4. Weitere schottische Philosophen

[285] Dahin gehört auch Dugald Stewart, Eduard Search, Ferguson, Hutcheson. Sie haben meist über Moral geschrieben. Auch der Staatsökonom Adam Smith ist in diesem Sinne Philosoph. Diese schottische Philosophie wird jetzt in Deutschland als etwas Neues ausgegeben. Garve hat mehrere[285] Schriften über Moral von ihnen übersetzt. Ebenso hat er auch Cicero De officiis übersetzt, der in demselben Sinne spricht: Insitum est a natura. Alles spekulative Philosophieren hört damit auf. Es ist Populärphilosophie, die einerseits dieses große Recht hat, im Menschen, in seinem Bewußtsein die Quelle für das aufzusuchen, was ihm überhaupt gelten soll, die Immanenz dessen, was für ihn Wert haben soll. Der Inhalt ist zugleich konkreter Inhalt; er ist insofern der eigentlichen Metaphysik, dem Herumirren in abstrakten Verstandesbestimmungen entgegengesetzt. – Von diesen Schotten ist Adam Smith der bekannteste; Dugald Stewart scheint der letzte und unbedeutendste zu sein; es ist im ganzen derselbe Boden, derselbe Kreis der Reflexion. Diese suchten eine apriorische Philosophie, aber nicht auf spekulative Weise. Die allgemeine Vorstellung ihres Prinzips ist der gesunde Menschenverstand; zu diesem haben sie wohlwollende Neigungen, Sympathie, moralischen Sinn genommen und von solchen Gründen aus sehr vorzügliche moralische Schriften verfaßt. – Das ist nun schon gut, um bis zu einem gewissen Grade der Bildung zu wissen, was so ungefähr die allgemeinen Gedanken seien, um sie historisch zu erzählen, sich auf Beispiele zu berufen und sie zu erläutern.

In neueren Zeiten ist diese schottische Philosophie nach Frankreich übergegangen, und der Professor Royer-Collard, jetziger Präsident der zweiten Kammer, sowie sein Schüler Jouffroy gehen nach ihr von den Tatsachen des Bewußtseins durchgebildetes Räsonnement und Erfahrung zu weiterer Entwicklung fort.

Hieran knüpft sich das, was die Franzosen Ideologie nennen; abstrakte Metaphysik ist es, ein Aufzählen, Analysieren der einfachsten Denkbestimmungen. Sie werden nicht dialektisch behandelt; sondern aus unserer Reflexion, aus unseren Gedanken wird der Stoff genommen, und an diesem werden die Bestimmungen, die darin enthalten sind, aufgezeigt.[286]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 20, Frankfurt am Main 1979, S. 285-287.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie
Universal-Bibliothek, Nr. 4881: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Nr. 612: Georg Wilhelm Friedrich Hegel Werke Band 12: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 18: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 19: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie II (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 20: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)