1.

[156] Die Vorfahren des Meisters Kung waren Nachkommen des Fürstengeschlechts von Sung. Der Freiherr Ki von We war der älteste Sohn des Herrschers1, ein Bruder des Dschou-Sin[156] von einer Nebenfrau. Er war als Fürst der kaiserlichen Domäne am Hof als Hoher Rat tätig. We ist der Name seines Lehens. Sein Rang war der eines Freiherrn.

Als König Wu das Haus Yin überwältigt hatte, belehnte er den Sohn des Dschou-Sin, Wu Geng, mit dem Gebiet der alten Hauptstadt Dschau Go mit dem Auftrage, für die Opfer des Tang2 zu sorgen. Nach dem Tode des Königs Wu machte dieser zusammen mit den drei Brüdern des Königs, Guan, Tsai und Huo3, einen Aufstand. Der Herzog von Dschou war Kanzler des Königs Tscheng. Er rüstete einen Strafzug nach Osten aus. Nach zwei Jahren ward er der Verbrecher habhaft. Darauf setzte er den Freiherrn von We als Fortsetzer des Geschlechts von Yin ein. Er verfaßte den Erlaß an den Freiherrn von We, in dem er ihm seine Pflichten erklärte. Er gab ihm ein Lehensgebiet in Sung.

Von den Verwandten des Hauses Yin war der Freiherr von We der erste gewesen, der in die Dienste des Hauses Dschou überging, darum belehnte er ihn wegen seiner Würdigkeit. Sein Bruder hieß Dschung Sï, mit dem Rufnamen Yen oder Sie. Er folgte dem Freiherrn von We auf dem Throne nach, darum war seine Bezeichnung We Dschung (der jüngere We). Er erzeugte Gi, den Herzog von Sung. Die Angehörigen des alten Kaiserhauses behielten nämlich für ihre eigene Person ihren alten Titel bei, auch nachdem sie ein anderes Lehen und eine andere Stellung erhalten hatten, da der neue Rang nicht so hoch war wie der alte. Obwohl daher die beiden Prinzen von We zu Herzögen von Sung ernannt worden waren, behielten sie doch den Titel von We bis an ihr Lebensende bei. Erst Gi nannte sich Herzog von Sung.

Der Herzog von Sung erzeugte den Schen, den späteren Herzog Ding, dieser erzeugte den Gung, den späteren Herzog Min, und Hi, den späteren Herzog Siang. Hi erzeugte den Fu Fu Ho und den Fang Sï, den späteren Herzog Li.

Von Fang Sï ab waren die späteren Geschlechter (des älteren Zweigs) Hohe Räte in Sung. Fu Fu Ho erzeugte den Sung-Fu[157] Dschou. Dieser erzeugte den Schï-Dsï Scheng. Dieser erzeugte den Dscheng Kau Fu. Kau Fu erzeugte den Kung-Fu Gia.

Da nach fünf Generationen die fürstliche Verwandtschaft erlosch, wurde die Familie nunmehr ein nichtfürstlicher Stamm, darum haben die späteren Nachkommen Kung als Geschlechtsnamen angenommen. Nach einer anderen Nachricht wäre Kung-Fu (Großer Vater) die Bezeichnung gewesen, die dieser bei seiner Geburt erhielt, und die Nachkommen haben den Namen deshalb als Geschlechtsnamen angenommen.

Kung-Fu erzeugte den Sohn Mu Gin Fu. Dieser erzeugte den Gau I. Gau I erzeugte den Fang Schu. Der wich den Verfolgungen der Familie Hua4 aus und flüchtete sich nach Lu. Fang Schu erzeugte den Bo Hia. Bo Hia erzeugte den Schu Liang Ho.

Schu Liang Ho hatte wohl 9 Töchter, aber keinen Sohn. Seine Nebenfrau gebar ihm den Mong Pi, der auch den Beinamen Bo Ni hat. Dieser hatte eine Fußkrankheit. Deshalb suchte sein Vater eine Eheverbindung mit der Familie Yen. Yen hatte drei Töchter. Die jüngste davon hieß Dscheng Dsai. Der Vater Yen fragte seine drei Töchter und sprach: »Die Familie des Verwalters von Dsou ist zwar seit einigen Generationen eine einfache Rittersfamilie. Allein seine Vorfahren sind Nachkommen von heiligen Königen. Er ist 10 Fuß hoch und an kriegerischer Kraft tut es ihm keiner gleich. Ich habe ihn sehr gern. Obwohl er schon bejahrt ist und strengen Wesens, liegt kein Bedenken vor. Wer von euch drei Kindern will seine Frau werden?«

Die beiden Ältesten gaben keine Antwort. Da trat Dscheng Dsai vor und sprach: »Ich folge den Anordnungen unseres Vaters; was bedarf es der Frage?«

Da sagte der Vater: »Du paßt für ihn.« Darauf gab er sie ihm zur Frau.

Als sie nun hinging und im Ahnentempel ihrem Gemahl[158] vorgestellt wurde, fürchtete sie, daß sie seines hohen Alters wegen keinen Sohn mehr von ihm haben würde. Darum betete sie im stillen zu dem Ni-Kiu-Berg und bat ihn um einen Sohn. Sie gebar den Meister Kung. Darum nannte sie ihn Kiu und gab ihm den Beinamen Dschung Ni5.

Als Meister Kung drei Jahre alt war, starb sein Vater Schu Liang Ho und wurde begraben in Fang.

Mit 19 Jahren heiratete er eine geborene Giën-Guan aus Sung und erzeugte den Bo Yü. Als Bo Yü geboren wurde, schenkte der Fürst Dschau von Lu dem Meister Kung einen Karpfen. Um das Geschenk des Fürsten zu ehren, nannte er daher seinen Sohn Li (Karpfen) und gab ihm den Beinamen Bo Yü (Ältester Fisch). Dieser starb im Alter von 50 Jahren, noch vor dem Meister Kung.

1

Der Herrscher I war der vorletzte Herrscher der Yindynastie, traditionelle Daten: 1191–1154. Seine Tochter wurde mit dem Dschou-Haus verheiratet und ist die Mutter des Königs Wen. Aus Legitimitätsgründen war der Freiherr Ki zur Thronfolge nicht berufen, da er nicht von der Kaiserin abstammte.

2

der Begründer der Yindynastie. Die Dschou haben es sich zum Grundsatz gemacht, bei der Gründung ihrer Dynastie auch die Nachfahren alter Königsgeschlechter zu belehnen, um die Ahnenopfer für die Heroen der Vorzeit aufrechtzuerhalten.

3

Diese drei Dschou-Prinzen schlossen sich dem Aufstand des Wu-Geng an, offenbar aus Neid auf ihren Bruder Dan, den Herzog von Dschou, der für den minderjährigen König Tscheng die Regierung führte.

4

Nach Dso Dschuan war Hua Du Minister von Sung unter dem Herzog Schang. Er begegnete einst der schönen Frau des Kung-Fu Gia, verliebte sich in sie, tötete den Kung-Fu Gia und nahm sie zur Frau. Da der Herzog darüber ergrimmte, tötete Hua Du auch ihn. Die Schwierigkeiten zwischen den Familien Hua und Kung scheinen auf diesen Vorfall – wenn er historisch ist – zurückzugehen.

5

ähnlich auch in der Konfuziusbiographie im Schï Gi. Dort heißt es allerdings, daß der Meister in »wilder Ehe« gezeugt worden sei. Die Kommentare bemühen sich zu erklären, daß der Ausdruck »wilde Ehe« hier eine in hohem Alter geschlossene Ehe bedeute. Kungs Name Kiu wird im Schï Gi von seiner Kopfform abgeleitet.

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 156-159.
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