Sechste Rede

Govindo

[332] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, am Geierkulm, im Gebirge.

Da ließ nun der junge Himmelsbote mit den fünf Strahlen592, als es tief in die Nacht geworden, in immer hellerem Schimmer den ganzen Umkreis im Gebirge am Geierkulm erglänzen und kam bis dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt entbot er dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß und stand dann beiseite. Beiseite stehend sprach nun der Himmelsbote mit den fünf Strahlen den Erhabenen also an:

[332] »Was ich, o Herr, bei den Göttern der Dreiunddreißig von Angesicht gehört, von Angesicht vernommen habe, das möcht' ich, o Herr, dem Erhabenen ankünden.«

»Kund' es mir an, du Fünfstrahliger«, sagte der Erhabene.

»Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, an einem Feiertage, Mitte des Monats, in der vollen Mondnacht am Ende der Regenzeit, sind samt und sonders die Dreiunddreißig Götter im Saal der Seligen auf den Sitzen beieinander versammelt gewesen, von einer mächtigen himmlischen Gemeinde allent halben umgeben, während die vier Großen Könige nach je einer Weltgegend saßen. Im Osten saß Dhataraṭṭho der Große König, das Antlitz nach Westen gewandt, den Göttern zugekehrt; im Süden saß Virūḷhako der Große König, das Antlitz nach Norden gewandt, den Göttern zugekehrt; im Westen saß Virūpakkho der Große König, das Antlitz nach Osten gewandt, den Göttern zugekehrt; im Norden saß Vessavaṇo der Große König, das Antlitz nach Süden gewandt, den Göttern zugekehrt. Wie da, o Herr, samt und sonders die Dreiunddreißig Götter im Saal der Seligen auf den Sitzen beieinander versammelt waren, von einer mächtigen himmlischen Gemeinde allenthalben umgeben, und die vier Großen Könige nach je einer Weltgegend saßen, war also ihr Platz angeordnet, und alsdann war uns der Platz eingeräumt. Die Götter, o Herr, die beim Erhabenen das Asketenleben geführt hatten und nun emporgelangt waren zur Gemeinschaft der Dreiunddreißig, die haben die anderen Götter überstrahlt, so an Schönheit als an Fülle der Macht. Darüber sind denn, o Herr, die Götter der Dreiunddreißig erfreut und entzückt, heiter und fröhlich geworden: ›Die Schar der Götter, o seht nur, nimmt zu, ab nimmt die unholde Schar!‹ Als nun, o Herr, Sakko der Götter König der Dreiunddreißig Götter innige Heiterkeit wahrgenommen, ließ er folgende Sangesweise aus Freude verlauten:


›O seht nur wie sich Götter freun,

Die Dreiunddreißig und ihr Herr,

Dem Meister huldigend allzumal,

Der Lehre, so gewiß bewährt!


Und junge Götter sehn sie jetzt

In Schönheit aufgehn, machterfüllt,

Asketen einst gewesen dort

Beim Heiland, nun erschienen hier.


Die strahlen über andre hin,

So schön, so mächtig, kraftbegabt,

Des Denkerfürsten Hörerkreis,

Heroben herrlich vorgelangt.


[333] In solchem Blicke leuchten sie,

Die Dreiunddreißig und ihr Herr,

Dem Meister huldigend allzumal,

Der Lehre, so gewiß bewährt.‹


Da sind denn, o Herr, die Götter der Dreiunddreißig immer noch mehr erfreut und entzückt, immer heiterer und fröhlicher geworden: ›Die Schar der Götter, o seht nur, nimmt zu, ab nimmt die unholde Schar!‹ Da hat nun, o Herr, Sakko der Götter König bei dieser innigen Heiterkeit der Dreiunddreißig Götter sich also an sie gewandt:

›Möchtet ihr Würdigen wohl Seine, des Erhabenen, acht wahrheitgemäße Lobpreisungen hören593?‹

›Gewiß möchten wir, Würdiger, Seine, des Erhabenen, acht wahrheitgemäße Lobpreisungen hören594!‹

Da hat, o Herr, Sakko der Götter König den Dreiunddreißig Göttern des Erhabenen acht wahrheitgemäße Lobpreisungen vorgetragen:

›Was meinen wohl die lieben Götter der Dreiunddreißig, wie weit doch Er, der Erhabene, vielem Volke zum Wohle gewandelt ist, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen! Wer also vielem Volke zum Wohle gewandelt ist, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen, einen eben auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Wohl kundgetan aber ist von Ihm, dem Erhabenen, die Satzung, die ersichtliche, zeitlose, anregende, einladende, den Verständigen von selbst verständlich. Wer eine also einladende Satzung angibt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

»Das ist heilsam«, auch das hat Er, der Erhabene, wohl dargelegt, »Das ist unheilsam« wohl dargelegt, »Das ist tadelhaft, das ist untadelhaft, das ist zu pflegen, das ist nicht zu pflegen, das ist gewöhnlich, das ist erlesen, das ist schwarz und weiß miteinander verteilt« wohl dargelegt. Wer also heilsam und unheilsam, tadelhaft und untadelhaft, was zu pflegen und was nicht zu pflegen, was gewöhnlich und was erlesen ist, was schwarz und weiß miteinander verteilt ist darlegen kann, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Wohl dargelegt hat aber auch Er, der Erhabene, den Jüngern den zur Erlöschung führenden Pfad, und es mündet zusammen Erlöschung und Pfad. [334] Gleichwie da etwa das Wasser des Ganges mit dem Wasser der Yamunā zusammenmündet, zusammenfließt, ebenso auch hat Er, der Erhabene, den Jüngern den zur Erlöschung führenden Pfad wohl dargelegt, und es mündet zusammen Erlöschung und Pfad. Wer also den zur Erlöschung führenden Pfad darlegen kann, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Freunde gefunden hat aber auch Er, der Erhabene, so bei den Kämpfern, die weiterschreiten, als bei den Wahnversiegten, die angelangt sind: ohne sie abzuweisen bleibt der Erhabene alleinsam zufrieden595. Wer also alleinsam zufrieden bleibt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Reichlich beschieden ist aber auch Ihm, dem Erhabenen, Gabe, reichlich beschieden Ruhm, so weit wohl, denk' ich, daß Fürsten sich liebreich bezeugen: frei von Stolz aber nimmt Er, der Erhabene, die Nahrung entgegen. Wer also frei von Stolz die Nahrung entgegennimmt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Wie aber auch Er, der Erhabene, redet, so handelt er, und wie er handelt, so redet er: so handelt er denn wie er redet, und redet wie er handelt. Wer also der Lehre lehrgemäß nachfolgt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Entronnen dem Zweifel ist aber auch Er, der Erhabene, frei von Schwanken, bestimmten Entschlusses, oblegen dem Urasketentum. Wer also dem Zweifel entronnen ist, frei von Schwanken, bestimmten Entschlusses, oblegen dem Urasketentum, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene596.‹ – Das sind, o Herr, des Erhabenen acht wahrheitgemäße Lobpreisungen, die Sakko der Götter König den Dreiunddreißig Göttern vorgetragen hat. Da sind denn, o Herr, die Götter der Dreiunddreißig immer noch mehr erfreut und entzückt, immer heiterer und fröhlicher geworden, als sie des Erhabenen acht Lobpreisungen gehört hatten. Und einige Götter, o Herr, haben da gesagt:

›O daß doch, ihr Würdigen, vier vollkommen Erwachte in der Welt erschienen und die Satzung zeigten, gleichwie der Erhabene: das gereichte vielem Volke zum Wohle, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹ Andere Götter haben da gesagt: ›Sei es, ihr Würdigen, um die vier vollkommen Erwachten! O daß [335] doch, ihr Würdigen, drei vollkommen Erwachte in der Welt erschienen und die Satzung zeigten, gleichwie der Erhabene: das gereichte vielem Volke zum Wohle, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹ Andere Götter haben wieder gesagt: ›Sei es, ihr Würdigen, um die drei vollkommen Erwachten! O daß doch, ihr Würdigen, zwei vollkommen Erwachte in der Welt erschienen und die Satzung zeigten, gleichwie der Erhabene: das gereichte vielem Volke zum Wohle, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹ Auf diese Worte, o Herr, hat Sakko der Götter König zu den Dreiunddreißig Göttern also gesprochen:

Unmöglich ist es, ihr Würdigen, und kann nicht sein, daß in ein und derselben Weltordnung zwei Heilige, vollkommen Erwachte zugleich erscheinen könnten: ein solcher Fall kommt nicht vor. O daß doch, ihr Würdigen, eben Er, der Erhabene, in leidlicher Frische, leidlicher Gesundheit späthin, lange Zeit ausdauern möchte: das gereichte vielem Volke zum Wohle, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen!‹ – Alsbald nun, o Herr, haben die Dreiunddreißig Götter die Angelegenheit, um derentwillen sie im Saal der Seligen zur Versammlung gekommen waren, erwogen, haben sie beraten, ihre Beschlüsse zur Ausführung aber sodann den vier Großen Königen anvertraut, ihre Befehle zur Vollziehung aber sodann den vier Großen Königen übertragen, die da, ein jeder auf seinem Throne stehend, noch nicht gegangen waren.


So war der Auftrag denn gestellt

Den Königen, jedem zugeteilt:

Und heitern Sinnes standen sie,

Für sich ein jeder, auf dem Thron.


Da hat nun, o Herr, gegen Norden weithin ein Schimmer zu leuchten begonnen, ein Abglanz ist aufgegangen, überstrahlend sogar der Götter göttliche Pracht. Und alsbald hat, o Herr, Sakko, der Götter König sich an die Götter der Dreiunddreißig also gewandt: ›Sofern, ihr Würdigen, sich Zeichen anzeigen, ein Schimmer zu leuchten beginnt, ein Abglanz aufgeht, mag Brahmā offenbar werden: denn das ist das Vorzeichen der Erscheinung Brahmās, daß es da immer lichter wird, ein Abglanz erscheint:


Sofern sich Zeichen zeigen an

Mag Brahmā werden offenbar:

Von uralt ist es Brahmās Art

Im breiten Abglanz aufzuglühn.‹


So haben sich denn, o Herr, die Dreiunddreißig Götter wieder auf ihren Plätzen niedergelassen: ›Den Abglanz dort wollen wir abwarten, wie er sich entwickeln [336] wird: erst im klaren darüber werden wir gehn.‹ Und auch die vier Großen Könige haben auf ihren Sitzen wieder Platz genommen: ›Den Abglanz dort wollen wir abwarten, wie er sich entwickeln wird: erst im klaren darüber werden wir gehn.‹ Als sie das vernommen, sind die Götter der Dreiunddreißig insgesamt übereingekommen: ›Den Abglanz dort wollen wir abwarten, wie er sich entwickeln wird: erst im klaren darüber werden wir gehn.‹ – Wenn, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, vor den Göttern der Dreiunddreißig zu erscheinen kommt, so nimmt er eine gröbere Selbstgestaltung an um zu erscheinen. Was eben, o Herr, Brahmās eigentümliches Abbild ist, das kann von den Göttern der Dreiunddreißig nicht angeschaut werden, mit ihrem Gesichtsinn. Wenn, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, vor den Göttern der Dreiunddreißig zu erscheinen kommt, überstrahlt er die anderen Götter, so an Schönheit als an Fülle der Macht. Gleichwie etwa, o Herr, eine goldene Bildsäule eine Menschengestalt überstrahlt: ebenso nun auch, o Herr, überstrahlt Brahmā, Der ewige Jüngling, wenn er vor den Göttern der Dreiunddreißig zu erscheinen kommt, die anderen Götter, so an Schönheit als an Fülle der Macht. Wenn, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, vor den Göttern der Dreiunddreißig zu erscheinen kommt, wird er in diesem Kreise von keinem der Götter begrüßt oder geleitet oder zu sitzen eingeladen: alle sind nur still geworden, haben die Hände gefaltet, sitzen da mit verschränkten Beinen: ›Wessen Gottes Platz nun Brahmā, Der ewige Jüngling, erwählen wird, an dessen Stelle wird er sich niederlassen.‹ So nun aber, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, an der Stelle eines Gottes Platz genommen hat, empfindet der Gott dann ein hohes Gefühl der Befriedigung, empfindet der Gott dann ein hohes Gefühl der Freude. Gleichwie etwa, o Herr, ein Kriegerfürst, dessen Haupt gesalbt wurde, der soeben die Königsweihe empfangen hat, alsbald ein hohes Gefühl der Befriedigung, alsbald ein hohes Gefühl der Freude empfindet: ebenso nun auch, o Herr, empfindet der Gott, an dessen Stelle Brahmā, Der ewige Jüngling, dann Platz genommen hat, alsbald ein hohes Gefühl der Befriedigung, alsbald ein hohes Gefühl der Freude. – Da hat denn, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, der Dreiunddreißig Götter innige Heiterkeit merkend, unsichtbar diese Sangesweise aus Freude verlauten lassen:


›O seht nur wie sich Götter freun,

Die Dreiunddreißig und ihr Herr,

Dem Meister huldigend allzumal,

Der Lehre, so gewiß bewährt!


Und junge Götter sehn sie jetzt

In Schönheit aufgehn, machterfüllt,

[337] Asketen einst gewesen dort

Beim Heiland, nun erschienen hier.


Die strahlen über andre hin,

So schön, so mächtig, kraftbegabt,

Des Denkerfürsten Hörerkreis,

Heroben herrlich vorgelangt.


In solchem Blicke leuchten sie,

Die Dreiunddreißig und ihr Herr,

Dem Meister huldigend allzumal,

Der Lehre, so gewiß bewährt.‹


Diese Weise, o Herr, hat Brahmā, Der ewige Jüngling, vorgetragen. Während o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, diese Weise vorgetragen hat, war der Ton seiner Stimme achtfach ausgezeichnet: deutlich und verständlich, angenehm und ansprechend, gebunden, nicht gebrochen, tief und volltönig. Wie aber da, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, in einer Versammlung zu sprechen pflegt, geht der Klang seiner Stimme nicht über die Versammlung hinaus. Und wer nun, o Herr, eine also achtfach ausgezeichnete Rede führt, der heißt ein brahmischer Redner. – Da haben nun, o Herr, die Dreiunddreißig Götter zu Brahmā, Dem ewigen Jüngling, also gesprochen:

›Herrlich, Großer Brahmā, eben das haben auch wir mit unserer Freude im Sinne; und es hat Sakko der Götter König Seine, des Erhabenen, acht wahrheitgemäßen Lobpreisungen verkündet: auch diese haben wir mit unserer Freude im Sinne.‹

Da hat nun, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, zu Sakko dem König der Götter gesagt:

›Wohl gut wär' es, König der Götter, wenn auch wir Seine, des Erhabenen, acht wahrheitgemäßen Lobpreisungen zu hören bekämen.‹

›Gern, Großer Brahmā‹, sagte da, o Herr, Sakko der Götter König eben gehorsam zu Brahmā, Dem ewigen Jüngling597; und er begann des Erhabenen acht wahrheitgemäße Lobpreisungen wiederum anzugeben:

›Was meint wohl der liebe Große Brahmā, wie weit doch Er, der Erhabene, vielem Volke zum Wohle gewandelt ist, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen! Wer also vielem Volke zum Wohle gewandelt ist, vielem Volke zum Heile, aus Mitleid zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen, einen eben auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

[338] Wohl kundgetan aber ist von ihm, dem Erhabenen, die Satzung, die ersichtliche, zeitlose, anregende, einladende, den Verständigen von selbst verständlich. Wer eine also einladende Satzung angibt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

»Das ist heilsam«, auch das hat Er, der Erhabene, wohl dargelegt, »Das ist unheilsam« wohl dargelegt, »Das ist tadelhaft, das ist untadelhaft, das ist zu pflegen, das ist nicht zu pflegen, das ist gewöhnlich, das ist erlesen, das ist schwarz und weiß miteinander verteilt« wohl dargelegt. Wer also heilsam und unheilsam, tadelhaft und untadelhaft, was zu pflegen und was nicht zu pflegen, was gewöhnlich und was erlesen ist, was schwarz und weiß miteinander verteilt ist darlegen kann, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Wohl dargelegt hat aber auch Er, der Erhabene, den Jüngern den zur Erlöschung führenden Pfad, und es mündet zusammen Erlöschung und Pfad. Gleichwie da etwa das Wasser des Ganges mit dem Wasser der Yamunā zusammenmündet, zusammenfließt, ebenso auch hat Er, der Erhabene, den Jüngern den zur Erlöschung führenden Pfad wohl dargelegt, und es mündet zusammen Erlöschung und Pfad598. Wer also den zur Erlöschung führenden Pfad darlegen kann, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Freunde gefunden hat aber auch Er, der Erhabene, so bei den Kämpfern, die weiterschreiten, als bei den Wahnversiegten, die angelangt sind: ohne sie abzuweisen bleibt der Erhabene alleinsam zufrieden. Wer also alleinsam zufrieden bleibt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Reichlich beschieden ist aber auch Ihm, dem Erhabenen, Gabe, reichlich beschieden Ruhm, so weit wohl, denk' ich, daß Fürsten sich liebreich bezeugen: frei von Stolz aber nimmt Er, der Erhabene, die Nahrung entgegen. Wer also frei von Stolz die Nahrung entgegennimmt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

Wie aber auch Er, der Erhabene, redet, so handelt er, und wie er handelt, so redet er: so handelt er denn wie er redet, und redet wie er handelt. Wer also der Lehre lehrgemäß nachfolgt, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.

[339] Entronnen dem Zweifel ist aber auch Er, der Erhabene, frei von Schwanken, bestimmten Entschlusses, oblegen dem Urasketentum. Wer also dem Zweifel entronnen ist, frei von Schwanken, bestimmten Entschlusses, oblegen dem Urasketentum, einen auch auf diese Art ausgezeichneten Meister können wir in keiner Vergangenheit aufweisen und auch in keiner Gegenwart, es sei denn Er, der Erhabene.‹ – So eben, o Herr, hat Sakko der Götter König Brahmā, Dem ewigen Jüngling, des Erhabenen acht wahrheitgemäße Lobpreisungen vorgetragen. Da ist denn, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, erfreut und entzückt gewesen, heiter und fröhlich geworden, als er des Erhabenen acht wahrheitgemäße Lobpreisungen gehört hatte.

Alsbald aber hat, o Herr, Brahmā, Der ewige Jüngling, eine gröbere Selbstgestaltung angenommen, ist dem Aussehn nach wie ein Jüngling mit fünf Strahlen geworden und vor den Göttern der Dreiunddreißig erschienen. Und er stieg in die Lüfte auf, und im Raume frei schwebend saß er da mit verschränkten Beinen. Gleichwie etwa, o Herr, ein kräftiger Mann auf einer wohlgeglätteten Lagerstatt oder auf dem ebenen Estrich mit verschränkten Beinen dasitzen mag: ebenso nun auch, o Herr, war Brahmā, Der ewige Jüngling, in die Lüfte aufgestiegen und, im Raume frei schwebend, saß er da mit verschränkten Beinen und wandte sich nun an die Götter der Dreiunddreißig:

›Was meinen wohl die lieben Götter der Dreiunddreißig, wie lange hindurch gar hochweise Er, der Erhabene, gewesen ist599! – Es war einmal, ihr Lieben, ein König, der hieß Disampati. König Disampati hatte einen Oberpriester bei Hofe namens Govindo. König Disampati hatte einen Sohn, den Prinzen Reṇu. Govindo der Priester hatte einen Sohn, den jungen Jotipālo. Da waren denn Reṇu der Königsohn und Jotipālo der Priestersohn und noch sechs andere Adeliche mit einander acht Freunde geworden. Eines Tages nun, ihr Lieben, ist Govindo der Priester zu sterben gekommen. Als Govindo der Priester gestorben war, hat König Disampati geklagt: »Gerade, ach, zu der Zeit, wo wir Govindo dem Priester alle Geschäfte übertragen hatten, wo wir mit den fünf Wunschgenüssen umgeben, überall damit bedient waren, gerade zu der Zeit ist nun Govindo der Priester gestorben600!« Auf diese Worte, ihr Lieben, hat Reṇu der Königsohn zu Disampati dem Könige also gesprochen: »Mögest du, Majestät, den Tod des Priesters Govindo nicht allzu heftig beklagen. Es hat, Majestät, Govindo der Priester einen Sohn hinterlassen, den jungen Jotipālo: der ist noch klüger als sein Vater, versteht die Dinge noch besser zu beurteilen. Was immer für Dinge dessen Vater besorgt hat, die kann gewiß auch der junge Jotipālo besorgen.« – »Wirklich, Prinz?« – »Wirklich, Majestät!« – Da hat denn, ihr Lieben, König Disampati einem seiner Leute befohlen: »Gehe du, lieber Mann, zu Jotipālo dem jungen Priester [340] hin und sprich also: ›Heil sei Herrn Jotipālo, dem jungen Priester! König Disampati läßt Herrn Jotipālo den jungen Priester berufen, König Disampati wünscht Herrn Jotipālo den jungen Priester zu sehn.‹« – »Sehr wohl, Majestät«, sagte da, ihr Lieben, jener Mann gehorsam zu König Disampati; und er begab sich zu Jotipālo dem jungen Priester hin und sprach also: »Heil sei Herrn Jotipālo dem jungen Priester! König Disampati läßt Herrn Jotipālo den jungen Priester berufen, König Disampati wünscht Herrn Jotipālo den jungen Priester zu sehn.« – »Gut, mein Lieber«, sagte da, ihr Lieben, Jotipālo der junge Priester gehorsam zu jenem Manne; und er begab sich zu König Disampati, bot höflichen Gruß dar, wechselte freundliche, denkwürdige Worte mit König Disampati und setzte sich beiseite nieder. An Jotipālo den jungen Priester, der da beiseite saß, wandte sich nun König Disampati also: »Sorgen soll für uns Herr Jotipālo der junge Priester, möge Herr Jotipālo der junge Priester unsere Besorgungen nicht zurückweisen: in das väterliche Amt werd' ich dich einsetzen, zu govindischer Nachfolge will ich dich weihen.« – »Wohl, Herr«, sagte da, ihr Lieben, Jotipālo der junge Priester gehorsam zu König Disampati. Da hat denn, ihr Lieben, König Disampati den jungen Priester Jotipālo zu govindischer Nachfolge geweiht, in das väterliche Amt eingesetzt. Zu govindischer Nachfolge geweiht, in das väterliche Amt eingesetzt, hat Jotipālo der junge Priester die Dinge, die sein Vater besorgt hatte, weiterbesorgt, und die Dinge, die sein Vater nicht besorgt hatte, auch nicht besorgt; hat die Arbeiten, die sein Vater übernommen hatte, weiterübernommen, und die Arbeiten, die sein Vater nicht übernommen hatte, auch nicht übernommen. So haben dann die Leute von ihm gesagt: »Ein Govinder, ei ja, ist der Priester, ein großer Govinder, ei ja, ist der Priester.« Auf diese Weise, ihr Lieben, hat also Jotipālo der junge Priester eben den Beinamen »Der große Govinder« erhalten. – Da ist nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester zu jenen sechs Adelichen gegangen und hat also zu ihnen gesprochen: »Disampati, ihr Herren, der König, ist alt und greis geworden, hochbejahrt, er ist seinen Weg gegangen, am Ziel angelangt: wer kann da wohl, ihr Herren, wissen, wie lange er noch am Leben bleibt? Und es ist leicht möglich, daß, wenn König Disampati gestorben ist, die königlichen Fürsten Reṇu den Königsohn zur Herrschaft salben. Hingehn mögen die Herren, Reṇu den Königsohn sollt ihr aufsuchen und also zu ihm reden: ›Wir sind Herrn Reus Gefährten, ihm lieb und angenehm, nicht unwillkommen: was ihn erfreut erfreut uns, was ihn betrübt betrübt uns. Disampati, o Herr, der König, ist alt und greis geworden, hochbejahrt, er ist seinen Weg gegangen, am Ziel angelangt: wer kann da wohl, o Herr, wissen, wie lange er noch am Leben bleibt? Und es ist leicht möglich, daß, wenn König Disampati gestorben ist, die königlichen Fürsten Herrn Reṇu zur Herrschaft salben. Sollte Herr Reṇu zur Herrschaft [341] gelangen, möge er uns an der Herrschaft mit teilnehmen lassen.‹« – »Sehr gut, Verehrter«, erwiderten da jene sechs Adelichen dem großen Govinder Priester; und sie begaben sich zu Reṇu dem Königsohn und sprachen Wort um Wort also zu ihm. »Wer denn nur anders, ihr Lieben«, sagte der, »sollte in meinem Reiche zu Wohlsein kommen, wenn ihr es nicht wärt? Sollte ich, ihr Lieben, zur Herrschaft gelangen, so werde ich euch an der Herrschaft mit teilnehmen lassen.« Eines Tages nun, ihr Lieben, ist König Disampati zu sterben gekommen. Als König Disampati gestorben war, haben die königlichen Fürsten Reṇu den Königsohn zur Herrschaft gesalbt. Zur Herrschaft gesalbt war nun Reṇu mit den fünf Wunschgenüssen umgeben und überall damit bedient. Da ist denn, ihr Lieben, der große Govinder Priester zu jenen sechs Adelichen herangetreten und hat also gesprochen: »Disampati, ihr Herren, der König, ist gestorben, zur Herrschaft gesalbt ist Reṇu und mit den fünf Wunschgenüssen umgeben und überall damit bedient. Da kann man, ihr Lieben, nicht eben sicher sein. Wer genießt vergißt. Hingehen mögen die Herren, Reṇu den König sollt ihr aufsuchen und also zu ihm reden: ›Disampati, o Herr, der König, ist gestorben, zur Herrschaft gesalbt ist Herr Reṇu: erinnert er sich jenes Wortes?‹« – »Sehr gut, Verehrter«, erwiderten da jene sechs Adelichen dem großen Govinder Priester; und sie begaben sich zu König Reṇu und sprachen also zu ihm: »Disampati, o Herr, der König, ist gestorben, zur Herrschaft gesalbt ist Herr Reṇu: erinnert er sich jenes Wortes?« – »Ich erinnere mich, ihr Lieben, jenes Wortes; wer vermag nun wohl, ihr Lieben, diese große Erde, die breit nach Norden sich erstreckt und nach Süden wie eine Wagendeichsel ausläuft601, in je sieben gleiche Teile richtig abzugrenzen?« – »Wer anders, o Herr, vermag das, als etwa der große Govinder Priester!« Da hat nun, ihr Lieben, König Reṇu einem seiner Leute befohlen: »Gehe du, lieber Mann, zum großen Govinder, dem Priester, hin und sprich also: ›Der König, o Herr, Reṇu, läßt dich rufen.‹« – »Sehr wohl, Majestät«, sagte da, ihr Lieben, jener Mann gehorsam zu König Reṇu; und er begab sich zum großen Govinder Priester hin und sprach also: »Der König, o Herr, Reṇu, läßt dich rufen.« – »Gut, mein Lieber«, sagte da, ihr Lieben, der große Govinder Priester gehorsam zu jenem Manne; und er begab sich zu König Reṇu, bot höflichen Gruß dar, wechselte freundliche, denkwürdige Worte mit König Reṇu und setzte sich beiseite nieder. An den großen Govinder Priester, der da beiseite saß, wandte sich nun König Reṇu also: »Wohlan, der verehrte Govindo soll diese große Erde, die breit nach Norden sich erstreckt und nach Süden wie eine Wagendeichsel ausläuft, in je sieben gleiche Teile richtig abgrenzen.« – »Gern, Herr«, sagte da, ihr Lieben, der große Govinder Priester gehorsam zu König Reṇu. Und er hat diese große Erde, die breit nach Norden sich erstreckt und nach Süden wie eine Wagendeichsel ausläuft, in je sieben [342] gleiche Teile richtig abgegrenzt, hat alle wie eine Wagendeichsel ausmünden lassen602. Da ist denn in der Mitte König Reus Reich gewesen.


Im Kreis Kaliṉ Dantapur,

Potanam im Assaker Reich,

Avanti mit Māhissatī,

Rorukam im Sovīrer Tal,

Mithilā im Videher Land,

Und in Bengālen Campā dort,

Benāres mit dem Kāsi-Volk:

Die sind govindisch wohlbegrenzt.


Da waren denn, ihr Lieben, die sechs Adelichen mit je ihrem Anteil zufrieden, hatten ihr Verlangen erfüllt: »Was wir ach so erwünscht hatten, ersehnt hatten, erstrebt hatten, erwartet hatten, das haben wir erlangt.«


Sattabhū, Brahmadatto dann,

Vessabhū, ferner Bharato,

Reṇu, zwei Dhataraṭṭher noch:

Die sieben Herrscher hießen so603.


Alsbald sind nun, ihr Lieben, jene sechs Adelichen an den großen Govinder Priester herangetreten und haben also gesprochen: »Wie da Herr Govindo Reṇu dem Könige Freund ist, lieb und angenehm, nicht unwillkommen, so ist auch uns Herr Govindo ein Freund, lieb und angenehm, nicht unwillkommen. Sorgen soll für uns Herr Govindo, möge Herr Govindo unsere Besorgungen nicht zurückweisen.« – »Wohl, ihr Herren«, sagte da, ihr Lieben, der große Govinder Priester gehorsam zu jenen sechs Adelichen. Und es hat nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester fürsorglich die sieben gesalbten Kriegerfürsten in der Herrschaft unterwiesen604; und hat auch noch mit sieben priesterlichen Meistern und siebenhundert Hörern die Spruchüberlieferung durchgenommen. – Da ist denn, ihr Lieben, der große Govinder Priester späterhin in einen solchen rühmlichen Ruf gekommen: »Selbst hat der große Govinder Priester Brahmā gesehn, selbst hat der große Govinder Priester mit Brahmā gesprochen, Rede geführt, Rat gepflogen!« Aber der große Govinder Priester, ihr Lieben, sagte sich da: »Ich bin wohl in den rühmlichen Ruf gekommen: ›Selbst hat der große Govinder Priester Brahmā gesehn, selbst hat der große Govinder Priester mit Brahmā gesprochen, Rede geführt, Rat gepflogen‹: doch hab' ich ja Brahmā weder gesehn noch mit Brahmā gesprochen und mit Brahmā keine Rede geführt und mit Brahmā keinen Rat gepflogen. Reden aber hab' ich wohl hören bei den Priestern, den ergrauten, [343] hochbejahrten, den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Wer die vier Monate der Regenzeit einsam verbringt, in erbarmende Schauung einkehrt, der kann Brahmā sehn, mit Brahmā sprechen, Rede führen, Rat pflegen.‹ Wie, wenn ich nun die vier Monate der Regenzeit einsam verbrächte, in erbarmende Schauung einkehrteDa ist nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester vor Reṇu den König hingetreten und hat also gesprochen: »Ich bin ja, Herr, in den rühmlichen Ruf gekommen: ›Selbst hat der große Govinder Priester Brahmā gesehn, selbst hat der große Govinder Priester mit Brahmā gesprochen, Rede geführt, Rat gepflogen‹: doch hab' ich, Herr, Brahmā weder gesehn noch mit Brahmā gesprochen und mit Brahmā keine Rede geführt und mit Brahmā keinen Rat gepflogen. Reden aber hab' ich wohl hören bei den Priestern, den ergrauten, hochbejahrten, den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Wer die vier Monate der Regenzeit einsam verbringt, in erbarmende Schauung einkehrt, der kann Brahmā sehn, mit Brahmā sprechen, Rede führen, Rat pflegen605.‹ Ich wünsche, Herr, die vier Monate der Regenzeit einsam zu verbringen, in erbarmende Schauung einzukehren. Niemand soll mich aufsuchen, nur ein Diener, der mir die Nahrung bringt.« – »Wie es nun dem verehrten Govindo belieben mag.« Sodann ist, ihr Lieben, der große Govinder Priester zu den sechs Kriegerfürsten, zu den sieben priesterlichen Meistern und zu den siebenhundert Hörern hingegangen und hat ebenso gesprochen; und er hat zu diesen noch gesagt: »Wohlan denn, ihr Lieben: wie die Sprüche von euch gehört, von euch behalten wurden, so habt ihr sie ausführlich zu wiederholen; und einer soll dem anderen die Spruchüberlieferung vortragen. Ich wünsche, ihr Lieben, die vier Monate der Regenzeit einsam zu verbringen, in erbarmende Schauung einzukehren. Niemand soll mich aufsuchen, nur ein Diener, der mir die Nahrung bringt.« – »Wie es nun dem verehrten Govindo belieben mag.« Dann hat, ihr Lieben, der große Govinder Priester seine vierzig ebenbürtigen Frauen aufgesucht und ihnen gesagt: »Ich bin da, meine Damen, in den rühmlichen Ruf gekommen: ›Selbst hat der große Govinder Priester Brahmā gesehn, selbst hat der große Govinder Priester mit Brahmā gesprochen, Rede geführt, Rat gepflogen‹: doch hab' ich, meine Damen, Brahmā weder gesehn noch mit Brahmā gesprochen und mit Brahmā keine Rede geführt und mit Brahmā keinen Rat gepflogen. Reden aber hab' ich wohl hören bei den Priestern, den ergrauten, hochbejahrten, den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Wer die vier Monate der Regenzeit einsam verbringt, in erbarmende Schauung einkehrt, der kann Brahmā sehn, mit Brahmā sprechen, Rede führen, Rat pflegen.‹ Ich wünsche, meine Damen, die vier Monate der Regenzeit einsam zu verbringen, in erbarmende Schauung einzukehren. Niemand soll mich aufsuchen, nur ein Diener, der mir die Nahrung [344] bringt.« – »Wie es nun dem verehrten Govindo belieben mag.« Da hat denn, ihr Lieben, der große Govinder Priester ganz im Osten der Stadt606 ein neues Gebäude errichten lassen. Dann hat er sich über die vier Monate der Regenzeit einsam zurückgezogen, ist in erbarmende Schauung eingekehrt. Und niemand hat ihn aufgesucht607, als nur der Diener, der die Nahrung brachte. Als nun, ihr Lieben, vier Monate um waren, ist der große Govinder Priester recht in Beklemmung und Zweifel geraten: »Reden hab' ich wohl hören bei den Priestern, den ergrauten, hochbejahrten, den Meistern und Altmeistern, als sie unter einander sprachen: ›Wer die vier Monate der Regenzeit einsam verbringt, in erbarmende Schauung einkehrt, der kann Brahmā sehn, mit Brahmā sprechen, Rede führen, Rat pflegen.‹ Doch hab' ich ja Brahmā weder gesehn noch mit Brahmā gesprochen und mit Brahmā keine Rede geführt und mit Brahmā keinen Rat gepflogenDa hat nun, ihr Lieben, Brahmā, Der ewige Jüngling, des großen Govinder Priesters Geist und Gedanken im Geiste erfassend, gleichwie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, auch schon die brahmische Welt verlassen und ist dem großen Govinder Priester vor Angesicht erschienen608. Da ist, ihr Lieben, den großen Govinder Priester plötzlich eine Angst überkommen, er wurde bestürzt, sein Haar sträubte sich, als er da die nie zuvor erblickte Gestalt sah609. Und es hat nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester, entsetzt, erschüttert, gesträubten Haares, Brahmā, Den ewigen Jüngling, mit dem Spruche begrüßt:


»So schön, so mächtig, wunderbar,

Wer bist du, der so würdig scheint?

Ich weiß es nicht, o künd' es mir,

Erkennen lehr' mich wer du seist!«


Brahmā:


»Ich bin der Jüngling, wie man sagt,

Von Ewigkeit im Himmelreich:

Die Götter kennen alle mich,

Gar wohl, Govindo, merke dies.«


Govindo:


»Sitz, Wasser, Labetrunk und Met

Geruhe huldreich nun der Herr

Als Gastgeschenk zu nehmen an

Und Gegengabe zu verleihn610


[345] Brahmā:


»Empfangen sei das Gastgeschenk,

Das du, Govindo, uns geweiht:

Hienieden schon zu Glück und Wohl,

Zum Heile taug' es drüben dir.

Gehör nun geb' ich, frage frei

Was immer du auch wünschen magst.«


Da hat nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester sich gesagt: »Gehör gegeben hat mir Brahmā, Der ewige Jüngling!« Was werd' ich nun Brahmā, Den ewigen Jüngling, fragen: »wie etwa hienieden Wohlsein zu finden sei, oder wie jenseit?« Alsbald nun, ihr Lieben, hat der große Govinder Priester erwogen: »Kundig bin ich der Dinge, die zum Wohlsein hienieden taugen. Die anderen kommen ja zu mir um mich darüber zu befragen. Wie, wenn ich nun Brahmā, Den ewigen Jüngling, eben um ein Wohlsein nach jenseit befragte?« Und es hat nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester vor Brahmā, Dem ewigen Jüngling, den Spruch gesungen:


»Ich frage Brahmā, Ihn, der ewig jung ist,

In Zweifel Den, der ohne Zweifel klarsieht:

Wo muß man stehn und wie sich üben eifrig,

Um einzugehn unsterblich in die Brahmawelt?«


Brahmā:


»Wer ohne Eigensucht auf Erden, Priester,

In sich geeint, Erbarmen übt im Herzen,

Nicht rohe Düfte liebt und nicht mehr Paarung pflegt:

So muß man stehn und so sich üben eifrig,

Um einzugehn unsterblich in die Brahmawelt.«


»›Ohne Eigensucht‹: dieses Wort des Herrn leg' ich also aus: da hat einer einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz aufgegeben, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. So versteh' ich wohl das Wort des Herrn: ›ohne Eigensucht611.‹ ›In sich geeint‹: dieses Wort des Herrn leg' ich also aus: da sucht einer einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene, dahin zieht er sich zurück. So versteh' ich wohl das Wort des Herrn: ›in sich geeint612.‹ ›Erbar men übt im Herzen‹: dieses [346] Wort des Herrn leg' ich also aus: da weilt einer erbarmenden Gemütes und strahlt so nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. So versteh' ich wohl das Wort des Herrn: ›Erbarmen übt im Herzen613.‹ Was aber der Herr mit den ›rohen Düften‹ gemeint hat, das versteh' ich nicht:


Was sind auf Erden rohe Düfte, Brahmā,

Ich kenn' sie nicht, sag' an mir solche, Weiser:

Aus was für Dünsten stürmt das Volk so wild und weh,

In Höllen sinkend, abgekehrt der Brahmawelt.«


Brahmā:


»Dem Zorne frönen, Raub begehn, Betrug, Verrat,

Habsüchtig geizen, eitel sein und neidverzehrt,

Gelüstig, unbeständig, andern Unrecht tun,

An Gier und Haß, an Rausch und Wirrsinn da gewohnt:

Bei solcher Sitte ziehn sie ein den rohen Duft,

In Höllen sinkend, abgekehrt der Brahmawelt.«


»Wie da vom Herrn die rohen Düfte angegeben sind, können diese, scheint mir, nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd ich, o Herr, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wie es nun dem verehrten Govindo belieben mag.«


Alsbald nun, ihr Lieben, hat der große Govinder Priester Reṇu den König aufgesucht und also gesprochen: »Um einen anderen Hofpriester möge nun der Herr sich umsehn, der die Geschäfte des Herrn besorgen wird: ich wünsche, o Herr, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, o Herr, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.


Ich künd' es nun dem König an,

Dem Erdbeherrscher Reṇu hier:

Lass' dir das Reich befohlen sein,

Das Oberamt behagt mir nicht.«


[347] Der König:


»Wenn irgendein Genuß dir fehlt,

Ich überfülle dich damit;

Doch kränkt dich jemand, straf' ich ihn:

Gebieter bin ich, Heeresfürst.

Du bist der Vater, ich der Sohn:

Verlass' uns, o Govindo, nicht614


Govindo:


»Nicht fehlt mir irgend ein Genuß,

Und keinen gibt es, der mich kränkt;

Ich hört' ein überirdisch Wort:

Das heißt mich weg von Hause ziehn.«


Der König:


»Der überirdisch zu dir sprach,

Wie war sein Anblick, was sein Wort,

Das dich abwendig macht von uns,

Von Haus und Heimat insgesamt


Govindo:


»Voll Überflusses der ich war,

Beschenkt mit jeder Gabenhuld:

Ein Feuer war es, hoch entflammt,

Wo Laub und Stroh die Hütte deckt615.


Da kam denn Brahmā her zu mir,

Aus seinem Himmel, immer jung:

Der hat mein Fragen recht erklärt,

Und keine Hütte mag ich mehr.«


Der König:


»Ich glaube deiner Botschaft, Herr,

Was du, Govindo, hast gesagt,

Vom Worte, überirdisch echt:

Wie wär' es anders möglich auch!

So will ich dir nun folgen nach,

Sollst uns, Govindo, Meister sein.


[348] Gleichwie ein Kleinod, ein Juwel,

Von reinem Wasser, farblos, hell:

So ziehn wir künftig lauter hin

Auf Wegen, die Govindo zeigt616.


Wenn der verehrte Govindo aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, dann werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.« – Da ist denn, ihr Lieben, der große Govinder Priester zu den sechs Kriegerfürsten hingegangen und hat also gesprochen: »Um einen anderen Hofpriester mögen nun die Herren sich umsehn, der die Geschäfte der Herren besorgen wird: ich wünsche, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« Darauf, ihr Lieben, sind die sechs Kriegerfürsten beiseite getreten und haben sich also beraten: »Diese Priester sind ja, wie wir wissen, gierig nach Geld: wie, wenn wir nun den großen Govinder Priester mit Geld gefügig machten?« So sind sie wieder an den großen Govinder Priester herangetreten und haben gesagt: »Es gibt, Verehrter, in diesen sechs Königreichen eine Menge Besitztümer: davon möge der Verehrte, soviel auch immer der Bedarf sei, nach Belieben für sich behalten.« – »Genug, ihr Herren: ich habe da schon eine Menge Besitztümer, eben durch der Herren Verfügung; dies alles will ich aufgeben und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« Da sind nun, ihr Lieben, die sechs Kriegerfürsten wieder beiseite getreten und haben sich also beraten: »Diese Priester sind ja, wie man weiß, gierig nach Weibern: wie, wenn wir nun den großen Govinder Priester mit Weibern gefügig machten617So sind sie wieder an den großen Govinder Priester herangetreten und haben gesagt: »Es finden sich, Verehrter, in diesen sechs Königreichen gar viele Weiber: davon möge der Verehrte, nach was für einer Anzahl auch immer das Verlangen sei, nach Belieben für sich erwählen.« – »Genug, ihr Herren: ich habe da schon vierzig ebenbürtige Frauen; selbst alle diese will ich aufgeben und aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wenn der verehrte Govindo aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, dann werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.«


[349] Govindo:


»Wenn ihr dem Weltgenuß entsagt,

Woran der Erdenmensch so klebt:

Dann müßt ihr kämpfen, dauerstark,

Euch wappnen mächtig mit Geduld.


Das ist der Weg, der grade führt,

Es ist der Weg zum höchsten Ziel:

Die gute Botschaft, Guten wert,

Bringt euch empor zur Brahmawelt.«


»Wohlan denn, so möge Herr Govindo noch sieben Jahre vergehn lassen; nach Verlauf von sieben Jahren werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.« – »Zu lange, ihr Herren, sind sieben Jahre: ich kann nicht auf die Herren sieben Jahre lang warten. Wer kann da wohl, ihr Herren, wissen, wie lange man noch am Leben bleibt? Man muß hinübergehn, muß nachdenken lernen, muß günstig wirken,


Vollenden muß man als Asket,

Kein Leben gibt es ohne Tod.


Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wohlan denn, so möge Herr Govindo noch sechs Jahre vergehn lassen; noch fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre, zwei Jahre vergehn lassen; so möge denn Herr Govindo noch ein Jahr vergehn lassen; nach Verlauf eines Jahres werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.« – »Zu lange, ihr Herren, ist ein Jahr: ich kann nicht auf die Herren ein Jahr lang warten. Wer kann da wohl, ihr Herren, wissen, wie lange man noch am Leben bleibt? Man muß hinüber gehn, muß nachdenken lernen, muß günstig wirken,


Vollenden muß man als Asket,

Kein Leben gibt es ohne Tod.


Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wohlan denn, so möge Herr Govindo noch sieben Monate vergehn lassen; noch sechs Monate, fünf Monate, vier Monate, drei Monate, zwei Monate, einen Monat vergehn lassen; so möge denn Herr Govindo noch einen halben Monat vergehn [350] lassen; nach Verlauf eines halben Monats werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.« – »Zu lange, ihr Herren, ist ein halber Monat: ich kann nicht auf die Herren einen halben Monat lang warten. Wer kann da wohl, ihr Herren, wissen, wie lange man noch am Leben bleibt? Man muß hinüber gehn, muß nachdenken lernen, muß günstig wirken,


Vollenden muß man als Asket,

Kein Leben gibt es ohne Tod618.


Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Herren, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wohlan denn, so möge Herr Govindo noch sieben Tage vergehn lassen, bis wir unsere Söhne und Brüder mit der Herrschaft betraut haben; nach Verlauf von sieben Tagen werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein.« – »Nicht lange, ihr Herren, sind sieben Tage: ich werde auf die Herren sieben Tage warten.«


Darauf, ihr Lieben, ist nun der große Govinder Priester zu den sieben priesterlichen Meistern und zu den siebenhundert Hörern hingegangen und hat also gesprochen: »Um einen anderen Lehrer mögen nun die Verehrten sich umsehn, der ihnen die Spruchüberlieferung beibringt: ich wünsche, ihr Lieben, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Lieben, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Nicht wolle Herr Govindo aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: das Pilgertum, Herr, verleiht geringe Macht und geringen Gewinn, das Priestertum verleiht hohe Macht und hohen Gewinn.« – »Das hätten die Verehrten nicht sagen sollen, das hätten die Verehrten nicht sagen sollen: ›das Pilgertum verleiht geringe Macht und geringen Gewinn, das Priestertum verleiht hohe Macht und hohen Gewinn‹: denn wer ist wohl, ihr Lieben, mächtiger und reicher als ich? Bin ich doch jetzt, ihr Lieben, der Fürst der Fürsten, der Brahmā der Priester, die Gottheit der Bürger: dies alles eben ist mir zu minder, und ich will aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn619. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, ihr Lieben, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Wenn der verehrte Govindo aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, dann werden auch wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang [351] soll auch unser Gang sein.« Dann hat, ihr Lieben, der große Govinder Priester seine vierzig ebenbürtigen Frauen aufgesucht und also gesprochen: »Die, meine Damen, es wünschen, mögen zu ihren Verwandten nach Hause zurückkehren, oder sich einen anderen Gatten erwählen620: ich wünsche, meine Damen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn. Denn wie mir von Brahmā die rohen Düfte erklärt worden sind, können diese nicht wohl ausgetrieben werden, wenn man im Hause bleibt: hinausziehn werd' ich, meine Damen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit.« – »Nur du bist uns der Verwandte, den wir als Verwandten uns wünschen, und du bist der Gatte, den wir als Gatten uns wünschen! Wenn Herr Govindo aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, dann werden auch wir, o Herr, aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn: denn dein Gang soll auch unser Gang sein621


Da hat nun, ihr Lieben, der große Govinder Priester nach Verlauf dieser Woche sich Haar und Bart abnehmen lassen, die fahlen Gewänder angelegt und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. – Als nun der große Govinder Priester hinausgezogen war, sind die sieben Könige, gesalbte Kriegerfürsten, die sieben priesterlichen Meister, die siebenhundert Hörer, die vierzig ebenbürtigen Frauen, und noch etliche tausend Adeliche, etliche tausend Priester, etliche tausend Bürger, und auch gar manche Weiber und Frauen, kahlgeschoren, fahl gekleidet, dem großen Govinder Priester aus dem Hause in die Hauslosigkeit als Pilger nachgefolgt. Von dieser Schar, ihr Lieben, umgeben ist dann der große Govinder Priester über Dörfer, Burgen und königliche Städte von Ort zu Ort gewandert. Wo nun, ihr Lieben, damals der große Govinder Priester zu einem Dorfe oder zu einer Burg herankam, da galt er als der Fürst der Fürsten, als der Brahmā der Priester, als die Gottheit der Bürger. Wenn aber damals, ihr Lieben, die Leute geniest haben oder gestolpert sind, so haben sie gesagt: »Verehrung dem großen Govinder Priester! Verehrung dem siebenfachen Oberhirten!«


Der große Govinder Priester hat mit liebevollem Gemüte nach einer Richtung strahlend verweilt, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend hat er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem, durchstrahlt. Mit erbarmendem Gemüte, mit freudevollem Gemüte, mit unbewegtem Gemüte hat er nach einer Richtung strahlend verweilt, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und [352] nach unten: überall in allem sich wiedererkennend hat er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüte, mit freudevollem Gemüte, mit unbewegtem Gemüte, mit tiefem, weitem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem, durchstrahlt; und er hat den Jüngern den Weg zur Gemeinschaft in brahmische Welt aufgewiesen. – »Die nun damals, ihr Lieben, als Jünger des großen Govinder Priesters ganz und gar sein Gebot verstanden hatten, die gelangten bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, zur brahmischen Welt empor. Die nicht ganz und gar das Gebot verstanden hatten, die gelangten bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, entweder zur Gemeinschaft mit Selbstgewaltigen Göttern jenseit unbeschränkter Freude, oder gelangten empor zur Gemeinschaft mit Göttern unbeschränkter Freude, oder auch empor zur Gemeinschaft mit den Seligen Göttern, auch zur Gemeinschaft der Schattengötter, oder zur Gemeinschaft der Dreiunddreißig Götter, gelangten auch empor zur Gemeinschaft mit den Göttern der vier Großen Könige; die sich aber einer ganz untergeordneten Art hinzugesellten, gesellten sich den Scharen der Himmelsboten hinzu. So ist denn, ihr Lieben, eben bei all jenen edlen Nachkommen die Pilgerschaft nicht vergeblich gewesen, nicht güst geblieben, hat Blüte und Frucht getragen622.« – – – – – – Erinnert sich der Erhabene daran?‹«


»Ich erinnere mich, Fünfstrahliger. Ich bin damals der große Govinder Priester gewesen, ich habe jenen Jüngern den Weg zur Gemeinschaft in brahmische Welt aufgewiesen. Doch hat da, Fünfstrahliger, jenes Asketentum nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung geführt, sondern nur zur Einkehr in brahmische Welt. Dieses Asketentum nun bei mir, Fünfstrahliger, kann zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führen. Was ist das aber, Fünfstrahliger, für ein Asketentum, das zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führen kann? Es ist eben dieser heilige achtfältige Weg, und zwar: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. Das ist, Fünfstrahliger, ein Asketentum, das zu vollkommener Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung führen kann. Die aber da bei mir, Fünfstrahliger, als Jünger ganz und gar das Gebot verstehn, die können den Wahn versiegen lassen und die wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen. Die nicht ganz und gar das Gebot verstehn, die können nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen um [353] von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt623. Die nicht ganz und gar das Gebot verstehn, die können auch etwa nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Haß und Irre erleichtert, fast schon geläutert, nur einmal wiederkehren, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen. Die nicht ganz und gar das Gebot verstehn, die können auch etwa nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörerschaft gelangen, dem Verderben entronnen zielbewußt der vollen Erwachung entgegeneilen. So mag denn, Fünfstrahliger, eben bei all diesen edlen Nachkommen die Pilgerschaft nicht vergeblich sein, nicht güst bleiben, kann Blüte und Frucht tragen.«


Also sprach der Erhabene. Beglückt war der Fünfstrahlige, der junge Himmelsbote, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, bot dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts herum und war alsbald verschwunden.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 332-354.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon