[530] 11) Zu S. 144 und 146: Daß durch die Hypothese der Präexistenz die Frage nach dem Ursprung der Erkenntnis nur zurückgeschoben wird, der Rückgang auf einen überzeitlichen Grund der Psyche also unbedingt gefordert ist, hat bekanntlich LEIBNIZ gegen PLATOS Beweisführung eingewandt. Der Einwand trifft den Kern der Sache, aber er trifft PLATO insofern nicht, als dieser selbst den überzeitlichen Grund der Seele im Sinne hat. (S. darüber, außer dem Anhang, auch ÜPI 27 f., wo auch an MALEBRANCHE erinnert wird, dem LEIBNIZ in diesem Punkte sehr nahe steht). Allenfalls ist zu sagen, daß im Phaedo nach dieser Seite noch nicht die letzte Konsequenz bestimmt gezogen ist. Aber die isn anankê 76 E und die hêmetera ousia[530] ebenda (neben autês estin hê ousia 92 D) führt zwingend auf den Ewigkeitsgrund der Psyche. Damit klärt sich auch das Verhältnis des Dialektischen und Psychologischen im Phaedo und in der Ideenlehre überhaupt (worüber auch ÜPI 24 ff. zu vergleichen ist), und berichtigt sich das S. 146 über das Verhältnis des Phaedo (in diesem Punkt) zu den letzten Schriften Gesagte. Nicht weil die psychologische Betrachtung des Logischen später in den Hintergrund träte, sondern vielmehr weil das Psychologische mit dem Logischen immer strenger eins geworden ist, bedarf es gar keines Rückschlusses mehr, sei es von der logischen Ursprünglichkeit auf die psychologische oder umgekehrt, auch keiner gegenseitigen Stützung beider durch einander. Sondern die ohne weiteres im Wesen der Sache liegende Priorität des Überzeitlichen vor dem Zeitlichen ergibt und bedeutet mit einem den Ewigkeitsgrund der Psyche und des Seins der Ideen. Und so läßt sich allenfalls sagen: jedes von beiden führt, wenn es als geltend vorausgesetzt wird, zwingend auf das andre hin. Dazu genügt aber nicht die bloße Parallelstellung beider, wie sie sich aus der nächsten Betrachtung (Phaed. 78 ff., oben S. 147 ff.) ergibt (deren Schwäche sich in den bloßen Komparativen homoioteron, xyngenesteron 79 BC verrät), sondern es bedarf dazu erst der Begründung der Psyche durch die durchgängige Wechselbezüglichkeit der Eide im Sophisten. (Vgl. auch hierzu ÜPI, S. 27.) Damit wird zugleich der schroffe Dualismus von Seele und Leib überwunden, der, von der älteren Periode her, im Phaedo und Staat noch stehen geblieben war. Den höchsten Punkt der bei PLATO erreichten Klärung in dieser Hinsicht bezeichnen erst die Gesetze.
12) Zu S. 155 (Gleichsetzung von »Idee« und »Hypothesis«) vgl. ÜPI 40 ff.