a. Gegensatz von sentir und penser

[303] Zu dieser Einseitigkeit gehört der Gegensatz von sentir und penser, die Identität desselben, so daß letzteres nur ein Resultat von jenem ist, – ohne spekulativerweise diesen Gegensatz, wie Spinoza und Malebranche taten, in Gott zu vereinigen. Die Einheiten, welche die Franzosen hervorbrachten, wurden einseitig. Eine ausgebreitete Theorie wird die Zurückführung alles Denkens auf Empfindung, wie in gewisser Rücksicht bei Locke dies der Fall war. – Robinet kommt auch auf den Gegensatz von Denken und Empfinden und bleibt dabei stehen, daß Geist und Körper ungetrennt seien, die Weise der Einheit aber unerklärlich. – Das Systeme de la Nature zeichnet sich durch die Zurückführung[303] des Denkens auf die Empfindung aus; sie ist besonders flach. Der Hauptgedanke ist: die abstrakten Gedanken seien nur Anwendungen der Wahrnehmungen von Gegenständen. So ging die Philosophie zu Materialismus über; so bei Lamettrie: L'homme machine. Aller Gedanke, alle Vorstellung habe nur Sinn, wenn sie als materiell gefaßt werde; nur die Materie existiere.

Dem haben große Köpfe dann das Gefühl in der Brust entgegengesetzt, den Trieb sich zu erhalten, wohlwollende Neigungen gegen andere, Trieb zur Geselligkeit, welchen letzteren auch Pufendorf seinem Rechtssystem zugrunde gelegt hatte. – Von hier aus haben sie sehr viel Vortreffliches gesagt. So hat Montesquieu in seinem schönen Buche L'esprit des lois, wovon Voltaire sagte, es wäre ein esprit sur les lois, die Verfassungen in diesem großen Sinne betrachtet, daß Verfassung, Religion, alles, was sich in einem Staate findet, eine Totalität ausmacht.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 20, Frankfurt am Main 1979, S. 303-304.
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