Verfolgt von Mücken-, Wespenbrut
In Waldesmitte, Waldespracht:
Gelassen, wie der Elefant
Im Schlachtgewühle, weile schlau.
32
Verweslich, hab' ich Wesenschaft,
Inbrünstig, aller Brünste Ziel
Bereitet, höchster Ruhe Heil,
Das unvergleichlich echte Glück.
Gleichwie die Mutter wohlgemut
Ihr einzig Kindlein hegt und pflegt,
So heg' und pflege jedermann
Ein jeglich Wesen überall!
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Wer einsam west hat gut gewählt:
So gilt es Denkern immerdar.
Vom Dorf in dichten Wald hinein,
Durch dichten Wald zur Zelle dann,
Und weit und weiter zieh' ich fort
Nach kurzer Rast, und rede nicht.
Das Glück erlangt wer Glück begehrt, ein höchstes Glück;
Gepriesen wird er, wahrlich, rings umher gerühmt,
Wer hier den heil'gen achtgeteilten Pfad erfüllt,
Den Weg, der grad' in Ewigkeit uns überführt.
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O Heil dem Worte, Heil der tapfern Tat,
O Heil dem Pilger, der als Bettler schweift!
Als Jünger dient in Demut er, bedacht:
Das ist Asketenschaft von Kummer frei.
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Sie wandern durch die Lande hin
Und leben lässig, ohne Ernst,
Sind unstet, ungefestigt, feig:
Was frommt es Reich um Reiche reisen durch?
So laßt uns meiden arge Müh',
Alleinig üben Schauung licht.
Wer mächtig da gestaut hat Sarabhū,
Die wogenwilde, selber unverstört:
Den unbenetzten, unvernetzten Helden hehr,
Den Weltenüberwinder grüßen Götter gern.
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Wie scharf mit Messern angeschlitzt,
Wie hell am Scheitel angebrannt:
Verleugnend alle Lebenslust
Zieh' weiter, wohlgefaßt, ein Mönch.
Wie scharf mit Messern angeschlitzt,
Wie hell am Scheitel angebrannt:
Verleugnend alle Daseinslust
Zieh' weiter, wohlgefaßt, ein Mönch.
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