[292] 51
Der Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Ich hab' das Herz im Innern fein gefaßt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
52
Der Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Ich hab' das Herz im Busen fein gefaßt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
53
Der Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Geborgen bin ich, wanke, weiche nicht:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
54
Der Regen rieselt, recht wie sanfter Sang,
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon,
Geborgen bin ich, einsam, ungesellt:
Wohlan, o Wolke, willst du, riesle, regne recht!
Gezimmert hab' ich Schemel, Schirm
Und bin zum Walde zogen baß;
Drei Wissenschaften sind geschafft,
Erfüllt ist was der Herr befiehlt.
56
Der Hüttengeber:
Wer haust in dieser Hütte hier?
Kuṭivihārī:
Es ist ein Mönch;
Der Gier entgangen wahrt er wohl das Herz.
Ich sag' dir Botschaft, höre, Freund:
Nicht hast umsonst du hier gebaut.
Ein altes Hüttlein stand vor Zeiten da;
Ein andres Haus, ein neues nähmst du jetzt?
O denk' an Haus und Hütte nicht,
So weh', o Mönch, ist wieder neues Haus!
58
Wie heiter dünkt mein Hüttlein doch,
Verleiht Vertrauen, lichten Trost:
Von Mägden mag ich keine Gunst,
Wer Gunst begehrt nimmt gern euch auf, ihr Weibervolk.
[294] 59
Ich hab' entsagt aus Zuversicht,
Im Wald ein Hüttlein selbst gebaut,
Gerungen recht in zäher Zucht,
Gedankenklar und klug bedacht.
60
Erzwungen hab' ich sichern Zweck,
Wozu mir diese Hütte taugt:
Ich hab' Erlösung licht ersehn
Den Eigendünkel tilgend aus.
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