Sechste Rede

Sechsfache Sechsheit

[1065] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Die Lehre werd' ich euch Mönchen aufweisen, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum werde ich darlegen; und zwar die sechsfache Sechsheit: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr!« sagten da aufmerksam jene Mönche zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Sechs innere Gebiete sind zu merken und sechs äußere Gebiete, sechs bewußtsame Reiche sind zu merken und sechs berührsame Reiche, sechs fühlsame Reiche sind zu merken und sechs durstsame Reiche.

›Sechs innere Gebiete sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Um das Gebiet des Gesichts, das Gebiet des Gehörs, das Gebiet des Geruchs, das Gebiet des Geschmacks, das Gebiet des Getastes, das Gebiet des Gedenkens. ›Sechs innere Gebiete sind zu merken‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die erste Sechsheit.

›Sechs äußere Gebiete sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Um das Gebiet der Formen, das Gebiet der Töne, das Gebiet der Düfte, das Gebiet der Säfte, das Gebiet der Tastungen, das Gebiet der Gedanken. ›Sechs äußere Gebiete sind zu merken‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die zweite Sechsheit.

[1065] ›Sechs bewußtsame Reiche sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Durch das Gesicht und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, durch das Gehör und die Töne entsteht das Hörbewußtsein, durch den Geruch und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein, durch den Geschmack und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein, durch das Getast und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein, durch das Gedenken und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein. ›Sechs bewußtsame Reiche sind zu merken‹; wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die dritte Sechsheit.

›Sechs berührsame Reiche sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Durch das Gesicht und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung; durch das Gehör und die Töne entsteht das Hörbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung; durch den Geruch und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung; durch den Geschmack und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung; durch das Getast und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung; durch das Gedenken und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung. ›Sechs berührsame Reiche sind zu merken‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die vierte Sechsheit.

›Sechs fühlsame Reiche sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Durch das Gesicht und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt; durch das Gehör und die Töne entsteht das Hörbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt; durch den Geruch und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt; durch den Geschmack und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt; durch das Getast und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt; durch das Gedenken und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt. ›Sechs fühlsame Reiche sind zu merken‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die fünfte Sechsheit.

›Sechs durstsame Reiche sind zu merken‹: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Durch das Gesicht und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt; durch [1066] das Gehör und die Töne entsteht das Hörbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt; durch den Geruch und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt; durch den Geschmack und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt; durch das Getast und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt; durch das Gedenken und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung ist das Gefühl bedingt, durch das Gefühl ist der Durst bedingt. ›Sechs durstsame Reiche sind zu merken‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt. Das ist die sechste Sechsheit. –

›Das Auge ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Auge wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Das Auge ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst. – ›Die Formen sind das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; bei den Formen wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Die Formen sind das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst, sind die Formen nicht das Selbst. – ›Das Sehbewußtsein ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Sehbewußtsein wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Das Sehbewußtsein ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst, sind die Formen nicht das Selbst, ist das Sehbewußtsein nicht das Selbst. – ›Die Sehberührung ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; bei der Sehberührung wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Die Sehberührung ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst, sind die Formen nicht das Selbst, ist das Sehbewußtsein nicht das Selbst, ist die Sehberührung nicht das Selbst. – ›Das Gefühl ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Gefühle wird [1067] ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Das Gefühl ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst, sind die Formen nicht das Selbst, ist das Sehbewußtsein nicht das Selbst, ist die Sehberührung nicht das Selbst, ist das Gefühl nicht das Selbst. – ›Der Durst ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Durste wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Der Durst ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist das Auge nicht das Selbst, sind die Formen nicht das Selbst, ist das Sehbewußtsein nicht das Selbst, ist die Sehberührung nicht das Selbst, ist das Gefühl nicht das Selbst, ist der Durst nicht das Selbst.

›Das Ohr ist das Selbst‹ – ›Die Nase ist das Selbst530‹ – ›Die Zunge ist das Selbst‹ – ›Der Leib ist das Selbst‹ – ›Der Geist ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Geiste wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Der Geist ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst. – ›Die Gedanken sind das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; bei den Gedanken wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Die Gedanken sind das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst, sind die Gedanken nicht das Selbst. – ›Das Denkbewußtsein ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Denkbewußtsein wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen: wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Das Denkbewußtsein ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst, sind die Gedanken nicht das Selbst, ist das Denkbewußtsein nicht das Selbst. – ›Die Denkberührung ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; bei der Denkberührung wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Die Denkberührung ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst, sind die Gedanken nicht das Selbst, ist das Denkbewußtsein nicht das Selbst, ist die Denkberührung nicht das Selbst. – ›Das Gefühl ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Gefühle wird ein Entstehn [1068] und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Das Gefühl ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst, sind die Gedanken nicht das Selbst, ist das Denkbewußtsein nicht das Selbst, ist die Denkberührung nicht das Selbst, ist das Gefühl nicht das Selbst. – ›Der Durst ist das Selbst‹, eine solche Behauptung, die kann nicht angehn; beim Durste wird ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen; wobei nun aber ein Entstehn und Vergehn wahrgenommen wird, muß einer ›Mein Selbst entsteht und vergeht‹ als Ergebnis gelten lassen; darum geht es nicht an ›Der Durst ist das Selbst‹ zu behaupten: somit ist der Geist nicht das Selbst, sind die Gedanken nicht das Selbst, ist das Denkbewußtsein nicht das Selbst, ist die Denkberührung nicht das Selbst, ist das Gefühl nicht das Selbst, ist der Durst nicht das Selbst.

Das aber ist, ihr Mönche, der Pfad, der zur Entstehung der Persönlichkeit hinführt: ›Das Auge‹, sagt man sich, ›das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst.‹ ›Die Formen‹, sagt man sich, ›das Sehbewußtsein, die Sehberührung, das Gefühl, der Durst: das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst.‹ ›Das Ohr‹, sagt man sich, ›die Nase, die Zunge, der Leib, der Geist, die Gedanken, das Denkbewußtsein, die Denkberührung, das Gefühl, der Durst: das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst.‹

Das aber ist, ihr Mönche, der Pfad, der zur Auflösung der Persönlichkeit hinführt: ›Das Auge‹, sagt man sich, ›das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‹ ›Die Formen‹, sagt man sich, ›das Sehbewußtsein, die Sehberührung, das Gefühl, der Durst: das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‹ ›Das Ohr‹, sagt man sich, ›die Nase, die Zunge, der Leib, der Geist, die Gedanken, das Denkbewußtsein, die Denkberührung, das Gefühl, der Durst: das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.‹

Durch das Gesicht, ihr Mönche, und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung entsteht eine Empfindung von Wohl, oder von Wehe, oder weder von Wehe noch von Wohl. Von einem wohligen Gefühle getroffen empfindet man Freude, Befriedigung, Ergetzen daran, und begehrliche Anwandlung kommt einen an. Von einem wehen Gefühle getroffen wird man bekümmert, beklommen, man jammert, schlägt sich stöhnend die Brust, gerät in Verzweiflung, und widerwillige Anwandlung kommt einen an. Von einem weder wehen noch wohligen Gefühle getroffen mag man dieser Empfindung Beginn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung nicht der Wahrheit gemäß verstehn, und unwissende Anwandlung kommt einen an. Daß aber einer, ihr Mönche, der beim wohligen Gefühle begehrliche Anwandlung nicht verleugnet, beim [1069] wehen Gefühle widerwillige Anwandlung nicht von sich gewiesen, beim weder wehen noch wohligen Gefühle unwissende Anwandlung nicht ausgetilgt, Unwissen nicht verloren, Wissen nicht erworben hat, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen werde: das ist unmöglich.

Durch das Gehör, ihr Mönche, und die Töne entsteht das Hörbewußtsein; durch den Geruch, ihr Mönche, und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein; durch den Geschmack, ihr Mönche, und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein; durch das Getast, ihr Mönche, und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein; durch das Gedenken, ihr Mönche, und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung entsteht eine Empfindung von Wohl, oder von Wehe, oder weder von Wehe noch von Wohl. Von einem wohligen Gefühle getroffen empfindet man Freude, Befriedigung, Ergetzen daran, und begehrliche Anwandlung kommt einen an. Von einem wehen Gefühle getroffen wird man bekümmert, beklommen, man jammert, schlägt sich stöhnend die Brust, gerät in Verzweiflung, und widerwillige Anwandlung kommt einen an. Von einem weder wehen noch wohligen Gefühle getroffen mag man dieser Empfindung Beginn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung nicht der Wahrheit gemäß verstehn, und unwissende Anwandlung kommt einen an. Daß aber einer, ihr Mönche, der beim wohligen Gefühle begehrliche Anwandlung nicht verleugnet, beim wehen Gefühle widerwillige Anwandlung nicht von sich gewiesen, beim weder wehen noch wohligen Gefühle unwissende Anwandlung nicht ausgetilgt, Unwissen nicht verloren, Wissen nicht erworben hat, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen werde: das ist unmöglich.

Durch das Gesicht, ihr Mönche, und die Formen entsteht das Sehbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung entsteht eine Empfindung von Wohl, oder von Wehe, oder weder von Wehe noch von Wohl. Von einem wohligen Gefühle getroffen empfindet man da keine Freude, keine Befriedigung, kein Ergetzen, und begehrliche Anwandlung kommt einen nicht an. Von einem wehen Gefühle getroffen wird man da nicht bekümmert, nicht beklommen, man jammert nicht, schlägt sich nicht stöhnend die Brust, gerät nicht in Verzweiflung, und widerwillige Anwandlung kommt einen nicht an. Von einem weder wehen noch wohligen Gefühle getroffen mag man dieser Empfindung Beginn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstehn, und unwissende Anwandlung kommt einen nicht an. Daß aber einer, ihr Mönche, der beim wohligen Gefühle begehrliche Anwandlung verleugnet, beim wehen Gefühle widerwillige Anwandlung von sich gewiesen, beim weder wehen noch wohligen Gefühle unwissende Anwandlung ausgetilgt, Unwissen verloren, Wissen erworben hat, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen werde: das ist möglich.

[1070] Durch das Gehör, ihr Mönche, und die Töne entsteht das Hörbewußtsein; durch den Geruch, ihr Mönche, und die Düfte entsteht das Riechbewußtsein; durch den Geschmack, ihr Mönche, und die Säfte entsteht das Schmeckbewußtsein; durch das Getast, ihr Mönche, und die Tastungen entsteht das Tastbewußtsein; durch das Gedenken, ihr Mönche, und die Dinge entsteht das Denkbewußtsein, der Einschlag der drei gibt Berührung, durch die Berührung entsteht eine Empfindung von Wohl, oder von Wehe, oder weder von Wehe noch von Wohl. Von einem wohligen Gefühle getroffen empfindet man da keine Freude, keine Befriedigung, kein Ergetzen, und begehrliche Anwandlung kommt einen nicht an. Von einem wehen Gefühle getroffen wird man da nicht bekümmert, nicht beklommen, man jammert nicht, schlägt sich nicht stöhnend die Brust, gerät nicht in Verzweiflung, und widerwillige Anwandlung kommt einen nicht an. Von einem weder wehen noch wohligen Gefühle getroffen mag man dieser Empfindung Beginn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstehn, und unwissende Anwandlung kommt einen nicht an. Daß aber einer, ihr Mönche, der beim wohligen Gefühle begehrliche Anwandlung verleugnet, beim wehen Gefühle unwillige Anwandlung von sich gewiesen, beim weder wehen noch wohligen Gefühle unwissende Anwandlung ausgetilgt, Unwissen verloren, Wissen erworben hat, noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen werde: das ist möglich.

Bei solcher Betrachtung, ihr Mönche, wird der erfahrene heilige Jünger des Auges überdrüssig, der Formen überdrüssig, des Sehbewußtseins überdrüssig, der Sehberührung überdrüssig, des Gefühles überdrüssig, des Durstes überdrüssig; er wird des Ohres, der Nase, der Zunge, des Leibes, des Geistes überdrüssig, der Töne, der Düfte, der Säfte, der Tastungen, der Gedanken überdrüssig, des Hörbewußtseins, des Riechbewußtseins, des Schmeckbewußtseins, des Tastbewußtseins, des Denkbewußtseins überdrüssig, der Hörberührung, der Riechberührung, der Schmeckberührung, der Tastberührung, der Denkberührung überdrüssig, des Gefühles überdrüssig, des Durstes überdrüssig. Überdrüssig wendet er sich ab. Abgewandt löst er sich los. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

Während aber diese Darlegung stattgefunden, hatte sich bei etwa sechzig Mönchen das Herz ohne Hangen vom Wahne abgelöst531.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 1, Zürich/Wien 41956, S. 1065-1071.
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