XII. Die Reproduktion des Geldmaterials

[465] Es ist bisher ein Moment ganz außer acht gelassen worden, nämlich die jährliche Reproduktion von Gold und Silber. Als bloßes Material zu Luxusartikeln, Vergoldung etc. wären sie hier ebensowenig speziell zu erwähnen wie irgendwelche andren Produkte. Dagegen spielen sie wichtige Rolle als Geldmaterial und daher potentialiter Geld. Als Geldmaterial nehmen wir hier der Vereinfachung wegen nur Gold.

Die gesamte jährliche Goldproduktion betrug nach ältren Angaben 800000-900000 Pfund = rund 1100 oder 1250 Millionen Mark. Nach Soetbeer58 dagegen nur 170675 Kilogramm im Wert von rund 476 Millionen[465] Mark im Durchschnitt der Jahre 1871-75. Davon lieferten: Australien rund 167, Vereinigte Staaten 166, Rußland 93 Millionen Mark. Der Rest verteilt sich auf verschiedne Länder in Beträgen von weniger als je 10 Millionen Mark. Die jährliche Silberproduktion, während derselben Periode, betrug etwas unter 2 Millionen Kilogramm im Wert von 354 1/2 Millionen Mark, davon lieferte in runder Zahl Mexiko 108, die Vereinigten Staaten 102, Südamerika 67, Deutschland 26 Millionen usw.

Von Ländern vorherrschender kapitalistischer Produktion sind nur die Vereinigten Staaten Gold- und Silberproduzenten; die europäischen kapitalistischen Länder erhalten fast all ihr Gold und bei weitem den größten Teil ihres Silbers von Australien, Vereinigten Staaten, Mexiko, Südamerika und Rußland.

Wir verlegen aber die Goldminen in das Land der kapitalistischen Produktion, dessen jährliche Reproduktion wir hier analysieren, und zwar aus folgendem Grund:

Kapitalistische Produktion existiert überhaupt nicht ohne auswärtigen Handel. Wird aber normale jährliche Reproduktion auf einer gegebnen Stufenleiter unterstellt, so ist damit auch unterstellt, daß der auswärtige Handel nur durch Artikel von andrer Gebrauchs- oder Naturalform einheimische Artikel ersetzt, ohne die Wertverhältnisse zu affizieren, also auch nicht die Wertverhältnisse, worin die zwei Kategorien: Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, sich gegeneinander umsetzen, und ebensowenig die Verhältnisse von konstantem Kapital, variablem Kapital und Mehrwert, worin der Wert des Produkts jeder dieser Kategorien zerfällbar. Die Hereinziehung des auswärtigen Handels bei Analyse des jährlich reproduzierten Produktenwerts kann also nur verwirren, ohne irgendein neues Moment, sei es des Problems, sei es seiner Lösung zu liefern. Es ist also ganz davon zu abstrahieren; also ist hier auch das Gold als direktes Element der jährlichen Reproduktion, nicht als von außen durch Austausch eingeführtes Warenelement zu behandeln.

Die Produktion von Gold gehört, wie die Metallproduktion überhaupt, zur Klasse I, der Kategorie, die die Produktion von Produktionsmitteln umfaßt. Wir wollen annehmen, das jährliche Goldprodukt sei = 30 (der Bequemlichkeit wegen, tatsächlich viel zu hoch gefaßt gegen die Zahlen unsres Schema); es sei dieser Wert zerfällbar in 20c + 5v + 5m ; 20c ist auszutauschen gegen andre Elemente von Ic, und dies ist später zu betrachten; aber die 5v + 5m (I) sind umzusetzen gegen Elemente von IIc, d.h. Konsumtionsmittel.[466]

Was die 5v betrifft, so beginnt zunächst jedes Gold produzierende Geschäft damit, die Arbeitskraft zu kaufen; nicht mit selbst produziertem Gold, sondern mit einem Quotum des im Lande vorrätigen Gelds. Die Arbeiter beziehn für diese 5v Konsumtionsmittel aus II heraus, und dies kauft mit diesem Geld Produktionsmittel von I. Sage, II kaufe von I für 2 Gold als Warenmaterial etc. (Bestandteil seines konstanten Kapitals), so fließen 2v zurück zu den Goldproduzenten I in Geld, das der Zirkulation schon früher angehörte. Wenn II weiter nichts an Material von I kauft, so kauft I von II, indem es sein Gold als Geld in die Zirkulation wirft, da Gold jede Ware kaufen kann. Der Unterschied ist nur, daß I hier nicht als Verkäufer, sondern nur als Käufer auftritt. Die Goldgräber von I können ihre Ware stets absetzen, sie befindet sich stets in unmittelbar austauschbarer Form.

Nehmen wir an, ein Garnspinner habe 5v an seine Arbeiter bezahlt, diese liefern ihm – abgesehn vom Mehrwert – dafür ein Gespinst in Produkt = 5; die Arbeiter kaufen für 5 von IIc, dies kauft für 5 in Geld Garn von I, und so fließt 5v zurück in Geld an den Garnspinner. In dem supponierten Fall dagegen schießt I g (wie wir die Goldproduzenten bezeichnen wollen) 5v an seine Arbeiter in Geld vor, das schon früher der Zirkulation angehörte; diese geben das Geld aus in Lebensmitteln; es kehren aber von den 5 nur 2 aus II zu I g zurück. Aber I g kann ganz so gut wie der Garnspinner den Reproduktionsprozeß von neuem beginnen; denn seine Arbeiter haben ihm in Gold 5 geliefert, wovon es 2 verkauft hat, 3 in Gold besitzt, also nur zu münzen59 oder in Banknoten zu verwandeln hat, damit direkt, ohne weitre Vermittlung von II, sein ganzes variables Kapital wieder in Geldform in seiner Hand sei.

Schon bei diesem ersten Prozeß der jährlichen Reproduktion ist aber eine Veränderung in der Masse der wirklich oder virtuell der Zirkulation angehörigen Geldmasse vorgegangen. Wir haben angenommen, IIc habe 2v (I g) als Material gekauft, 3 sei von I g innerhalb II wieder ausgelegt als Geldform des variablen Kapitals. Es sind also aus der mittelst der neuen GoldproduktionA35 gelieferten Geldmasse 3 innerhalb II geblieben und nicht zurückgeströmt zu I. Nach der Voraussetzung hat II seinen Bedarf in Goldmaterial befriedigt. Die 3 bleiben als Goldschatz in seinen Händen.[467] Da sie keine Elemente seines konstanten Kapitals bilden können und da ferner II schon vorher hinreichendes Geldkapital zum Ankauf der Arbeitskraft hatte; da ferner, mit Ausnahme des Verschleißelements, dies zuschüssige 3 g keine Funktion zu verrichten hat innerhalb IIc, gegen einen Teil, wovon es ausgetauscht (es könnte nur dazu dienen, das Verschleißelement pro tanto zu decken, wenn IIc (1) kleiner als IIc (2), was zufällig); andrerseits aber, eben mit Ausnahme des Verschleißelements, das ganze Warenprodukt IIc gegen Produktionsmittel I(v+m) umzusetzen ist – so muß dies Geld ganz aus IIc übertragen werden in IIm, ob dies nun in notwendigen Lebensmitteln oder in Luxusmitteln existiere, und dagegen entsprechender Warenwert übertragen werden aus IIm in IIc. Resultat: Ein Teil des Mehrwerts wird als Geldschatz aufgespeichert.

Beim zweiten Reproduktionsjahr, wenn dieselbe Proportion des jährlich produzierten Golds fortfährt, als Material vernutzt zu werden, wird wieder 2 an I g zurückfließen und 3 in natura ersetzt, d.h. wieder in II als Schatz freigesetzt sein usw.

Mit Bezug auf das variable Kapital überhaupt: Der Kapitalist I g hat wie jeder andre dies Kapital beständig in Geld zum Ankauf der Arbeit vorzuschießen. Mit Bezug auf dies v hat nicht er, sondern seine Arbeiter zu kaufen von II; es kann also nie der Fall eintreten, daß er als Käufer auftritt, also Gold ohne die Initiative des II in selbes wirft. Soweit aber II von ihm Material kauft, sein konstantes Kapital IIc in Goldmaterial umsetzen muß, fließt ihm Teil von (I g)v von II zurück auf dieselbe Weise wie den andren Kapitalisten von I; und soweit dies nicht der Fall, ersetzt er sein v in Gold direkt aus seinem Produkt. In dem Verhältnis aber, worin ihm das als Geld vorgeschoßne v nicht von II zurückfließt, wird in II ein Teil der schon vorhandnen Zirkulation (von I ihm zugefloßnes und nicht an I retourniertes Geld) in Schatz verwandelt und dafür ein Teil seines Mehrwerts nicht in Konsumtionsmitteln verausgabt. Da beständig neue Goldminen in Angriff genommen oder alte wieder eröffnet werden, so bildet eine bestimmte Proportion des von I g in v auszulegenden Geldes stets Teil der vor der neuen Goldproduktion vorhandnen Geldmasse, die von I g vermittelst ihrer Arbeiter in II hineingeworfen wird, und, soweit sie nicht aus II zu I g zurückgekehrt, bildet sie dort Element der Schatzbil dung.

Was aber (Ig)m angeht, so kann I g hier stets als Käufer auftreten; es wirft sein m als Gold in die Zirkulation und zieht dafür Konsumtionsmittel IIc heraus; hier wird das Gold zum Teil als Material vernutzt, fungiert daher als wirkliches Element des konstanten Bestandteils c des produktiven Kapitals II; und soweit dies nicht der Fall, wird es wieder Element der[468] Schatzbildung als in Geld verharrender Teil von IIm. Es zeigt sich – auch abgesehn von dem später zu betrachtenden Ic60 –, wie selbst bei einfacher Reproduktion, wenn hier auch Akkumulation im eigentlichen Sinn des Worts, d.h. Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter, ausgeschlossen, dagegen Geldaufspeicherung oder Schatzbildung notwendig eingeschlossen ist. Und da sich dies jährlich neu wiederholt, so erklärt sich damit die Voraussetzung, von welcher bei Betrachtung der kapitalistischen Produktion ausgegangen wird: daß sich bei Beginn der Reproduktion eine dem Warenumsatz entsprechende Masse von Geldmitteln in den Händen der Kapitalistenklassen I und II befindet. Solche Aufspeicherung findet statt selbst nach Abzug des durch Verschleiß des zirkulierenden Geldes verlorengehenden Goldes.

Es versteht sich von selbst, daß je fortgeschrittner das Lebensalter der kapitalistischen Produktion, um so größer die allerseits aufgehäufte Geldmasse, um so kleiner also die Proportion, die die jährliche neue Goldproduktion dieser Masse zufügt, obgleich dieser Zuschuß seiner absoluten Quantität nach bedeutend sein kann. Im allgemeinen wollen wir nur noch einmal zurückkommen auf den gegen Tooke gemachten Einwurf: wie ist es möglich, daß jeder Kapitalist in Geld einen Mehrwert aus dem jährlichen Produkt herauszieht, d.h. mehr Geld herauszieht aus der Zirkulation, als er hineinwirft, da in letzter Instanz die Kapitalistenklasse selbst als die Quelle betrachtet werden muß, die überhaupt das Geld in die Zirkulation wirft?

Wir bemerken hierauf, unter Zusammenfassung des schon früher (Kap. XVII) Entwickelten:

1. Die einzige hier erforderliche Voraussetzung: daß überhaupt Geld genug vorhanden sei, um die verschiednen Elemente der jährlichen Reproduktionsmasse umzusetzen –, wird in keiner Weise dadurch berührt, daß ein Teil des Warenwerts aus Mehrwert besteht. Gesetzt, die ganze Produktion gehöre den Arbeitern selbst, ihre Mehrarbeit sei also nur Mehrarbeit für sie selbst, nicht für die Kapitalisten, so wäre die Masse des zirkulierenden Warenwerts dieselbe und erheischte bei sonst gleichbleibenden Umständen dieselbe Geldmasse zu ihrer Zirkulation. Es fragt sich also in beiden Fällen nur: Wo kommt das Geld her, um diesen Gesamtwarenwert umzusetzen? – Und in keiner Weise: Wo kommt das Geld zur Versilberung des Mehrwerts her?[469]

Allerdings, um noch einmal darauf zurückzukommen, besteht jede einzelne Ware aus c + v + m, und es ist also zur Zirkulation der gesamten Warenmasse einerseits eine bestimmte Geldsumme nötig zur Zirkulation des Kapitals c + v und andrerseits eine andre Geldsumme zur Zirkulation der Revenue der Kapitalisten, des Mehrwerts m. Wie für die einzelnen Kapitalisten, so für die ganze Klasse ist das Geld, worin sie Kapital vorschießt, verschieden von dem Geld, worin sie Revenue verausgabt. Woher kommt dies letztre Geld? Einfach daher, daß von der in der Hand der Kapitalistenklasse befindlichen Geldmasse, also im ganzen und großen von der innerhalb der Gesellschaft befindlichen gesamten Geldmasse, ein Teil die Revenue der Kapitalisten zirkuliert. Man sah schon oben, wie jeder ein neues Geschäft einrichtende Kapitalist das Geld, das er zu seiner Erhaltung in Konsumtionsmitteln verausgabt, wieder zurückfischt als zur Versilberung seines Mehrwerts dienendes Geld, sobald das Geschäft einmal im Gang. Aber allgemein gesprochen kommt die ganze Schwierigkeit aus zwei Quellen her:

Erstens: Betrachten wir bloß die Zirkulation und den Umschlag des Kapitals, also auch den Kapitalisten nur als Personifikation des Kapitals – nicht als kapitalistischen Konsumenten und Lebemann –, so sehn wir ihn zwar beständig Mehrwert in die Zirkulation werfen als Bestandteil seines Warenkapitals, aber wir sehn nie das Geld als Form der Revenue in seiner Hand; wir sehn ihn nie Geld zum Verzehr des Mehrwerts in die Zirkulation werfen.

Zweitens: Wirft die Kapitalistenklasse eine gewisse Geldsumme in Gestalt von Revenue in Zirkulation, so scheint es, als zahle sie ein Äquivalent für diesen Teil des jährlichen Gesamtprodukts und höre dieser somit auf, Mehrwert darzustellen. Das Mehrprodukt aber, worin sich der Mehrwert darstellt, kostet der Kapitalistenklasse nichts. Als Klasse besitzt und genießt sie es umsonst, und daran kann die Geldzirkulation nichts ändern. Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach darin, daß jeder Kapitalist, statt sein Mehrprodukt in natura zu verzehren, was meist gar nicht angeht, Waren aller Art bis zum Belauf des von ihm angeeigneten Mehrwerts aus dem Gesamtstock des jährlichen gesellschaftlichen Mehrprodukts herauszieht und sich aneignet. Aber der Mechanismus der Zirkulation hat gezeigt. daß wenn die Kapitalistenklasse Geld zur Verausgabung von Revenue in die Zirkulation hineinwirft, sie selbiges Geld auch wieder der Zirkulation entzieht und also denselben Prozeß stets von neuem beginnen kann; daß sie also als Kapitalistenklasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur Versilberung des Mehrwerts nötigen Geldsumme bleibt. Wenn also nicht nur[470] der Mehr wert, in Form von Waren, vom Kapitalisten für seinen Konsumtionsfonds dem Warenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit er diese Waren kauft, an ihn zurückfließt, so hat er offenbar die Waren ohne Äquivalent der Zirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts, obgleich er sie mit Geld zahlt. Wenn ich mit einem Pfund Sterling Waren kaufe und mir der Verkäufer der Ware das Pfund zurückgibt für Mehrprodukt, das mich nichts gekostet hat, habe ich offenbar die Waren umsonst erhalten. Die beständige Wiederholung dieser Operation ändert nichts daran, daß ich beständig Waren entziehe und beständig im Besitz des Pfundes bleibe, obgleich ich mich desselben zum Bezug der Waren vorübergehend entäußere. Der Kapitalist erhält beständig dies Geld zurück als Versilberung von Mehrwert, der ihm nichts gekostet hat.

Wir sahn, daß bei A. Smith der gesamte gesellschaftliche Produktenwert sich auflöst in Revenue, in v + m, daß also der konstante Kapitalwert gleich Null gesetzt wird. Es folgt daher notwendig, daß das zur Zirkulation der jährlichen Revenue erforderliche Geld auch hinreichend ist zur Zirkulation des gesamten jährlichen Produkts; daß also, in unserm Fall, das zur Zirkulation der Konsumtionsmittel zum Wert von 3000 nötige Geld hinreicht zur Zirkulation des gesamten Jahresprodukts zum Wert von 9000. Dies ist in der Tat A. Smiths Ansicht, und sie wird von Th. Tooke wiederholt. Diese falsche Vorstellung vom Verhältnis der zur Versilberung der Revenue erforderlichen Geldmasse zur Geldmasse, welche das gesamte gesellschaftliche Produkt zirkuliert, ist ein notwendiges Resultat der nicht begriffnen, gedankenlos vorgestellten Art und Weise, wie die verschiednen stofflichen und Wertelemente des jährlichen Gesamtprodukts sich reproduzieren und jährlich ersetzt werden. Sie ist daher bereits widerlegt.

Hören wir Smith und Tooke selbst.

Smith sagt, Book II, ch. 2:

»Die Zirkulation jedes Landes kann in zwei Teile geschieden werden: die Zirkulation der Händler untereinander und die Zirkulation zwischen Händlern und Konsumenten. Wenn auch dieselben Geldstücke, Papier oder Metall, bald in der einen, bald in der andern Zirkulation verwandt werden mögen, so gehn doch beide fortwährend gleichzeitig nebeneinander vor, und jede von beiden bedarf daher einer bestimmten Geldmasse dieser oder jener Art, um in Gang zu bleiben. Der Wert der zwischen den verschiednen Händlern zirkulierten Waren kann nie den Wert der zwischen den Händlern und den Konsumenten zirkulierten Waren übersteigen; denn was die Händler auch immer kaufen, muß doch schließlich an die Konsumenten verkauft werden. Da die Zirkulation zwischen den Händlern en gros geschieht, erfordert sie im allgemeinen eine ziemlich große Summe für jeden einzelnen Umsatz. Die Zirkulation zwischen[471] Händlern und Konsumenten dagegen geschieht meist en détail und erfordert oft nur sehr kleine Geldbeträge; ein Schilling oder selbst ein halber Penny genügt manchmal. Aber kleine Summen zirkulieren weit rascher als große... Obgleich die jährlichen Käufe aller Konsumenten daher denen aller Händler an Wert mindestens« 〈dies »mindestens« ist gut!} »gleich sind, so können sie doch in der Regel mit einer weit geringern Geldmasse erledigt werden« usw.

Zu dieser Stelle Adams bemerkt Th. Tooke (»An Inquiry into the Currency Principle«, London 1844, p. 34-36 passim):

»Es kann kein Zweifel bestehn, daß dieser hier gemachte Unterschied der Sache nach richtig ist... Der Austausch zwischen Händlern und Konsumenten schließt auch die Zahlung des Arbeitslohns ein, der die Haupteinnahme (the principal means) der Konsumenten ausmacht... Alle Umsätze von Händler zu Händler, d.h. alle Verkäufe vom Produzenten oder Importeur an, durch alle Abstufungen von Zwischenprozessen der Manufaktur usw. bis herab zum Detailhändler oder Exportkaufmann, sind auflösbar in Bewegungen von Kapitalübertragung. Kapitalübertragungen setzen aber nicht notwendig voraus, und führen in der Tat auch nicht wirklich mit sich, in der großen Masse der Umsätze, eine wirkliche Abtretung von Banknoten oder Münze – ich meine eine materielle, nicht fingierte Abtretung – zur Zeit der Übertragung... Der Gesamtbetrag der Umsätze zwischen Händlern und Händlern muß in letzter Instanz bestimmt und begrenzt sein durch den Betrag der Umsätze zwischen Händlern und Konsumenten.«

Stände der letzte Satz vereinzelt, so könnte man glauben, Tooke konstatiere bloß, daß ein Verhältnis stattfinde zwischen den Umsätzen von Händler zu Händler und denen von Händler zu Konsument, in andern Worten, zwischen dem Wert der jährlichen Gesamtrevenue und dem Wert des Kapitals, womit sie produziert wird. Dies ist jedoch nicht der Fall. Er bekennt sich ausdrücklich zur Auffassung A. Smiths. Eine besondre Kritik seiner Zirkulationstheorie ist daher überflüssig.

2. Jedes industrielle Kapital wirft bei seinem Beginn auf einmal Geld in Zirkulation für seinen ganzen fixen Bestandteil, den es nur allmählich in einer Reihe von Jahren durch Verkauf seines jährlichen Produkts wie der herauszieht. Es wirft also zunächst mehr Geld in die Zirkulation hinein, als es ihr entzieht. Dies wiederholt sich jedesmal bei Erneuerung des Gesamtkapitals in natura; es wiederholt sich jedes Jahr für eine bestimmte Anzahl Geschäfte, deren fixes Kapital in natura zu erneuern; es wiederholt sich stückweis bei jeder Reparatur, bei jeder nur bruchweisen Erneuerung des fixen Kapitals. Wird also von der einen Seite der Zirkulation mehr Geld entzogen als hineingeworfen, so von der andern Seite umgekehrt.

In allen Industriezweigen, deren Produktionsperiode (als verschieden von der Arbeitsperiode) längre Zeit umfaßt, wird während derselben von[472] den kapitalistischen Produzenten beständig Geld in die Zirkulation geworfen, teils in Zahlung der angewandten Arbeitskraft, teils in Ankauf der zu verbrauchenden Produktionsmittel; es werden so Produktionsmittel direkt, Konsumtionsmittel teils indirekt, durch die ihren Arbeitslohn verausgabenden Arbeiter, teils direkt durch die ihren Verzehr keineswegs suspendierenden Kapitalisten selbst, dem Warenmarkt entzogen, ohne daß diese Kapitalisten zunächst gleichzeitig ein Äquivalent in Waren in den Markt würfen. Während dieser Periode dient das von ihnen in Zirkulation geworfne Geld zur Versilberung von Warenwert, inkl. des darin enthaltnen Mehrwerts. Sehr bedeutend wird dies Moment in entwickelter kapitalistischer Produktion bei langatmigen Unternehmungen, ausgeführt von Aktiengesellschaften etc., wie Anlage von Eisenbahnen, Kanälen, Docks, großen städtischen Bauten, Eisenschiffsbau, Drainierung von Land auf großem Umfang etc.

3. Während die andern Kapitalisten, abgesehn von der Auslage in fixem Kapital, mehr Geld aus der Zirkulation herausziehn, als sie beim Kauf der Arbeitskraft und der zirkulierenden Elemente hineingeworfen, wird von den Gold und Silber produzierenden Kapitalisten, abgesehn von dem Edelmetall, das als Rohstoff dient, nur Geld in die Zirkulation geworfen, während ihr nur Waren entzogen werden. Das konstante Kapital, mit Ausnahme des Verschleißteils, der größre Teil des variablen und der ganze Mehrwert, mit Ausnahme des etwa in ihren eignen Händen sich aufhäufenden Schatzes, wird als Geld in die Zirkulation geworfen.

4. Einerseits zirkulieren zwar allerlei Dinge als Waren, die nicht innerhalb des Jahres produziert worden, Grundstücke, Häuser etc., ferner Produkte, deren Produktionsperiode sich über mehr als ein Jahr erstreckt, Vieh, Holz, Wein usw. Für diese und andre Phänomene ist es wichtig festzuhalten, daß außer der für die unmittelbare Zirkulation erheischten Geldsumme sich stets ein gewisses Quantum in latentem, nicht fungierendem Zustand vorfindet, das bei gegebnem Anstoß in Funktion treten kann. Auch zirkuliert der Wert solcher Produkte oft stückweis und allmählich, wie der Wert von Häusern in der Miete einer Reihe von Jahren.

Andrerseits werden nicht alle Bewegungen des Re produktionsprozesses durch Geldzirkulation vermittelt. Der gesamte Produktionsprozeß, sobald seine Elemente einmal angeschafft, ist davon ausgeschlossen. Ferner alles Produkt, das der Produzent direkt selbst wieder konsumiert – sei es individuell, sei es produktiv, wozu auch Naturalverpflegung ländlicher Arbeiter gehört.

Die Geldmasse also, welche das Jährliche Produkt zirkuliert, ist in der Gesellschaft vorhanden, nach und nach akkumuliert worden. Sie gehört[473] nicht zum Wertprodukt dieses Jahrs, mit Ausnahme etwa des Ersatzgolds für verschlißne Münzen.

Es ist bei dieser Darstellung vorausgesetzt exklusive Zirkulation von Edelmetallgeld und bei dieser wieder die einfachste Form barer Käufe und Verkäufe; obwohl auf Basis bloßer Metallzirkulation das Geld auch als Zahlungsmittel fungieren kann und historisch wirklich so fungiert hat und auf dieser Basis ein Kreditwesen und bestimmte Seiten seines Mechanismus sich entwickelt haben.

Diese Voraussetzung wird gemacht nicht bloß aus methodischen Rücksichten, deren Gewicht sich schon darin zeigt, daß sowohl Tooke und seine Schule wie ihre Gegner in ihren Kontroversen beständig gezwungen waren, bei Erörterung der Banknotenzirkulation wieder rückzugreifen zur Hypothese rein metallischer Zirkulation. Sie waren gezwungen, dies post festum zu tun, taten es aber dann sehr oberflächlich, und zwar notwendig, weil der Ausgangspunkt so nur die Rolle eines Inzidentpunkts in der Analyse spielt.

Aber die einfachste Betrachtung der in ihrer naturwüchsigen Form dargestellten Geldzirkulation – und diese ist hier immanentes Moment des jährlichen Reproduktionsprozesses – zeigt:

a) Entwickelte kapitalistische Produktion vorausgesetzt, also Herrschaft des Lohnarbeitssystems, spielt offenbar das Geldkapital eine Hauptrolle, soweit es die Form ist, in der das variable Kapital vorgeschossen wird. Im Maß, wie sich das Lohnarbeitssystem entwickelt, verwandelt sich alles Produkt in Ware, muß daher auch – mit einigen wichtigen Ausnahmen – allzusamt die Verwandlung in Geld als eine Phase seiner Bewegung durchlaufen. Die Masse des zirkulierenden Geldes muß zu dieser Versilberung der Waren hinreichen, und der größte Teil dieser Masse wird geliefert in Form des Arbeitslohns, des Geldes, das als Geldform des variablen Kapitals in Zahlung der Arbeitskraft von industriellen Kapitalisten vorgeschossen, in den Händen der Arbeiter – seiner großen Masse nach – nur als Zirkulationsmittel (Kaufmittel) fungiert. Es ist dies ganz im Gegensatz zur Naturalwirtschaft, wie sie vorwiegt auf Basis jedes Hörigkeitssystems (Leibeigenschaft eingeschlossen) und noch mehr auf der mehr oder weniger primitiver Gemeinwesen, ob diese nun mit Hörigkeits- oder Sklavereiverhältnissen versetzt seien oder nicht.

Im Sklavensystem spielt das Geldkapital, das im Ankauf der Arbeitskraft ausgelegt wird, die Rolle von Geldform des fixen Kapitals, das nur allmählich ersetzt wird, nach Ablauf der aktiven Lebensperiode des Sklaven. Bei den Athenern wird daher der Gewinn, den ein Sklavenbesitzer direkt[474] durch industrielle Verwendung seines Sklaven oder indirekt durch Vermietung desselben an andre industrielle Verwender (z.B. für Bergwerksarbeit) zieht, auch nur betrachtet als Zins (nebst Amortisation) des vorgeschoßnen Geldkapitals, ganz wie in der kapitalistischen Produktion der industrielle Kapitalist ein Stück des Mehrwerts plus dem Verschleiß des fixen Kapitals als Zins und Ersatz seines fixen Kapitals in Rechnung setzt; wie dies auch Regel ist bei den fixes Kapital (Häuser, Maschinen etc.) vermietenden Kapitalisten. Bloße Haussklaven, sei es, daß sie zur Leistung notwendiger Dienste oder bloß zur Luxusparade dienen, kommen hier nicht in Betracht, sie entsprechen unsrer dienenden Klasse. Aber auch das Sklavensystem – sofern es in Agrikultur, Manufaktur, Schiffsbetrieb etc. die herrschende Form der produktiven Arbeit ist, wie in den entwickelten Staaten Griechenlands und in Rom – behält ein Element der Naturalwirtschaft bei. Der Sklavenmarkt selbst erhält beständig Zufuhr seiner Arbeitskraft- Ware durch Krieg, Seeraub etc., und dieser Raub ist seinerseits nicht durch einen Zirkulationsprozeß vermittelt, sondern Naturalaneignung fremder Arbeitskraft durch direkten physischen Zwang. Selbst in den Vereinigten Staaten, nachdem das Zwischengebiet zwischen den Lohnarbeitsstaaten des Nordens und den Sklavenstaaten des Südens sich in ein Sklavenzuchtgebiet für den Süden verwandelt, wo also der auf den Sklavenmarkt geworfne Sklave selbst ein Element der jährlichen Reproduktion geworden, genügte das für längre Zeit nicht, sondern wurde noch möglichst lange afrikanischer Sklavenhandel zur Füllung des Markts fortgetrieben.

b) Die auf Basis der kapitalistischen Produktion sich naturwüchsig vollziehenden Ab- und Rückströmungen des Geldes bei Umsatz des jährlichen Produkts; die einmaligen Vorschüsse von fixen Kapitalen, ihrem ganzen Wertumfang nach, und das sukzessive, über jahrelange Perioden sich verbreitende Herausziehn ihres Werts aus der Zirkulation, also ihre allmähliche Rekonstitution in Geldform durch jährliche Schatzbildung, eine Schatzbildung, ihrem Wesen nach total verschieden von der ihr parallel gehenden, auf jährlich neuer Goldproduktion beruhenden Schatzbildung; die verschiedne Länge der Zeit, worin je nach der Länge der Produktionsperioden der Waren Geld vorgeschossen, also auch vorher schon stets von neuem aufgeschatzt werden muß, bevor es durch Verkauf der Ware aus der Zirkulation zurückgezogen werden kann; die verschiedne Länge der Vorschußzeit, die schon allein aus der verschiednen Entfernung des Produktionsorts vom Absatzmarkt entsteht; ebenso die Verschiedenheit in Größe und Periode des Rückflusses je nach dem Stand, resp. der relativen Größe der Produktionsvorräte in verschiednen Geschäften und bei den verschiednen[475] einzelnen Kapitalisten desselben Geschäftszweigs, also die Termine der Einkäufe von Elementen des konstanten Kapitals – alles das während des Reproduktionsjahrs: alle diese verschiednen Momente der naturwüchsigen Bewegung brauchen sich bloß durch Erfahrung bemerklich und auffallend gemacht zu haben, um planmäßig sowohl zu den mechanischen Hilfsmitteln des Kreditsystems den Anlaß zu geben wie auch zu der wirklichen Auffischung der vorhandnen verleihbaren Kapitale.

Es kommt hierzu noch der Unterschied der Geschäfte, deren Produktion unter sonst normalen Verhältnissen kontinuierlich auf derselben Stufenleiter vor sich geht, und solcher, die in verschiednen Perioden des Jahrs Arbeitskraft in verschiednem Umfang anwenden, wie die Landwirtschaft.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 465-476.
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