15. Die Schule der Trübsal

[182] Mong Dsï sprach: »Schun war Bauer, ehe er emporstieg. Fu Yüo ward berufen von seinen Brettern und Balken weg. Giau Go ward berufen von den Fischen und der Salzgewinnung weg. Guan I-Wu ward berufen vom Kerker weg. Sun-Schu Au ward berufen vom Meeresstrand weg. Bai-Li Hi ward berufen vom Marktplatz weg. Also, wem Gott ein großes Amt anvertrauen will, dem schafft er sicher erst Bitternis in Herz und Willen, er schafft Mühsal seinen Nerven und Knochen, er läßt durch Hunger seinen Leib leiden und bringt sein Leben in äußerste Not. Er verwirrt und stört ihm seine Werke. So erregt er seinen Geist und macht duldsam sein Wesen und legt ihm zu, was ihm an Fähigkeit gebricht. Stets müssen die Menschen irren, ehe sie klug werden. Sie müssen verzweifeln in ihrem Herzen und ratlos werden in ihren Gedanken, ehe sie sich erheben zu kraftvoller Tat. Die Wahrheit muß ihnen entgegentreten in dem, was vor Augen ist; sie muß ihnen ertönen in dem, was sie hören, ehe sie sie verstehen können.

Ein Volk, das im Innern keine mächtigen Geschlechter und aufrechten Männer hat und draußen keine feindlichen Nachbarn und äußeren Kämpfe, das wird stets zugrunde gehen. Daran erkennt man, daß das Leben geboren wird in Trauer und Schmerzen und der Tod geboren wird in Wohlsein und Lust.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 182.
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