[3] Philopon. Neophil.
PHILOPON: Und so hätte Leibnitz die vorherbestimmte Harmonie nicht erfunden?
NEOPHIL: Ich weis nicht, wie Sie dieses aus meinen Worten schliessen wollen.
PHILOPON: O! Es schließt sich von selbst. Sagten sie nicht, Leibnitz habe diese Hypothes angenommen, und in sein System gebracht?
NEOPHIL: Sie passen allzugenau auf meine Worte. Erlauben Sie, daß ich mich darf versprochen haben. Wir wollen unsere vorige Unterredung nicht unterbrechen.
PHILOPON: Nein, liebster Freund! so sollen Sie mir nicht entwischen. Es wäre nicht das erstemal, daß ich aus ihren kleinen Uebereilungen etwas gelernet hätte. Jezt muß ich Sie fest halten; wenn ich einen Gedancken erfahren will, den Sie mir vorsetzlich vielleicht nie würden entdekt haben.
NEOPHIL: Sie dringen allzusehr in mich. Ich sehe wohl, man muß mit Leuten von Ihrer Scharfsinnigkeit sehr behutsam seyn. Ein einziges Wort entdekt ihnen unsern ganzen Sinn. Wohl an! es ist nicht mehr Zeit sich zu verstellen. Ich gestehe es Ihnen, ich halte Leibnitzen nicht[3] für den ersten Erfinder der vorher bestimmten Harmonie, ob ich gleich weis, daß ihm noch niemand diesen Ruhm streitig gemacht hat, und daß ihm Bayle selbst im Namen der gelehrten Welt zu dieser grossen Entdeckung Glück wünschet.
PHILOPON: Und im Namen aller Leibnitzianer fordre ich von Ihnen den Beweis.
NEOPHIL: Den habe ich in Bereitschaft, ob ich gleich nicht geglaubt hätte, daß ich ihn heute brauchen würde. Allein merken Sie dieses. Teil behaupte nur, daß das Wesentliche dieser Meinung einen andern Weltweisen zum ersten Erfinder habe, und gestehe gern, daß sie Leibnitz am ersten mit denn Namen der vorherbestimmten Harmonie belegt.
PHILOPON: Ey nun ja! Mit dieser Einschränkung werden Sie es doch nicht wieder gut machen wollen? Ich dächte, ein Name sey keine sonderliche Erfindung. Ja ich habe mich jederzeit gewundert, daß sich Leibnitz die Mühe genommen hat, Baylen zu widersprechen, als dieser die Erfindung dieses Namens einem P. Lamy zuschreiben wollte1.
NEOPHIL: Wahr ist es; Leibnitz hätte mit einer solchen Kleinigkeit gar leicht freygebig seyn können. Es ist mehr als Sparsamkeit, wenn sich Leute von Millionen, auch nicht gern einen Heller wollen entwenden lassen. Und dennoch ist er hier zu entschuldigen. Sie dürfen nehmlich nur annehmen, daß er nicht gegen den philosophischen Bayle, sondern gegen den kritischen Bayle so eigennützig genau gewesen ist. Gegen den kritischen Bayle, sage ich, welcher nicht selten aus kleinern historischen Unrichtigkeiten Verbrechen gemacht hat – – Doch ich eile zum Beweise, den Sie mir im Namen aller Leibnitzianer aufgelegt haben. Nur lassen Sie uns vor allen Dingen zusehen, ob wir, was den Verstand dieser Meinung betritt, mit einander einig sind. Was verstehen Sie unter der vorherbestimmten Harmonie?[4]
PHILOPON: Nichts anders, als was, meines Erachtens, Leibnitz selbst darunter verstanden hat. Eine Lehrmeinung, nach welcher alles was in unserer Seele vorgehet, auf Veranlassung des Körpers, durch ihre eigene ursprüngliche Kraft, und nicht durch die Wirckung einer andern Substanz, in ihr entstehet; gleichwie alles was in unserm Körper vorgehet, durch keine andere, als körperliche mechanische Kräfte, auf Veranlassung der Seele, in ihm hervorgebracht wird. Fraget man also einen Leibnitzianer wodurch Leib und Seel miteinander vereiniget sind? so antwortet er: Gott habe, von Ewigkeit her, zwischen ihnen eine solche Harmonie angeordnet, daß auf gewisse Vorstellungen in der Seele, gewisse Bewegungen in dem Körper erfolgen, die ihren zureichenden Grund in beyden zugleich haben; nehmlich den Grund, wodurch sie entstehen, in den mechanischen Kräften des Körpers; den Grund aber warum oder zu welchem Ende sie entstehen, in dem Zustande unserer Seele. Hingegen erfolgen wiederum auf gewisse Bewegungen in unserm Körper gewisse damit harmonirende Vorstellungen in unserer Seele, die den Grund wodurch sie entstehen in der ursprünglichen Kraft unserer Seele und in ihrem vorhergehenden Zustande, den Grund aber, warum sie entstehen, in den Bewegungen unsers Körpers haben. Das Leibnitzische Gleichniß von zwey Uhren ist bekannt.
NEOPHIL: Sie haben diese Meinung vollkommen begriffen. Ja ich sehe, daß Sie über alle Einwürfe hinweg sind, die Bayle wider sie vorgebracht hat. Bayle, der sie nach meinem Urtheile, unter allen ihren Gegnern, die sich nach der Zeit wider sie aufgelehnt haben, am besten begriffen, und selbst nach dem Geständnisse des Herrn von Leibnitz, von der rechten Seite angefochten hat.
PHILOPON: Ehe wir aber weiter gehen, bitte ich mir folgende Erklärung aus. Hat es Ihnen nicht geschienen, als wenn Leibnitz, in Ansehung dieser Meinung, mit sich selbst nicht einig gewesen wäre? Zum Exempel, in seiner Monadologie trägt er sie gantz anders vor, als in dem Tagebuche der Gelehrten, wo[5] er sie der Welt zum erstenmale bekannt gemacht hat. Ja ich glaube, er hätte Baylens Einwürfen weit stärckere Gründe entgegen setzen können, wenn er sein eigenes System beständig vor Augen gehabt hätte.
NEOPHIL: Leibnitz hat seine Meinung nur unter verschiedenen Gestalten vorgetragen, so wie es jedesmal seine Absicht erforderte. In der Monadologie zeigt er sie als eine Folge aus seinem System von den Monaden. Hier ist es, wo sie in ihrem völligen Lichte strahlet. Hansch hat dieses sehr wohl auseinander gesetzt2. Was hat sie aber von dieser Seite für Gegner finden können? Keine, ohne Zweifel, als die, welche ihre Waffen gegen die Grundfeste derselben, ich meine gegen die Monaden selbst, gerichtet haben. Sobald man diese in dem Verstande, in welchem sie Leibnitz genommen hat, zugiebt; sobald haben die Vertheidiger der Harmonie gewonnen Spiel. – – Nun können Sie aber leicht glauben, daß unserm Weltweisen das Vorurtheil nicht werde unbekannt gewesen seyn, nach welchem man diejenige Wahrheit nur halb für Wahrheit hält, zu welcher man bloß auf einem Wege gelangen kann, oder welche bloß in eine Kette paßt. Was war daher natürlicher, als daß er sie auch ausser seinem System gültig zu machen suchte? Dieses unternahm er in dem Tagebuche der Gelehrten. Und hier sehen Sie wohl, konnte er sich wider Baylen nur derjenigen Waffen bedienen, die ihm die gemeine Philosophie an die Hand gab. Die Vorstellungskraft, die er den Monaden beylegte, aus welcher die Ausdehnung der Körper so wohl als ihre Bewegungskraft entspringt, konnte ihm wider diesen Gegner zu nichts helfen, ob sie schon in dem Zusammenhange seines Lehrgebäudes den Grund abgiebt, daraus die vorherbestimmte Harmonie als eine richtige Folge fließt.
PHILOPON: Diese Anmerkung finde ich gegründet, und nunmehr begreife ich auch, warum Wolf die vorherbestimmte Harmonie nur so angenommen hat, wie sie von Leibnitzen wider Baylen ist verteidigt worden3. Denn da er sich nicht zu bestimmen getraute,[6] worinn die Kraft der einfachen Dinge eigentlich bestehe: so konnte er es auch nicht für ausgemacht halten, ob alle einfache Dinge Vorstellungen hätten, und ob sich daraus ihre Ausdehnung und Bewegungskräfte erklären liessen.
NEOPHIL: Sie haben vollkommen recht, und können hieraus sehen, mit wie vieler Scharfsinnigkeit man einen systematischen Schriftsteller beurtheilen muß, ehe man ihm Vorwürfe machen, oder gar seine Gründe widerlegen kann.
PHILOPON: Gut! Und also wären wir, was den Verstand dieser Lehre betritt, vollkommen einig – – Werden wir es auch in dem übrigen seyn? – Meine Neugierde ist so stark, daß sie mir endlich zur Last fällt, wenn ich nun nicht bald denjenigen erfahre, der vor Leibnitzen in diesem Puncte ein Leibnitzianer gewesen ist.
NEOPHIL: Ich werde Ihnen Anfangs nur die Worte dieses Weltweisen anführen, ohne seinen Namen zu nennen. Das Werk daraus sie genommen sind, ist im Jahre 1677. Und folglich 18. Jahr eher gedruckt, als Leibnitz seine Hypothes der gelehrten Welt bekannt machte. Hören Sie nunmehr eine Stelle, die ich mir zu wohl gemerkt habe, als daß ich sie nicht gleich aus dem Gedächtnisse sollte übersetzen können. »Der Körper kann die Seele nicht zum Denken und die Seele den Körper weder zur Bewegung noch zur Ruhe oder zu sonst etwas (wenn noch etwas möglich ist) bestimmen – –« Und in der Anmerkung setzt der Verfasser hinzu – – »Wo ich dieses nicht durch die Erfahrung bestätige; so glaube ich schwerlich, jemanden bereden zu können, daß er meine Gründe ohne Vorurtheil überlege. So sehr glauben die Menschen überzeugt zu seyn, daß der Körper, nach dem Winke der Seele und durch ihre Wirkung, bald in Bewegung und bald in Ruhe gesetzt werde. Allein es hat noch niemand bestimmt was der Körper vermag, das heißt: es ist noch niemand durch die Erfahrung inne worden, wozu der Körper, vermöge der Gesetze der Bewegung, in so weit sie als körperlich betrachtet werden, aufgelegt sey, und wozu er von[7] der Seele bestimmt werden müsse. Niemand kennet die innerliche Structur des Körpers so gut, daß er alle Fähigkeiten desselben begreifen könnte. Ja bey den Thieren bemerkt man Dinge, die alle menschliche Scharfsinnigkeit übertreffen. Die Nachtwanderer thun vieles im Schlafe, was sie im Wachen zu thun, sich nicht unterstanden haben würden; woraus deutlich zu ersehen ist, daß der Körper nach den Gesetzen der Bewegung vieles vermag, was die Seele nachher selbst bewundert.«
PHILOPON: Wo ich nicht irre; so glaube ich an diesen Worten Spinosen zu erkennen.
NEOPHIL: Sie irren nicht, liebster Freund! Es ist der 2te Lehrsatz in dem 3ten Theile seiner Sittenlehre, und der unmittelbar darauf folgende lautet also: »Die Wirkungen der Seele entspringen aus ausführlichen, (ideis adaequatis) und die Leidenschafften aus unausführlichen Begriffen.« Er beweiset diesen Satz dadurch, weil das Wesen der Seele in ihren Gedancken bestehet. Alle Gedancken hingegen sind aus ausführlichen und unausführlichen Begriffen zusammen gesetzt Was nun aus der Natur der Seele folget, das heißt, was die Seele zur nächsten Ursache hat, daraus es sich erklären läßt; muß entweder aus einem, ausführlichen oder aus einem unausführlichen Begriffe folgen. Da er aber in dem 3ten Theile seiner Sittenlehre erwiesen, daß aus unausführlichen Begriffen nichts als Leidenschaften entstehen können: so schließt er hieraus; daß die Wirkungen der Seele aus ihren ausführlichen Begriffen entspringen müssen.
PHILOPON: Ich sehe hier noch nichts, was das Wesentliche der Leibnitzischen Harmonie verrathen sollte. Wenn Spinosa gleich behauptet, daß Seele und Körper nicht wechselsweise in einander wirken; so kann er vielleicht dem System der veranlassenden Ursachen zugethan gewesen seyn.
NEOPHIL: Unmöglich! Nichts kann Spinosens Weltweisheit mehr zuwider[8] laufen, als das System der veranlassenden Ursachen. Die Vertheidiger dieser Meinung müssen nothwendig dem Wesen, durch dessen Vermittelung Leib und Seele mit einander verknüpft sind, einen freyen Willen zugestehen; und wie konnte Spinosa hierein willigen? Er der Verstand und Willen für einerley hielt? Sie sehen auch, daß er ausdrücklich behauptet, es liessen sich alle Veränderungen, die in dem Körper vorgehen, aus blossen mechanischen Gründen, oder mit ihm zu reden, aus den Gesetzen der körperlichen Natur begreifen: eine Meinung, mit welcher die Verfechter der veranlassenden Ursachen unmöglich zufrieden seyn können. Ja Spinosa bedient sich so gar aller Ausflüchte der Leibnitzianer. Er beruft sich, wie sie, auf die Unwissenheit, darinn wir von der innerlichen Structur unsers Körpers stecken, und endlich darauf, daß noch niemand die Unmöglichkeit einer solchen Maschine gezeigt, die mechanischer Weise alle Verrichtungen hervorbringen könnte, zu welchen dieser oder jener eintzelner Körper bestimmt ist.
PHILOPON: Allein durfte Spinosa seine Zuflucht, so wie Leibnitz, zu der Weisheit Gottes nehmen? Sie wissen, wie sehr der letzte sich auf diese göttliche Eigenschaft beruft, die Spinosen zu nichts helfen konnte.
NEOPHIL: Ich habe Ihnen gleich Anfangs gesagt: Leibnitz hat diese Hypothes in sein System gebracht; das heißt, er hat sich aller Vortheile dabey bedient, die ihm sein Lehrgebäude darbot.
PHILOPON: Gesetzt nun. Ich müßte Ihnen zugeben, Spinosa habe das System der veranlassenden Ursache nicht annehmen können; so hat er sich doch nur von der einen Seite zu der Harmonie bekannt, nehmlich was die Veränderung des Körpers und die Art ihrer Folge auf einander betritt. Er hat hingegen, wie ich glaube, von allem, was die Seele und die Folge ihrer Gedanken anbelangt, ein vollkommenes Stillschweigen beobachtet. Und wer weis, was für eine ungereimte Erklärung er aus seinem widersinnigen System würde erzwungen haben, wenn er auf diese Frage hätte antworten sollen.[9]
NEOPHIL: Spinosens Meinungen sind nach dem Geständnisse aller Welt sehr ungereimt. Eigentlich aber sind sie es nur in so weit, als er sie auf diese ausser uns sichtbare Welt hat anwenden wollen. In Betrachtung derjenigen Welt hingegen, die, mit Leibnitzen zu reden, vor dem Rathschlusse Gottes, (antecedenter ad decretum) als ein möglicher Zusammenhang verschiedener Dinge, in seinem Verstande existirt hat; kann vieles von Spinosens Meinungen mit der wahren Weltweisheit, ja sogar mit der Religion bestehen. Doch hiervon ein andermal. Ich begnüge mich vor jetzo ihnen zu zeigen, was Spinosa von der Folge unserer Gedanken auf einander behauptet hat. In dem siebenden Lehrsatze des zweyten Theils seiner Sittenlehre sagt er: »Die Ordnung und die Verknüpfung der Begriffe ist mit der Ordnung und der Verknüpfung der Dinge einerley.« Erinnern sie sich nunmehr, was Leibnitz zu seiner Vertheidigung wider Baylen vorbringt, wenn ihm dieser den Einwurf macht, daß es, ohne die Wirkung einer andern Substanz auf die Seele, unbegreiflich wäre, wie sie öfters unmittelbar von Lust zur Unlust und von Traurigkeit zur Freude übergehen könne? Gab er nicht auch vor, daß sich die Veränderungen in der Seele durch eben den Grund erklären liessen, durch welchen die Veränderungen in der sichtbaren Welt begriffen werden können? daß alles in der Seele eben so auf einander folge, wie es in dem Zusammenhange der Dinge auf einander folget? Was heißt dieses anders, als was Spinosa in den angeführten Worten sagt: »Die Ordnung und die Verknüpfung der Begriffe ist mit der Ordnung und der Verknüpfung der Dinge einerley?«
PHILOPON: Wie wunderbar ist es mit dem menschlichen Verstande beschaffen! Spinosa geräth durch irrige und abgeschmackte Grundsätze fast auf eben die Meinung, auf welche Leibnitzen die richtigsten und gesundesten Begriffe von Gott und der Welt geleitet haben – – Allein nunmehr sagen Sie mir auch, was soll man von einer Meinung halten, die sich aus entgegen gesetzten Grundsätzen mit gleicher Richtigkeit schliessen läßt?[10]
NEOPHIL: Ich habe ihnen schon gesagt, die meisten Lehrsätze des Spinosa sind weniger falsch, als unvollständig. Er irrete; denn er begnügte sich, so zu sagen, mit der einen Hälfte der Weltweisheit, die doch ohne die andere Hälfte nicht bestehen kann. Was Wunder also, daß er vermittelst der richtigen Grundsätze, die in seinem System enthalten sind, viele andere Wahrheiten entdecken und in die Folge seiner Schlüsse einflechten konnte? Wer sie genauer besiehet, der merket gleichwohl, daß sie mit dem Ungereimten, welches in seinem Lehrgebäude anzutreffen ist, gar nicht zusammenhängen.
PHILOPON: Wissen Sie, daß Sie mich nunmehr in eine ziemliche Verlegenheit wegen der Aufrichtigkeit unsers Leibnitz gesetzt haben? Wie hat er zugeben können, daß ihm die gelehrte Welt zu dieser Entdeckung Gluck wünschte, da er doch wußte, daß sie ihm nicht allein zugehörte.
NEOPHIL: So unanständig dieses Verfahren einem Weltweisen, als Leibnitz war, bey allen andern Gelegenheiten gewesen wäre; so glaube ich gleichwohl, daß er in diesem Falle zu entschuldigen sey. Wir würden noch weit in die Nacht hineinplaudern müssen, wann ich mich umständlich darüber erklären sollte. Genug, daß es Leute giebt, welche auch die Wahrheiten nach einer gewissen Genealogie beurtheilen. Eine Lehre zu verwerfen, brauchen sie nur zu wissen, daß sie bey dem oder jenem Schriftsteller in einer schlechten Verwandschaft mit andern Lehren gestanden habe. Sie können sich nicht einbilden, daß man sie herausreissen, und von alle dem Gifte saubern könne, welches durch Ansteckung derjenigen Irrthümer in sie gekommen, die mit ihr ein Ganzes ausgemacht. – – Sagen Sie mir, würden diese Leute, wenn es Leibnitz frey gestanden, daß er das Wesentliche seiner Harmonie von dem Spinosa entlehne, würden diese Leute, nicht schon in dem Namen Spinosa, die Widerlegung derselben zu finden, geglaubt haben? Ganz gewiß; ja sie würden nicht ermangelt haben, die Einfalt zu erinnern, daß man sich hüten müsse, auch den geringsten Hausrath eines Menschen, der von der Pest dahin gerissen worden, zu brauchen.[11] Und daß solche Gleichnisse Eindruck machen, wußte Leibnitz; er, der nicht allein der größte, sondern auch der behutsamste Philosoph war. – – Doch später darf ich Ihnen nicht beschwerlich fallen. Sie wissen, wie unentbehrlich es unserer denkenden Monade ist, sich von Zeit zu Zeit einige Grade herunter zu setzen, um in den Zustand der schlafenden Monade zurück zu kehren. – – Metaphysischer kann ich Ihnen nicht rathen, gute Nacht zu nehmen.[12]
Buchempfehlung
»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro