Alchimia, der dritte Grund medicinae

[544] Nun weiter: der dritte Grund, auf dem die Arznei steht, ist die Alchemie. Wenn der Arzt hierin nicht auf das höchste und größte geflissen und erfahren ist, so ist, was seine Kunst ist, alles umsonst. Denn die Natur ist so subtil und so scharf in ihren Dingen, daß sie ohne große Kunst nicht kann gebraucht werden, denn sie gibt nichts an den Tag, das auf seine Art vollendet sei, sondern der Mensch muß es vollenden. Diese Vollendung heißt alchimia. Denn der Back, indem er Brot macht, der Rebmann, indem er den Wein macht, der Weber, indem er Tuch macht, ist ein Alchemist. Der selbe, der, was aus der Natur dem Menschen zu nutz wächst, es dahin bringt, dahin er von der Natur geordnet wird, der ist ein Alchemist. Und wißt einen solchen Unterschied in dieser Kunst! Gleicherweise als einer nähme eine Schafshaut und lege sie so roh als einen Pelz oder einen Rock an, wie grob und ungeschickt das gegen den Kürschner und Tuchmacher gehalten ist, so grob und ungeschickt ist es, wenn einer etwas aus der Natur hat und das selbe nicht bereitet, und ist noch mehr als grob und ungeschickt, denn es trifft an die Gesundheit und den Leib und das Leben. Drum ist mehr Fleiß darin zu suchen und zu haben. Nun aber haben alle Handwerke der Natur nachgegründet und ihre Eigenschaften erkundet, so daß sie in allen ihren Dingen der Natur nachzufahren und das Höchste, was in ihr ist,[544] herauszubringen wissen. Aber allein in der Arznei, da das am nötigsten wäre, ist es nicht geschehen, die ist dergestalt die gröbste und ungeschickteste Kunst. Denn wie kann ein gröberer Mensch sein, als der das Fleisch roh frißt und die Haut ungegerbt anlegt und macht sein Dach unter den nächsten Felsen oder bleibt im Regen?! Und wie kann ein gröberer Arzt sein oder wie kann es in der Arznei gröber zugehen, denn wie man in den Apotheken kocht? Es kann doch fürwahr nichts Gröberes sein als das Sudeln und Durcheinandertalken, sie bescheißen und kratzen in allen Dingen. Und wie der mit der Haut bekleidet ist, so ist auch dieser Apotheker versorgt. Weil nun aber in der Bereitung der Arznei der Grund, auf dem die Arzneikunst stehen soll, liegt, so wißt hierzu, daß dieser Grund aus der Natur gehen muß und nicht aus den spintisierenden Köpfen, die kochen, als wenn ein Koch Pfeffer kochte. Denn da liegt der Trefflichste und der letzte Punkt in diesem Bereiten, nämlich wenn die Philosophie und Astronomie, das ist der Krankheiten und der Arznei Art und all ihre Zusammenfügung, verstanden wird, so ist darnach der Schluß das Nötigste: wie du das, das du kannst, brauchen sollst. Denn die Natur zeigt es dir selbst an an den Dingen, wessen du dich hierinnen befleißigen sollst, damit du deine Arznei in Wirkung bringst. Gleich wie der Sommer die Birnen und die Trauben fertig macht, so soll auch deine Arznei geführt werden, und wenn sie so geführt wird, so wirst du mit deiner Arznei ein gut Ende erzielen. Wenn es nun dazu kommen soll, daß deine Arznei so vollendet werde, wie der Sommer seine Früchte bringt, so wißt, daß der Sommer das durch die astra tut und nit ohne die selben. So nun die astra das tun, so wisse hier an dem Ort auch, daß diese Zubereitung dahin gerichtet werden muß, daß sie den Sternen unterworfen seien, denn die sind die, die das Werk des Arztes vollbringen. Drum, weil sie die sind, so muß die Natur nach innen genannt und verstanden werden, gradiert und genaturt; es ist also nit zu sagen: das ist kalt, das ist heiß, das naß, das trocken, sondern[545] es ist zu sagen: das ist Saturn, das ist Mars, das Venus, das der Pol, – so ist der Arzt auf dem rechten Wege. Und, daß er darnach wisse, den astralischen Mars, und den gewachsenen Mars einander untertänig zu machen und einander zu conjungieren und vergleichen, denn hierin liegt der Butz (der Frucht), den vom ersten an bis auf mich noch kein Arzt gebissen hat. So wird es also verstanden: daß die Arznei soll in die Gestirne bereitet werden und daß sie Gestirne werden, denn die oberen Gestirne kränken und töten, machen auch gesund. Und soll nun da etwas geschehen, so kanns ohne die astra nicht geschehen. Wenn es nun mit den astris geschehen soll, so in dem Weg, daß die Bereitung dahin gebracht werde, daß die Arznei durch den Himmel gemacht und bereitet werde gleicherweis, wie die Prophezeiungen und andere Taten vom Himmel geschehen. Ihr seht, daß die astra die Weissagungen anzeigen, Schauer, Wetter usw. anzeigen, Tode, Krankheiten usw. der Fürsten anzeigen, Schlachten, Krankheiten, Pestilenzen, Hunger usw. anzeigen, – das alles zeigt der Himmel an, denn er machts; was er macht, das kann er wohl anzeigen. Diese Dinge gehen durch ihn; durch ihn gehen auch die Künste des Wissens. Nun, so sie durch den Himmel sind, so werden sie auch durch den Himmel regiert, nach seinem Willen zu tun, auf daß das geschehe, was vorhergesagt und angezeigt ist. Wenn diese Dinge vom Himmel nach seinem Willen bereitet worden sind, darum führt sie auch der Himmel. So wisset auch in diesen Dingen: wenn die Arznei aus dein Himmel ist, so muß sie ohne alle Einrede dem Himmel unterworfen bleiben und demselbigen Folge leisten und in seinem Willen stehen. Wenn das nun so ist, so muß der Arzt seine Weise mit Graden und Complexionen, humores und Qualitäten fahren lassen, er muß vielmehr die Arznei nach dem Gestirn erkennen, daß also oben und unten astra sind. Und weil die Arznei ohne den Himmel nichts taugt, so muß sie durch den Himmel geführt werden. Ihre Führung ist nun nichts anderes, als daß du ihr die Erde hinweg nehmest, denn der Himmel regiert sie nicht,[546] sie sei denn von ihr geschieden. So du sie nun geschieden hast, so ist die Arznei im Willen der Gestirne, und wird vom Himmel geführt und geleitet. Was zum Hirn gehört, das wird durch Luna zum Hirn geführt; was zur Milz gehört, wird durch Saturn zur Milz geführt; was zum Herzen gehört, wird durch Sol zum Herzen geleitet, und also durch Venus zu den Nieren, durch Jupiter zur Leber, durch Mars zur Galle. Und das ist nicht allein mit denen so, sondern auch mit allen andern, unaussprechlich zu melden.

Denn merket in diesem: was ist die Arznei, die du gibst, für die Mutter der Frau, wenn es dir Venus nit dahin leitet? Was wäre die Arznei fürs Hirn, wenn dirs Luna nit dahin führte? Und so mit den andern auch; sie blieben alle im Magen und gingen durch die Eingeweide wieder hinaus und blieben ohne Wirkung. Hieraus entspringt die Ursache, wenn dir der Himmel ungünstig ist und deine Arznei nicht leiden kann, daß du dann nichts ausrichtest. Der Himmel muß sie dir leiten. Drum so liegt in dieser Beziehung die Kunst in dem, daß du nicht sagen darfst, Melisse ist ein Mutterkraut, Majoran ist gut zum Haupt, – so reden die Unverständigen. Sondern solches liegt in der Venus und in Luna; so du die Kräuter so haben willst, wie du vorgibst, so mußt du einen günstigen Himmel haben, sonst wird keine Wirkung erfolgen. Da liegt die Irrung, die in der Arznei überhand genommen hat. Gib nur ein, hilfts, so hilfts! Solcher Praktiken Kunst kann ein jeder Bauernknecht, bedarf keines Avicenna dazu noch des Galen. Aber ihr, von den geborenen Ärzten, sagt, man muß directoria zum Haupt, zum Hirn, zur Leber usw. geben. Wie dürft ihr solche directoria setzen, alldieweil ihr den Himmel nicht versteht?! Derselbe dirigiert. Und noch eins habt ihr vergessen, das euch alle zu Narren macht: ihr wißt, was zum Hirn, zum Haupt, zur Mutter, zum Scheißen und zum Seichen dirigiert; ihr wißt aber nicht, was da dirigiert zur Krankheit! Und wenn ihr nun wißt, was zu der Krankheit dirigiert, so wißt ihr nicht, wo sie liegt. Und euch[547] ist es gleich mit den Hauptgliedern, die ihr allzeit krank heißt, wie den Pfaffen mit den Heiligen; die müssen alle im Himmel sein, ob sie schon in der Hölle begraben liegen; ebenso müssen euch alle Krankheiten in der Leber, Lunge usw. liegen, wenn es schon im Arsch liegt.

Weil nun der Himmel durch seine astra dirigiert und nit der Arzt, so muß die Arznei dermaßen in Luft gebracht werden, daß sie vom Gestirn regiert werden kann. Denn welcher Stein wird vom Gestirn hochgehoben? Keiner. Allein das volatile, das ist das Flüchtige. Viele haben in der Alchemie quintum esse gesucht, das nichts anderes ist, als wenn die vier corpora von den Arkanen genommen werden, und das was dann übrig ist, ist das eigentliche arcanum. Dieses arcanum ist ein chaos, und es ist dem Gestirn möglich es zu führen, wie eine Feder vom Wind. So soll nun die Bereitung der Arznei sein, daß die vier corpora von den Arkanen genommen werden, und darnach soll das Wissen da sein, was in diesem arcanum das astrum sei, und darnach was das astrum dieser Krankheit sei, was das astrum in der Arznei wider diese Krankheit sei. Da geht nun das Dirigieren an. Wenn du eine Arznei eingibst, so muß dirs der Magen bereiten; er ist der Alchemist. Ist es nun dem Magen möglich es dahin zu bringen, daß die astra annehmen, so wird sie dirigiert; wo nicht, so bleibt sie im Magen und geht durch den Stuhl aus. Was ist Höheres an einem Arzte, denn das Wissen um die Concordierung beider astra?! Denn da liegt der Grund aller Krankheiten. Nun ist alchima der äußere Magen, der dem Gestirn das seine bereitet. Es ist nicht so, wie die sagen: alchimia mache Gold, mache Silber; hier ist das Vornehmen: mach arcana, und richte dieselbigen gegen die Krankheiten; da muß der Arzt hinaus, das ist der Grund. Denn diese Dinge alle entnimmt man aus der Anweisung der Natur und ihrer Bewährung. So wollen die Natur und die Krankheit in Gesundheit und in Krankheiten zusammen gefügt und zusammen verglichen und gebracht werden. Hierin liegt der Weg der Heilung und Gesundmachung.[548] Solches alles vollendet die Alchemie, ohne welche die Dinge nicht geschehen können.

Nun ermeßt: weil die arcana alle Arzneien sind und die Arzneien sind arcana, und die arcana sind volatilia, wie kann dann der Suppenwust und Sudelkoch Apotheker hierin sich berühmen, ein dispensator, das ist Abwäger, und ein Koch zu sein?! Ja freilich, ein dispensator und ein Koch der Lumpen. Wie groß ist die Narrheit in den doctores, die in diesem Suppenwust die Bauern umführen und bescheißen und geben ihnen electuaria, das ist Auszüge, Syrupe, Pillen, unguenta oder Salben, und ist alles weder Grund noch Arznei, noch Verstand noch Wissen drin, und euer keiner mag es bei seinem Eid bewähren, daß er mit Wahrheit handele. Und ebenso tut ihr auch mit euerm Seichbesehen; da beseht ihr den blauen Himmel und lügt und trügt, daß ihr selbst das Zeugnis geben müßt, daß das meiste nichts als Rederei und ein Dünken und Wähnen ist und keine Kunst, als was von ungefähr getroffen wird. So lügt ihr in den Apotheken auch und sudelt und spült, und braucht so große Meisterschaft, daß ein jeglicher nit anders meint, als bei euch sei das Himmelreich; so ists der Abgrund der Hölle. Wenn ihr eure Stümperei fahren ließet und den Arcanen nachgingt, was sie wären, und wer ihr director wäre, und wie die astra, die Krankheit und die Gesundheit wären, so müßtet ihr hierbei erfahren, daß euer Grund nichts als Phantasie sei. Alles Vorhaben hier ist zu zeigen, daß der Grund der Arznei am letzten in den Arkanen stünde und die Erkanen den Grund des Arztes beschließen und vollenden. Drum, da der Beschlußgrund in den Arkanen liegt, so muß hier der Grund alchimia sein, durch welche die arcana bereitet und gemacht werden. Drum wißt allein das: daß es die arcana sind, die da Tugenden und Kräfte sind, die sind volatilia oder Flüchtige und haben keine corpora, und sind chaos und sind darum, das ist Helle, und sind durchsichtig und sind in der Gewalt des Gestirns. Und wenn du das Gestirn weißt und die Krankheit weißt, so verstehst du, was dein ductor, das ist Führer, und was[549] die potentia sei. Das bewähren die arcana, daß nichts in den humores, qualitates, complexiones und nichts in »das ist melancholia«, »das ist phlegma« usw. sei, sondern es heißen muß: das ist Mars, das ist Saturn, und so ist das arcanum martis und arcanum saturni; hier liegt die physica. Welcher unter euch auditoribus oder Hörern möchte diesem Grunde feind sein? Nur eure praeceptores oder Lehrer. Ihnen ist wie den alten bäumigen, das ist überständigen, Studenten.

Wenn nun ein Arzt die Dinge wissen soll, so steht ihm zu, daß er ein Wissen darum habe, was calcinieren sei, was sublimieren sei, nicht allein, was den Handgriff betrifft, sondern was es mit der Veränderung darinnen auf sich habe, woran mehr als an dem andern liegt. Denn durch die Dinge, wie sie in der Bereitung begriffen werden, ergibt sich die Zeitigung, die die Natur oft nicht gegeben hat. Und auf die Zeitigmachung muß der Arzt seine Kunst gerichtet haben, denn er ist dieser Dinge Herbst, Sommer und Gestirn, in dem daß er sie vollbringen muß. Das Feuer (des Alchemisten) ist die Erde, der Mensch die Ordnung, die Dinge in der Arbeit der Same. Und obgleich die Dinge alle in der Welt einfach verstanden oder gemeint werden, so sind sie doch in ihrem End(stadium) verschieden, und so auch an dem Orte im Ende. Obgleich durch einen Prozeß alle arcana im Feuer geboren werden, und das Feuer ist ihre Erde, und diese Erde ist damit die Sonne, und ist in dieser zweiten Gebarung Erde und Firmament ein Ding. In ihm kochen die Arcanen, in ihm fermentieren, das ist gären, sie. Und wie das Korn, das, ehe es wächst, in der Erde faul wird, und darnach in seine Früchte geht, so geschieht auch hier im Feuer die Zerbrechung. Und da fermentieren sich die Arkanen und geben die corpora von sich, und gehen in ihrem Aufsteigen zu ihren Erhöhungen, deren Zeit calcinieren, sublimieren, reverberieren, solvieren usw. ist, und gehen zum andern Male in die reiteration, das ist in die transplantation. Nun geschehen diese Wirkungen alle durch den Lauf, den die Zeit gibt, denn eine Zeit in die[550] der äußeren Welt, eine die des Menschen. Nun ist die Wirkung im himmlischen Laufe wunderbarlich. Obwohl der Künstler sich selbst und seine Arbeit als seltsam schätzen mag, so ist doch das höchste darin, daß der Himmel gleichwohl so seltsam durcheinander kocht, dirigiert, imbibiert, solviert und reverberiert, so gut wie der Alchemist, und der Lauf des Himmels lehrt den Lauf und das Regiment des Feuers im Athanar. Denn die Tugend, die im Saphir liegt, gibt der Himmel durch solutio oder Auflösung, coagulatio oder Zusammenrinnung und fixatio oder Festmachung. Wenn nun der Himmel in seiner Wirkung durch die drei Dinge so geschaffen worden ist, bis er es dahin bringt, so muß auch die Zerbrechung saphiri in den drei Punkten stehen. Diese Zerbrechung geschieht so, daß die corpora davon wegkommen und das arcanum bleibt. Denn vorher und ehe der Saphir war, ist kein arcanum gewesen, nachfolgend aber ist – wie das Leben im Menschen – auch das arcanum durch den Himmel in diese materia gegeben worden. Nun muß das corpus hinweg, denn es hindert das arcanum, gleicherweise wie aus dem Samen nichts wächst noch wird, allein er werde denn zerbrochen, welches Zerbrechen allein das ist, daß sein corpus fault, das arcanum aber nit; so steht es auch hier mit dem corpus saphiri, allein daß es das arcanum empfangen hat. Nun ist seine Zerbrechung durch die Dinge, durch die es zusammengemacht worden ist. Das Korn auf dem Felde braucht in der Natur keine kleine Kunst, bis es in seine Ähre geht; da ist das Elixier und das höchste Ferment, das sich vor allen Dingen die Natur vorbehalten hat; dem folgt die digestio nach und aus der selbigen sein Wachsen. Welcher also der Natur ein Bereiter sein will, der muß da durch, sonst ist er nur ein Sudelkoch und Suppenwust und ein Aufspieler. Denn die Natur will, daß die Bereitung bei den Menschen allwegs wie bei ihr sei, das ist, daß ihr nachgehandelt werde, und nicht den tollen Köpfen nach.

Nun, was fermentieren und putreficieren und digerieren und exaltieren die Apotheker und ihre doctores? Nichts,[551] allein durcheinander wird ein Suppenwust gemacht und zu fressen gegeben und die Leute redlich damit beschissen. Wer kann einen Arzt loben, der nicht der Natur Art weiß und kann? Oder wer soll ihm vertrauen? Alldieweil doch ein Arzt nichts anderes sein soll als ein Erfahrener der Natur, und einer, der da der Natur Eigenschaft, Wesen und Art weiß. So er diese Dinge, der Natur Zusammensetzung, nicht kann, was ist er dann im Wiederauflösen der selben?! Merkt, daß ihr auflösen müßt! den Weg zurückgehen! Alle die Werke, die die Natur vorangetrieben hat, von einer Staffel zu der andern, die müßt ihr wieder auflösen. Und weil ihr oder ich in dieser Auflösung nichts wissen und können, sind wir nur Mörder und Erwürger, Cornuten und Bachanten.

Nun was Gutes wollt ihr durch euern Prozeß aus dem Alaun machen, in dem in Hinsicht auf die Leib-und Wundkrankheiten treffliche große Geheimnisse liegen? Wer ist der, der ihn durch den Apothekerbrauch nach dem, was in ihm ist, zu Nutz bringe? Und so nicht allein der Alaun, sondern auch die mumia. Wo sucht ihr es? Jenseits des Meeres von den Heiden? O ihr Einfältigen, – und es liegt vor euern Häusern und in den Ringmauern. Weil ihr aber die Alchemie nicht kennt, kennt ihr auch die mysteria der Natur nicht. Meint ihr, darum daß ihr den Avicenna habt und Savonarola und Valescus und Vigo, ihr wäret dann gerechtfertigt? Es ist alles nur Schützerei! Außerhalb dieses Geheimnisses kann es niemand wissen, was in der Natur ist. Nehmt eure doctores und alle eure Skribenten, und sagt mir, was die Korallen vermögen. Und wenn ihr es wißt und sagt von ihren Kräften ein vieles und langes Geschwätz, – wenn es an ein Probestück geht, so wißt ihr nicht das kleinste aus den Tugenden der Korallen vorzuweisen, aus der Ursache: der Prozeß das arcanum zu erarbeiten, steht nicht geschrieben. Erst wenn der Prozeß durchgeführt worden ist, sind ihre Tugenden da, und ihr alle seid so einfältig, meint, es sei nur ums Zerstoßen zu tun und cribrentur et misceantur, das ist sieben und mischen, fiat pulvis cum zuccaro, macht mit Zucker ein[552] Pulver. Was Plinius, Dioscurides usw. von den Kräutern geschrieben haben, haben sie nit erprobt, sie haben es von Edelleuten gelernt, sie wissen solcher Tugenden viel und haben mit süßem Geschwätz Bücher gemacht. Tut ihr das, das sie schreiben, zaghaft? Versucht es und es ist wahr. Aber ihr wißt nicht, wieso es wahr ist, ihr könnt dessen nicht zu seinen Letzten kommen und eurer Autoren Schreiben, deren Doktoren, das ist Jünger, ihr euch zu sein berühmt, nicht auf die Probe führen. Was setzt Hermes und Archelaus vom Vitriol? Große Tugend, – und es ist wahr, sie sind in ihm. Ihr wißt aber nicht, wie sie in ihm sind, blau oder grün. Sollt ihr Meister der natürlichen Dinge sein und wisset das nicht?! Und habts gelesen, so daß ihr wißt, was das ist, aber leider, ihr richtet nichts damit aus. Was setzen andere Alchemisten mehr und philosophi von den Kräften mercurii? Viel, und es ist wahr. Ihr wißt aber nicht, wie mans machen soll. Drum hört mit euerm Geplärr auf, denn ihr und eure Hohen Schulen seid beani, Schützen darin. Ihr tut nichts als lesen, das ist in dem und das ist in dem, und das ist schwarz und das ist grün, und weiter weiß ich, bei Gott, nichts mehr; so find ichs geschrieben. Wäre es nicht geschrieben, so wüßtest du gar nichts. Meint ihr, daß ich meinen Grund unbillig in die Kunst alchimia setze, die mir solches anzeigt, das, das wahr ist, und das ihr nit wißt, zu erproben?! Soll eine solche Kunst nicht gut dazu sein zu erproben und es an den Tag zu bringen?! Und soll die nicht billig der Arznei Grund sein, die das Wissen eines Arztes auf die Probe bringt, zeigt und bewährt? Was dünkt euch, was ein solches Urteil einem Arzte, der da spricht »es schreibt Serapion, Mesue, Rhasis, Plinius, Dioscurides, Macer von der Verbena, die sei dazu und dazu gut«, und das, was du redest, kannst du nicht erproben, daß es wahr sei. Was für ein Urteil gedünkt dich hierin recht? Ich weiß es wohl. So ein Urteiler, ob das nicht mehr sei, zu probieren, was einer weiß, und das was wahr ist, was darin ist; du kannst das aber nicht ohne die alchimia. Und wenn du noch so viel läsest und wüßtest, so ist dein[553] Wissen doch kein Wissen. Wer, der mein Werk liest, will mirs verargen, daß ich dir das vorhalte und dir es verdeutsche? Denn du kommst nie dem Wissen deiner Kraft und Tugend, von der du redest und dich ihrer berühmst, nach. Sag mir doch, wenn der Magnet nicht ziehen will, was ist doch dessen Ursach? Wenn der Helleborus nit Kotzen macht, was ist dess' Ursache? Die (Dinge) weißt du, die zum Scheißen dienen und Kotzen, – was aber die Heilung anbetrifft und die Arkanen, die da von allen gemeldet worden sind, da bist du Bruder Löffel. Sag mir, wem ist in den Künsten und dem Wissen von der Kraft der natürlichen Dinge zu glauben, denen, die drüber geschrieben haben und haben es nicht gewußt auf die Probe zu führen, oder denen, die es zu probieren gewußt haben und habens nicht geschrieben? Ist es nit so, daß Plinius nie eine Probe aufzuweisen hat? Was hat er dann geschrieben? Was er von den Alchemisten gehört hat. So es nit weißt und kennst, wer sie sind, so bist du ein Hümpelarzt.

Wenn nun so viel an der Alchemie liegt und sie hier, in der Arznei, so gerühmt wird, ist die Ursache dessen die große verborgene Tugend, die in den Dingen der Natur liegt, und die niemanden offenbar ist, es mache sie denn die Alchemie offenbar und bringe sie hervor. Sonst ist das gleich einem, der im Winter einen Baum sieht, kennt ihn aber nit und weiß nit, was in ihm ist, so lange, bis der Sommer kommt und eröffnet nacheinander jetzt die Sprößlein, jetzt das Geblüh, jetzt die Frucht und was weiter in ihm ist. So liegt nun die Tugend in den Dingen dem Menschen verborgen, und es sei denn, daß der Mensch durch den Alchemisten derselben inne werde, wie durch den Sommer, sonst ist es ihm unmöglich sie zu erkennen.

Weil nun der Alchemist dort mit seinem Tun hervortreibt, was in der Natur ist, so wißt andere Kräfte in den locustis, andere in den Blättern, andere in den Blüten, andere in den unreifen Früchten, andere in den reifen Früchten, und das so wunderbarlich, daß die letzte Frucht[554] des Baumes ganz ungleich ist der ersten, wie in der Form so auch in den Tugenden, auf daß also die Erkenntnisse statthaben sollen vom ersten Hervorkommen bis zum letzten; denn so ist die Natur. Wenn nun die Natur in ihrer Offenbarung so ist, nicht weniger ist es der Alchemist in den Dingen, da die Natur aufgehört hat so fortzufahren. Nämlich der Ginster erreicht den Prozeß seiner Natur in der Hand des Alchemisten, auch der Thymian, auch der Epithymus und die andern alle. Nun seht ihr, daß ein Ding nicht nur eine Tugend sondern viele Tugenden hat. Wie ihr an den Blumen seht, die nicht nur eine Farbe haben und sind doch in einem Ding, und jede ist ein Ding, und eine jegliche Farbe ist an sich selbst aufs höchste gradiert. Dasselbe ist auch von den verschiedenen Tugenden zu verstehen, die in den Dingen liegen. Nun ist es die Alchemie der Farben, die Kunst und Art diese von einander zu bringen. So wie mit den Farben soll solche Scheidung auch mit den Tugenden gleicherweise geschehen, und so oft eine Änderung der Farben da ist, ebenso oft sind Änderungen der Tugenden. Denn im Schwefel ist die Gelbe, Weiße und Röte, auch Bräune und Schwärze. Nun ist in jeder Farbe eine besondere Tugend und Kraft, und andere Dinge, die diese Farben auch haben, haben nicht dieselben, sondern in diesen Farben andere Tugenden. Hierin liegt nun der Farben Erkenntnis, wie sie uns von den Farben zusteht. Nun ist der Tugenden Offenbarung allein in der Form und in den Farben, also daß am ersten die Locusten erkannt werden, darnach die medullen oder das Mark, darnach die frondes oder Zweige, darnach die Blüten, darnach der Anfang der Früchte, ihre Mitte und das Ende. Durch solchen Prozeß, wenn die Tugenden dermaßen hervor getrieben werden, und zweitens in das Wachsen gerichtet und geführt werden, andern sich in der Reihenfolge und in der Viele der Zahl alle Tage und alle Minuten die Kräfte, die darin liegen. Denn wie die Zeit den Holdersprößlin die Laxation gibt und nit die materia, so gibt die Zeit auch den Tugenden anders und anders ihre Kräfte. Und wie die Zeit den Akazien ihre stipticitaet das ist[555] zusammenziehende Kraft, gibt und andere agresten mehr, so gibt auch die Zeit hier – vor der letzten Zeit – Mitteltugenden. Denn diese Zeichen sind in der Alchemie sehr zu beachten, damit man das wahrhaftige Ende der Wirkung und ihren Herbst wisse, damit die Zeit der reifen Tugend und die der unreifen Tugend zum Ende komme und zum rechten Verstand der Arznei. So teilen sich nun diese Zeitigungen oder Reifungen ein, eine in die der Sprößlein, eine in die der Zweige, eine in die der Blüten, eine in die medullen oder das Mark, eine in die liquores, eine in die tolia oder Blätter, eine in die fructus, und in allem bei jeglichem Anfang, Mittel und Ende geschieden in drei Wege: in laxativa, stiptica und Arkane. Denn die Dinge, die laxieren, die da zusammenziehen, sind nicht arcana, denn deren keins ist zu Ende gebracht worden, bleiben in den Mittel- und ersten Kräften. – Wie groß ist dieses Exempel allein vom Vitriol, der jetzt und in der größten Erkenntnis ist und in der Offenbarung seiner Tugend, den ich mir auch hier vornehme, nicht um seine Tugend zu hindern, sondern zu fördern. Es gibt dieser Vitriol zuerst sein selbst laxativum, das über alle Laxativen ist, und die höchste Deoppilierung oder Öffnung, und läßt am Menschen, innen und außen, nit ein Glied, das nit von ihm versucht würde; nun das ist seine erste Zeit. Die andere gibt sein constrictivum oder Zusammenziehung; so sehr er im Anfang seiner ersten Zeit laxiert hat, so sehr constringiert er wiederum. Nun aber noch ist sein arcanum nit da, noch sind seine Sprößlein, Zweige, Blüten noch nit angefangen. Wenn er in die Zweige geht, was ist im caducus, im Schlaganfall, höheres? Wenn er in die Blust geht, was ist durchdringender, wie ein Geruch, der sich nit verbergen läßt. So er in seine Früchte geht, was ist höher in der Erquickung der Wärme? Und es ist noch viel mehr in ihm, was in seinen Enden rezensiert werden wird. Es ist euch hier allein vorgetragen worden, wie sich die arcana in einem Ding in viel Teile scheiden und ein jeglich Teil hat seine Zeit, und das Ende der jeweiligen Zeit sind ihre Arkanen.[556]

So auch die erste Änderung im tartarus, was übertrifft das arcanum in pruritus, das ist Juckreiz, scabies oder Krätze und allem dergleichen Unflat. Was in der zweiten Änderung in aller Öffnung der der Verstopfung (nicht Laxation), was nachfolgend in der Heilung offener Wunden? Solches eröffnet und lehrt die Alchemie. Warum soll da nicht der Grund der Arznei billig auf ihr stehen, und sie da Kochen lernen? Und die Suppenwüste und Sudelköche der Apotheken, die von solchem Prozeß nichts wissen noch verstehen und tölpische Esel sind mitsamt ihren doctores, und unverständig sind, so daß sie solche Ding unmöglich schätzen und achten, hintan setzen. So unbelehrt und unerfahren sind sie, daß sie den Anfang des Kochens noch nit wissen, – und aller Kranken Gesundheit soll bei solchem Suppenwust gesucht werden. Nun, was wird bei ihnen gefunden als allein ein auf den Pfennig und das Gut gerichteter Sinn, es nütze oder nit, es besser oder böser. Soll es nicht billig sein, einen solchen Unverstand zu eröffnen?! Nicht, daß sie mir folgen werden! Denn sie werden sich selbst die Schande nit auferlegen, sondern der Keib, das ist Haß, und der Neid wird sie dermaßen überkommen, daß sie darauf verharren werden. Wer aber der Wahrheit nach will, der muß in meine Monarchei und in keine andere. Seht doch, ihr meine Leser und Hörer, was für einen elenden, zu erbarmenden Prozeß alle Skribenten, und alle, so jetzt zu meinen Zeiten Arzt sind, im caducus haben, daß sie einen nit davon zu befreien wissen. Soll es mir dann unbillig sein, daß ich solche Skribenten und praeceptores verachte, die da wollen, man solle die Arznei brauchen, die sie haben, und die nichts taugt, und einer, der einen anderen Weg sucht, durch den den Kranken außerhalb ihrer Bescheißerei geholfen wird, der soll ein Vagant, ein Polyphem, ein Narr sein?! Das ist die Wahrheit, daß alle ihre Rezepte gegen den caducus und andere Krankheiten mehr, ihre causae und rationes, erlogen sind; das beweist ihr Werk und bezeugen ihre eignen Kranken, desgleichen die Natur an sich selbst und aller Grund, auf dem die Arznei[557] sieht. Und nit allein in den Dingen, sondern sie wissen nicht eine einzige Krankheit mit gewisser und tröstlicher Arznei zu heilen, während doch Gott nicht einen solchen Ungewissen, sondern einen gewissen Arzt haben will. Gibt er dem Ackerbau, den Steinmetzen usw., Gewißheit, noch viel mehr gibt er sie dem Arzt, an dem mehr liegt als an diesen allen, – und sie machen daraus einen verzweifelten Grund und sagen, es stünde in der Hand Gottes. Und so muß »die Hand Gottes« die Unwissenheit solcher Bescheißerei verteidigen, und sie haben Recht und Gott hat Unrecht; ihre Kunst wäre gerecht, Gott hat es gebrochen. Sind das keine Bescheißer, so wird es keiner mehr.

Weiter merkt, wie ich die Alchemie für einen so trefflichen Grund der Arznei nehme, nämlich darin, daß die größten Hauptkrankheiten apoplexia oder Schlag, paralysis oder Lähmung, lethargus oder Schlafsucht, caducus, mania oder Wut, phrenesis oder Wahnsinn, melancholia, id est tristitia, und dergleichen mehr nicht durch die Decoquierung oder Kocherei der Apotheker geheilt wer. den können. Denn ebenso wenig, wie ein Fleisch am Schnee gekocht werden kann, ebensowenig kann durch solche Kunst der Apotheker solche Arznei in ihren effectum kommen. Denn wie ein jeglich Ding, um zu seiner Eigentümlichkeit zu kommen, seine besondere Meisterschaft hat, so müßt ihr das auch hier in den Krankheiten verstehen, daß sie besondere arcana haben, drum müssen sie eben besondere praeparationes haben. Von diesen Bereitungen rede ich; das ist so zu verstehen, daß besondere arcana besondere Administrierungen haben und andere Administrierung andere Praeparierungen. Nun ist in den Apotheken keine Praeparaz oder Bereitung nit als allein eine Durcheinanderkochung, wie ein Suppenwust, und im selbigen Kochen ertrinken die arcana und kommen zu keiner Wirkung, denn die Natur muß in und gemäß ihrer Weise und Art gehalten werden. Wie ihr seht, daß das Weinziehen eine besondere Bereitung hat, das Brotziehen eine besondere, eine besondere mit dem[558] Fleisch, mit Salz usw. Kräutern und anderen Dingen ist, so sollt ihr auch verstehen, daß die Natur nicht Essen und Trinken, Fleisch und Brot in eins durcheinander plampert, sondern jedes seine Form hat; das geschieht nicht ohne große Ursache, sondern aus viel Ursachen, – hier nicht not zu erzählen. Wenn die Natur uns nun das vorbildet und gibt uns dadurch zu verstehen, daß in allen Dingen eine Ordnung zu halten sei, so werden wir gleichermaßen gezwungen, anders und aber anders die Arzneien gegen die Krankheiten zu bereiten. Die Leber will trinken und fordert Wein, Wasser; nun siehe, wie am selbigen Orte der Wein hergekommen sei, und wie er geboren worden sei, bis er der Leber den Durst legt. Und ebenso auf diese Weise: der Magen will essen; nun siehe, wie ihm das Brot und die zu essende Speise so mannigfaltig bereitet wird. Nichts anderem versieh dich in den Krankheiten, wenn du zur rechten Heilung kommen, daß du auch dermaßen solche Unterscheidungen halten mußt und verstehen, als sei apoplexia ein Durst und müßte also eine besondere Arznei und also auch eine besondere Bereitung haben, – und gleich, als sei caducus der Magen und muß zu seiner Notdurft wieder eine andere Bereitung haben, wie der Magen. Und als sei mania gleich den vasis spermaticis, den Samengefäßen, die da ihre Notdurft auch anderwegs haben wollen, so sollt ihr euch des anderen Weges mit anderer Arznei und Bereitung in der mania auch versehen. Drum halte ich euch das billig vor, weil ihr so gute Arznei und die Bereitung in der Hand habt, und durch den Suppenwust laßt ihrs verderben und ertrinken. Soll solches nit gesagt und eröffnet werden?! Damit der selbigen Irrung zuvorgekommen wird und damit die Kranken zu den Arkanen kommen, die ihnen Gott zu ihrer Notdurft geschaffen hat. Darum wißt auf solches, daß es so sein muß, wie ich es setze, und nicht wie ihr es setzt. Hier hernach müßt ihr mir und ich nicht euch nach. Und wenn ihr noch so viel wider mich aufwerft und plärrt, so bleibt doch meine Monarchei und die eure nit. Drum so mag ich billig hier so viel in der Alchemie[559] schreiben, auf daß ihr wohl erkennt und erfahrt, was in ihr sei und wie sie verstanden werden soll; ihr müßt nicht ein Ärgernis in dem nehmen, daß dir daraus weder Gold noch Silber werden soll, sondern das betrachten, daß da die Arkanen eröffnet werden und die Verführung der Apotheken entdeckt werde, wie bei ihnen der gemeine Mann beschissen und betrogen wird, und geben es ihm für einen Gulden, und nähmen es nit für einen Pfennig wieder zurück, – solch gute Dinge haben sie.

Wer ist, der dem widerspreche, daß nit in allen guten Dingen auch Gift liege und sei; das muß ein jeglicher zugeben. So nun dem also ist, so ist meine Frage: muß man nit das Gift vom Guten scheiden, und das Gute nehmen und das Böse nit? Ja, man muß. So man das nun tun muß, so sagt mir an: wie kommt es dann in eure Apotheken? Ihr laßt es alles beieinander. Nun aber, damit ihr in eurer Einfalt euch verantwortet über das, das ihr bekennen müßt, und damit ihr verantwortet wo es hinkommt, so sprecht ihr von correctiones, die nähmen ihm das Gift weg, wie die Kütten oder Sprossen der scammonea, dem Purgierkraut, und ist dann euer diagridium, euer Purgiersaft; was für ein Corrigieren ist das? Bleibt nicht darnach das Gift dasselbe wie zuvor? Und du sagst, du habest currigiert, es schade kein Gift mehr. Wo kommt es hin? Es bleibt im diagridium. Versuche, übersteigere die Gabe, schau wo das Gift liege, ob du es da nicht inne werdest? Ebenso corrigierst du den Turbith und heißt ihn Diaturbith; das sind correctiones, die den Bauern wohl zustünden, und den Hengsten einzugeben wären. Versuche es, übertritt die Dosis, schau, ob du da nit das Gift finden werdest. Corrigieren ist Nehmen, das ist corrigiert. Wenn einer böse ist und gesündigt hat und man straft ihn, das hilft nicht länger, als der will, der geschlagen worden ist. So sind auch diese correctiones; es sieht bei ihnen, nicht bei dir. Nun ist da einem Arzte nichts anderes zu betrachten, als daß das Gift hinweggenommen werde; das muß durch Scheiden geschehen. Gleicherweise wie mit einer Schlange; die ist[560] giftig und ist gut zu essen; nimmst du ihr das Gift hinweg, so kannst du sie ohne Schaden essen. So ist auch mit allen andern Dingen zu verstehen, daß eine solche Scheidung da sein müsse, und so lange die selbige nicht da ist, dieweil magst du deiner Wirkung keine Vertröstung haben, – es sei denn, daß dir die Natur aus glücklichem Zufall das Amt vertrete, deiner Kunst halben wäre es alles umsonst. Das muß nun einmal ein rechter Grund sein, das das Gift hinweg nimmt, wie das denn durch die Alchemie geschieht. Denn das ist von nöten, daß es geschehe, wo zum Beispiel Mars in Sol liegt, daß Mars hinweg genommen werde, auch wo Saturn in der Venus liegt, daß Saturn von der Venus geschieden werde. Denn so viel Ascendenten und impressiones in den Dingen der Natur sind, so viel sind in den selbigen auch corpora. Und was dir widerwärtige corpora sind, die selbigen müssen hinweggenommen werden, auf daß alle Contrarietaet hingehe und von dem Guten, das du suchst, weggenommen werde. Und so wenig ein Gold, das nicht in das Feuer gebracht worden ist, nutz und gut ist, so wenig ist auch die Arznei, die nit durch das Feuer läuft, nutz und gut. Denn alle Dinge müssen durch das Feuer in die andere Gebärung, in der sie dem Menschen dienlich sein sollen, gehen. Soll denn das nit eine Kunst und ein Grund eines jeglichen Arztes sein, weil der Arzt ja nit Gift, sondern arcana brauchen soll? Alle Apothekerei und die Praeparierungen alle, so viele ihrer sind, geben keinen Buchstaben solcher Lehre, sondern ihr Corrigieren ist gleicherweise nur, als wenn ein Hund in eine Stube fistete und man vertreibt den Gestank mit trochiscis, mit Pillchen, und Thymian oder Wacholderholz; ist nicht der Gestank ebenso darin wie vor, wiewohl er nicht gerochen wird?! Sollte darum einer sagen, der Gestank ist abgeschieden und ist nicht da? Er ist da, aber corrigiert mit dem Rauch; so gehen Rauch und Dreck miteinander einher. Solche correctores sind die Apotheker, sie überladen den (bitteren) aloepaticum mit Zucker und soll so nichts mehr schaden, und ist also der Zucker ihre Kunst und der[561] Honig, und der Enzian ihr corrigieren im Theriak. Sind nicht das grobe Eselstücke, und sollen Fürsten der Arznei sein?! Wer möchte so blind sein, der das nicht riechen wollte, daß es nichts sei? Was ist ihr Vorgehen von der Arznei anderes, – es ist so eine liebliche Latwerge, von eitel Gewürz, Zucker und Honig und von andern guten Dingen zusammengeklaubt, und ist fürwahr viel davon geschrieben worden, und lappest die Kranken mit der Arznei, wenn sie nur lieblich ist. Betrachtet es selbst, daß das nicht der Grund ist, so viele Dinge und Stücke zusammenzusetzen und dem Suppenwust befehlen zu kochen. Weit ist das vom Grunde der Arznei und nichts als eine eitle ausgeklaubte Phantasterei.

So ist angezeigt worden der Grund der Arznei, nämlich in der Philosophie, Astronomie und Alchemie, auf welchen dreien aller Grund eines jeglichen Arztes steht, und wer nicht auf die drei Gründe gebaut ist, den flößt ein jeglicher Regenguß hinweg. Das ist: seine Arbeit nimmt ihm der Wind hinweg, nimmt ihm der Neumond hinweg; ihm zerbricht der nächste Neumond seinen Bau, der nächste Regen weicht ihn ihm auf. Nun urteile nach solchem Setzen der Arznei auf solchen Grund, ob ich wider die Ordnung der Arznei ein doctor sei, oder ob ich hierin ein Ketzer sei oder ein Zerbrecher der Wahrheit oder ein toller Stierkopf?! Ob ich die gegenteilige Lehre billig oder unbillig behandle oder nit. Mit was Fug und Recht sie sich wider mich auflehnen. Ich kann wohl erkennen, daß keiner seinen Kolben gern fallen läßt; ein jeglicher, dem sein Kolben in der Hand erwärmte, der behält ihn gern darin. Das tun aber allein die Narren; der weise Mann solls nicht tun; der weise Mann soll den Kolben fallen lassen und einen andern suchen. Was liegt mir an ihnen, sie folgen mir oder nicht?! Ich werd sie nit zwingen können. Aber offenbar machen werd ich sie, daß sie sich mit viel Bescheißerei erhalten und daß ihr Grund nichts denn Phantasie sei. Der den Kranken treu und fromm ist, der der Natur in ihrer Kunst nachfolgen will, der wird mich nit fliehen. Es sind nit alle Christo nachgegangen,[562] die zu seinen Zeiten da waren, viele waren die ihn verachteten, – warum sollte mir dann eine solche Freiheit vergönnt sein, daß mich niemand verachtete?! Ich bin wohl ebenso stark und eifrig auf ihrer Leier gelegen wie sie; da ich aber sah, daß sie nichts anderes als Töten, Sterben, Würgen, Erkrümmen, Erlahmen, Verderben machte und zurichtete, und daß kein Grund da war, war ich gezwungen, der Wahrheit anderwegs nachzugehen. Darnach sagten sie, ich verstünde den Avicenna nit, den Galen nit und ich wüßte nit, was sie schrieben, und sie sagten, sie verstünden es. Und aus dem folgte über sie, daß sie erwürgten, ermordeten, verderbten, erlahmten mehr denn ich, so daß ich ebensowohl sprechen möchte: der es versteht und der es nit versteht, es ist alles ein Tun; sie können nicht auf die andere der beiden Seiten treten. Je länger, je mehr ich aber ihr und mein Verderben besehen habe, je länger je mehr war ich gezwungen, meinen Haß darauf zu legen, und ich habe darin so viel erkannt, daß ich finde, daß es eine eitle, ausgeklaubte, auserlesene Bescheißerei ist. Ich will es aber hiermit nit beschlossen haben, sondern in meinen Schriften weiter zu verstehen geben, wie und in was Weg alle Dinge in Falsch und Irrung stünden. Finde auch je länger je mehr, daß nicht allein in der Medizin, sondern auch in der Philosophie und Astronomie hierin nichts nach dem rechten Grund vorgenommen worden ist, wie denn gemeldet wurde. Das aber, die zu verwerfen, die so lange Zeit in der Glorie und Magnifizenz erhalten worden sind, wird einen großen Pöbel wider mich machen. Ich weiß, daß es einmal dazu kommen wird, daß die selben Magnifizenzen werden niedergestürzt werden, denn in ihnen ist nichts als Phantasie, – wie ich auch mit dem nit will geschlossen haben, sondern auch weiter, für und für, davon schreiben. Ob mir schon die Hohen Schulen nit folgen, ist mein Wille nit, denn sie werden noch nieder genug werden. Ich wills euch dermaßen erläutern und vorhalten, daß meine Schriften bis in den letzten Tag der Welt bleiben und wahrhaftig sein müssen, die euern werden[563] erkannt werden als voller Gallen, Gift und Schlangengezücht, und von den Leuten gehaßt wie die Kröten. Es ist nit mein Wille, daß ihr übers Jahr sollt umfallen oder umgestoßen werden, sondern ihr müßt nach langer Zeit eure Schande selbst offenbaren und durch die Reuter fallen. Stärker werde ich nach meinem Tode als voher wider euch darüber richten. Und wenn ihr schon meinen Leib freßt, so habt ihr nur Dreck gefressen; der Theophrastus wird mit euch ohne den Leib kriegen.

Ich will aber die ermahnt haben, die da Ärzte werden wollen, daß sie die Sache gegen mich geschickter als ihre praeceptores angreifen, und ihr die Sache zwischen mir und dem Gegenteil aus euerm Fleiß und Urteil bedenkt, und keinem Teil zu früh zufallt und den andern verwerft, sondern bedenkt mit höchstem Fleiß, wo ihr, nämlich in der Gesundheit der Kranken, anlanden wollt. Wenn das nun euer Vorhaben ist und alle Argument, so laßt mich auch in der Zahl derer sein, die euch lehren, denn ich lande in die Gesundheit des Kranken, – mit was Grund und Tapferkeit, ist beschrieben worden und täglich werd ichs offenbar machen. Deshalb aber, daß ich allein bin, daß ich neu bin, daß ich deutsch bin, verachtet drum meine Schriften nit und laßt euch nit abwendig machen. Denn hierdurch muß die Kunst der Arznei gehen und gelernt werden, und sonst durch keinen andern Weg nit. Ich will euch auch in Sonderheit anbefehlen, daß ihr mit Fleiß die Arbeiten lesen wollt, die ich (mit der Hilfe Gottes) vollenden will, – nämlich ein Volumen von der Philosophie der Arznei, darin aller Krankheiten Ursprung kundgemacht werden soll, und eins in der Astronomie wegen der Heilung, mit genugsamlichen Verstand vorgehalten, und am letzten eins von der Alchemie, das ist modum praeparandi rerum medicinalium. Und wenn ihr die selbigen drei durchlesen und verstehen werdet, so werdet ihr (auch die, die abgefallen sind) mir nachfolgen. Will auch hiermit nit schließen, sondern für und für, dieweil Gott Gnad gibt, die Monarchei erfüllen.[564] Und so mir die große Ungunst etlicher Widersacher aus der Arznei und anderer, nit so heftig auf dem Halse läge, so müßte auf diesmal der Hauptteil beendet worden sein. Ich kann auch das vorhersehen, daß sich die astronomi auch wider mich einlegen werden, auch die philosophi, aber sie werden mich nit verstehen und werden zu früh wider mich schreien und zuletzt werden sie wieder heimziehen. Laßt euch aber dadurch nit abwendig machen, sondern lest dieweil das ihre, bis daß das meine auf den Füßen nachfolgen wird; so werdet ihr finden, was ihr gern haben werdet. Denn mein Vorhaben zu schreiben ist allein hierin: auf was Grund ich die Arznei setze und halte; auf daß ihr von mir wißt, was ihr auf mich und auf meinen Grund bauen sollt. Und ich lege euch das so vor, daß ihr mich nit aus der Anweisung eurer Väter, Lehrer, Professorn usw. verwerfen könnt. Ihr sollt euch nit durch die gemeinen Ärzte, Scherer, Bader, Blatterer usw. verführen lassen; die wollen hoch und mächtig angesehen werden und brauchen große Rede und Geschwätz, nichts als eitel Berühmen und Geuden, und ist doch nichts daran. Es ist mit ihnen gleich wie mit dem Psallieren der Nonnen; die selbigen Nonnen brauchen des Psalters Weisen und treiben Gesang, und wissen weiter weder gickes noch gackes. So ists mit den Ärzten auch; sie schreien und treiben die Weise für und für, und wie eine Nonne manchmal ein Wort versteht, darnach zehn Blätter lang nichts mehr, so sind auch diese Ärzte. Sie treffen manchmal eins, darnach aber nichts mehr. Solches alles ermeßt und erfahrt bei euch selbst, so werdet ihr selbst darin Richter sein, aus was Grund mancher fundiert ist und schreibt, wiewohl das doch in der Arznei nit seltsam ist, und sich niemand Scheltens kümmern soll. Denn die Arznei ist in ihren Conscienzen ärger als alle Hurenwirte und wie die Holhipper gegeneinander gerichtet, was alles Zeichen der unwahrhaftigen Kunst sind. Sie brauchen Neid und Haß, Verhinderung und dergleichen, wo einer solches erweisen mag, – das ist ihre Kunst. Denn so regiert sie der Teufel, aus den sie die Ordnung haben und[565] führen; daran sollt ihr nicht zweifeln, und das beweist, daß das viele Morden und Erwürgen nit »aus der Hand Gottes« geschieht.

Quelle:
Theophrast Paracelsus: Werke. Bd. 1, Darmstadt 1965, S. 544-566.
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