130.
An Marie Baumgartner

[1155] [Genf, 6. April 1879]


Der Palmsonntag, den ich jedes Jahr mit Kinderempfindungen und einem Kinderverlangen nach neuer Freude verbringe und der folglich alle Jahre mehr ein Tag der Wehmut wird, brachte mir Ihren Gruß und die Fortsetzung Mérimées – ich bin sehr dankbar für beides. Mérimée ist ein Künstler ersten Ranges und als Mensch so gewillt, hell zu sein und hell zu sehen: er tut mir wohl. Und Sie haben »unter Schmerzen gemalt«, wie jener Maler in doloribus pinxi unter sein Gemälde schrieb. Sie Arme, Gute! – Nachmittags kam noch ein Brief von Jacob Burckhardt, ein wahrer Palmenzweig und beschämend für mich. Nehmen Sie an meinem Guten teil, wie Sie es an meinem Schlimmen tun. Nicht wahr, als mitfreuende Freundin?

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 3, S. 1155.
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Briefe
Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.1, Bd.1, Briefe von Nietzsche, Juni 1850 - September 1864. Briefe an Nietzsche Oktober 1849 - September 1864.
Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.2, Bd.2, Briefe an Nietzsche, April 1869 - Mai 1872
Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe in 8 Bänden.
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