Erstes Kapitel (135. und 136. Gegenstand).

Erforschung der relativen Stärke und Schwäche in bezug auf die »Kräfte«, den Ort und die Zeit, und die Zeit in den Kampf zu ziehen.

[521] Nachdem der Siegverlangende (der »Eroberer«) seine eigene und des Feindes Stärke und Schwäche in bezug auf die »Kräfte«, auf den Ort, auf Zeit,1 auf die Zeit des Auszuges, auf die Zeit der Truppenaushebung, auf hinten zurückbleibende Unruhen, auf Verlust und Ausgaben, auf Gewinn und auf unglückliche Ereignisse2 erforscht hat, ziehe er, falls er an Stärke überlegen ist, in den Kampf. Sonst warte er zu.A1

»Von den zwei (Kräften): Tatkraft und Herrschermacht3 ist die Tatkraft wichtiger. Denn wenn der König selber ein Held ist, kraftvoll, gesund, waffengeübt, so vermag er, sogar nur von seinem Heer unterstützt,4 einen [521] Fürsten von großer Herrschermacht zu besiegen, und auch sein kleines Heer führt vermöge seiner Feuerkraft die Aufgabe aus. Der König aber, der wohl Herrschermacht, aber keine Tatkraft besitzt, geht zugrunde, wenn er von Heldenkraft angefallen wird«. So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Der mit Herrschermacht ausgestattete König übermeistert den tatkräftigen, indem er einen anderen König, der jenem überlegen ist, an sich zieht, sich heldengewaltige Männer holt oder kauft; und sein Heer, das infolge seiner reichen Herrschermacht mit Pferden, Elefanten, Wagen und Kampfmitteln vollständig ausgerüstet ist,5 zieht überall unwiderstehlich dahin. Und nachdem sie als Herrschermachtgewaltige die Tatkraftgewaltigen6 besiegt und erkauft hatten, »haben Frauen, Kinder, Lahme und Blinde die Erde erobert«.

»Von den zweien: Herrschermacht und Rat ist die Herrschermacht wichtiger. Denn der mit der Kraft des Rats Ausgestattete besitzt nur eine unfruchtbare Klugheit, wenn ihm nicht Herrschermacht eigen ist; und seine noch so fest gefaßten weisen Ratschlüsse muß der Herrschermachtlose wieder von sich speien wie das nicht schwängerbare Weib die Befruchtung«.7 So die Lehrer.

[522] Nein, also Kauṭilya. Die Kraft des Rates ist wichtiger. Denn der König, der die Augen der Einsicht und des Lehrbuchs (der politischen Wissenschaft) hat,8 der ist imstande, auch mit geringer Mühe klugen Rat zu finden und anzuwenden und die andern, die mit Tatkraft und Herrschermacht ausgestattet sind, durch Freundlichkeit und die übrigen politischen Verfahrensarten, sowie durch listige Veranstaltungen (yoga) und die Mittel der Geheimlehre zu übermeistern. Und so ist der im Vorteil, der je in der nachfolgenden unter den Kräften: Tatkraft, Herrschermacht und Rat den anderen überragt.9

Der Ort ist die Erde. Auf ihr ist das Gebiet des Kaisers (cakravartin), (in seiner nach) aufwärts (gestreckten Länge) eingefaßt vom Himālaja und vom Meer, in die Quere tausend Yojana messend.10 Dabei gibt es diese verschiedenen Teile: der Waldwildnis angehöriges, dörfliches (d.h. in Kulturland bestehenden), gebirgiges,11 wasservolles, aus höher gelegenem Land bestehendes (bhauma), ebenes, unebenes Gelände. In diesen (verschiedenen Arten von Gelände) führe er sein Werk so, daß es das Gedeihen seines eigenen Heeres bewirkt. Wo für die Kraftbetätigung seines eigenen Heeres günstiges Gelände, ungünstiges Gelände für den Feind ist, das heißt der beste Ort, der gegenteilige der schlechte; der, der für beide gleich gut ist, heißt der mittelmäßige.

Die Zeit besteht aus der kalten, der heißen und der Regenzeit. Ihre Einzelteile sind: Nacht, Tag, Halbmonat, Monat, Jahreszeit, Sonnenwende [523] (Halbjahr), Jahr und yuga (von fünf Jahren). In diesen (Zeiten) führe er sein Werk so, daß es das Gedeihen seines eigenen Heeres bewirkt. Wann für die Kraftbetätigungen seines eigenen Heeres die Jahreszeit günstig ist, ungünstig aber für den Feind, das ist die beste Zeit; die gegenteilige die schlechteste. Die, die für beide gleich gut ist, heißt die mittelmäßige.

»Unter den dreien: Kraft (des Rats, der Königsmacht und der Tatkraft), Ort und Zeit ist die Kraft am wichtigsten«. So die Lehrer. »Denn der mit den Kräften Begabte ist imstande zu Gegenmaßregeln, sei der Ort nun voll Niederungen oder voll hochgelegener Strecken, sei die Zeit nun die kalte, heiße oder regnerische«.

»Der Ort ist am wichtigsten«, so einige. »Denn befindet sich der Hund auf dem trockenen Lande, dann zerrt und zaust er das Krokodil, das Krokodil aber, wenn es sich im Sumpf befindet, den Hund«.

»Die Zeit ist wichtiger«, so einige. »Bei Tage tötet die Krähe die Eule, bei Nacht die Eule die Krähe.«

Nein, also Kauṭilya. Gegenseitig fördern einander Kraft, Ort und Zeit. Hebt er sich in Hinsicht auf diese alle empor, dann ordne er den dritten oder den vierten Teil seiner Streitmacht als Schutz an seine Operationsbasis (sein Stammland?), an den Rücken seines Heeres und in die Wälder der Grenze ab, nehme genug Schatz und Streitmacht,A2 seine Unternehmung durchzuführen, mit sich und ziehe nun gegen den Feind. Wenn der Widersacher seinen alten Mundvorrat erschöpft und noch keinen neuen aufgenommen12 und seine Festung noch nicht in Stand gesetzt hat, und wenn er (der Angreifer) dessen zur Regenzeit gesäte reife Ernte (sasya) und seine im Winter gesäte grüne Saat (mushṭi) zerstören will, ziehe er im Monat Mārgaçirsha (Mitte November bis Mitte Dezember) gegen ihn zu Feld. Und seine reife Ernte von der Winterbestellung her und seine grüne Saat von der Frühlingsbestellung her zu zerstören, ziehe er im Monat Caitra zu Feld (Mitte März bis Mitte April). Wenn der Widersacher Gras, Holz und Wasser verbraucht und seine Festung nicht in Stand gesetzt hat, und wenn er (der Angreifer) dessen reife Ernte von der Frühlingsbestellung her und seine grüne Regenzeitaussaat zerstören will, ziehe er im Monat Jyaishṭha (Mitte Mai bis Mitte Juni) gegen ihn in den Krieg.13

[524] In eine sehr heiße, viehfutter-, brennholz- und wasserarme Gegend aber ziehe er im Winter. In eine Gegend, die reich ist an Nebeltau (oder: Schnee, tushāra) und Gewittern, hauptsächlich aus bodenlosen Niederungen besteht und voll ist von undurchdringlichem Graswuchs und Baumdickicht ziehe er im Sommer. In eine, die für die Kraftbetätigungen seines eigenen Heeres geschickt ist und ungeschickt für den Feind, ziehe er zur Regenzeit. Zwischen dem Vollmondstag des Monats Mārgaçīrsha (November-Dezember) und dem des Taisha (Dezember-Januar) ziehe er auf einen lang andauernden Feldzug,A3 zwischen dem Vollmondstag des Monats Caitra (Mitte März bis Mitte April) und dem des Vaiçākha (Mitte April bis Mitte Mai) auf einen von mittelmäßiger Dauer; zwischen dem Vollmondstag des Monats Jyaishṭha (Mitte Mai bis Mitte Juni) und dem des Āshāḍha (Mitte Juni bis Mitte Juli) auf einen, der nur kurze Zeit dauert; will er im Unglück (den Feind) verbrennen, dann während des vierten Vollmondtages.14

Der Angriffsfeldzug bei Mißständen (des Feindes) ist bei der Lehre vom offensiven Feldzug dargelegt worden.15

Und in der Regel16 gebieten die Lehrer: »Bei einem Mißstand des Feindes ist gegen ihn zu Feld zu ziehen«.

Bei hohem Stand der eigenen Kräfte ist ins Feld zu ziehen, weil Mißstände ja nichts Absolutes sind.17 Also Kauṭilya. Oder wenn er nach dem [525] Auszug den Feind zu schwächen oder zu vernichten vermag, dann soll er ins Feld ausziehen.18

Zu der Zeit, wo die übermäßige Hitze geschwunden ist, soll der ins Feld ziehen, dessen Hauptstärke in dem Elefantenheer besteht.A4 Denn wenn die Elefanten innen schwitzen (also wohl: ihr Schweiß nach innen schlägt), so werden sie aussätzig. Können sie sich nicht eintauchen und Wasser trinken, dann gehen ihre scharfen Säfte nach innen ab, und sie werden wild.19 Deshalb ziehe der, dessen Hauptstärke im Elefantenheer besteht, in eine Gegend mit viel Wasser und zur Regenzeit ins Feld. Im Gegensatz hierzu der, dessen Hauptstärke in Truppen zu Esel, Kamel und Pferd besteht, in eine Gegend mit wenig Regen und Schlamm. Während der Regenzeit soll der Fürst mit vierteiligem Heer in eine hauptsächlich aus Wüsten bestehende Gegend zu Feld ziehen. Oder er soll nach Maßgabe des ebenen oder des unebenen, des durch Niederungen oder über höher gelegenes Land führenden, des kurzen oder des langen Marschwegs seinen Feldzug einrichten.

Oder: Bei allen Anzugreifenden soll eine kurze Zeit angesetzt werden, wenn die Leichtigkeit des Unternehmens dazu Anlaß gibt, und eine lange, wo die Schwierigkeit des Unternehmens es fordert, ebenso bei einem Regenzeitaufenthalt in Feindesland.A5

Fußnoten

1 In sprachlicher Hinsicht wäre am natürlichsten: »auf den richtigen Ort und die richtige Zeit (für die Betätigung) der (drei) Kräfte«. Es mag ja z.B. einer stark sein an »Kraft des Rats« aber nicht an »Kraft der Herrschermacht«. Da soll er zusehen, ob Ort und Zeit für seine »Kraft« besonders günstig ist. Aber schon die Überschrift und noch mehr der Inhalt des Kapitels selber verbietet diese Auffassung.


2 Gewinn ist natürlich vor allem Sieg in der Schlacht, aber keineswegs nur dieser; denn daß der Sieg oft kein Gewinn ist, das hat niemand so klar erkannt wie die alten Inder. Unglückliches Ereignis könnte Niederlagen bezeichnen, sowie deren Folgen, doch auch andere widrige Dinge oder »Mißstände« (vyasana). Der Eroberungslüsterne sollte also auch sicher sein, daß er solche Schicksalsschläge werde aushalten können. Aber das 5. Kap. (der 141. Gegenstand) wird lehren, daß an Verschwörungen daheim gedacht ist.


3 Die »Kräfte« (çakti) sind also: kluger Rat (mantra), Willens- und Wirkenskraft (utsāha) und prabhāva, das man am füglichsten mit Herrschermacht übersetzen kann, das aber besonders den Reichtum des Fürsten bedeutet. Dieser ist ja auch in der deutschen Vorzeit und in anderen Ländern sehr wichtig für den König. Die Begriffsbestimmung der drei hat Kauṭ. im 2. Kap. des 6. Buchs gegeben (259, 15f.).


4 Auch ohne Herrschermacht. Sein Heer kann da natürlich nur klein sein. Die Streitfrage dreht sich ja nur um das gegenseitige Gewichtsverhältnis von utsāha und prabhāva. Vielleicht aber sollte man dennoch 'daṇḍadvitīyo lesen: »sogar ohne daß ihm eine Streitmacht zur Seite stünde,« wohl eine irgendwie nennenswerte. Denn erstens gehört nach Kauṭ.'s eigener Definition (259, 15f.) das Heer zur Herrschermacht. Zweitens begünstigt Kām. XVIII 44 diesen Sinn. Drittens träte so die Macht des utsāha noch mehr hervor.


5 Oder: »sein Heer, das mit gewaltigem Reichtum, Pferden, Elefanten, Streitwagen und Kampfwerkzeugen vollständig ausgerüstet ist«.


6 Lies utsāhavataç.


7 Avṛishṭi wörtl. »regenlos, eine, für die die Beregnung nicht da ist, die sie nicht annimmt«. So also nach Sham.s Text, der einen vorzüglichen Sinn gibt. Aber etwas sonderbar klingt der Ausdruck doch, obwohl ja »beregnen« und »Samen ergießen, schwängern« für den Inder zusammenfällt. B nun liest ivopahanti statt ivodvamati. Das ergibt: »denn sein Mangel an Herrschermacht vernichtet das Werk, das sein weiser Rat festgelegt hat (seine festgefaßten Ratschlüsse), wie Mangel an Regen das Getreide, wenn es im Zustand der Körnerbildung ist (wenn es ›schosst‹)«. Sogar bei uns ist Regen da wichtig. Im 24. Kap. des 2. Buchs (S. 116, 5) haben wir gehört, daß die Schwängerung oder Befruchtung der Bodenkulturen (garbhādhāna) von dem Planeten Jupiter oder von Wetterverhältnissen, auf die dieser einen Einfluß haben soll, abhänge. Die von Gaṇ. dort angeführten Wetterverse berühren nun einzig die sechs Monate von Mārgaçīrsha (Nov. – Dez.) bis Vaiçakha (April -Mai), also eine zum Teil recht trockene Zeit, wenn auch die ganz heiße, der Grīshma, erst nach dem Vaiçākha einsetzt. Aber in jener Wetterregel werden neben Wind, Wolken usw. auch mehrfach die Niederschläge, namentlich der Regen, aufgeführt unter den Erfordernissen für die »Schwängerung« der Ackerpflanzen. Folglich muß vṛishṭi hier den Regen im eminenten Sinn, d.h. den Monsunregen bezeichnen. Wird also der Boden nicht ordentlich von diesem durchtränkt, so hilft alles nichts. Aber mantra ist = garbhādhāna, prabhāva = vṛishṭi. Der weise Rat nun kommt zuerst; er plant das Werk. Die Herrschermacht muß es zur Ausführung bringen. So müßte also dann wohl genauer übersetzt werden: »schädigt die (schon glücklich erfolgte) Befruchtung«. Nun aber werden auch die für die »Schwängerung« günstigsten Verhältnisse eine solche nicht herbeiführen können, wenn die Niederschläge der Regenzeit nicht erfolgt sind. Mithin wird man die Sache so auffassen müssen: Als erste Grundlage muß die Herrschermacht da sein. Sonst wird der weise Rat oder die »Schwängerung« von vornherein unmöglich gemacht. Mit upahanti läuft in dieser Hinsicht alles glatt. Nur bedeutet halt upahanmi auch bei Kauṭ. (etwas schon Vorhandenes) schädigen usw. Für verhindern, vereiteln gebraucht auch er vihanmi. Freilich könnte man ja upahanmi »beeinträchtigen« so verstehen, daß eben dann der »Rat« seine Sache nur unvollkommen auszuführen vermöge. Aber die »Lehrer« sagen ja, der Rat sei in diesem Falle ganz unfruchtbar. Sodann: Fehlts auch am Regen zur Schossenszeit, so gibt es dennoch eine Ernte, obgleich eine schlechtere, besonders wenn die künstliche Bewässerung so geübt wird wie auch in Indien das Arthaçāstra. Bei einem unfruchtbaren Weibe ist rein alle Mühe verloren. Wegen der erwähnten Schwierigkeit und weil bei der Übersetzung im Text das Gleichnis noch weit besser paßt als im anderen Fall, habe ich sie, vorderhand wenigstens, stehen lassen. Ob freilich ein garbhādhānya »Schwängerung« richtig ist, fragt sich ebenfalls. So wirds am Ende bei der Übersetzung in dieser Anm. bleiben müssen. Garbhadhānya also: das schossende Getreide.A6


8 Sein eines Auge wäre da der kluge Geist (prajña), sein anderes die Staatskunde. Gewöhnlich erscheint nur diese als Auge. Aber man wird kaum übersetzen dürfen: »der das Auge des Klugheitslehrbuches hat«. Immerhin sprechen dafür Stellen wie 304, 18; 309, 16.


9 Also wer geschickt ist im »Rat«, der übermeistert den Herrschermachtgewaltigen (und natürlich auch den Tatkräftigen) und der Herrschermachtgewaltige den Tatkräftigen.


10 Udīcīna »nach aufwärts gewendet«, gewöhnlich also »nördlich«. Ich lese tiryak statt atiryak.


11 Ich lese pārvata statt pāta und finde nachträglich diese Variante auch in der zweiten Textausg. des Sham.


12 Ich lese cādāya yāyāt. Kshīṇapurāṇa –. Unwahrscheinlicher ist: cādāya yāyād kshīṇapurāṇa – mit dem Punkt hinter – durgam amitram in Zeile 6, und caitrīṃ yātrāṃ yāyāt kshīṇatṛiṇa – mit dem Punkt hinter – durgam amitram in Zeile 9. Das yāyāt ist zwar nicht unbedingt nötig, aber der Text wird so viel glatter und das d nach ādāya läßt sich am besten als Rest eines yāyād erklären, welches freilich erst durch Mißverständnis der Stelle aus yāyāt verändert worden ist. Liest man bloß ādāya kshīṇa – dann: »... mit sich und ziehe darauf gegen einen Widersacher, der seine alten ... zerstören will, im Monat M. zu Feld«.


13 Soviel ich sehe, ist das Unsinn und muß ein Monat der Regenzeit stehen, und zwar nach dem Muster des übrigen zu urteilen, der Monat Çrāvaṇa. Das Schema der Jahreszeiten, das der Wettergott schon wegen mannigfacher klimatischer Verschiedenheit des großen indischen Gebiets und besonders wegen der Ungleichförmigkeit der wichtigsten Zeit, d.h. der Regenzeit, nicht so ganz programmäßig einhält, ist ja dieses: Vasanta oder Frühling = Caitra und Vaiçākha, d.h. Mitte März bis Mitte Mai, Grīshma oder heiße Zeit = Jyaishṭha und Āshāḍha (Mitte Mai bis Mitte Juli), Varshās oder Regenzeit = Çrāvaṇa und Bhādra (Mitte Juli bis Mitte September), Çarad, der Herbst = Āçvina und Kārttika (Mitte September bis Mitte November), Hemanta, der Winter = Mārgaçirsha (oder Agrahāyaṇa »Jahresanfang«) und Pausha (oder Taisha), d.h. Mitte November bis Mitte Januar, Ciçira, die kühle oder Tauzeit = Māgha und Phālguna, d.h. Mitte Januar bis Mitte März. Werden nur drei gezählt, wie eben von Kauṭ., dann umfaßt, wenigstens ungefähr, die kalte den Winter und die Tauzeit, die warme den Frühling und Sommer, die Regenzeit die Monsunregenperiode und den Herbst. Am Anfang jeder dieser drei Jahreszeiten findet also eine Ackerbestellung statt.


14 Der Text ist kaum richtig. Die Besserungsvorschläge will ich doch lieber für mich behalten. Klar ist aber wohl, daß man caturthīm lesen muß. Im Einklang mit den Akkusativen Mārgaçīrshīm, Taishīm usw. ist im vorhergehenden wohl wörtl. so zu übersetzen: »während des (ersten) Vollmondtages des Monats Mārgaçīrsha«, »während des Vollmondtages des Monats Caitra«, und »während des Vollmondtages des Monats Jyaishṭha«. Ich wollte es zuerst mit yātrām verbinden: »einen Mārgacīrshafeldzug« usw. Der Sinn bleibt ja, so oder so, im wesentlichen derselbe.A7


15 Im 4. Kap, des 7. Buchs.


16 Oder: »der Mehrzahl nach«.


17 Nichts Konklusives, nichts schlechthin Abgeschlossenes, nichts Unveränderliches, also etwas Unsicheres und Relatives und nicht entscheidend. Vgl. 28, 11 (und meine Anm. dort); 254, 1. Des Feindes einer Mißstand mag durch etwas anderes wettgemacht werden. Oder er mag den Mißstand überwinden. Sodann müssen doch noch gar manche andere Dinge in Betracht gezogen werden, nicht so mechanisch einfach Übelstände beim anderen.A8


18 Çaṅk. führt diese Stelle zu Kām. XVI 3 so an: Prāyaç cācāryāḥ »paravyasane yātavyam« ity upadiçanti. Svaçaktyupacaye yātavyam, anaikāntikatvād vyasanānām iti Kauṭilyah. Yadā vā prayātā karçayitum usw.


19 Oder nach anderer Lesart: »blind«. Siehe Brehm4, Bd. III, S. 544, bes. unten: »Eine Bedingung muß der von ihm (dem Elefanten) gewählte Aufenthaltsort stets erfüllen: an Wasser darf es nicht fehlen«. Vgl. Lassen, Ind. Altertumskunde, 2. Aufl. I, S. 357, 364.


A1 In Raghuv. XVII, 59 zeigt der Dichter, daß er unsere Stelle kannte.


A2 Nach Nītiv. 128, 4 soll er nur die Hälfte seines Heeres mit ins Feld nehmen.


A3 Darum zu dieser Zeit auf einen längern Feldzug, weil da die Regenzeit noch ferne ist und die Vorarbeiten der Feldbestellung da Aufschub dulden. So ist er da frei von Behinderung. Gaṇ.


A4 Nach Gaṇ.'s 'hastibalaprāyo hieße es: »dessen Hauptstärke nicht in den Elefantentruppen besteht«. Aber mir kommt die Änderung nicht glücklich vor. Die Elefanten sind Kauṭ. so wichtig, daß er denkt: Doppelt hält besser. Auch sonst enthalten Gaṇ.'s Scholien zu dieser Stelle Verkehrtes. Vgl. Kām. XVI, 7–9, 36; MBh. XII, 100, 25.


A5 Wegen der Zeiten, wo ins Feld oder in die Schlacht gezogen werden soll, vgl. Kām. X, 27ff.; Çukran. IV, 7, 435ff.; M. VII, 171, 182ff.; Y. I, 347; Vish. III, 40f.; MBh.I, 210, 10; V, 150, 3; IX, 35, 10–16; XII, 100, 10–11 (im Caitra und Mārgaçirsha, weil da das Land voll reifer Saaten und wasserreich und das Wetter weder zu heiß noch zu kalt ist).


A6 Vgl. da auch garbhaçāli »der im Schoß der Fruchthülle wachsende und reifende Reis« (Raghuv. XVII, 53). Da auch Gaṇ. upahanti hat, so wird um so sicherer die Übers. in der Anm. richtig sein.


A7 Gaṇ. liest caturthīm, zieht uposhisyan aber zu hrasvakālām und hat dahinter einen Punkt. Dann: »der nur kurze Zeit dauert, wo er den Feind (eben nur) ansengen will. Ist der Feind von einem Mißstand befallen, dann am vierten Vollmondstag.« Gaṇ.'s dāhamātraṃ kshiprasukaraṃ karishyan ist da freilich ungeschickt; denn dāha bezeichnet sonst die Verbrennung, Verzehrung durch Feuer. Aber upaushati bedeutet ja anderwärts ebenfalls ganz verbrennen. Alles in allem scheint es mir also noch immer besser, mit uposhishyan ein neues sūtra zu beginnen.


A8 Politische Konjunkturen sind eben wie Wolken: sie können irgendwann, können unerwartet aufsteigen. Nītiv. 117, 4. Wegen anaikāntika vgl. 254, 1; Mudrār. 115, 2f.; Nītiv. 121, 9: »Wo in gleicher Weise Vernichtung droht, ob der Fürst nun in die Schlacht rücke oder fliehe, da ist es besser sich zu schlagen, weil dabei die Vernichtung nicht sicher ist« (yatra naikāntiko vināçaḥ). Kam. XVI, 2 sagt, es sei Kauṭ.'s Ansicht: »Mißstand ist etwas Unbeständiges« (tatraisha paksho »vyasanam hy anityam«).

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 521-526.
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