Abschnitt I.

[74] Man sollte billig erwarten, dass in Fragen, welche seit dem Bestehen der Wissenschaften und Philosophie mit Eifer erwogen und verhandelt worden sind, wenigstens über den Sinn der Worte unter den Streitenden Uebereinstimmung herrschen, und dass die Anstrengungen von zweitausend Jahren wenigstens ermöglicht hätten, von den Worten zu dem wirklichen und wahren Streitgegenstand überzugehen. Es scheint ja so leicht, genaue Definitionen der in der Untersuchung gebrauchten Ausdrücke zu geben und diese Definitionen und nicht den leeren Schall der Worte zum Gegenstand der Untersuchung und Prüfung zu machen. Tritt man indess der Sache näher, so ergiebt sich das Entgegengesetzte. Ist eine Streitfrage schon lange verhandelt und noch heute unentschieden, so kann man sicher abnehmen, dass irgend eine Zweideutigkeit im Ausdrucke besteht, und dass die Kämpfer den in ihrem Streite gebrauchten Worten einen verschiedenen Sinn unterlegen; denn die Seelenkräfte gelten von Natur bei Allen als gleich, sonst wäre alles Begründen und Streiten vergeblich. Wenn die Menschen daher denselben Sinn mit den Worten verbänden, so könnten sie unmöglich so lange verschiedener Meinung über ein und dasselbe sein; besonders, wenn sie sich ihre Ansichten mittheilen, und jeder Theil nach allen Richtungen Beweisgründe aufsucht, um den Sieg über den Gegner zu gewinnen. Wenn man allerdings Fragen verhandelt, die ganz ausserhalb des Bereiches menschlicher Fähigkeit liegen, z.B. über den Ursprung der Welt oder über die Einrichtung des Geisterreichs, so mag man lange den fruchtlosen Streit erschallen lassen und nie zu einem bestimmten Schlusssatz gelangen. Betrifft aber die Frage irgend einen Gegenstand des gewöhnlichen Lebens und der Erfahrung, so können sicherlich nur zweideutige Ausdrücke den Streit so lange unentschieden[74] hinhalten; nur diese können die Gegner in einer gewissen Entfernung von einander halten und sie nicht zum Ringen kommen lassen.

Dies ist der Fall in dem langen Streit über Freiheit und Nothwendigkeit gewesen. Es ist dies um so auffallender, als, wenn ich nicht sehr irre, sich ergeben wird, dass in dieser Frage Jedermann, der Gelehrte wie der Ungelehrte, derselben Ansicht gewesen ist, und einige wenige verständliche Definitionen dem ganzen Streite ein Ende gemacht haben würden. Der Streit ist so vielfach von aller Welt geführt und hat die Philosophen in ein solches Wirrsal dunkler Sophisterei verwickelt, dass man sich nicht wundern darf, wenn verständige Leser sich wegwenden und von einer Erörterung dieser Frage nichts mehr hören mögen, die weder Unterhaltung noch Belehrung verspricht. Indess wird die hier folgende Darstellung vielleicht die Aufmerksamkeit erregen, da sie neu ist, die Entscheidung des Streites verheisst und das Behagen des Lesers nicht durch verwickelte und dunkle Ausführungen stören wird.

Ich hoffe also klar zu machen, dass alle Menschen in der Lehre von der Freiheit und Nothwendigkeit eines Sinnes gewesen sind, sobald man diesen Worten einen vernünftigen Sinn unterlegt, und dass der ganze Streit sich bisher nur um Worte gedreht hat. Ich werde mit Prüfung der Lehre von der Nothwendigkeit beginnen.

Man erkennt allgemein an, dass der Stoff in all seinen Gestaltungen durch eine nothwendige Kraft geleitet wird, und dass jede natürliche Wirkung so genau durch die Wirksamkeit ihrer Ursache bestimmt wird, dass keine andere Wirkung unter diesen Umständen daraus hervorgehen kann. Das Maass und die Richtung jeder Bewegung ist durch die Naturgesetze mit solcher Schärfe vorgeschrieben, das eher ein lebendes Wesen aus dem Stoss zweier Körper hervorgehen kann, als eine Bewegung von anderer Stärke und Richtung als die wirklich hervorgebrachte. Will man daher einen richtigen und genauen Begriff von der Nothwendigkeit sich bilden, so muss man sehen, woher der Begriff kommt, wenn man ihn auf körperliche Vorgänge anwendet.

Wenn alle Naturvorgänge in der Weise Statt hätten, dass keine zwei einander irgend ähnlich wären, sondern jeder ein eigenthümlicher für sich, ohne Aehnlichkeit mit irgend einem früheren, so wurde man dann offenbar den Begriff der Nothwendigkeit[75] oder der Verknüpfung dieser Gegenstände nie gebildet haben. Man könnte dann wohl sagen, dass eine Sache der andern gefolgt sei, aber nicht, dass die eine die andere hervorgebracht habe. Die Beziehung von Ursache und Wirkung wäre dann dem Menschen ganz unbekannt. Schlüsse und Begründungen in Bezug auf Naturvorgänge hätten dann sogleich ein Ende, und das Gedächtniss und die Sinne würden die einzigen Kanäle sein, durch welche das Wissen um ein wirkliches Dasein möglicherweise in die Seele eintreten könnte.

Unser Begriff einer Nothwendigkeit und Verursachung entspringt also lediglich aus der wahrgenommenen Gleichförmigkeit in der Natur, in welcher gleiche Dinge immer mit einander verknüpft sind und die Seele durch Gewohnheit bestimmt wird, von dem einen auf das andere zu schliessen. Diese beiden Um stände bilden das Wesen von jener Nothwendigkeit, welche wir dem Stoffe beilegen. Ohne die beständige Verbindung gleicher Dinge und der richtigen Folgerung des einen aus dem andern hätte man keinen Begriff von Nothwendigkeit und Verknüpfung.

Sollte sich zeigen, dass Jedermann immer ohne Zaudern und Zweifeln anerkannt hat, dass diese beiden Umstände bei den freiwilligen Handlungen der Menschen und bei den Vorgängen in der Seele bestehen, so folgt, dass Jedermann in der Lehre der Nothwendigkeit gleichen Sinnes gewesen ist, und dass man sich bisher nur gestritten hat, weil man sich nicht verstanden hat.

Was den ersten Umstand, die feste und regelmässige Verbindung gleicher Ereignisse anlangt, so werden die hier folgenden Betrachtungen genügenden Aufschluss gewähren. Man gesteht allgemein zu, dass eine grosse Regelmässigkeit im menschlichen Handeln bei allen Völkern und zu allen Zeiten besteht, und dass die menschliche Natur in ihren Gesetzen und Vorgängen sich gleich bleibt. Die gleichen Beweggründe führen zu denselben Handlungen; die nämlichen Wirkungen folgen den nämlichen Ursachen. Die Ehrsucht, der Geiz, die Selbstliebe, die Eitelkeit, die Feindschaft, der Edelmuth, der öffentliche Geist; all diese Leidenschaften haben in verschiedenen Mischungen und Austheilungen unter den Menschen von Beginn der Welt und noch heute die Quelle aller Handlungen und Unternehmen unter den Menschen gebildet. Will man die Gedanken, Neigungen und[76] den Lebenslauf der Griechen und Römer kennen, so muss man sorgfältig das Temperament der Franzosen und Engländer studiren. Man wird wenig fehlgreifen, wenn man die meisten dieser Beobachtungen auf Jene überträgt. Die Menschen sind in allen Zeiten und Orten so sehr dieselben, dass die Geschichte uns hierin nichts Neues oder Fremdes bietet. Ihr Hauptnutzen liegt in der Aufdeckung der festen und allgemeinen Gesetze der menschlichen Natur, indem sie die Menschen in den verschiedensten Verhältnissen und Lagen darstellt und so den Forscher mit Material versorgt, woraus man die Regeln ziehen und die Kenntniss der regelmässigen Springfedern menschlichen Handelns und Benehmens gewinnen kann. Die Berichte über Kriege, Intriguen, Vertheidigungen und Revolutionen sind ebenso viel Sammlungen von Versuchen, aus welchen der Staatsmann oder Moralphilosoph die Grundsätze seiner Wissenschaft ableitet; gerade wie die Naturforscher und Naturphilosophen durch die Versuche mit der Natur der Pflanzen, Mineralien und anderer Gegenstände bekannt werden. Die Erde, das Wasser und die anderen Elemente, welche Aristoteles und Hippokrates untersucht haben, sind den heutiges Tags untersuchten nicht ähnlicher, als die von Polybius und Tacitus geschilderten Menschen denen, welche jetzt die Welt regieren.

Wenn ein Reisender aus einem fernen Lande zurückkehrte und uns von Menschen erzählte, die ganz verschieden von allen uns bekannten wären; die von Ehrsucht, Geiz und Rachsucht ganz frei wären; denen nur Freundschaft, Edelmuth, Opferwilligkeit für das Allgemeine als Genuss gelte, so würde man sogleich an diesen Umständen die Unwahrheit erkennen und ihn für einen Lügner erklären, und zwar so gewiss, als wenn er seine Erzählung mit Geschichten von Centauren und Drachen, Wundern und Ungeheuerlichkeiten aufgeputzt hätte. Will man irgend eine Verfälschung der Geschichte herausbringen, so kann man kein überzeugenderes Mittel benutzen, als nachzuweisen, dass die der Person zugeschriebenen Handlungen geradezu gegen den Lauf der Natur sind, und dass unter solchen Umständen kein menschlicher Beweggrund zu einem solchen Benehmen geführt haben könne. Die Wahrhaftigkeit von Quintus Curtius ist ebenso verdächtig, wo er den übernatürlichen Muth Alexander's beschreibt und ihn allein auf grosse Massen losstürzen lässt, als wo er die übernatürliche Kraft und Behendigkeit beschreibt,[77] mit der er seinen Gegnern zu widerstehen vermochte. So leicht und allgemein erkennt man an, dass in den Beweggründen und Handlungen des Menschen dieselbe Gleichförmigkeit wie in den Bewegungen der Körper besteht.

Darauf beruht der Nutzen der Erfahrungen, die man durch ein langes Leben und mannichfache Thätigkeit und Gesellschaft sammelt; sie lehrt uns die Gesetze der menschlichen Natur und regelt unser künftiges Benehmen und unsere Pläne. Mit diesem Führer lernen wir die Neigungen und Beweggründe der Menschen aus ihren Handlungen Reden und Geberden erkennen; vermittelst der Kenntniss ihrer Beweggründe und Neigungen unternehmen wir die Erklärung ihrer Handlungen. Die Regeln, welche man aus langer Erfahrung sich bildet, geben den Schlüssel zur menschlichen Natur, und mit ihnen kann man ihre Verwickelungen entwickeln. Vorwände und Schein täuschen dann nicht mehr. Oeffentliche Erklärungen gelten dann für Beschönigung des Sachverhalts. Und obgleich man der Tugend und Ehre ihren Werth und ihre Geltung zugesteht, sucht man doch diese so oft vorgeführte vollkommene Selbstlosigkeit nicht in der Menge und in den Parteien, nur selten in ihren Führern und kaum hie und da in einzelnen Männern von Rang und Bedeutung. Bestände nicht diese Gleichförmigkeit im menschlichen Handeln, und wäre jeder hier angestellte Versuch regellos und ungleich, so könnte man keine allgemeine Regeln über Menschen aufstellen, und selbst die noch so sehr durchdachte Erfahrung hätte keinen Nutzen. Weshalb ist der alte Bauer geschickter in seinem Geschäft als der junge Anfänger? nur weil eine gewisse Regelmässigkeit zwischen den Wirkungen der Sonne, dem Regen, der Erde und dem Wachsthum der Pflanzen besteht, und weil die Erfahrung dem alten Praktiker die Regeln gelehrt hat, wodurch dieser Einfluss bestimmt und geleitet werden kann.

Man darf indess nicht meinen, dass diese Regelmässigkeit menschlichen Handelns so weit gehe, dass Alle unter denselben Umständen genau in gleicher Weise handeln, ohne Rücksicht auf den Unterschied des Charakters, der Vorurtheile und Meinungen. Eine solche bis in das Kleinste reichende Regelmässigkeit zeigt sich in keinem Theile der Natur. Man kann aber aus der Mannichfaltigkeit des Benehmens Mehrerer eine grössere Anzahl von Regeln bilden,[78] welche immer noch einen Grad von Gleichförmigkeit und Regelmässigkeit beweisen.

Sind nicht die Sitten der Menschen in verschiedenen Zeiten und Ländern verschieden? Daraus erhellt die grosse Macht der Gewohnheit und Erziehung; sie bearbeiten die Seele von der Kindheit ab und bilden sie zum festen Charakter. Ist das Benehmen und die Aufführung der Männer nicht sehr von der der Frauen verschieden? Dies zeigt den Unterschied der Charaktere, welche die Natur den beiden Geschlechtern ertheilt hat, und die sie beharrlich und gleichmässig beibehält. Sind nicht die Handlungen desselben Menschen sehr verschieden nach den verschiedenen Perioden seines Lebens, nach Kindheit und Alter? Daraus können viele Kegeln über den allmählichen Wechsel unserer Empfindungen und Neigungen abgeleitet werden, und über den Unterschied der Grundsätze, welche in den verschiedenen Lebensaltern des Menschen die Oberhand haben. Selbst der individuelle Charakter zeigt Regelmässigkeit in seiner Wirksamkeit, sonst könnte man aus der Kenntniss der Personen und der Beobachtung ihres Benehmens nicht auf ihre Absichten schliessen und das eigene Benehmen danach einrichten.

Ich gebe zu, dass man Handlungen aufzeigen kann, welche keine regelmässige Verbindung mit einem bekannten Beweggrunde haben und eine Ausnahme zu allen Regeln des Benehmens bilden, welche für die Leitung des Menschen aufgestellt worden sind. Wenn man aber die Urtheile über solche unregelmässige und ausnahmsweise Handlungen kennen lernen will, so muss man auf die Ansichten zurückgehen, die über unregelmässige Erfolge sich bilden, welche im Laufe der Natur und bei den Vorgängen der äusseren Gegenstände sich zeigen. Alle Ursachen sind nicht mit gleicher Regelmässigkeit mit ihren Wirkungen verknüpft. Ein Handwerker, der nur einen rohen Stoff verarbeitet, kann in seiner Absicht ebenso irregeführt werden als ein Staatsmann, der die Wirksamkeit geistiger und empfindender Kräfte leitet.

Die Menge, welche die Dinge nach ihrer ersten Erscheinung beurtheilt, schreibt die Unsicherheit des Erfolges der Ungewissheit in den Ursachen zu; deshalb sollen sie in ihrem Einfluss manchmal fehlgreifen, wenn auch kein Hinderniss ihrer Thätigkeit entgegentritt. Aber Philosophen bemerken, dass beinah in allen Gebieten der Natur eine grosse Mannichfaltigkeit von wirkenden Kräften und Prinzipien besteht,[79] welche wegen ihrer Kleinheit oder Entfernung nicht bemerkt werden, und erkennen es wenigstens als möglich an, dass der Unterschied der Erfolge nicht von einer Zufälligkeit in der Ursache, sondern von den geheimen Wirkungen der Gegenursachen herrührt. Fortgesetzte Beobachtung verwandelt diese Möglichkeit in Gewissheit; man bemerkt bei genauer Untersuchung immer, dass der unterschied der Erfolge einen Unterschied in den Ursachen verräth und aus deren wechselseitiger Hemmung entspringt. Ein Bauer kann, wenn die Uhr stehen bleibt, keinen Grund dafür angeben, als dass sie meist nicht richtig gegangen sei; aber der Sachverständige weiss, dass dieselbe Kraft der Feder oder des Pendels immer dieselbe Kraft auf die Räder übt, und dass diese gewohnte Wirkung hier vielleicht nur wegen eines Sandkornes ausbleibt, welches die Bewegung aufhält. Aus der Beobachtung verschiedener gleichlaufender Fälle entnehmen die Philosophen den Grundsatz, dass die Verknüpfung zwischen allen Ursachen und Wirkungen gleich nothwendig ist, und dass die anscheinenden Ausnahmen in einzelnen Fällen nur von geheimen Gegenwirkungen anderer Ursachen herkommen.

Wenn z.B. bei dem menschlichen Körper die gewöhnlichen Zeichen von Gesundheit und Krankheit das Urtheil täuschen; wenn die Medizin nicht in gewöhnlicher Weise wirkt; wenn unregelmässige Erfolge sich an eine Ursache knüpfen, so ist der Philosoph und Arzt nicht darüber verwundert; sie bestreiten deshalb im Allgemeinen nicht die Nothwendigkeit und Gleichförmigkeit der Prinzipien, welche das thierische Leben regieren. Sie wissen, dass der menschliche Körper eine ausserordentlich verwickelte Maschine ist; dass viele geheime Kräfte in ihm lauern, von denen man keine Vorstellung hat; dass er in seiner Wirksamkeit oft unregelmässig erscheinen muss, und dass deshalb diese unregelmässigen Folgen, welche sich äusserlich zeigen, nicht beweisen, dass die Naturgesetze nicht die grösste Regelmässigkeit in ihrer inneren Wirksamkeit und Wirkung innehalten.

Will der Philosoph folgerecht sein, so muss er dasselbe von den Handlungen und dem Wollen verständiger Wesen gelten lassen. Die unregelmässigsten und unerwartetsten Entschlüsse eines Menschen werden von dem verstanden, der alle Einzelheiten seines Charakters und seiner Lage kennt.[80] Ein gutmüthiger Mensch giebt eine mürrische Antwort; aber er hat Zahnschmerzen oder hat noch nicht zu Mittag gegessen. Ein dummer Mensch zeigt eine ungewohnte Lebhaftigkeit in seinem Benehmen; aber es ist ihm plötzlich etwas Angenehmes begegnet. Selbst wenn für eine Handlung zu Zeiten keine genügende Erklärung, weder von dem Handelnden selbst noch von Andern gegeben werden kann, so bleibt die Regel, dass die Charaktere der Menschen bis zu einem gewissen Grade unbeständig und unregelmässig sind. Dies ist gewissermassen der feste Zug in der menschlichen Natur; insbesondere gilt er für Solche, welche keine Regel in ihrem Benehmen festhalten, sondern sich in einer fortlaufenden Reihe von Eigensinn und Unbeständigkeit bewegen. Trotz dieser anscheinenden Unregelmässigkeit können die inneren Prinzipien und Beweggründe regelmässig wirken; wie man ja auch bei dem Winde, dem Regen, den Wolken und anderem Wechsel des Wetters feste Gesetze für ihr Eintreten voraussetzt, die nur der menschliche Scharfsinn und die Beobachtung nicht leicht entdecken können.

So zeigt sich, dass die Verbindung zwischen Beweggrund und Handeln ebenso regelmässig und gleichförmig ist wie die zwischen Ursache und Wirkung in allen Gebieten der Natur. Diese regelmässige Verbindung wird von Jedermann anerkannt und ist weder im Leben noch in der Philosophie bestritten worden. Da nur frühere Erfahrung die Unterlage für alle Schlüsse auf die Zukunft abgiebt, und da man annimmt, dass Gegenstände, die man immer verbunden angetroffen hat, auch immer verbunden bleiben werden, so ergiebt sich von selbst, dass diese wahrgenommene Gleichförmigkeit des menschlichen Handelns die Quelle ist, aus der wir die Schlüsse für dasselbe ableiten. Um indess die Untersuchung nach allen Seiten abzuschliessen, will ich zu diesem letzten Punkte noch Einiges bemerken.

Die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen in allen Gemeinschaften derselben ist so gross, dass kaum irgend eine menschliche Handlung in sich selbst so abgeschlossen und ohne Beziehung auf die Handlungen Anderer ist, dass ohne diese die Absicht des Handelnden erreichbar wäre. Der ärmste Handwerker, der für sich allein arbeitet, hofft mindestens auf den Schutz der Obrigkeit, um ihm den Genuss der Früchte seiner Arbeit zu sichern. Ebenso erwartet er, dass er, wenn er seine Waaren zu Markte bringt und[81] billige Preise stellt, Käufer finden werde und dass er mit dem gelösten Gelde Andere wird bestimmen können, ihn mit dem, was er zu seinem Lebensunterhalte bedarf, zu versehen. Je weiter die Menschen ihre Thätigkeit ausdehnen, und je verwickelter der Verkehr mit Andern wird, desto grösser wird bei ihren Plänen die Mannichfaltigkeit der Handlungen, welche nach den besonderen Beweggründen mit den ihrigen sich verbinden sollen. Bei allen diesen Uebergängen fasst man seine Massregeln nach früheren Erfahrungen, wie bei den Erwägungen rücksichtlich äusserer Gegenstände, und man ist überzeugt, dass die Menschen, ebenso wie die Elemente in ihrer Wirksamkeit genau so bleiben werden, wie man sie immer gefunden hat. Ein Fabrikant rechnet auf die Arbeit seiner Leute für die Fertigung seiner Waaren ebenso sicher wie auf die Wirksamkeit der Werkzeuge, welche er dabei benutzt, und er würde ebenso überrascht sein, wenn er dort in seinen Erwartungen getauscht würde. Kurz, dieses Schliessen aus Erfahrung auf die Handlungen Anderer dringt so in das Leben ein, dass Niemand im wachen Zustande auch nur einen Augenblick davon ablässt. Kann man daher nicht mit Recht behaupten, dass alle Menschen in der Lehre von der Nothwendigkeit nach der obigen Definition und Erläuterung derselben immer übereingestimmt haben?

Selbst Philosophen haben in diesem Punkte keine, von der gemeinen abweichende Ansicht; denn abgesehen davon, dass beinahe jede Handlung ihres Lebens von dieser Ansicht ausgeht, ist sie auch für jede tiefere Untersuchung in den Wissenschaften unentbehrlich. Was sollte aus der Geschichte werden, vertraute man nicht der Wahrhaftigkeit des Geschichtsschreibers nach der Erfahrung, die man über die Menschen besitzt? Wie könnte die Politik eine Wissenschaft sein, wenn die Gesetze und Verwaltungsformen nicht einen gleichmässigen Einfluss auf die Gesellschaft übten? Wo. bliebe die Grundlage der Moral, wenn bestimmte Charaktere nicht die sichere und bestimmte Macht hätten, bestimmte Entschlüsse hervorzurufen, und wenn diese Entschlüsse nicht eine regelmässige Wirksamkeit auf die Handlung hätten? Und mit welchem Rechte könnte man die Kritik über einen Dichter oder ästhetischen Schriftsteller üben, wenn das Benehmen und die Gesinnungen seiner Personen nach ihren Charakteren und Verhältnissen weder für[82] natürlich noch unnatürlich erklärt werden könnten? Man kann sich daher weder mit einer Wissenschaft noch mit einer Handlung befassen, ohne die Lehre von der Nothwendigkeit und die Schlussfolgerungen vom Beweggrunde auf die Handlung und vom Charakter auf das Benehmen anzuerkennen.

Betrachtet man, wie eng die Gewissheit in natürlichen und in moralischen Dingen mit einander verkettet sind und zusammen nur eine Reihe von Schlüssen bilden, so wird man sicherlich anerkennen, dass sie gleicher Natur sind und aus denselben Prinzipien sich ableiten. Ein Gefangener, welcher weder Geld noch Einfluss hat, erkennt die Unmöglichkeit seiner Flucht, sowohl wenn er den Widerstand seines Wächters bedenkt, als wenn er die Mauern und Einfassungen betrachtet. Bei allen Freiheitsversuchen arbeitet er noch eher gegen Stein und Eisen der letztern, als gegen die unbeugsame Natur des erstern. Wenn dieser Gefangene zum Schaffot geführt wird, so weiss er, dass die Gewissheit seines Todes ebenso durch die Festigkeit und Treue der Wächter, als durch die Wirksamkeit des Beils und Rades bedingt ist. Seine Gedanken bewegen sich in einer bestimmten Reihe von Vorstellungen, als: die Weigerung der Soldaten, ihn entwischen zu lassen, die Handlung des Scharfrichters, die Trennung des Kopfes vom Rumpfe, das Verbluten, die krampfhaften Zuckungen und der Tod. Hier sind natürliche Ursachen und willkürliche Handlungen verkettet; aber die Seele macht beim Uebergang von dem einen zum andern keinen Unterschied zwischen ihnen, und sie ist des kommenden Erfolges ebenso sicher, als wenn dieser Erfolg nur mit Dingen, die dem Gedächtniss gegenwärtig sind, durch eine Reihe von Ursachen verknüpft wäre, die man die physische Nothwendigkeit zu nennen pflegt. Eine durch die Erfahrung bekannte Verbindung wirkt gleich stark auf die Seele, mögen die verbundenen Dinge Beweggründe, Wollen und Handlungen oder Gestalten und Bewegungen sein. Wir können wohl die Namen der Dinge andern, aber niemals deren Natur und Wirksamkeit auf die Seele.

Kommt ein mir als ehrlich und reich bekannter und mir befreundeter Mann in mein Haus, wo ich von meinen Leuten umgeben bin, so bin ich so sicher, dass er mich nicht vor seinem Fortgehn erstechen wird, um mein Silberzeug zu rauben, als ich sicher bin, dass mein neues und fest gebautes[83] Haus nicht einfallen wird. – Aber er könnte von einem plötzlichen Wahnsinn befallen werden. – Nun, so kann auch plötzlich ein Erdbeben entstehen, mein Haus erschüttern und über meinen Kopf zusammenstürzen lassen. Ich will deshalb die Voraussetzungen ändern. Ich werde sagen, dass ich gewiss bin, er werde seine Hand nicht in das Feuer halten und warten bis sie verbrannt ist. Und dies, meine ich, kann ich mit derselben Sicherheit voraus sagen, als jenes, dass, wenn er aus dem Fenster springt und keinen Anhalt findet, er nicht einen Augenblick in der Luft sich schwebend erhalten wird. Kein Verdacht eines unbekannten Wahnsinns kann das erste Ereigniss, welches allen bekannten Gesetzen der Menschennatur widerspricht, im Geringsten wahrscheinlich machen. Wer an einem Nachmittag seine mit Gold gefüllte Börse auf das Pflaster von Charing cross legt, kann ebenso gut voraussetzen, dass sie wie eine Feder davonfliegen wird, als dass er sie eine Stunde später noch unberührt dort wiederfinden werde. Ueber die Hälfte der menschlichen Folgerungen enthält Schlüsse ähnlicher Art, die für mehr oder minder gewiss gelten, je nach unserer Erfahrung von dem gewöhnlichen Benehmen der Menschen in solchen besondern Verhältnissen.

Ich habe oft nach dem Grunde gesucht, weshalb Jedermann, obgleich er die Lehre der Nothwendigkeit ohne Zaudern in seinem Handeln und in seinem Denken anerkennt, doch so schwer sich entschliesst, sie in Worten anzuerkennen und zu allen Zeiten eher zur entgegengesetzten Meinung sich bekennt. Die Sache kann vielleicht so erklärt werden. Wenn man die Wirksamkeit der Körper und die Hervorbringung der Wirkungen aus ihren Ursachen untersucht, so findet sich, dass all unser Denken uns in der Kenntniss dieser Beziehung nicht weiter bringt, als zu der einfachen Bemerkung, dass gewisse Dinge beständig mit einander verbunden sind, und dass die Seele durch einen gewohnten Gedankengang bei dem Eintritt des einen zum Glauben des andern bestimmt wird. Obgleich dies Ergebniss menschlicher Unwissenheit sich aus der genauesten Untersuchung der Frage ergiebt, so neigen die Menschen doch sehr zu der Meinung, dass sie tiefer in die Kräfte der Natur eindringen und etwas gleich einer nothwendigen Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung erkennen. Wenden sie sich dann zur Betrachtung[84] der Vorgänge in ihrer eigenen Seele und fühlen sie da keine solche Verknüpfung zwischen Beweggrund und Handlung, so entnehmen sie daraus, dass ein Unterschied in den Wirkungen besteht, je nachdem sie aus körperlicher Kraft oder aus Gedanken und Einsicht entspringen. Ist man aber einmal überzeugt, dass man nichts weiter von der Ursachlichkeit jeder Art kennt, als blos die beständige Verbindung von Dingen und folgeweise die Folgerung von dem Einen auf das Andere in die Seele, und findet man, dass diese zwei Umstände allgemein bei Handlungen Statt haben, so wird man geneigter sein, auch hier dieselbe Notwendigkeit, wie bei allen andern Ursachen anzuerkennen. Und obgleich diese Darstellung dem Systeme vieler Philosophen widerspricht, insofern es den Entschlüssen des Willens Nothwendigkeit zuschreibt, so ergiebt sich doch bei näherer Betrachtung, dass man nur in Worten, aber nicht in dem Sinne von einander abweicht. Die Nothwendigkeit in dem hier dargelegten Sinne ist nie und kann, meines Erachtens, nie von einem Philosophen zurückgewiesen werden. Man kann höchstens behaupten, dass die Seele bei äusserlichen Vorgängen eine weitere Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung erkennen kann, und dass diese Verknüpfung bei freiwilligen Handlungen vernünftiger Wesen nicht stattfindet. Ob dies sich so verhält oder nicht, kann nur die Untersuchung entscheiden, und es liegt diesen Philosophen ob, ihre Behauptung zu beweisen und jene Nothwendigkeit zu definiren, zu beschreiben und in der Wirksamkeit der körperlichen Ursachen aufzuzeigen.

Es scheint wirklich, dass man diese Frage über Freiheit und Nothwendigkeit am verkehrten Ende anfasst, wenn man mit der Untersuchung der Seelenvermögen, dem Einfluss des Verstandes und der Wirksamkeit des Willens beginnt. Man muss mit einer einfachern Frage beginnen, nämlich mit der Wirksamkeit der Körper und des vernunftlosen Stoffes, und ermitteln, weshalb man hier einen Begriff von Ursachlichkeit und Nothwendigkeit bilden kann, der mehr ist, als regelmässige Verbindung der Dinge und folgeweise Schluss der Seele von einem auf den andern. Wenn diese Bestimmungen in Wahrheit den ganzen Inhalt der Nothwendigkeit ausmachen, welche bei körperlichen Dingen angenommen wird, und wenn diese Bestimmungen, wie Jedermann anerkennt, auch bei der Wirksamkeit der Seele bestehn, so ist der[85] Streit zu Ende, oder er ist wenigstens dann nur noch ein Wortstreit. So lange man aber voreilig annimmt, dass man bei den Vorgängen der äussern Gegenstände noch einen weitem Begriff von Ursachlichkeit und Nothwendigkeit habe, während man doch in den freiwilligen Handlungen der Seele nichts Weiteres finden kann, bleibt es unmöglich, die Frage zu einer bestimmten Entscheidung zu bringen, da man von irrthümlichen Voraussetzungen ausgeht. Der einzige Weg, sich nicht zu täuschen, ist, höher zu steigen, den geringen Umfang der Wissenschaft in Bezug auf körperliche Ursachen zu untersuchen und sich zu überzeugen, dass Alles, was wir von ihnen wissen, sich auf die beständige Verbindung und die obenerwähnte Schlussfolgerung beschränkt. Es wird uns vielleicht schwer, dem menschlichen Wissen so enge Schranken zu setzen; aber wenn man diese Lehre auf die willkürlichen Handlungen ausdehnt, wird man keine Schwierigkeiten mehr finden. Denn da diese Handlungen offenbar eine regelmässige Verbindung mit den Beweggründen, Umständen und Charakteren haben, und da wir fortwährend von dem Einen auf das Andere schliessen, so muss man selbst in Worten sich zu der Nothwendigkeit bekennen, die man bereits in jeder Ueberlegung des Lebens und in jedem Schritt des eigenen Benehmens und Handelns anerkannt hat.A5[86]

Um in diesem versöhnlichen Unternehmen über die Freiheit und Notwendigkeit, der bestrittensten Frage in der bestrittensten Wissenschaft, nähmlich der Metaphysik, fortzufahren, wird es nur weniger Worte bedürfen, um zu beweisen, dass die Menschen in der Lehre der Freiheit ebenso derselben Meinung wie bei der Nothwendigkeit gewesen sind, und dass der ganze Streit auch hier sich nur um Worte gedreht hat. Denn was versteht man unter Freiheit bei willkürlichen Handlungen? Man meint sicherlich nicht, dass die Handlungen so wenig mit den Beweggründen, Neigungen und Umständen verbunden seien, dass nicht das Eine mit einer gewissen Gleichförmigkeit auf das Andere folgte, und dass das Eine keinen Anhalt biete, um auf die Existenz des Andern zu schliessen; denn das sind klare und anerkannte Thatsachen. Man kann deshalb unter Freiheit nur die Macht verstehn, zu handeln oder nicht zu handeln, je nach dem Beschluss des Willens; d.h. wenn wir uns ruhn wollen, so können wir es, und wenn wir uns bewegen wollen, so können wir es auch. Diese bedingte Freiheit wird allgemein bei Jedem anerkannt, der nicht ein Gefangener und in Ketten ist. Hier ist also kein Streitgegenstand.[87]

Welche Definition der Freiheit man auch aufstelle, immer muss man zwei Umstände beachten, erstens, dass sie mit den Thatsachen übereinstimme, und zweitens, dass sie mit sich selbst übereinstimme. Beachtet man Beides, und macht man die Definition verständlich, so wird sich sicherlich ergeben, dass alle Welt hierbei einerlei Meinung ist.

Man giebt allgemein zu, dass nichts da ist ohne Ursache für sein Dasein, und dass Zufall im strengen Sinne nur eine Verneinung ist und keine wirkliche Kraft bezeichnet, die irgend ein Dasein in der Natur hätte. Aber man behauptet bei gewissen Ursachen, dass sie nothwendig seien, und bei anderen, dass sie es nicht seien. Hier zeigt sich nun der Nutzen der Definitionen. Man möge nur eine Ursache definiren, ohne die nothwendige Verknüpfung mit der Wirkung als einen Theil der Definition darin aufzunehmen; man zeige genau den Ursprung des Begriffs, welcher durch die Definition ausgedrückt ist; gelingt es, so will ich mich sofort für besiegt erklären. Ist man aber der obigen Erklärung beigetreten, so erhellt, dass ein solches Unternehmen unausführbar ist. Ohne regelmässige Verbindung der Dinge unter einander hätten wir nie den Begriff von Ursache und Wirkung bekommen, und diese regelmässige Verbindung führt zu dem Schluss des Verstandes, welcher die einzige Verknüpfung ist, die man begreifen kann. Jeder Versuch, die Ursache zu definiren, ohne diese Bestimmungen aufzunehmen, muss entweder in unverständliche Ausdrücke gerathen, oder in solche, welche nur in Worten von dem zu definirenden Gegenstand verschieden sind.A6 Wenn man aber die oben gegebene Definition anerkennt, so ist die Freiheit, als Gegensatz der Nothwendigkeit und nicht des Zwanges, dasselbe wie Zufall, von dem man allgemein anerkennt, dass er nicht besteht.[88]

A5

Das Ueberwiegen der Lehre von der Freiheit lässt sich aus einem andern Grunde erklären; nämlich aus einer falschen Empfindung oder anscheinenden Wahrnehmung von einer Freiheit oder Willkür bei vielen unserer Handlungen. Die Nothwendigkeit eines Geschehens, sei es in der Natur oder in der Seele, ist eigentlich keine Bestimmung in dem wirkenden, sondern in dem denkenden oder verständigen Wesen, was das Geschehen betrachtet; sie besteht wesentlich in der Nöthigung des Denkens bei dem Schluss von vorhergehenden Dingen auf den Eintritt dieses Geschehens. Deshalb ist die Freiheit, als Gegensatz der Nothwendigkeit, nur das Fühlen, dass diese Nöthigung hier fehlt, und eine gewisse Ungebundenheit und Unbestimmtheit, die man bei dem Uebergehen oder Nicht-Uebergehen von der Vorstellung eines Dinges zu der eines folgenden empfindet. Obgleich man bei der Betrachtung des menschlichen Handelns selten eine solche Ungebundenheit und Unbestimmtheit empfindet, sondern meist mit ziemlicher Gewissheit aus den Beweggründen und Neigungen des Handelnden auf sie schliessen kann, so trifft es sich doch oft, dass man bei dem eignen Handeln etwas dem Aehnliches empfindet. Da nun das Aehnliche leicht verwechselt wird, so hat man diesen Umstand für einen vollen, ja anschaulichen (intuitiven) Beweis der menschlichen Freiheit genommen. Wir fühlen, dass unsere Handlungen in der Regel von unserm Wollen abhängen, und meinen zu fühlen, dass der Wille selbst von nichts abhängt; denn wenn dieses bestritten wird, macht man den Versuch und bemerkt, dass er sich leicht nach jeder Richtung hin wendet und ein Bild von sich (oder eine Velleität, wie die Schule sagt) selbst nach der Seite hin, wo er nicht bleibt, erzeugt. Nun meint man, dass dieses Bild oder diese vermeintliche Bewegung zu dieser Zeit in der Sache seihst hätte vollführt werden können; weil man, wenn es bestritten wird, bei einer zweiten Probe findet, dass man es jetzt kann. Man bedenkt nicht, dass hier der phantastische Wunsch, die Freiheit darzulegen, der Beweggrund des Handelns ist. Wenn wir auch uns einbilden, in einem solchen Falle die Freiheit in uns zu fühlen, so kann doch sicherlich ein Zuschauer dies Handeln aus unserm Charakter und Beweggründe folgern, und ist dieses nicht, so weiss er doch, dass er es vermochte, wenn er vollständig mit den Umständen und unserem Temperament und mit den geheimen Triebfedern unserer Natur und Stimmung bekannt wäre. Dies ist aber die wahre Bedeutung der Nothwendigkeit nach der oben gegebenen Lehre.

A6

Wird z.B. die Ursache als das definirt, was etwas hervorbringt, so ist das: Hervorbringen hier synonym mit: verursachen. Dasselbe gilt, wenn die Ursache als das definirt wird, wodurch etwas existirt. Denn was bedeutet das Wort: wodurch? Hätte man gesagt, die Ursache ist das, nach dem ein Anderes immer existirt, so hätte man diese Worte verstanden. Denn dies allein wissen wir in der That davon. Diese Beständigkeit ist das wahre Wesen der Notwendigkeit, und man hat keinen andern Begriff davon.

Quelle:
David Hume: Eine Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes. Berlin 1869, S. 74-89.
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