. Das ist, Ānando, ein Umstand, der es begründet, daß einem Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten ein Kuppelmal gebührt. Was für ein Umstand, Ānando, begründet es aber, daß einem einzeln Erwachten ein Kuppelmal gebührt? ›Das ist das Kuppelmal jenes einzeln Erwachten461‹: so wenden, Ānando, viele Leute das Herz heiter zu; und haben sie dort das Herz heiter zugewandt, so gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in himmlische Welt. Das ist, Ānando, ein Umstand, der es begründet, daß einem einzeln Erwachten ein Kuppelmal gebührt. Was für ein Umstand, Ānando, begründet es aber, daß einem Jünger des Vollendeten ein Kuppelmal gebührt? ›Das ist das Kuppelmal des Jüngers jenes Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erwachten‹: so wenden, Ānando, viele Leute das Herz heiter zu; und haben sie dort das Herz heiter zugewandt, so gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in himmlische Welt. Das ist, Ānando, ein Umstand, der es begründet, daß einem Jünger des Vollendeten ein Kuppelmal gebührt. Was für ein Umstand, Ānando, begründet es aber, daß einem Kaiserkönige ein Kuppelmal gebührt? ›Das ist das Kuppelmal jenes gerechten, wahrhaftigen Königs‹: so wenden, Ānando, viele Leute das Herz heiter zu; und haben sie dort das Herz heiter zugewandt, so gelangen sie, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur Einkehr in himmlische Welt. Das ist, Ānando, ein Umstand, der es begründet, daß einem Kaiserkönige ein Kuppelmal gebührt. Das sind, Ānando, die Vier, denen ein Kuppelmal gebührt.«


Da hat nun der ehrwürdige Ānando das Schutzhaus betreten, den Türkopf umklammert und ist weinend gestanden: ›Wie muß ich kämpfen, ach, muß da noch ringen: und es geht mir der Meister nun zur Erlöschung hin, der sich meiner erbarmte462!‹ Alsbald aber wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Wo ist wohl, ihr Mönche, Ānando?«

»Es ist, o Herr, der ehrwürdige Ānando in das Schutzhaus getreten; den Türkopf umklammernd steht er weinend daran: ›Wie muß ich kämpfen, ach, muß da noch ringen: und es geht mir der Meister nun zur Erlöschung hin, der sich meiner erbarmte!‹«

Da hat der Erhabene einen der Mönche beauftragt:

[282] »Gehe du, Mönch, und sag' in meinem Namen zu Ānando: ›Der Meister läßt dich, Bruder Ānando, rufen.‹«

»Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam jener Mönch zum Erhabenen; und er begab sich zum ehrwürdigen Ānando hin und sprach also: »Der Meister läßt dich, Bruder Ānando, rufen.«

»Ich komme, Bruder«, entgegnete der ehrwürdige Ānando jenem Mönche; und er kam zum Erhabenen heran, verbeugte sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. Zum ehrwürdigen Ānando, der da beiseite saß, sprach nun der Erhabene also:

»Genug, Ānando, sei nicht traurig, lasse die Klage: hab' ich denn das, Ānando, nicht vorher schon verkündet, daß eben alles, was einem lieb und angenehm ist, verschieden werden, aus werden, anders werden muß? Woher könnte das hier, Ānando, erlangt werden, daß was geboren, geworden, zusammengesetzt, dem Verfall unterworfen ist, da doch nicht verfallen sollte: das gibt es nicht. Lange hindurch hast du, Ānando, dem Vollendeten mit liebevoller Tat gedient, freundlich, zartfühlend, unverhohlen, unbegrenzt, mit liebevollem Worte gedient, mit liebevollem Geiste gedient, freundlich, zartfühlend, unverhohlen, unbegrenzt. Gutes getan hast du, Ānando; schaffe rüstig weiter: bald wirst du frei vom Wahne sein.«

Dann wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Die da einst, ihr Mönche, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, auch jene Erhabenen hatten nur solche unübertreffliche Aufwärter, wie es Ānando bei mir war. Und die einst, ihr Mönche, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, auch jene Erhabenen werden nur solche unübertreffliche Aufwärter haben, wie es Ānando bei mir war. Klug ist, ihr Mönche, Ānando, er weiß: das ist die Zeit den Vollendeten besuchen zu gehn für die Mönche, das ist die Zeit für die Nonnen, das ist die Zeit für die Anhänger, das ist die Zeit für die Anhängerinnen, das ist die Zeit für den König und königliche Würdenträger, das ist die Zeit für Büßer und Büßergefolge.

Vier Dinge, ihr Mönche, erstaunlich und ungewöhnlich, finden sich bei Ānando: und welche vier? Wenn da, ihr Mönche, eine Versammlung von Mönchen Ānando besuchen geht, gereicht ihr sein Anblick zur Freude; wenn dann Ānando die Lehre vorträgt, gereicht ihr auch sein Vortrag zur Freude; und immer noch lauschen, ihr Mönche, würde die Versammlung der Mönche: aber Ānando hat beendet463. Wenn da, ihr Mönche, eine Versammlung von Nonnen, eine Versammlung von Anhängern, eine Versammlung von Anhängerinnen Ānando besuchen geht, gereicht ihr sein Anblick zur Freude; wenn dann Ānando die Lehre vorträgt, gereicht ihr auch sein Vortrag zur Freude; und immer noch lauschen, ihr Mönche, würde so eine Versammlung: [283] aber Ānando hat beendet. Das sind, ihr Mönche, vier erstaunliche, ungewöhnliche Dinge, die sich bei Ānando finden.

Vier Dinge, ihr Mönche, erstaunlich und ungewöhnlich, finden sich bei einem Kaiserkönige: und welche vier? Wenn da, ihr Mönche, eine Versammlung von Kriegern den Kaiserkönig besuchen geht, gereicht ihr sein Anblick zur Freude; wenn dann der Kaiserkönig zu reden anhebt, gereicht ihr auch seine Rede zur Freude; und immer noch lauschen, ihr Mönche, würde die Versammlung der Krieger: aber der Kaiserkönig hat beendet. Wenn da, ihr Mönche, eine Versammlung von Priestern, eine Versammlung von Bürgern, eine Versammlung von Asketen den Kaiserkönig besuchen geht, gereicht ihr sein Anblick zur Freude; wenn dann der Kaiserkönig zu reden anhebt, gereicht ihr auch seine Rede zur Freude; und immer noch lauschen, ihr Mönche, würde so eine Versammlung: aber der Kaiserkönig hat beendet. Ebenso nun auch, ihr Mönche, finden sich bei Ānando diese vier Dinge, die erstaunlich und ungewöhnlich sind.«

Nach diesen Worten sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also:

»Möge, o Herr, der Erhabene nicht an diesem unbedeutenden Orte, der in der Wildnis gelegen ist, bei der kleinen Landstadt zur Erlöschung eingehn! Es gibt, o Herr, andere, große Städte, als wie etwa Campā, Rājagaham, Sāvatthī, Sāketam, Kosambī, Benāres464: dort geruhe der Erhabene erlöschen zu wollen, dort sind viele hochmögende Fürsten, hochmögende Priester, hochmögende Bürger dem Vollendeten freundlich ergeben, die werden dem Vollendeten die Leichenfeier entrichten.«

»Sage das nicht, Ānando, sage das nicht, Ānando: ein unbedeutender Ort, in der Wildnis gelegen, eine kleine Landstadt. Es war einmal, Ānando, ein König gewesen, ›Der große Herrliche‹ genannt, ein Kaiserkönig, ein gerechter und wahrer Herrscher, ein Sieger bis zur Mark der See, der seinem Reiche Sicherheit schuf, mit den sieben Juwelen begabt war. Diesem König, Ānando, dem großen Herrlichen, war da Kusinārā, Kusāvatī geheißen, zur Königsburg eigen, ein Stadtgebiet von Osten nach Westen zwölf Meilen in die Länge, von Norden nach Süden sieben Meilen in die Breite465. Kusāvatī, Ānando, die Königsburg, war mächtig emporgediehen, volkreich, von Menschen durchströmt, voller Überfluß. Gleichwie etwa, Ānando, bei den Göttern Ālakamandā, wie man sagte, die Königsburg, mächtig emporgediehen war, volkreich, von Geistern durchströmt, voller Überfluß466: ebenso auch nun, Ānando, war Kusāvatī die Königsburg mächtig emporgediehen, volkreich, von Menschen durchströmt, voller Überfluß. Kusāvatī, Ānando, die Königsburg, wurde vor zehnfachem Lärmen nicht ruhig, weder bei Tag noch bei Nacht, und zwar vom Trompeten der Elefanten, vom Wiehern der Rosse, vom Rasseln [284] der Wagen, von Paukenschall und Trommelwirbel, von Lautengefiedel und Liedergesang, von lustigem Schreien und Händeklatschen und dem Rufe ›Ergetzet euch, trinket und esset‹ als zehntem Lärm. – Geh' hin, Ānando, nach Kusinārā steige hinauf, und bringe den kusinārischen Mallern die Botschaft: ›Heute, ihr Vāseṭṭher467, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn. Schreitet herbei, Vāseṭṭher, schreitet herbei, Vāseṭṭher, auf daß ihr später nicht Reue empfindet: »Bei uns, in unserem Feldbereich, ist der Vollendete zur Erlöschung eingegangen – und wir haben in der letzten Stunde den Vollendeten nicht zu sehn bekommen.«‹«

»Wohl, o Herr«, sagte gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen; und er rüstete sich, nahm Mantel und Schale und stieg ohne Gefährten nach Kusinārā hinauf468.

Um diese Zeit nun waren die kusinārischen Maller im Herrenhause versammelt, irgendeiner Angelegenheit wegen. Da begab sich denn der ehrwürdige Ānando nach dem Herrenhause der kusinārischen Maller hin. Dort angelangt brachte er den kusinārischen Mallern die Botschaft:

»Heute, ihr Vāseṭṭher, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Vollendete zur Erlöschung eingehn. Schreitet herbei, Vāseṭṭher, schreitet herbei, Vāseṭṭher, auf daß ihr später nicht Reue empfindet: ›Bei uns, in unserem Feldbereich, ist der Vollendete zur Erlöschung eingegangen – und wir haben in der letzten Stunde den Vollendeten nicht zu sehn bekommen.‹«

Auf diese Meldung des ehrwürdigen Ānando wurden die Maller und die Söhne der Maller, die mallischen Frauen und die mallischen Mütter betroffen, betrübt, von geistigem Schmerze erfüllt: und manche rauften sich klagend das Haar, rangen klagend die Hände, stürzten hin wie gebrochenen Fußes, schwankten heran und schwankten hinweg: ›Allzu bald wird der Erhabene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird der Willkommene zur Erlöschung eingehn, allzu bald wird das Auge der Welt dahingeschwunden sein469!‹


Da sind denn die Maller und die Söhne der Maller, die mallischen Frauen und die mallischen Mütter, betroffen, betrübt, von geistigem Schmerze erfüllt, in die Landschaft hinabgezogen, nach dem Kronwalde der Maller, zum ehrwürdigen Ānando haben sie sich hinbegeben.

Aber der ehrwürdige Ānando sagte sich nun:

›Wenn ich die kusinārischen Maller je einzeln vor den Erhabenen zum Gruße hinführte, würde ja der Erhabene unbegrüßt von den kusinārischen Mallern bleiben, weil diese Nacht damit verbraucht würde470; wie, wenn ich nun die kusinārischen Maller von Stamm zu Stamm abgeteilt zum Gruße vor den Erhabenen hintreten ließe: »Der Maller so und so benannt, o Herr, [285] kommt mit Kind und Gattin, Sippe und Gesinde zu Füßen des Erhabenen sich verbeugen«‹471.

So hat denn der ehrwürdige Ānando die kusinārischen Maller von Stamm zu Stamm abgeteilt zum Gruße vor den Erhabenen hintreten lassen:

»Der Maller so und so benannt, o Herr, kommt mit Kind und Gattin, Sippe und Gesinde zu Füßen des Erhabenen sich verbeugen.«

Auf diese Weise hatte nun der ehrwürdige Ānando schon in den ersten Stunden der Nacht die kusinārischen Maller den Erhabenen begrüßen lassen.


Zur damaligen Zeit war aber ein Pilger, Subhaddo mit Namen, in Kusinārā eingetroffen. Es hörte nun Subhaddo der Pilger reden: ›Heute noch, heißt es, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Erlöschung eingehn!‹ Und Subhaddo der Pilger begann da nachzudenken: ›Sagen hab' ich ja wohl hören davon, bei den altgewordenen, hochbejahrten Pilgern, bei den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: »Selten doch nur, irgend ein mal, erscheinen Vollendete in der Welt, Heilige, vollkommen Erwachte.« Heute aber, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Erlöschung eingehn. Nun ist mir da ein Zweifel über eine Sache aufgestiegen, und ich habe das Vertrauen zum Asketen Gotamo, der Asket Gotamo vermöchte mir die Satzung soweit aufzuweisen, daß ich da den Zweifel über jene Sache verlieren könnte.‹ Alsbald nun begab sich Subhaddo der Pilger auf das Land hinaus, nach dem Kronwalde der Maller, wo der ehrwürdige Ānando weilte, dahin schritt er. Dort angelangt sprach er zum ehrwürdigen Ānando also:

»Sagen hab' ich hören, werter Ānando, bei den altgewordenen, hochbejahrten Pilgern, bei den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Selten doch nur, irgend einmal, erscheinen Vollendete in der Welt, Heilige, vollkommen Erwachte472.‹ Heute aber, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Erlöschung eingehn. Nun ist mir da ein Zweifel über eine Sache aufgestiegen, und ich habe das Vertrauen zum Asketen Gotamo, der Asket Gotamo vermöchte mir die Satzung soweit aufzuweisen, daß ich da den Zweifel über jene Sache verlieren könnte. Vielleicht darf es mir, werter Ānando, vergönnt sein den Asketen Gotamo zu sehn.«

Also angesprochen sagte der ehrwürdige Ānando zu Subhaddo dem Pilger:

»Genug, Bruder Subhaddo: laß' den Vollendeten ungeplagt, müde geworden ist der Erhabene.«

Aber ein zweites Mal, und ein drittes Mal wandte sich Subhaddo der Pilger an den ehrwürdigen Ānando mit den Worten:

[286] »Sagen hab' ich hören, werter Ānando, bei den altgewordenen, hochbejahrten Pilgern, bei den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Selten doch nur, irgend einmal, erscheinen Vollendete in der Welt, Heilige, vollkommen Erwachte.‹ Heute aber, in den letzten Stunden der Nacht, wird der Asket Gotamo zur Erlöschung eingehn. Nun ist mir da ein Zweifel über eine Sache aufgestiegen, und ich habe das Vertrauen zum Asketen Gotamo, der Asket Gotamo vermöchte mir die Satzung soweit aufzuweisen, daß ich da den Zweifel über jene Sache verlieren könnte. Vielleicht darf es mir, werter Ānando, vergönnt sein den Asketen Gotamo zu sehn.«

Zum drittenmal aber sagte da der ehrwürdige Ānando zu Subhaddo dem Pilger:

»Genug, Bruder Subhaddo: laß' den Vollendeten ungeplagt, müde geworden ist der Erhabene.«

Es hörte nun der Erhabene diese Unterredung des ehrwürdigen Ānando mit Subhaddo dem Pilger. Da wandte sich denn der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Genug, Ānando, wehre Subhaddo nicht ab: es soll, Ānando, Subhaddo vergönnt sein den Vollendeten zu sehn473. Was auch immer Subhaddo mich fragen wird, all das wird er mich nur aus Wißbegier fragen, und nicht um mit mir zu streiten: und was ich so gefragt antworten werde, das wird er gar bald verstehn.«

Da hat nun der ehrwürdige Ānando zu Subhaddo dem Pilger gesagt:

»Komm', Bruder Subhaddo: der Erhabene gibt dir Gehör.«

Da ist denn Subhaddo der Pilger vor den Erhabenen hingetreten, hat nach höflichem Gruße mit dem Erhabenen freundliche, denkwürdige Worte gewechselt und beiseite sich niedergesetzt. Beiseite sitzend hat dann Subhaddo der Pilger zum Erhabenen also gesprochen:

»Die da, o Gotamo, Asketen und Priester sind, von zahlreichen Jüngern umschart, Häupter der Schulen, bekannte, gefeierte Bahnbrecher, die viel bei den Leuten gelten, als wie etwa Pūraṇo Kassapo, Makkhali Gosālo, Ajito Kesakambalo, Pakudho Kaccāyano, Sañjayo Belaṭṭhaputto, Nigaṇṭho Nāthaputto: haben alle die, wie ein jeder versichert, verstanden, oder haben alle eben nichts verstanden? Oder aber haben die einen verstanden, und die anderen nichts verstanden474

»Genug, Subhaddo, laß' es gut sein, ob alle die, wie ein jeder versichert, verstanden haben, oder ob alle eben nichts verstanden haben, oder ob etwa die einen verstanden haben, und die anderen nichts verstanden haben. Die Satzung, Subhaddo, werd' ich dir aufweisen: höre zu und achte wohl auf meine Rede.«

[287] »Gewiß, o Herr«, sagte da aufmerksam Subhaddo der Pilger zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Wo da, Subhaddo, in einer Lehre und Zucht der heilige achtfältige Weg nicht zu finden ist, da ist auch der Asketenstand nicht zu finden, da ist auch der zweite Asketenstand nicht zu finden, da ist auch der dritte Asketenstand nicht zu finden, da ist auch der vierte Asketenstand nicht zu finden. Wo aber da, Subhaddo, in einer Lehre und Zucht der heilige achtfältige Weg zu finden ist, da ist auch der Asketenstand zu finden, da ist auch der zweite Asketenstand zu finden, da ist auch der dritte Asketenstand zu finden, da ist auch der vierte Asketenstand zu finden. Da ist nun, Subhaddo, in dieser Lehre und Zucht der heilige achtfältige Weg zu finden, und eben hier, Subhaddo, der Asketenstand, hier der zweite Asketenstand, hier der dritte Asketenstand, hier der vierte Asketenstand, ohne Verlangen nach Zank und Streit mit anderen Asketen475. Wenn nun, Subhaddo, diese Mönche im Rechten verblieben, würde die Welt nicht leer an Heiligen.


Ein Jahr bevor ich dreißig war, Subhaddo,

Gepilgert bin ich fort um Heil zu suchen:

Der Jahre sind es fünfzig und darüber,

Seitdem ich als ein Pilger bin gewandert,

Die echte Satzung Ort um Ort erweisend;

Auf andre Art Asket noch sein, das geht nicht476.


Und geht nicht als zweiter Asket, und geht nicht als dritter Asket, und geht nicht als vierter Asket, ohne Verlangen nach Zank und Streit mit anderen Asketen. Wenn nun, Subhaddo, diese Mönche im Rechten verblieben, würde die Welt nicht leer an Heiligen.«

Nach diesen Worten hat Subhaddo der Pilger zum Erhabenen also gesprochen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsternis hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe erteilen!«

»Wer da, Subhaddo, erst einem anderen Orden angehört hat und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht [288] in das Mönchtum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren477

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchtum, so will ich vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchtum.«

Da wandte sich denn der Erhabene an den ehrwürdigen Ānando:

»Wohlan, Ānando, so nehmt Subhaddo den Pilger auf478

»Gern, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen. Aber Subhaddo der Pilger sprach nun also zum ehrwürdigen Ānando:

»Gesegnet bist du, Bruder Ānando, hochgesegnet bist du, Bruder Ānando, der du hier im Angesichte des Meisters mit gesalbter Nähe gesalbt bist479

Es wurde Subhaddo der Pilger beim Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Subhaddo in den Orden aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketentums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Subhaddo der Heiligen geworden.

Er ist des Erhabenen letzter persönliche Jünger gewesen.

Ende des fünften Berichtes


Da hat nun der Erhabene sich an den ehrwürdigen Ānando gewandt:

»Es mag wohl sein, Ānando, daß ihr etwa gedächtet: ›Dahin ist die Unterweisung des Meisters, wir haben keinen Meister mehr.‹ Doch man darf das, Ānando, nicht also ansehn. Was ich euch, Ānando, als Lehre und als Zucht aufgewiesen und angegeben habe, das ist nach meinem Verscheiden euer Meister.[289] Wie aber nun, Ānando, die Mönche jetzt einer den anderen mit dem Worte Bruder ansprechen, so soll es nicht mehr nach meinem Verscheiden von euch gehalten sein. Von einem älteren Mönche, Ānando, ist ein jüngerer Mönch mit dem Vornamen oder dem Zunamen oder mit dem Bruderworte anzusprechen, von einem jüngeren Mönche soll ein älterer Mönch als Herr oder als Ehrwürdiger angesprochen werden. Wenn man es verlangt, Ānando, soll die Jüngerschaft nach meinem Verscheiden die minderen Verordnungen und was damit zusammenhängt aufheben. – Über Channo, Ānando, den Mönch, ist nach meinem Verscheiden die geistliche Strafe zu verhängen480

»Was ist das aber, o Herr, die geistliche Strafe?«

»Channo, Ānando, der Mönch, mag sagen was ihm beliebt und soll da von den Mönchen weder angeredet noch ermahnt und zurechtgewiesen werden481

Und nun wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Es mag wohl, ihr Mönche, wenn auch nur ein Mönch vielleicht in Zweifel oder in Bedenken sein über den Erwachten oder über die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über den Weg oder über die Schritte; fragt nur, ihr Mönche, auf daß ihr später nicht Reue empfindet: ›Vor Augen gewesen war uns der Meister, und wir vermochten nicht den Erhabenen von Angesicht zu fragen.‹«

Also gemahnt blieben jene Mönche still.

Aber ein zweites Mal, und ein drittes Mal wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Es mag wohl, ihr Mönche, wenn auch nur ein Mönch vielleicht in Zweifel oder in Bedenken sein über den Erwachten oder über die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über den Weg oder über die Schritte; fragt nur, ihr Mönche, auf daß ihr später nicht Reue empfindet: ›Vor Augen gewesen war uns der Meister, und wir vermochten nicht den Erhabenen von Angesicht zu fragen.‹«

Zum drittenmal aber blieben jene Mönche still. Und der Erhabene wandte sich nun an die Mönche:

»Es könnte wohl sein, ihr Mönche, daß ihr etwa aus Ehrfurcht vor dem Meister nicht fragen möchtet; so soll es der Freund, ihr Mönche, dem Freunde vermelden.«

Also gemahnt blieben jene Mönche still. Da hat nun der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen also gesprochen:

»Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr! Solchen Glauben hab' ich, o Herr, zu dieser Jüngerschar: es gibt in dieser Jüngerschar auch nicht einen Mönch, der in Zweifel oder in Bedenken wäre über den Erwachten oder über die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über den Weg oder über die Schritte.«

[290] »Aus Glauben hast du, Ānando, gesprochen: Wissen aber hat eben hier, Ānando, der Vollendete: es gibt in dieser Jüngerschar auch nicht einen Mönch, der in Zweifel oder in Bedenken wäre über den Erwachten oder über die Lehre oder über die Jüngerschaft oder über den Weg oder über die Schritte482. Denn wer auch, Ānando, unter diesen fünfhundert Mönchen der geringste sei: er ist zur Hörerschaft gelangt, dem Verderben entronnen, eilt zielbewußt der vollen Erwachung entgegen.«

Dann hat nun der Erhabene sich an die Mönche gewandt:

»Wohlan denn, ihr Mönche, laßt euch gesagt sein: schwinden muß jede Erscheinung, unermüdlich mögt ihr da kämpfen.«

Das war des Vollendeten letztes Wort.

Da ist denn der Erhabene in die erste Schauung eingegangen, aus der ersten Schauung emporgekommen in die zweite Schauung eingegangen, aus der zweiten Schauung emporgekommen in die dritte Schauung eingegangen, aus der dritten Schauung emporgekommen in die vierte Schauung eingegangen, aus der vierten Schauung emporgekommen in das Reich des unbegrenzten Raumes eingegangen, aus dem Bereiche des unbegrenzten Raumes emporgekommen in das Reich des unbegrenzten Bewußtseins eingegangen, aus dem Bereiche des unbegrenzten Bewußtseins emporgekommen in das Reich des Nichtdaseins eingegangen, aus dem Bereiche des Nichtdaseins emporgekommen in das Reich der Grenze möglicher Wahrnehmung eingegangen, aus dem Bereiche der Grenzscheide möglicher Wahrnehmung emporgekommen in die Auflösung der Wahrnehmbarkeit ein gegangen.

Alsbald aber hat der ehrwürdige Ānando zum ehrwürdigen Anuruddho gesagt:

»Zur Erlöschung gekommen, o Herr, ist der Erhabene483

»Nicht, Bruder Ānando, ist der Erhabene zur Erlöschung gekommen, ist in die Auflösung der Wahrnehmbarkeit eingegangen.«

Da ist denn der Erhabene aus dem Bereiche der aufgelösten Wahrnehmbarkeit emporgekommen in das Reich der Grenze möglicher Wahrnehmung eingegangen, aus dem Bereiche der Grenzscheide möglicher Wahrnehmung emporgekommen in das Reich des Nichtdaseins eingegangen, aus dem Bereiche des Nichtdaseins emporgekommen in das Reich des unbegrenzten Bewußtseins eingegangen, aus dem Bereiche des unbegrenzten Bewußtseins emporgekommen in das Reich des unbegrenzten Raumes eingegangen, aus dem Bereiche des unbegrenzten Raumes emporgekommen in die vierte Schauung eingegangen, aus der vierten Schauung emporgekommen in die dritte Schauung eingegangen, aus der dritten Schauung emporgekommen in die zweite Schauung eingegangen, aus der zweiten Schauung emporgekommen in die erste Schauung eingegangen, aus der ersten Schauung emporgekommen [291] in die zweite Schauung eingegangen, aus der zweiten Schauung emporgekommen in die dritte Schauung eingegangen, aus der dritten Schauung emporgekommen in die vierte Schauung eingegangen, aus der vierten Schauung emporgekommen ist der Erhabene ganz unmittelbar erloschen.


Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit der Erlöschung, war ein gewaltiges Zittern über die Erde gegangen, ein Erschauern und ein Erschaudern, und der Wolken rollende Donner dröhnten dahin.

Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit der Erlöschung, hat Brahmā der Mächtige Herr484 diesen Sangspruch gesagt:


»Gleich gilt es allen in der Welt:

Geworden, muß der Leib zergehn,

Sogar bei solchem Meister hier,

Erhaben wie kein andrer je,

Vollendet, in erworbner Kraft,

Erwacht, und nun erloschen hin485


Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit der Erlöschung, hat Sakko der Götter König diesen Sangspruch gesagt:


»Vergänglich ist ja was erscheint,

Nur Werden zum Gewesensein:

Entstanden muß es untergehn;

Ist Ruhe, reicht es selig aus486


Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit der Erlöschung, hat der ehrwürdige Anuruddho diese Sangsprüche gesagt:


»Kein Atem zog mehr ein und aus:

Vollendet, innig still gestaut,

Unregbar, friedsam eingekehrt,

Gestorben ist der Denker so.


Der ungebrochen, ungebeugt,

Die Todesqual erduldet hat:

Gleichwie die Lampe sanft erlischt,

Hat sanft sein Geist sich aufgelöst487


Als der Erhabene erloschen war, zugleich mit der Erlöschung, hat der ehrwürdige Ānando diesen Sangspruch gesagt:


[292] »Es war ein Schauern um mich her,

Es ging ein Schaudern durch die Welt,

Als herrlich allzumal vollbracht

Der Auferwachte da verlosch488


Als der Erhabene erloschen war, haben da gar manche Mönche, von Verlangen nicht genesen, die Hände klagend gerungen, sind wie gebrochenen Fußes hingestürzt, herangeschwankt und hinweggeschwankt489: ›Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt dahingeschwunden!‹ Die aber da Mönche waren von Verlangen genesen, die haben hierbei klar bewußt ausgeharrt: ›Erscheinung vergeht – wie wär's auch anders möglich490.‹

Da hat nun der ehrwürdige Anuruddho sich an die Mönche gewandt:

»Genug, ihr Brüder, seid nicht traurig, lasset die Klage: hat denn das nicht, ihr Brüder, der Erhabene vorher schon verkündet, daß eben alles, was einem lieb und angenehm ist, verschieden werden, aus werden, anders werden muß? Woher könnte das hier, ihr Brüder, erlangt werden, daß was geboren, geworden, zusammengesetzt, dem Verfall unterworfen ist, da doch nicht verfallen sollte: das gibt es nicht. Gottheiten, ihr Brüder, seufzen da auf.«

»Wie beschaffen aber, o Herr, sind die Gottheiten, die der ehrwürdige Anuruddho im Geiste bemerkt?«

»Es sind, Bruder Ānando, Gottheiten im Raume mit irdischen Gedanken, die raufen sich klagend das Haar, ringen klagend die Hände, wie gebrochenen Fußes stürzen sie nieder, schwanken heran und schwanken hinweg: ›Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt dahingeschwunden!‹ Es sind, Bruder Ānando, Gottheiten auf der Erde mit irdischen Gedanken, die raufen sich klagend das Haar, ringen klagend die Hände, wie gebrochenen Fußes stürzen sie nieder, schwanken heran und schwanken hinweg: ›Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt dahingeschwunden!‹ Die aber da Gottheiten sind von Verlangen genesen, die harren hierbei klar bewußt aus: ›Erscheinung vergeht – wie wär's auch anders möglich.‹«

Dann hat nun der ehrwürdige Anuruddho mit dem ehrwürdigen Ānando den Rest dieser Nacht im Gespräche über die Lehre zugebracht. Daraufhin aber wandte sich der ehrwürdige Anuruddho an den ehrwürdigen Ānando:

»Geh' hin, Bruder Ānando, nach Kusinārā steige hinauf, und bringe den kusinārischen Mallern die Botschaft: ›Zu erlöschen gekommen, Vāseṭṭher, ist der Erhabene: wie es euch nun belieben mag.‹«

[293] »Wohl, o Herr«, sagte da gehorsam der ehrwürdige Ānando zum ehrwürdigen Anuruddho. Und er rüstete sich frühmorgens, nahm Mantel und Schale und stieg ohne Gefährten nach Kusinārā hinauf491.

Zu der Zeit nun waren die kusinārischen Maller im Herrenhause versammelt, um ebendieser Angelegenheit willen. Da begab sich denn der ehrwürdige Ānando nach dem Herrenhause der kusinārischen Maller hin. Dort angelangt brachte er den kusinārischen Mallern die Botschaft:

»Zu erlöschen gekommen, Vāseṭṭher, ist der Erhabene: wie es euch nun belieben mag492

Auf diese Meldung des ehrwürdigen Ānando wurden die Maller und die Söhne der Maller, die mallischen Frauen und die mallischen Mütter betroffen, betrübt, von geistigem Schmerze erfüllt: und manche rauften sich klagend das Haar, rangen klagend die Hände, stürzten hin wie gebrochenen Fußes, schwankten heran und schwankten hinweg: ›Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt dahingeschwunden!‹

Alsbald nun haben die kusinārischen Maller ihren Leuten befohlen:

»So macht euch nur eilig auf und laßt in Kusinārā Blumen, Weihrauch und die ganze festliche Ausrüstung herrichten.«

Da sind denn die kusinārischen Maller mit Blumen, Weihrauch und der ganzen festlichen Ausrüstung, samt fünfhundert doppelten Tüchern, in die Landschaft hinabgezogen, nach dem Kronwalde der Maller, wo des Erhabenen Leichnam war, haben sie sich hinbegeben. Dort angelangt haben sie dem Leichnam des Erhabenen mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt, haben Wimpel und flatternde Fahnen aufgewunden, Gezelte und Baldachine errichtet und also diesen Tag zugebracht. So haben denn die kusinārischen Maller sich gesagt:

»Zu spät ist's heute geworden, den Leichnam des Erhabenen zu verbrennen: morgen dann werden wir den Leichnam des Erhabenen verbrennen lassen.«

Nun haben da die kusinārischen Maller, dem Leichnam des Erhabenen mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit Weihrauch und Blumen huldigend, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugend, Wimpel und flatternde Fahnen aufwindend, Gezelte und Baldachine errichtend, auch den zweiten Tag damit zugebracht; auch den dritten, vierten und fünften Tag, auch den sechsten Tag damit zugebracht. Am siebenten Tag aber haben sich die kusinārischen Maller dann gesagt493:

»Wir haben dem Leichnam des Erhabenen mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und [294] Verehrung bezeugt: wir werden den Leichnam des Erhabenen von Süden durch die untere Seite der Stadt führen und über die äußere Seite herum und gegen Süden der Stadt verbrennen.«

Eben um diese Zeit nun waren acht Maller aus den ersten Geschlechtern über den Scheitel gebadet worden, in ungebrauchte Gewänder gekleidet494. Die sagten: ›Wir werden den Leichnam des Erhabenen empornehmen‹: aber sie vermochten nicht anzuheben. Da haben denn die kusinārischen Maller den ehrwürdigen Anuruddho gefragt:

»Was ist wohl, Herr Anuruddho, der Anlaß, was ist der Umstand, daß diese acht Maller aus den ersten Geschlechtern, die über den Scheitel gebadet worden, in ungebrauchte Gewänder gekleidet sind, wie sie da den Leichnam des Erhabenen empornehmen wollen, nicht imstande sind anzuheben495

»Anders ist, ihr Vāseṭṭher, bei euch die Absicht, anders die Absicht bei den Gottheiten.«

»Wie aber ist, o Herr, bei den Gottheiten die Absicht?«

»Ihr habt, Vāseṭṭher, die Absicht: ›Wir werden, nachdem wir dem Leichnam des Erhabenen mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt haben, von Süden durch die untere Seite der Stadt den Leichnam des Erhabenen führen und über die äußere Seite herumgelangt gegen Süden der Stadt verbrennen.‹ Die Gottheiten haben, Vāseṭṭher, die Absicht: ›Wir werden, nachdem wir dem Leichnam des Erhabenen mit himmlischem Tanz und Gesang und Musikspiel, Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt haben, von Norden durch die obere Seite der Stadt den Leichnam des Erhabenen führen, durch das nördliche Tor gelangt in der Mitte durch die mittlere Stadt führen, durch das östliche Tor hinausziehn und gegen Osten der Stadt, am Giebeldamm, wie der Ringwall dort heißt, verbrennen496.‹«

»Wie es, o Herr, der Gottheiten Absicht ist, so soll es sein.«

Gerade zu der Zeit aber war Kusinārā bis an den Rinnstein samt Müll- und Kehrichthaufen beinahe kniehoch mit Korallenbaumblüten überstreut worden. Da haben denn die Gottheiten und die kusinārischen Maller dem Leichnam des Erhabenen mit himmlischem und mit irdischem Tanz und Gesang und Musikspiel, Weihrauch und Blumen gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt, von Norden durch die obere Seite der Stadt den Leichnam des Erhabenen geführt, durch das nördliche Tor gelangt in der Mitte durch die mittlere Stadt geführt, sind durch das östliche Tor hinausgezogen und haben gegen Osten der Stadt, am Giebeldamm, wie der Ringwall dort heißt, den Leichnam des Erhabenen niedergestellt. Alsbald haben nun die kusinārischen Maller an den ehrwürdigen Ānando die Frage gerichtet:

[295] »Wie haben wir, Herr Ānando, mit dem Leichnam des Vollendeten zu verfahren?«

»Wie man, Vāseṭṭher, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit dem Leichnam des Vollendeten zu verfahren.«

»Wie aber geht man, Herr Ānando, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs um?«

»Den Leichnam, Vāseṭṭher, eines Kaiserkönigs umwindet man mit ungebrauchtem Linnen; mit ungebrauchtem Linnen umwunden umwindet man ihn mit ausgefaserter Baumwolle; mit ausgefaserter Baumwolle umwunden umwindet man ihn mit ungebrauchtem Linnen: hat man auf diese Weise den Leichnam des Kaiserkönigs fünfhundertmal doppelt umwunden, so versenkt man ihn in eine eherne Truhe mit Öl, verschließt sie mit ehernem Deckel, schichtet einen Scheiterhaufen aus allen würzigen Hölzern zusammen und läßt den Leichnam des Kaiserkönigs in Flammen aufgehn, errichtet wo vier Straßen sich kreuzen dem Kaiserkönig ein Kuppelmal. Also geht man, Vāseṭṭher, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs um. Wie man nun, Vāseṭṭher, mit dem Leichnam eines Kaiserkönigs umgeht, so hat man mit dem Leichnam des Vollendeten umzugehn, wo vier Straßen sich kreuzen dem Vollendeten ein Kuppelmal zu errichten. Die aber etwa dort einen Kranz oder eine Blume oder Sandel niederlegen, oder einen Gruß darbringen, oder das Herz heiter zuwenden werden, denen wird das lange hin zur Freude, zum Wohle gereichen497

Da haben denn die kusinārischen Maller ihren Leuten befohlen:

»So macht euch nur eilig auf und schafft den Mallern ausgefaserte Baumwolle herbei.«

Alsbald haben nun die kusinārischen Maller den Leichnam des Erhabenen mit ungebrauchtem Linnen umwunden; mit ungebrauchtem Linnen umwunden sodann mit ausgefaserter Baumwolle umwunden; mit ausgefaserter Baumwolle umwunden sodann mit ungebrauchtem Linnen umwunden: haben auf diese Weise den Leichnam des Erhabenen fünfhundertmal doppelt umwunden, alsogleich in eine eherne Truhe mit Öl versenkt, diese mit ehernem Deckel verschlossen; haben einen Scheiterhaufen aus allen würzigen Hölzern zusammengeschichtet und den Leichnam des Erhabenen auf den Holzstoß gebracht.


Um diese Zeit aber war der ehrwürdige Mahākassapo von Pāvā nach Kusinārā unterwegs und zog die Landstraße entlang, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, mit etwa fünfhundert Mönchen. Da war denn der ehrwürdige Mahākassapo vom Wege abgebogen und hatte sich unter einem der Bäume niedergesetzt. Damals nun war ein gewisser Nackter Büßer, der in [296] Kusinārā eine Korallenbaumblüte aufgelesen hatte, auf der Wanderung nach Pāvā unter wegs498. Es sah aber der ehrwürdige Mahākassapo wie jener Nackte Büßer von ferne herankam, und sprach dann also zu ihm:

»Hast du etwa, Bruder, von unserem Meister gehört?«

»Ja freilich, Bruder, hab' ich gehört: heute sind es sieben Tage, daß der Asket Gotamo erloschen ist; von dorther hab' ich diese Korallenbaumblüte mitgebracht499

Da haben nun gar manche Mönche, von Verlangen nicht genesen, die Hände klagend gerungen, sind wie gebrochenen Fußes hingestürzt, herangeschwankt und hinweggeschwankt: ›Allzu bald ist der Erhabene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist der Willkommene zu erlöschen gekommen, allzu bald ist das Auge der Welt dahingeschwunden!‹ Die aber da Mönche waren von Verlangen genesen, die haben hierbei klar bewußt ausgeharrt: ›Erscheinung vergeht – wie wär's auch anders möglich.‹

Damals ist aber ein greiser Pilger, Subhaddo mit Namen, in der Versammlung dort mitgesessen. Da hat denn Subhaddo der greise Pilger zu jenen Mönchen also gesprochen500:

»Genug, ihr Brüder, seid nicht traurig, lasset die Klage: erlöst sind wir endlich von jenem großen Asketen! Heimgesucht waren wir immer von ›Das geziemt euch zu tun, das geziemt euch zu lassen‹: jetzt aber werden wir tun was uns beliebt, und was uns nicht beliebt, das werden wir nicht tun501

Darauf hat der ehrwürdige Mahākassapo sich an die Mönche gewandt:

»Genug ihr Brüder, seid nicht traurig, lasset die Klage: hat denn das nicht, ihr Brüder, der Erhabene vorher schon verkündet, daß eben alles, was einem lieb und angenehm ist, verschieden werden, aus werden, anders werden muß? Woher könnte das hier, ihr Brüder, erlangt werden, daß was geboren, geworden, zusammengesetzt, dem Verfall unterworfen ist, da doch nicht verfallen sollte: das gibt es nicht.«


Um eben diese Zeit waren vier der mallischen Edelleute, über den Scheitel gebadete, in ungebrauchte Gewänder gekleidete, damit beflissen: ›Wir werden den Scheiterhaufen des Erhabenen aufflammen lassen‹: aber sie vermochten keine Flamme zu entzünden. Da haben denn die kusinārischen Maller den ehrwürdigen Anuruddho gefragt:

»Was ist wohl, Herr Anuruddho, der Anlaß, was ist der Umstand, daß diese vier Maller aus den ersten Geschlechtern, über den Scheitel gebadete, in ungebrauchte Gewänder gekleidete, wie sie da den Scheiterhaufen des Erhabenen entflammen wollen, nicht imstande sind Feuer zu entzünden?«

»Anders ist, ihr Vāseṭṭher, die Absicht bei den Gottheiten.«

[297] »Wie aber ist, o Herr, bei den Gottheiten die Absicht?«

»Die Gottheiten haben, Vāseṭṭher, die Absicht: ›Da ist der ehrwürdige Mahākassapo von Pāvā nach Kusinārā unterwegs und zieht die Landstraße entlang, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, mit etwa fünfhundert Mönchen: nicht eher soll der Scheiterhaufen des Erhabenen emporflammen, bis nicht der ehrwürdige Mahākassapo dem Erhabenen zu Füßen Gruß entbieten kann‹.«

»Wie es, o Herr, der Gottheiten Absicht ist, so soll es sein.«


Da ist denn der ehrwürdige Mahākassapo nach Kusinārā, zum Giebeldamm am Ringwall der Maller, wo der Scheiterhaufen des Erhabenen war, hingezogen. Dort angelangt schlug er den Mantel um eine Schulter, faltete die Hände zur Stirn, schritt rechts um den Scheiterhaufen dreimal herum und bot dem Erhabenen zu Füßen den Gruß dar502. Und auch jene fünfhundert Mönche schlugen den Mantel um die eine Schulter, falteten die Hände zur Stirn, schritten rechts um den Scheiterhaufen dreimal herum und boten dem Erhabenen zu Füßen den Gruß dar.

Nach dem Gruß aber vom ehrwürdigen Mahākassapo und von den fünfhundert Mönchen ist der Scheiterhaufen des Erhabenen ganz von selbst emporgeflammt503.

Nachdem nun der Leichnam des Erhabenen in Flammen aufgegangen war, ist von dem, was da Haut war oder Gewebe war oder Fleisch war oder Sehne war oder Flüssigkeit war, keinerlei Asche zu bemerken gewesen oder Ruß: nur Knochenreste sind übriggeblieben. Gleichwie etwa wenn Milchrahm oder Sesamöl in Flammen aufgeht, keinerlei Asche zu bemerken ist oder Ruß: ebenso auch ist, nachdem der Leichnam des Erhabenen in Flammen aufgegangen war, von dem, was da Haut war oder Gewebe war oder Fleisch war oder Sehne war oder Flüssigkeit war, keinerlei Asche zu bemerken gewesen oder Ruß, nur Knochenreste sind übriggeblieben504.

Als dann der Leichnam des Erhabenen verbrannt war, hat aus den Wolken ein Regenstrom sich ergossen und den Scheiterhaufen des Erhabenen zum Verlöschen gebracht, und Wasser ist auch von den Bäumen hinzugeflossen505 und hat den Scheiterhaufen des Erhabenen zum Verlöschen gebracht, und auch die kusinārischen Maller haben mit allerhand wohlriechenden Wässern den Scheiterhaufen des Erhabenen zum Verlöschen gebracht.

Dann aber haben die kusinārischen Maller den Überresten des Erhabenen eine Woche lang im Herrenhause ein Gitterwerk von Speeren errichtet, einen Wall von Bogen ringsum aufgepflanzt und mit Tanz und Gesang und Musikspiel, mit Kränzen und Weihrauch gehuldigt, Ergebenheit, Achtung und Verehrung bezeugt506.

[298] Es vernahm nun der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da hat denn der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch ich stamme von Kriegern ab: auch mir gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch ich werde den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahmen da die Licchavier von Vesālī: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die vesālischen Licchavier an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch wir stammen von Kriegern ab: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahmen da die Sakyer von Kapilavatthu: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die Sakyer von Kapilavatthu an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene war der Höchste unserer Verwandtschaft: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahmen da die Thūlier von Allakappam507: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die Thūlier von Allakappam an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch wir stammen von Kriegern ab: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahmen da die Koḷiyer von Rāmagāmo508: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die Koḷiyer von Rāmagāmo an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch wir stammen von Kriegern ab: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahm da der Veṭhadīper Priester509: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da hat denn der Veṭhadīper Priester an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, ich bin ein Priester: auch mir gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch ich werde den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Es vernahmen da die Maller von Pāvā: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die Maller von Pāvā an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch [299] wir stammen von Kriegern ab: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.‹

Auf diese Botschaften haben die kusinārischen Maller den versammelten Abgesandten dort also Bescheid gesagt:

»Der Erhabene ist auf unserem Landgebiet erloschen: wir werden von den Überresten des Erhabenen keinen Teil hergeben.«

Nach solchem Urteil hat der Priester Doṇo zu den versammelten Scharen dort also gesprochen:


»Erlaubt, ihr Lieben, daß ich Eines sage:

Der unser Meister war empfahl uns Milde.

So wär' es recht wohl nicht, daß um die Reste

Des größten Mannes hier ein Kampf ergrimmte.


Wir alle können treulich uns vertragen,

In Güte teilen achtmal ein die Gabe:

Allseitig sei der Kuppelmale Vorblick,

Um so zu küren vieles Volk dem Seher510


»Wohlan denn, Priester, so sollst du eben die Überreste des Erhabenen achtmal nach gleichem Maße wohleingeteilt austeilen!«

»Gut, ihr Herren, gut, ihr Herren«, sagte da gehorsam zu jenen versammelten Scharen Doṇo der Priester. Und er teilte die Überreste des Erhabenen achtmal nach gleichem Maße wohleingeteilt aus. Dann sprach er zu jenen versammelten Scharen also:

»Diese Urne mögen die Herren mir überlassen: und ich werde der Urne ein Kuppelmal und eine Feier bereiten.«

So überließen sie Doṇo dem Priester die Urne.


Es hörten nun die Morier von Pipphalivanam reden: ›Der Erhabene, heißt es, ist bei Kusinārā erloschen!‹ Da haben denn die Morier von Pipphalivanam an die kusinārischen Maller einen Boten abgesandt: ›Der Erhabene stammt von Kriegern ab, auch wir stammen von Kriegern ab: auch uns gebührt ein Teil der Überreste vom Erhabenen, auch wir werden den Überresten des Erhabenen ein Kuppelmal und eine Feier bereiten511.‹

»Es gibt keine Überreste mehr vom Erhabenen, verteilt schon sind des Erhabenen Überreste: aber nehmt von hier die Kohlenasche mit.«

Da haben denn diese die Kohlenasche übernommen.

[300] Alsbald nun hat der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, den Überresten des Erhabenen bei Rājagaham ein Kuppelmal und eine Feier bereitet512.

Die Licchavier aber von Vesāli haben den Überresten des Erhabenen bei Vesāli ein Kuppelmal und eine Feier bereitet513.

Die Sakyer aber von Kapilavatthu haben den Überresten des Erhabenen bei Kapilavatthu ein Kuppelmal und eine Feier bereitet514.

Die Thūlier aber von Allakappam haben den Überresten des Erhabenen bei Allakappam ein Kuppelmal und eine Feier bereitet.

Die Koḷiyer aber von Rāmagāmo haben den Überresten des Erhabenen bei Rāmagāmo ein Kuppelmal und eine Feier bereitet515.

Der Veṭhadīper Priester aber hat den Überresten des Erhabenen bei Veṭhadīpam ein Kuppelmal und eine Feier bereitet.

Die Maller aber von Pāvā haben den Überresten des Erhabenen bei Pāvā ein Kuppelmal und eine Feier bereitet.

Die Maller aber von Kusinārā haben den Überresten des Erhabenen bei Kusinārā ein Kuppelmal und eine Feier bereitet.

Doṇo aber der Priester hat der Urne ein Kuppelmal und eine Feier bereitet516.

Die Morier aber von Pipphalivanam haben der Kohlenasche bei Pipphalivanam ein Kuppelmal und eine Feier bereitet517.

So sind es acht Kuppelmale der Überreste, ein neuntes Kuppelmal der Urne, ein zehntes Kuppelmal der Kohlenasche.


Also ist es ehemals geschehn518.


Ende des großen Verhörs über die Erlöschung

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 230-301.
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