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[186] Neue Vorsicht. – Laßt uns nicht mehr so viel an Strafen, Tadeln und Bessern denken! Einen einzelnen werden wir selten verändern; und wenn es uns gelingen sollte, so ist vielleicht unbesehens auch etwas mitgelungen: wir sind durch ihn verändert worden! Sehen wir viel mehr zu, daß unser eigener Einfluß auf alles Kommende seinen Einfluß aufwiegt und überwiegt! Ringen wir nicht im direkten Kampfe! – und das ist auch alles Tadeln, Strafen und Bessernwollen. Sondern erheben wir uns selber um so höher! Geben wir unserem Vorbilde immer leuchtendere Farben! Verdunkeln wir den andern durch unser Licht! Nein! Wir wollen nicht um seinetwillen selber dunkler werden, gleich allen Strafenden und Unzufriedenen! Gehen wir lieber beiseite! Sehen wir weg!

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 2, S. 186-187.
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Die fröhliche Wissenschaft
Werke, Kritische Gesamtausgabe, Abt.5, Bd.2, Idyllen aus Messina; Die fröhliche Wissenschaft; Nachgelassene Fragmente Frühjahr 1881 - Sommer 1882
Die fröhliche Wissenschaft
Sämtliche Werke: kritische Studienausgabe in 15 Einzelbänden - Teil 3. Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
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