Zweiter Abschnitt.

[350] 1. Wenn eine Blume und ein Kleid sich berühren, so ist das Nicht-Offenbarwerden (des Geruchs) aus einer andern Eigenschaft ein Beweis, dass in dem Kleide der Geruch (als Eigenschaft) nicht vorhanden ist.

[350] 2. (Dass) der Geruch der Erde (zukommt), ist festgestellt.

3. Damit ist die Wärme erklärt.

4. Die Wärme (ist das charakteristische Merkmal) des Lichts.

5. Die Kälte des Wassers.

6. Solche (Vorstellungen) wie Nahes im Nahen, auf einmal, lange, schnell sind Beweisgründe (für das Dasein) der Zeit.

[351] 7. Die Begriffe der Substanz und die dauernde Existenz (der Zeit) sind mit der Luft erklärt.

[352] 8. Die individuelle Einheit (der Zeit ist) mit dem Sein (erklärt).

9. Weil (die Zeit) in den dauernden (Substanzen) nicht vorhanden, und in den nicht-dauernden vorhanden ist, so (bezieht sich) der Name »Zeit« auf die Ursache (alles Entstandenen).

[353] 10. (Das Wissen) dass dies von diesem (fern ist) ist der Beweisgrund für den Raum.

11. Die Begriffe der Substanz und der dauernden Existenz (des Raums) sind mit der Luft erklärt.

12. Die individuelle Einheit (des Raums ist) mit dem Sein (erklärt).

13. Durch die besondere Wirkung (entsteht die Vorstellung des) Vielen.

14. Wegen der (ersten) Verbindung der Sonne, mag sie eine vergangene, eine künftige oder gegenwärtige sein, (heisst der Raum) Osten.

[354] 15. Auf dieselbe Weise Süden, Westen und Norden.

16. Dadurch sind auch die Unterabtheilungen der Weltgegenden erklärt.

17. Von der Wahrnehmung des Allgemeinen, von der Nicht-Wahrnehmung des Besonderen, so wie von der Erinnerung an das Besondere (entsteht) der Zweifel.

[355] 18. Auch das Gesehene, gleich dem (zuvor) Gesehenen (ist eine Ursache des Zweifels).

19. Das So-Gesehene (ist) ebenfalls eine Ursache des Zweifels wegen seines Nicht-So-Gesehenseins.

20. Auch vom Wissen und Nicht-Wissen entsteht der Zweifel.

[356] 21. Der Gegenstand, welcher durch das Gehör aufgefasst wird, ist der Ton.

22. Weil das Besondere (der Begriff, die Klasse des Tons) unter den gleichartigen so wie unter den ungleichartigen (Gegenständen), in beiden Fällen, nicht wahrgenommen wird, (deshalb entsteht ein Zweifel mit Rücksicht auf den Ton).

[357] 23. (Der Ton) ist nicht eine Substanz, weil er (nur) Einer Substanz einwohnt.

24. Auch ist er keine Bewegung, weil er nicht sichtbar ist.

25. Das Ende (Aufhören) einer Eigenschaft, welche (als solche) existirt, ist ihr gemeinsam mit den Bewegungen.

26. Dass (der Ton vor seiner Aussprache) existirt, dafür giebt es keinen Beweis.

[358] 27. Weil er dem Ewigen widerstreitet, (ist der Ton nicht ewig).

28. Auch ist er nicht ewig, weil (er) von einer Ursache (hervorgebracht wird).

29. Dies (dass der Ton eine Ursache hat) ist auch nicht erwiesen, weil er sich verändert.

[359] 30. Weil bei einer Offenbarung ein Fehler Statt finden würde (ist dieselbe unmöglich).

31. Durch Verbindung und Trennung und durch einen Ton entsteht der Ton.

32. Auch weil er durch einen Sinn (wahrgenommen wird), ist der Ton nicht ewig.

33. Dann aber (wenn der Ton schnell zerstörbar wäre) würde von beiden Seiten keine Thätigkeit Statt finden.

[360] 34. Von dem Erwähnen des »ersten« (Mantra folgt die Ewigkeit des Tons).

35. So wie auch von dem Stattfinden der Wiedererkennung.

36. Da eine Mehrheit vorhanden ist, so sind (jene Beweise) zweifelhaft.

37. Das Vorhandensein der Zahl (folgt) aus der Allgemeinheit.

Quelle:
Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇâda. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 21, Leipzig 1867, S. 309–420, S. 350-361.
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