[107] Was Philosophie überhaupt sei, läßt sich nicht so unmittelbar beantworten. Wäre es so leicht, über einen bestimmten Begriff von Philosophie übereinzukommen, so brauchte man nur diesen Begriff zu analysieren, um sich sogleich im Besitz einer allgemeingültigen Philosophie zu sehen. Die Sache ist diese. Philosophie ist nicht etwas, was unserm Geiste ohne sein Zutun, ursprünglich und von Natur beiwohnt. Sie ist durchaus ein Werk der Freiheit. Sie ist jedem nur das, wozu er sie selbst gemacht hat; und darum ist auch die Idee von Philosophie nur das Resultat der Philosophie selbst, welche als eine unendliche Wissenschaft zugleich die Wissenschaft von sich selbst ist3.
Anstatt also einen beliebigen Begriff von Philosophie überhaupt, oder von Philosophie der Natur insbesondere, vorauszuschicken, um ihn nachher in seine Teile aufzulösen, werde ich mich bestreben, einen solchen Begriff selbst erst vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen.
Indes, da man doch von irgend etwas ausgehen muß, setze ich indes voraus, eine Philosophie der Natur solle die Möglichkeit einer Natur, d.h. der gesamten Erfahrungswelt aus Prinzipien ableiten. Diesen Begriff aber werde ich nicht analytisch behandeln, oder ihn als richtig voraussetzen und Folgerungen aus ihm herleiten, sondern vor allen Dingen untersuchen, ob ihm überhaupt Realität zukomme, und ob er etwas ausdrücke, das sich auch ausführen läßt.
[107] Wer in Erforschung der Natur und im bloßen Genuß ihres Reichtums begriffen ist, der fragt nicht, ob eine Natur und eine Erfahrung möglich sei. Genug, sie ist für ihn da; er hat sie durch die Tat selbst wirklich gemacht, und die Frage, was möglich ist, macht nur der, der die Wirklichkeit nicht in seiner Hand zu halten glaubt. Ganze Zeitalter sind über Erforschung der Natur verflossen, und noch ist man ihrer nicht müde. Einzelne haben in dieser Beschäftigung ihr Leben hingebracht und nicht aufgehört auch die verschleierte Göttin anzubeten. Große Geister haben, unbekümmert um die Prinzipien ihrer Erfindungen, in ihrer eigenen Welt gelebt, und was ist der ganze Ruhm des scharfsinnigsten Zweiflers gegen das Leben eines Mannes, der eine Welt in seinem Kopfe und die ganze Natur in seiner Einbildungskraft trug?
Wie eine Welt außer uns, wie eine Natur und mit ihr Erfahrung möglich sei, diese Frage verdanken wir der Philosophie, oder vielmehr mit dieser Frage entstand Philosophie. Vorher hatten die Menschen im (philosophischen) Naturstande gelebt. Damals war der Mensch noch einig mit sich selbst und der ihn umgebenden Welt. In dunkeln Rückerinnerungen schwebt dieser Zustand auch dem verirrtesten Denker noch vor. Viele verließen ihn niemals und wären glücklich in sich selbst, wenn sie nicht das leidige Beispiel verführte; denn freiwillig entläßt die Natur keinen aus ihrer Vormundschaft, und es gibt keine geborenen Söhne der Freiheit4. Es wäre auch nicht zu begreifen, wie der Mensch je jenen Zustand verlassen hätte, wüßten wir nicht, daß sein Geist, dessen Element Freiheit ist, sich selbst frei zu machen strebt, sich den Fesseln der Natur und ihrer Vorsorge entwinden und dem ungewissen Schicksal seiner[108] eigenen Kräfte überlassen mußte, um einst als Sieger und durch eigenes Verdienst in jenen Zustand zurückzukehren, in welchem er, unwissend über sich selbst, die Kindheit seiner Vernunft verlebte.
Sobald der Mensch sich selbst mit der äußeren Welt in Widerspruch setzt (wie er das tut, davon späterhin), ist der erste Schritt zur Philosophie geschehen. Mit jener Trennung zuerst beginnt Reflexion5; von nun an trennt er, was die Natur auf immer vereinigt hatte, trennt den Gegenstand von der Anschauung, den Begriff vom Bilde, endlich (indem er sein eigenes Objekt wird) sich selbst von sich selbst.
Aber diese Trennung ist nur Mittel, nicht Zweck. Denn das Wesen des Menschen ist Handeln. Je weniger er aber über sich selbst reflektiert, desto tätiger ist er. Seine edelste Tätigkeit ist die, die sich selbst nicht kennt. Sobald er sich selbst zum Objekt macht, handelt nicht mehr der ganze Mensch, er hat einen Teil seiner Tätigkeit aufgehoben, um über den andern reflektieren zu können. Der Mensch ist nicht geboren, um im Kampf gegen das Hirngespinnst einer eingebildeten Welt seine Geisteskraft zu verschwenden, sondern einer Welt gegenüber, die auf ihn Einfluß hat, ihre Macht ihn empfinden läßt, und auf die er zurückwirken kann, alle seine Kräfte zu üben; zwischen ihm und der Welt also muß keine Kluft befestigt, zwischen beiden muß Berührung und Wechselwirkung möglich sein, denn so nur wird der Mensch zum Menschen. Ursprünglich ist im Menschen ein absolutes Gleichgewicht der Kräfte und des Bewußtseins. Aber er kann dieses Gleichgewicht durch Freiheit aufheben, um es durch Freiheit wieder herzustellen. Aber nur im Gleichgewicht der Kräfte ist Gesundheit.
Die bloße Reflexion also ist eine Geisteskrankheit des Menschen, noch dazu, wo sie sich in Herrschaft über den ganzen Menschen setzt, diejenige, welche sein höheres Dasein im Keim, sein geistiges Leben, welches nur aus der Identität hervorgeht, in der Wurzel tötet. Sie ist ein Übel, das den Menschen selbst ins Leben begleitet und auch für die gemeineren Gegenstände der[109] Betrachtung alle Anschauung in ihm zerstört. Ihr zertrennendes Geschäft erstreckt sich aber nicht nur auf die erscheinende Welt; indem sie von dieser das geistige Prinzip trennt, erfüllt sie die intellektuelle Welt mit Chimären, gegen welche, weil sie jenseits aller Vernunft liegen, selbst kein Krieg möglich ist. Sie macht jene Trennung zwischen dem Menschen und der Welt permanent, indem sie die letzte als ein Ding an sich betrachtet, das weder Anschauung noch Einbildungskraft, weder Verstand noch Vernunft zu erreichen vermag6.
Ihr entgegen steht die wahre Philosophie, die Reflexion überhaupt als bloßes Mittel betrachtet. Die Philosophie muß jene ursprüngliche Trennung voraussetzen, denn ohne sie hätten wir kein Bedürfnis, zu philosophieren.
Darum eignet sie der Reflexion nur negativen Wert zu. Sie geht von jener ursprünglichen Trennung aus, um durch Freiheit wieder zu vereinigen, was im menschlichen Geiste ursprünglich und notwendig vereinigt war, d.h. um jene Trennung auf immer aufzuheben. Und da sie, inwieweit sie selbst nur durch jene Trennung notwendig gemacht – selbst nur ein notwendiges Übel – eine Disziplin der verirrten Vernunft war – so arbeitet sie in diesem Betracht zu ihrer eigenen Vernichtung. Derjenige Philosoph, der seine Lebenszeit oder einen Teil derselben dazu angewendet hätte, der Reflexionsphilosophie in ihre[110] endlose Entzweiung zu folgen, um sie in ihren letzten Verzweigungen aufzuheben, erwürbe sich durch dieses Verdienst, das, wenn es auch negativ bliebe, den höchsten andern gleich geachtet werden dürfte, die würdigste Stelle, gesetzt, daß er auch nicht selbst den Genuß haben sollte die Philosophie in ihrer absoluten Gestalt aus den Zerreißungen der Reflexion für sich selbst aufleben zu sehen7. – Der einfachste Ausdruck verwickelter Probleme ist immer der beste. Wer zuerst darauf achtete, daß er sich selbst von äußeren Dingen, daß er somit seine Vorstellungen von den Gegenständen, und umgekehrt, diese von jenen unterscheiden konnte, war der erste Philosoph. Er unterbrach zuerst den Mechanismus seines Denkens, hob das Gleichgewicht des Bewußtseins auf, in welchem Subjekt und Objekt innigst vereinigt sind.
Indem ich den Gegenstand vorstelle, ist Gegenstand und Vorstellung eins und dasselbe. Und nur in dieser Unfähigkeit, den Gegenstand während der Vorstellung selbst von der Vorstellung zu unterscheiden, liegt für den gemeinen Verstand die Überzeugung von der Realität äußerer Dinge, die doch nur durch Vorstellungen ihm kund werden.
Diese Identität des Gegenstandes und der Vorstellung hebt nun der Philosoph auf, indem er fragt: Wie entstehen Vorstellungen äußerer Dinge in uns? Durch diese Frage versetzen Wir die Dinge außer uns, setzen sie voraus als unabhängig von unsern Vorstellungen. Gleichwohl soll zwischen ihnen und unsern Vorstellungen Zusammenhang sein. Nun kennen wir aber keinen realen Zusammenhang verschiedener Dinge, als den von Ursache und Wirkung. Also ist auch der erste Versuch der Philosophie der: Gegenstand und Vorstellung ins Verhältnis der Ursache und Wirkung zu setzen.[111]
Nun haben wir aber ausdrücklich Dinge als unabhängig von uns gesetzt. Uns dagegen fühlen wir als abhängig von den Gegenständen. Denn unsere Vorstellung ist selbst nur reell, insofern wir genötigt sind, zwischen ihr und den Dingen Übereinstimmung anzunehmen. Also können wir die Dinge nicht zu Wirkungen unserer Vorstellungen machen. Es bleibt daher nichts übrig als die Vorstellungen von den Dingen abhängig zu machen, diese als Ursachen, jene als Wirkungen zu betrachten.
Nun kann man aber auf den ersten Blick einsehen, daß wir mit diesem Versuch eigentlich nicht erreichen, was wir wollten. Wir wollten erklären, wie es komme, daß in uns Gegenstand und Vorstellung unzertrennlich vereinigt sind. Denn nur in dieser Vereinigung liegt die Realität unseres Wissens von äußeren Dingen. Und eben diese Realität soll der Philosoph dartun. Allein wenn die Dinge Ursachen der Vorstellungen sind, so gehen sie den Vorstellungen voran. Dadurch aber wird die Trennung zwischen beiden permanent. Wir aber wollten, nachdem wir Objekt und Vorstellung durch Freiheit getrennt hatten, beide wieder durch Freiheit vereinigen, wollten wissen, daß und warum zwischen beiden ursprünglich keine Trennung ist.
Ferner, wir kennen die Dinge nur durch und in unsern Vorstellungen. Was sie also sind, inwiefern sie unserer Vorstellung vorangehen, also nicht vorgestellt werden, davon haben wir gar keinen Begriff.
Ferner, indem ich frage: wie kommt es, daß ich vorstelle, erhebe ich mich selbst über die Vorstellung; ich werde durch diese Frage selbst zu einem Wesen, das in Ansehung alles Vorstellens sich ursprünglich frei fühlt, daß die Vorstellung selbst und den ganzen Zusammenhang seiner Vorstellungen unter sich erblickt. Durch diese Frage selbst werde ich ein Wesen, das, unabhängig von äußeren Dingen, ein Sein in sich selbst hat.
Also trete ich mit dieser Frage selbst aus der Reihe meiner Vorstellungen heraus, sage mich los vom Zusammenhang mit den Dingen, trete auf einen Standpunkt, wo mich keine äußere Macht mehr erreicht; jetzt zuerst scheiden sich die zwei feindlichen Wesen Geist und Materie. Beide versetze ich in verschiedene[112] Welten, zwischen welchen kein Zusammenhang mehr möglich ist. Indem ich aus der Reihe meiner Vorstellungen trete, sind selbst Ursache und Wirkung Begriffe, die ich unter mir erblicke. Denn beide entstehen selbst nur in der notwendigen Sukzession meiner Vorstellungen, von der ich mich losgesagt habe. Wie kann ich mich also diesen Begriffen selbst wieder unterwerfen, und Dinge außer mir auf mich einwirken lassen8?
Oder laßt uns den umgekehrten Versuch machen, laßt äußere Dinge auf uns einwirken, und nun erklären, wie wir dessenungeachtet zu der Frage kommen, wie Vorstellungen in uns möglich sind?
Zwar ist es gar nicht zu begreifen, wie Dinge auf mich (ein freies Wesen) wirken. Ich begreife nur, wie Dinge auf Dinge wirken. Insofern ich aber frei bin (und ich bin es, indem ich mich über den Zusammenhang der Dinge erhebe und frage, wie dieser Zusammenhang selbst möglich geworden) – bin ich gar kein Ding, kein Objekt. Ich lebe in einer ganz eignen Welt, bin ein Wesen, das nicht für andere Wesen, sondern für sich selbst da ist. In mir kann nur Tat und Handlung sein; von mir können nur Wirkungen ausgehen, es kann kein Leiden in mir sein; denn Leiden ist nur da, wo Wirkung und Gegenwirkung ist, und diese ist nur im Zusammenhange der Dinge, über den ich mich selbst erhoben habe. Allein es sei so, ich sei ein Ding, das selbst in der Reihe der Ursachen und Wirkungen mitbegriffen ist, sei selbst zusamt dem ganzen System meiner Vorstellungen ein bloßes Resultat der mannigfaltigen Einwirkungen, die auf mich von außen geschehen, kurz, ich sei selbst ein bloßes Werk des Mechanismus. Aber was im Mechanismus begriffen ist, kann nicht aus demselben heraustreten und fragen: wie ist dieses Ganze möglich geworden; hier, mitten in der Reihe der Erscheinungen hat ihm absolute Notwendigkeit seine Stelle angewiesen; verläßt es diese Stelle, so ist: es nicht mehr dieses[113] Wesen, man begreift nicht, wie noch irgend eine äußere Ursache auf dieses selbständige, in sich selbst ganze und vollendete Wesen einwirken kann.
Man muß also jener Frage selbst, mit der alle Philosophie beginnt, fähig sein, um philosophieren zu können. Diese Frage ist nicht eine solche, die man ohne eignes Zutun andern nachsprechen kann. Sie ist ein freihervorgebrachtes, selbst aufgegebenes Problem. Daß ich diese Frage aufzuwerfen fähig bin, ist Beweis genug, daß ich als dieser von äußeren Dingen unabhängig bin; denn wie hätte ich sonst fragen können, wie diese Dinge selbst für mich, in meiner Vorstellung möglich sind. Man sollte also denken, daß, wer nur diese Frage aufwirft, ebendamit darauf Verzicht tut, seine Vorstellungen durch Einwirkung äußerer Dinge zu erklären. Allein diese Frage ist unter Leute gekommen, die sie sich selbst aufzugeben völlig unfähig waren. Indem sie in ihren Mund überging, nahm sie auch einen andern Sinn an, oder vielmehr sie verlor allen Sinn und Bedeutung. Sie sind Wesen, die sich gar nicht anders kennen, als inwiefern Gesetze von Ursache und Wirkung über sie schalten und walten. Ich, indem ich jene Frage aufwerfe, habe mich über diese Gesetze erhoben. Sie sind im Mechanismus ihres Denkens und Vorstellens begriffen; ich habe diesen Mechanismus durchbrochen. Wie wollen sie mich verstehen?
Wer für sich selbst nichts ist als das, was Dinge und Umstände aus ihm gemacht haben; wer ohne Gewalt über seine eigenen Vorstellungen vom Strom der Ursachen und Wirkungen ergriffen mit fortgerissen wird, wie will doch der wissen, woher er kommt, wohin er geht und wie er das geworden ist, was er ist? Weiß es denn die Woge, die im Strome daher treibt? Er hat nicht einmal das Recht, zu sagen, er sei ein Resultat der Zusammenwirkung äußerer Dinge; denn um dies sagen zu können, muß er voraussetzen, daß er sich selbst kenne, daß er also auch etwas für sich selbst sei. Dies ist er aber nicht. Er ist nur für andere vernünftige Wesen – nicht für sich selbst da; ist ein bloßes Objekt in der Welt, und es ist nützlich für ihn und die Wissenschaft, daß er nie von etwas anderem höre, noch etwas anderes sich einbilde.[114]
Von jeher haben die alltäglichsten Menschen die größten Philosophen widerlegt, mit Dingen, die selbst Kindern und Unmündigen begreiflich sind. Man hört, liest und staunt, daß so großen Männern so gemeine Dinge unbekannt waren und daß so anerkannt-kleine Menschen sie meistern konnten. Kein Mensch denkt daran, daß sie vielleicht all das auch gewußt haben; denn wie hätten sie sonst gegen den Strom von Evidenz schwimmen können? Viele sind überzeugt, daß Plato, wenn er nur Locke lesen könnte, beschämt von dannen ginge; mancher glaubt, daß selbst Leibniz, wenn er von den Toten auferstünde, um eine Stunde lang bei ihm in die Schule zu gehen, bekehrt würde, und wieviele Unmündige haben nicht über Spinozas Grabhügel Triumphlieder angestimmt? –
Was war es doch, fragt ihr, was alle diese Männer antrieb, die gemeinen Vorstellungsarten ihres Zeitalters zu verlassen und Systeme zu erfinden, die allem entgegen sind, was die große Menge von jeher geglaubt und sich eingebildet hat? Es war ein freier Schwung, der sie in ein Gebiet erhob, wo ihr auch ihre Aufgaben nicht mehr versteht, so wie ihnen dagegen manches unbegreiflich wurde, was euch höchst einfach und begreiflich scheint.9
Es war ihnen unmöglich, Dinge zu verbinden und in Berührung zu bringen, die in euch Natur und Mechanismus auf immer vereinigt hat. Sie waren gleich unfähig, die Welt außer ihnen, oder, daß ein Geist in ihnen sei, abzuleugnen, und doch schien zwischen beiden kein Zusammenhang möglich. – Euch, wenn ihr ja jene Probleme denkt, kommt es nicht darauf an, die Welt in ein Spiel von Begriffen oder den Geist in euch in einen toten Spiegel der Dinge zu verwandeln.10
Lange schon hatte sich der menschliche Geist (noch jugendlich kräftig und von den Göttern her frisch) in Mythologien und Dichtungen über den Ursprung der Welt verloren, Religionen[115] ganzer Völker waren auf jenen Streit zwischen Geist und Materie gegründet, ehe ein glücklicher Genius – der erste Philosoph – die Begriffe fand, an welchen alle folgende Zeitalter die beiden Enden unsers Wissens auffaßten und festhielten. Die größten Denker des Altertums wagten sich nicht über jenen Gegensatz hinaus. Plato noch stellt die Materie als ein anderes11 Gott gegenüber. Der erste, der Geist und Materie mit vollem Bewußtsein als Eines, Gedanke und Ausdehnung nur als Modifikationen desselben Prinzips ansah, war Spinoza. Sein System war der erste kühne Entwurf einer schöpferischen Einbildungskraft, der in der Idee des Unendlichen, rein als solchen, unmittelbar das Endliche begriff und dieses nur in jenem erkannte12. Leibniz kam und ging den entgegengesetzten Weg. Die Zeit ist gekommen, da man seine Philosophie wiederherstellen kann. Sein Geist verschmähte die Fesseln der Schule; kein Wunder, daß er unter uns nur in wenigen verwandten Geistern fortgelebt hat und unter den übrigen längst ein Fremdling geworden ist. Er gehörte zu den Wenigen, die auch die Wissenschaft als freies Werk behandeln13. Er hatte in sich den allgemeinen Geist der Welt, der in den mannigfaltigsten Formen sich selbst offenbart und wo er hinkommt, Leben verbreitet. Doppelt unerträglich ist es daher, daß man jetzt erst für seine Philosophie die rechten Worte gefunden haben will, und daß die Kantsche Schule ihm ihre Erdichtungen aufdringt – ihn Dinge sagen läßt, von denen allen er gerade das Gegenteil gelehrt hat. Leibniz konnte von nichts weiter entfernt sein, als von dem spekulativen Hirngespinnst einer Welt von Dingen an sich, die, von keinem Geiste erkannt und angeschaut, doch auf uns wirkt und alle Vorstellungen in uns hervorbringt. Der erste Gedanke, von dem er ausging, war: »daß die Vorstellungen von äußern Dingen in der Seele kraft ihrer eigenen Gesetze wie in einer besondern Welt entstünden, als wenn nichts als Gott (das Unendliche) und die Seele (die Anschauung des Unendlichen) vorhanden wären.« – Er[116] behauptete in seinen letzten Schriften noch die absolute Unmöglichkeit, daß eine äußere Ursache auf das Innere eines Geistes wirke; behauptete, daß sonach alle Veränderungen, aller Wechsel von Perzeptionen und Vorstellungen in einem Geiste nur aus einem innern Prinzip hervorgehen könne. Als Leibniz dies sagte, sprach er zu Philosophen. Heutzutage haben sich Leute zum Philosophieren gedrungen, die für alles andere, nur für Philosophie nicht, Sinn haben. Daher, wenn unter uns gesagt wird, daß keine Vorstellung in uns durch äußere Einwirkung entstehen könne, des Anstaunens kein Ende ist. Jetzt gilt es für Philosophie, zu glauben, daß die Monaden Fenster haben, durch welche die Dinge hinein und heraus steigen14.
Es ist gar wohl möglich, auch den entschiedensten Anhänger der Dinge an sich als des Bewirkenden der Vorstellungen durch Fragen aller Art in die Enge zu treiben. Man kann ihm sagen: ich verstehe, wie Materie auf Materie wirkt, nicht aber, weder wie ein An-sich auf das andre wirkt, da im Reiche des Intelligibeln keine Ursache und keine Wirkung sein kann, noch wie dieses Gesetz von einer Welt in eine von ihr ganz verschiedene, ja ihr entgegengesetzte, reicht15: du müßtest also, wenn ich von äußern Eindrücken abhängig bin, gestehen, daß ich selbst nichts mehr bin, als Materie, ein optisches Glas etwa, in dem sich der Lichtstrahl der Welt bricht. Aber das optische Glas sieht nicht selbst, es ist nur Mittel in der Hand des Vernünftigen. Und was ist denn dasjenige in mir, was urteilt, es sei ein Eindruck auf mich geschehen? Abermals ich selbst, der doch, insofern er urteilt, nicht leidend, sondern tätig ist – also etwas in mir, das sich vom Eindruck frei fühlt und das doch um den Eindruck weiß, ihn auffaßt, ihn zum Bewußtsein erhebt.
Ferner, während der Anschauung entsteht kein Zweifel über die Realität der äußern Anschauung. Aber nun kommt der Verstand, fängt an zu teilen und teilt ins Unendliche. Ist die Materie außer euch wirklich, so muß sie aus unendlichen Teilen bestehen. Besteht sie aus unendlich vielen Teilen, so mußte sie aus diesen Teilen zusammengesetzt werden. Allein für diese Zusammensetzung[117] hat unsere Einbildungskraft nur ein endliches Maß. Also müßte eine unendliche Zusammensetzung in endlicher Zeit geschehen sein. Oder die Zusammensetzung hat irgendwo angefangen, d.h. es gibt letzte Teile der Materie, so muß ich (bei der Teilung) auf solche letzte Teile stoßen; allein ich finde immer wieder nur gleichartige Körper und komme nie weiter, als bis zu Oberflächen, das Reale scheint vor mir zu fliehen oder unter der Hand zu verschwinden, und die Materie, die erste Grundlage aller Erfahrung, wird das Wesenloseste, das wir kennen.
Oder ist dieser Widerstreit vielleicht nur da, um uns über uns selbst aufzuklären? Ist die Anschauung etwa nur ein Traum, der allen vernünftigen Wesen Realität vorspiegelt, und ist ihnen der Verstand nur dazu gegeben, sie von Zeit zu Zeit zu wecken – zu er innern, was sie sind, damit so ihre Existenz (denn offenbar genug sind wir ja Mittelwesen) zwischen Schlaf und Wachen geteilt sei? Aber einen solchen ursprünglichen Traum begreife ich nicht. Alle Träume sind sonst doch Schatten der Wirklichkeit, »Erinnerungen aus einer Welt, die vorher da war«. Wollte man annehmen, ein höheres Wesen bewirkte uns diese Schattenbilder von Wirklichkeit, so würde auch hier die Frage nach der realen Möglichkeit des Begriffs von einem solchen Verhältnis zurückkehren, (da ich in dieser Region einmal nichts kenne, was nach Ursache und Wirkung erfolgte) und da jenes doch das was es mir mitteilte aus sich selbst produzierte, so wäre, vorausgesetzt, wie notwendig ist, daß es keine transitive Wirkung auf mich haben könne, keine andre Möglichkeit als, daß ich jene Schattenbilder bloß als eine Beschränkung oder Modifikation seiner absoluten Produktivität, also innerhalb dieser Schranken immer wieder durch Produktion, erhielte16.
Die Materie ist nicht wesenlos, sagt ihr, denn sie hat ursprüngliche Kräfte, die durch keine Teilung vernichtet werden.[118] »Die Materie hat Kräfte.« Ich weiß, daß dieser Ausdruck sehr gewöhnlich ist. Aber wie? »die Materie hat« – hier wird sie also vorausgesetzt als etwas, das für sich und unabhängig von seinen Kräften besteht. Also wären ihr diese Kräfte nur zufällig? Weil die Materie außer euch vorhanden ist, so muß sie auch ihre Kräfte einer äußern Ursache verdanken. Sind sie ihr etwa, wie einige Newtonianer sagen, von einer hohem Hand eingepflanzt? Allein von Einwirkungen, wodurch Kräfte eingepflanzt werden, habt ihr keinen Begriff. Ihr wißt nur, wie Materie, d.h. selbst Kraft gegen Kraft wirkt; und wie auf etwas, das ursprünglich nicht Kraft ist, gewirkt werden könne, begreifen wir gar nicht. Man kann so etwas sagen, es kann von Mund zu Munde gehen, aber noch nie ist es in eines Menschen Kopf wirklich gekommen, weil kein menschlicher Kopf so etwas zu denken vermag. Also könnt ihr Materie ohne Kraft gar nicht denken.
Ferner: jene Kräfte sind Kräfte der Anziehung und Zurückstoßung. – »Anziehung und Zurückstoßung« – findet denn die im leeren Raum statt, setzt sie nicht selbst schon erfüllten Raum, d.h. Materie voraus? Also müßt ihr eingestehen, daß weder Kräfte ohne Materie, noch Materie ohne Kräfte vorstellbar ist. Nun ist aber Materie das letzte Substrat eures Erkennens, über das ihr nicht hinausgehen könnt; und da ihr jene Kräfte aus der Materie nicht erklären könnt, so könnt ihr sie überall nicht empirisch, d.h. aus etwas außer euch erklären, was ihr doch eurem Systeme gemäß tun müßtet.
Dessenungeachtet wird in der Philosophie gefragt, wie Materie außer uns möglich sei, also auch, wie jene Kräfte außer uns möglich seien. Man kann auf alles Philosophieren Verzicht tun (wollte Gott, es gefiele denen, die sich nicht darauf verstehen), aber wenn ihr denn philosophieren wollt, so könnt ihr jene Frage einmal nicht abweisen. Nun könnt ihr aber gar nicht verständlich machen, was eine Kraft unabhängig von euch sein möge. Denn Kraft überhaupt kündigt sich bloß eurem Gefühl an. Aber das Gefühl allein gibt euch keine objektiven Begriffe. Gleichwohl macht ihr von jenen Kräften objektiven Gebrauch. Denn ihr erklärt die Bewegung der Weltkörper – die allgemeine Schwere[119] – aus Kräften der Anziehung und behauptet, in dieser Erklärung ein absolutes Prinzip dieser Erscheinungen zu haben. In eurem System aber gilt die Anziehungskraft für nichts mehr oder weniger als eine physische Ursache. Denn da die Materie unabhängig von euch außer euch da ist, so könnt ihr auch, welche Kräfte ihr zukommen, nur durch Erfahrung wissen. Als physischer Erklärungsgrund aber ist die Anziehungskraft nichts mehr und nichts weniger, als eine dunkle Qualität. Allein laßt uns erst zusehen, ob denn überhaupt empirische Prinzipien hinreichen können, die Möglichkeit eines Weltsystems zu erklären. Die Frage verneint sich selbst; denn das letzte Wissen aus Erfahrung ist dieses, daß ein Universum existiert; dieser Satz ist die Grenze der Erfahrung selbst. Oder vielmehr, daß ein Universum existiere, ist selbst nur eine Idee. Noch viel weniger also kann das allgemeine Gleichgewicht der Weltkräfte etwas sein, das ihr aus Erfahrung geschöpft hättet. Denn ihr könnt diese Idee nicht einmal für das einzelne System aus der Erfahrung nehmen, wenn sie überall Idee ist; auf das Ganze übergetragen aber wird sie nur durch analogische Schlüsse: dergleichen Schlüsse aber geben nur Wahrscheinlichkeit; dagegen Ideen, wie jene eines allgemeinen Gleichgewichts, an sich selbst wahr, also Produkte von etwas, oder in etwas gegründet sein müssen, das selbst absolut, nicht von der Erfahrung abhängig ist17.
Also müßt ihr einräumen, daß diese Idee selbst in ein höheres Gebiet, als das der bloßen Naturwissenschaft, hinübergreift. Newton, der sich ihr nie ganz überließ, und selbst noch nach der wirkenden Ursache der Anziehung fragte, sah nur allzu gut, daß er an der Grenze der Natur stand und daß hier zwei Welten sich scheiden. – Selten haben große Geister zu gleicher Zeit gelebt, ohne von ganz verschiedenen Seiten her auf denselben Zweck hinzuarbeiten. Während Leibniz auf die prästabilierte Harmonie das System der Geisterwelt gründete, fand Newton im Gleichgewicht der Weltkräfte das System einer materiellen Welt. Aber wenn anders im System unsers Wissens Einheit ist, und wenn[120] es je gelingt, auch die letzten Extreme desselben zu vereinigen, so müssen wir hoffen, daß eben hier, wo Leibniz und Newton sich trennten, einst ein umfassender Geist den Mittelpunkt finden wird, um den sich das Universum unsers Wissens – die beiden Welten bewegen, zwischen welchen jetzt noch unser Wissen geteilt ist – und Leibnizens prästabilierte Harmonie und Newtons Gravitationssystem als ein und dasselbe oder nur als verschiedene Ansichten von einem und demselben erscheinen werden18.
Ich gehe weiter. Die rohe Materie, d.h. die Materie, insofern sie bloß als den Raum erfüllend gedacht wird, ist nur der feste Grund und Boden, auf welchem erst das Gebäude der Natur aufgeführt wird. Die Materie soll etwas Reales sein. Was aber real ist, läßt sich nur empfinden. Wie ist nun Empfindung in mir möglich? Daß von außen auf mich gewirkt wird, wie ihr sagt, ist nicht genug. Es muß etwas in mir sein, das empfindet, und zwischen diesem und dem, was ihr außer mir voraussetzt, ist keine Berührung möglich. Oder wenn dieses Äußere auf mich, wie Materie auf Materie, wirkt, so kann ich nur auf dieses Äußere (etwa durch repulsive Kraft), nicht aber auf mich selbst zurückwirken. Und doch soll dieses geschehen; denn ich soll empfinden, soll diese Empfindung zum Bewußtsein erheben.
Was ihr von der Materie empfindet, heißt ihr Qualität, und nur insofern sie eine bestimmte Qualität hat, heißt sie euch real. Daß sie Qualität überhaupt hat, ist notwendig, daß sie aber diese bestimmte Qualität hat, erscheint euch als zufällig. Ist dies, so kann die Materie überhaupt nicht eine und dieselbe Qualität haben: es muß also eine Mannigfaltigkeit von Beschaffenheiten geben, die ihr doch alle durch bloße Empfindung kennt. Was ist denn nun das, was die Empfindung bewirkt? »Etwas Inneres, eine innere Beschaffenheit der Materie«. Dies sind Worte, nicht Sachen. Denn wo ist es denn dieses Innere der Materie? Ihr mögt teilen ins Unendliche und kommt doch nie weiter, als bis zu Oberflächen der Körper. Dies alles war euch längst einleuchtend; darum habt ihr schon lange[121] das, was bloß empfunden wird, für etwas erklärt, was bloß in eurer Empfindungsart seinen Grund hat. Allein dies ist das Wenigste. Denn daß nichts außer euch existieren soll, das an sich süß oder sauer wäre, macht die Empfindung deshalb noch nicht begreiflicher; denn immer nehmt ihr doch eine Ursache an, die, außer euch wirklich, diese Empfindung in euch bewirkt. Gesetzt aber wir räumen euch die Einwirkung von außen ein, was haben denn Farben, Gerüche usw. oder die Ursachen dieser Empfindungen außer euch mit eurem Geiste gemein? Ihr untersucht wohl sehr scharfsinnig, wie das Licht, von den Körpern zurückgestrahlt, auf eure Sehnerven wirkt, auch wohl, wie das verkehrte Bild auf der Netzhaut in eurer Seele doch nicht verkehrt, sondern gerade erscheint. Aber was ist denn dasjenige in euch, was dieses Bild auf der Netzhaut selbst wieder sieht und untersucht, wie es wohl in die Seele gekommen sein möge? Offenbar etwas, das insofern vom äußern Eindruck völlig unabhängig ist, und dem doch dieser Eindruck nicht unbekannt ist. Wie kam also der Eindruck bis in diese Gegend eurer Seele, in der ihr euch völlig frei und von Eindrücken unabhängig fühlt? Mögt ihr doch zwischen die Affektion eurer Nerven, eures Gehirns usw. und die Vorstellung eines äußern Dinges noch so viele Zwischenglieder einschieben, ihr täuscht nur euch selbst; denn der Übergang vom Körper zur Seele kann nach euern eigenen Vorstellungen nicht kontinuierlich, sondern nur durch einen Sprung geschehen, den ihr doch vermeiden zu wollen vorgebt.
Ferner, eine Masse wirkt auf die andere vermöge ihrer bloßen Bewegung (durch Undurchdringlichkeit), dies heißt ihr Stoß oder mechanische Bewegung.
Oder eine Materie wirkt auf die andere ohne Bedingung einer zuvor erhaltenen Bewegung, so daß Bewegung aus Ruhe hervorgeht19: durch Anziehung, und dies heißt ihr Schwere.
Ihr denkt euch die Materie als träg, d.h. als etwas, das sich nicht selbsttätig bewegt, sondern nur durch äußere Ursache bewegt werden kann.[122]
Ferner, die Schwere, welche ihr den Körpern zu schreibt, setzt ihr als spezifisches Gewicht der Quantität der Materie (ohne Rücksicht auf das Volumen) gleich20.
Nun findet ihr aber, daß ein Körper dem andern Bewegung mitteilen kann, ohne doch selbst bewegt zu sein, d.h. ohne durch Stoß auf ihn zu wirken.
Ihr bemerkt ferner, daß zwei Körper sich wechselseitig anziehen können schlechterdings unabhängig vom Verhältnis ihrer Masse, d.h. unabhängig von den Gesetzen der Schwere.
Ihr nehmt also an, der Grund dieser Anziehung könne weder in der Schwere, noch auf der Oberfläche des auf solche Art bewegten Körpers gesucht werden, der Grund müsse ein innerer sein und von der Qualität des Körpers abhängen. Allein ihr habt noch nie erklärt, was ihr unter dem Innern eines Körpers versteht. Ferner, es ist erwiesen, daß Qualität bloß in bezug auf eure Empfindung gilt. Hier aber ist nicht von eurer Empfindung, sondern von einem objektiven Faktum die Rede, das außer euch vorgeht, das ihr mit euern Sinnen auffaßt und das euer Verstand in verständliche Begriffe übersetzen will. Gesetzt nun wir räumen ein, Qualität sei etwas, das nicht bloß in eurer Empfindung, sondern im Körper außer euch einen Grund hat, was heißen denn nun die Worte: ein Körper zieht den andern an vermöge seiner Qualitäten? Denn was an dieser Anziehung real ist, d.h. was ihr abzuschauen vermögt, ist bloß – die Bewegung des Körpers. Bewegung ist aber eine rein mathematische Größe, und kann rein phoronomisch bestimmt werden. Wie hängt denn nun diese äußere Bewegung mit einer innern Qualität zusammen? Ihr entlehnt bildliche Ausdrücke, die von lebendigen Wesen hergenommen sind, z.B. Verwandtschaft. Aber ihr würdet sehr verlegen sein, dieses Bild in einen verständlichen Begriff zu verwandeln. Ferner, ihr häuft Grundstoffe auf Grundstoffe: diese aber sind nichts anders, als ebensoviele Asyle eurer Unwissenheit. Denn was denkt ihr euch unter ihnen? Nicht die Materie selbst, z.B. die Kohle,[123] sondern etwas, das in dieser Materie noch enthalten, gleichsam verborgen ist, und ihr erst diese Qualitäten mitteilt. Aber wo im Körper ist denn dieser Grundstoff? Hat ihn je einer durch Teilung oder Scheidung gefunden? Nicht einen dieser Stoffe konntet ihr bis jetzt sinnlich darstellen. Gesetzt aber, wir räumen ihre Existenz ein, was ist damit gewonnen? Ist etwa dadurch die Qualität der Materie erklärt? Ich schließe so: Entweder kommt den Grundstoffen selbst die Qualität zu, die sie den Körpern mitteilen, oder nicht. Im erstern Falle habt ihr nichts erklärt, denn eben das war die Frage, wie Qualitäten entstehen? Im andern Falle ist wiederum nichts erklärt, denn wie ein Körper (mechanisch) auf den andern stoßen und so ihm Bewegung mitteilen könne, verstehe ich; wie aber ein von Qualitäten völlig entblößter Körper einem andern Qualität mitteilen könne, dies versteht niemand, und niemand wird es verständlich machen. Denn überhaupt ist Qualität etwas, wovon ihr bis jetzt keinen objektiven Begriff zu geben imstande waret, und wovon ihr doch (in der Chemie wenigstens) objektiven Gebrauch macht.
Dies sind die Elemente unsers empirischen Wissens. Denn, wenn wir einmal Materie und mit ihr Kräfte der Anziehung und Zurückstoßung, ferner eine unendliche Mannigfaltigkeit von Materien, die sich alle durch Qualitäten voneinander unterscheiden, voraussetzen dürfen, so haben wir, nach Anleitung der Kategorientafel,
1. quantitative Bewegung, die einzig der Quantität der Materie proportional ist: Schwere;
2. qualitative Bewegung, die den innern Beschaffenheiten der Materie gemäß ist – chemische Bewegung;
3. relative Bewegung, die den Körpern durch Einwirkung von außen (durch Stoß) mitgeteilt wird – mechanische Bewegung.
Diese drei möglichen Bewegungen sind es, aus welchen die Naturlehre ihr ganzes System entstehen und werden läßt.
Der Teil der Physik, welcher sich mit der ersten beschäftigt, heißt Statik. Der, welcher sich mit der dritten beschäftigt, heißt Mechanik. Dies ist der Hauptteil der Physik; denn[124] im Grunde ist die ganze Physik nichts als angewandte Mechanik21. Derjenige Teil, welcher sich mit der zweiten Art von Bewegung beschäftigt, dient in der Physik nur hilfsweise: die Chemie nämlich, deren Gegenstand es eigentlich ist, die spezifische Verschiedenheit der Materie abzuleiten, ist die Wissenschaft, welche erst der Mechanik (einer an sich ganz formalen Wissenschaft) Inhalt und mannigfaltige Anwendung verschafft. Es ist nämlich sehr geringe Mühe, aus den Prinzipien der Chemie die Hauptgegenstände, welche die Physik (ihren mechanischen und dynamischen Bewegungen nach)22 untersucht, abzuleiten, z.B. daß chemische Anziehung zwischen den Körpern stattfinde, kann man sagen, muß es eine Materie geben, die sie ausdehnt, der Trägheit entgegenwirkt – Licht und Wärme; ferner Stoffe, die sich wechselseitig anziehen, und, damit die größte Einfachheit möglich sei, Einen Grundstoff, den alle übrigen anziehen. Und da die Natur selbst zu ihrer Fortdauer viele chemische Prozesse nötig hat, so müssen diese Bedingungen der chemischen Prozesse überall gegenwärtig sein, daher die Lebensluft, als Produkt aus Licht und jenem Grundstoff. Und weil diese Luft die Gewalt des Feuers allzusehr beförderte, die Kraft unserer Organe zu sehr erschöpfte, eine Mischung aus ihr und einer andern ihr gerade entgegen gesetzten Luftart – atmosphärische Luft usw.
Dies ist ungefähr der Weg, auf welchem die Naturlehre zur Vollständigkeit gelangt. Allein uns ist es jetzt nicht darum zu tun, wie wir ein solches System, wenn es einmal existiert, darstellen, sondern darum, wie überhaupt ein solches System existieren könne. Die Frage ist nicht, ob und wie jener Zusammenhang der Erscheinungen und die Reihe von Ursachen und Wirkungen, die wir Naturlauf nennen, außer uns, sondern wie sie für uns wirklich geworden, wie jenes System und jener Zusammenhang der Erscheinungen den Weg zu unserm Geiste gefunden, und[125] wie sie in unserer Vorstellung die Notwendigkeit erlangt haben, mit welcher sie zu denken wir schlechthin genötigt sind? Denn als unleugbare Tatsache wird vorausgesetzt, daß die Vorstellung einer Sukzession von Ursachen und Wirkungen außer uns unserm Geiste so notwendig ist, als ob sie zu seinem Sein und Wesen selbst gehörte. Diese Notwendigkeit zu erklären, ist ein [das] Hauptproblem aller Philosophie. Die Frage ist nicht, ob dieses Problem überhaupt existieren solle, sondern wie dasselbe, wenn es einmal existiert, gelöst werden müsse.
Vorerst, was heißt es: wir müssen uns eine Sukzession der Erscheinungen denken, die schlechthin notwendig ist? Offenbar so viel: diese Erscheinungen können nur in dieser bestimmten Sukzession aufeinander folgen, und umgekehrt, nur an diesen bestimmten Erscheinungen kann diese Sukzession fortlaufen.
Denn daß unsere Vorstellungen in dieser bestimmten Ordnung aufeinander folgen, daß z.B. der Blitz dem Donner vorangeht, nicht nachfolgt usw., davon suchen wir den Grund nicht in uns, es kommt nicht auf uns an, wie wir die Vorstellungen aufeinander folgen lassen; der Grund muß also in den Dingen liegen, und wir behaupten, diese bestimmte Aufeinanderfolge sei eine Aufeinanderfolge der Dinge selbst, nicht bloß unserer Vorstellungen von ihnen, nur insofern die Erscheinungen selbst so und nicht anders aufeinander folgen, seien wir genötigt, sie in dieser Ordnung vorzustellen, nur weil und insofern diese Sukzession objektiv-notwendig sei, sei sie auch subjektiv– notwendig.
Daraus folgt nun ferner: diese bestimmte Sukzession kann nicht von diesen bestimmten Erscheinungen getrennt werden; die Sukzession muß also zugleich mit den Erscheinungen, und umgekehrt, die Erscheinungen müssen zugleich mit der Sukzession werden und entstehen; beide also, Sukzession und Erscheinung, sind in einem Wechselverhältnis, beide sind in bezug aufeinander wechselseitig notwendig.
Man darf nur die gemeinsten Urteile, welche wir über den Zusammenhang der Erscheinungen alle Augenblicke fällen, analysieren, um zu finden, daß in ihnen jene Voraussetzungen enthalten sind.[126]
Wenn nun weder die Erscheinungen von ihrer Sukzession, noch umgekehrt die Sukzession von ihren Erscheinungen getrennt werden kann, so sind nur folgende zwei Fälle möglich:
Entweder, Sukzession und Erscheinungen entstehen beide zugleich und ungetrennt außer uns.
Oder, Sukzession und Erscheinungen entstehen beide zugleich und ungetrennt in uns.
Nur in diesen beiden Fällen ist die Sukzession, die wir uns vorstellen, eine wirkliche Sukzession der Dinge, nicht bloß eine ideale Aufeinanderfolge unserer Vorstellungen.
Die erste Behauptung ist die des gemeinen Menschenverstandes, selbst von Philosophen Reid, Beatti und A. Humes Skeptizismus förmlich entgegengesetzt. In diesem System folgen die Dinge an sich aufeinander, wir haben dabei nur das Zusehen; wie aber die Vorstellung davon in uns gekommen, ist eine Frage, die für dieses System viel zu hoch liegt. Nun wollen wir aber nicht wissen, wie die Sukzession außer uns möglich sei, sondern wie diese bestimmte Sukzession, da sie ganz unabhängig von uns erfolgt, doch als solche und insofern mit absoluter Notwendigkeit von uns vorgestellt werde. Auf diese Frage nimmt nun jenes System gar keine Rücksicht. Es ist daher keiner philosophischen Kritik fähig; es hat mit der Philosophie nicht einen Punkt gemein, von wo aus man es untersuchen, prüfen oder bestreiten könnte, denn es weiß nicht einmal um die Frage, welche aufzulösen eigentlich das Geschäft der Philosophie ist.
Man müßte jenes System vorerst philosophisch machen, um es nur prüfen zu können. Allein dann läuft man Gefahr, gegen eine bloße Erdichtung zu kämpfen, denn der gemeine Verstand ist so konsequent nicht, und ein solches System, als das konsequente des gemeinen Verstandes wäre, hat in der Tat noch in keines Menschen Kopf existiert; denn sobald man es auf philosophische Ausdrücke zu bringen sucht, wird es völlig unverständlich. Es spricht von einer Sukzession, die, unabhängig von mir, außer mir stattfinden soll. Wie eine Sukzession (der Vorstellungen) in mir stattfinde, verstehe ich; eine Sukzession aber, die in den Dingen selbst, unabhängig von den endlichen Vorstellungen, er-[127]
folgt, ist mir ganz unverständlich. Denn setzen wir ein Wesen, das nicht endlich, demnach an die Sukzession der Vorstellungen gebunden wäre, sondern alles Gegenwärtige und Künftige in Einer Anschauung zusammenfaßte, so würde für ein solches Wesen in den Dingen außer ihm keine Sukzession sein: sie ist also überhaupt nur unter der Bedingung der Endlichkeit der Vorstellung. Wenn aber die Sukzession auch unabhängig von allen Vorstellungen in den Dingen an sich gegründet wäre, so müßte es auch für ein solches Wesen, als wir angenommen haben, eine Sukzession geben, was sich widerspricht.
Deswegen haben bis jetzt alle Philosophen einmütig behauptet, Sukzession sei etwas, was unabhängig von den Vorstellungen eines endlichen Geistes gar nicht könne gedacht werden. Nun haben wir aber festgesetzt, wenn die Vorstellung einer Sukzession notwendig sei, so müsse sie zugleich mit den Dingen und umgekehrt entstehen; die Sukzession müsse ohne die Dinge so wenig, als die Dinge ohne die Sukzession möglich sein. Ist also Sukzession etwas, was nur in unsern Vorstellungen möglich ist, so hat man nur zwischen zwei Fällen die Wahl.
Entweder, man bleibt dabei, die Dinge existieren außer uns, unabhängig von unsern Vorstellungen. Man erklärt also eben dadurch die objektive Notwendigkeit, mit der wir uns eine bestimmte Sukzession der Dinge vorstellen, für bloße Täuschung, indem man leugnet, daß die Sukzession in den Dingen selbst stattfinde.
Oder, man entschließt sich zu der Behauptung, daß auch die Erscheinungen selbst zugleich mit der Sukzession nur in unsern Vorstellungen werden und entstehen, und daß nur insofern die Ordnung, in der sie aufeinander folgen, eine wahrhaft objektive Ordnung sei.
Die erste Behauptung nun führt offenbar auf das abenteuerlichste System, das je existiert hat, und das auch erst in unseren Zeiten von einigen wenigen, ohne daß sie es selbst wußten, behauptet wurde. – Hier ist nun der Ort, den Grundsatz, daß Dinge von außen auf uns einwirken, völlig zu vernichten. Denn man frage einmal, was denn die Dinge außer uns, unabhängig von diesen Vorstellungen, seien? – Vorerst müssen wir sie[128] von allem entkleiden, was nur zu den Eigentümlichkeiten unseres Vorstellungsvermögens gehört. Dahin gehört nicht nur Sukzession, sondern auch aller Begriff von Ursache und Wirkung, und, wenn man konsequent sein will, auch alle Vorstellung von Raum und Ausdehnung, die beide ohne Zeit, aus der wir die Dinge an sich hinweggenommen haben, gar nicht vorstellbar sind. Nichtsdestoweniger müssen diese Dinge an sich, obgleich unserem Anschauungsvermögen gänzlich unzugänglich, doch – man weiß nicht wie und wo? – wahrscheinlich in den Zwischenwelten Epikurs – wirklich vorhanden sein; und diese Dinge müssen auf mich wirken, meine Vorstellungen veranlassen. Zwar hat man sich noch nie darauf eingelassen, welche Vorstellung man sich eigentlich von solchen Dingen mache. Daß man sagt: sie sind nicht vorstellbar, ist ein Ausweg, der bald abgeschnitten ist. Indem man davon redet, muß man eine Vorstellung davon haben, oder man redet, wie man nicht reden soll. Auch vom Nichts hat man eine Vorstellung, man denkt es sich wenigstens als das absolut Leere, als etwas rein Formales usw. Man könnte denken, die Vorstellung vom Dinge an sich wäre eine ähnliche Vorstellung. Allein die Vorstellung vom Nichts kann man sich doch noch durch das Schema des leeren Raumes versinnlichen. Die Dinge an sich aber werden ausdrücklich aus Zeit und Raum hinweggenommen, denn diese gehören ja nur zur eigentümlichen Vorstellungsart endlicher Wesen. Also bleibt nichts übrig als eine Vorstellung, die zwischen Etwas und Nichts in der Mitte schwebt, d.h. die nicht einmal das Verdienst hat, absolut Nichts zu sein. Es ist in der Tat kaum glaublich, daß solch eine widersinnige Zusammensetzung von Dingen, die, aller sinnlichen Bestimmungen beraubt, dennoch als sinnliche Dinge wirken sollen, je in eines Menschen Kopf gekommen sei23. – In der Tat, wenn man vorher alles aufgehoben hat, was zu den Vorstellungen einer objektiven Welt gehört, was bleibt mir noch übrig, das ich verstünde? Offenbar nur ich selbst. Also müßten[129] aus mir selbst alle Vorstellungen einer äußeren Welt sich entwickeln. Denn wenn Sukzession, Ursache, Wirkung usw. erst in meiner Vorstellung zu den Dingen hinzukommen, so begreift man ebensowenig, was jene Begriffe ohne die Dinge, als was die Dinge ohne jene Begriffe sein können. Daher die abenteuerliche Erklärung, die dieses System vom Ursprung der Vorstellung zu geben genötigt ist. Den Dingen an sich stellt es gegenüber ein Gemüt, und dieses Gemüt enthält in sich gewisse Formen a priori, die vor den Dingen an sich nur den Vorzug haben, daß man sie wenigstens als etwas absolut Leeres vorstellen kann. In diese Formen werden die Dinge gefaßt, indem wir sie vorstellen. Dadurch erhalten die formlosen Gegenstände Gestalt, die leeren Formen Inhalt. Wie es zugehe, daß Dinge überhaupt vorgestellt werden, darüber ist tiefes Stillschweigen. Genug, wir stellen Dinge außer uns vor, tragen aber erst in der Vorstellung auf sie über Raum und Zeit, ferner die Begriffe von Substanz und Akzidens, Ursache und Wirkung usw.; so entsteht Sukzession unserer Vorstellungen in uns, und zwar eine notwendige Sukzession, und diese selbstgemachte, mit Bewußtsein erst hervorgebrachte Sukzession heißt man den Naturlauf.
Dieses System bedarf keiner Widerlegung. Es darstellen, heißt es von Grund aus umstürzen. Wirklich darüber erhaben, mit ihm gar nicht vergleichbar ist der Humische Skeptizismus. Hume läßt (seinen Prinzipien getreu) völlig unentschieden, ob unseren Vorstellungen Dinge außer uns entsprechen oder nicht. Auf jeden Fall aber muß er annehmen, daß die Sukzession der Erscheinungen nur in unseren Vorstellungen stattfinde; – daß wir aber gerade diese bestimmte Sukzession als notwendig denken, erklärt er für bloße Täuschung. Allein, was man von Hume mit Recht fordern kann, ist, daß er wenigstens den Ursprung dieser Täuschung erkläre. Denn daß wir uns wirklich eine Aufeinanderfolge von Ursachen und Wirkungen als notwendig denken – daß darauf alle unsere empirischen Wissenschaften, Naturlehre und Geschichte (in der er selbst ein so großer Meister war), beruhen, kann er nicht ableugnen. Woher aber diese Täuschung selbst? – Hume antwortet: »aus Gewohnheit; weil die Erscheinungen bisher in dieser Ordnung[130] aufeinander folgten, hat sich die Einbildungskraft gewöhnt, dieselbe Ordnung auch aufs Künftige zu erwarten, und diese Erwartung ist uns endlich, wie jede lange Gewohnheit, zur anderen Natur geworden«. – Allein diese Erklärung geht im Zirkel. Denn eben das sollte ja erklärt werden, warum die Dinge (was Hume nicht leugnet) bisher in dieser Ordnung aufeinander gefolgt sind. War diese Aufeinanderfolge etwa in den Dingen außer uns? Aber außer unseren Vorstellungen ist keine Sukzession. Oder war es bloße Sukzession unserer Vorstellungen, so muß sich auch ein Grund der Beständigkeit dieser Sukzession angeben lassen. Was unabhängig von mir da ist, vermag ich nicht zu erklären; was aber nur in mir vorgeht, davon muß sich auch der Grund in mir finden lassen. Hume kann sagen: Es ist so, und dies genügt mir. Allein dies heißt nicht philosophieren. Ich sage nicht, daß ein Hume philosophieren solle, aber wenn man einmal philosophieren zu wollen vorgibt, so kann man die Frage warum nicht mehr abweisen.
Also bleibt nichts mehr übrig als der Versuch, aus der Natur unseres, und insofern des endlichen Geistes überhaupt, die Notwendigkeit einer Sukzession seiner Vorstellungen abzuleiten und, damit diese Sukzession wahrhaft objektiv sei, die Dinge selbst zugleich mit dieser Aufeinanderfolge in ihm werden und entstehen zu lassen.
Unter allen bisherigen Systemen nun kenne ich nur die beiden – das Spinozische und Leibnizische – welche diesen Versuch nicht nur unternahmen, sondern deren ganze Philosophie nichts anders als dieser Versuch ist. Weil nun jetzt noch über das Verhältnis dieser beiden Systeme – ob sie sich widersprechen, oder wie sie zusammenhängen – viel Zweifelns und Redens ist, so scheint es nützlich, einiges darüber zum voraus beizubringen.
Spinoza, wie es scheint, sehr frühzeitig bekümmert über den Zusammenhang unserer Ideen mit den Dingen außer uns, konnte die Trennung nicht ertragen, die man zwischen beiden gestiftet hatte. Er sah ein, daß in unserer Natur Ideales und Reales (Gedanke und Gegenstand) innigst vereinigt sind. Daß[131] wir Vorstellungen von Dingen außer uns haben, daß unsere Vorstellungen selbst über diese hinaus reichen, konnte er sich nur aus unserer idealen Natur erklären; daß aber diesen Vorstellungen wirkliche Dinge entsprechen, mußte er sich aus den Affektionen und Bestimmungen des Idealen in uns erklären. Des Realen also konnten wir uns nicht bewußt werden, als im Gegensatz gegen das Ideale, sowie des Idealen nur im Gegensatz gegen das Reale. Mithin konnte zwischen den wirklichen Dingen und unseren Vorstellungen von ihnen keine Trennung stattfinden. Begriffe und Dinge, Gedanke und Ausdehnung waren ihm daher eins und dasselbe, beides nur Modifikationen einer und derselben idealen Natur.
Anstatt aber in die Tiefen seines Selbstbewußtseins hinabzusteigen und von dort aus dem Entstehen zweier Welten in uns – der idealen und realen – zuzusehen, überflog er sich selbst; anstatt aus unserer Natur zu erklären, wie Endliches und Unendliches, ursprünglich in uns vereinigt, wechselseitig auseinander hervorgehen, verlor er sich sogleich in der Idee eines Unendlichen außer uns. In diesem Unendlichen entstanden, oder vielmehr waren ursprünglich – man wußte nicht woher – Affektionen und Modifikationen, und mit diesen eine endlose Reihe endlicher Dinge. Denn weil es in seinem System vom Unendlichen zum Endlichen keinen Übergang gab, so war ihm ein Anfang des Werdens so unbegreiflich, als ein Anfang des Seins. Daß aber diese endlose Sukzession von mir vorgestellt wird, und mit Notwendigkeit vorgestellt wird, folgte daraus, daß die Dinge und meine Vorstellungen ursprünglich eins und dasselbe waren. Ich selbst war nur ein Gedanke des Unendlichen oder vielmehr selbst nur eine stete Sukzession von Vorstellungen. Wie ich mir aber selbst wieder dieser Sukzession bewußt würde, vermochte Spinoza nicht verständlich zu machen.
Denn überhaupt ist sein System, sowie es aus seiner Hand kam, das unverständlichste, das je existiert hat. Man muß dieses System in sich selbst aufgenommen, sich selbst an die Stelle seiner unendlichen Substanz gesetzt haben, um zu wissen, daß Unendliches und Endliches nicht außer uns, sondern in uns – nicht entstehen, sondern – ursprünglich zugleich und ungetrennt [132] da sind, und daß eben auf dieser ursprünglichen Vereinigung die Natur unseres Geistes und unser ganzes geistiges Dasein beruht. Denn wir kennen unmittelbar nur unser eigen Wesen, und nur wir selbst sind uns verständlich. Wie in einem Absoluten außer mir Affektionen und Bestimmungen sind und sein können, verstehe ich nicht. Daß aber in mir auch nichts Unendliches sein könnte, ohne daß zugleich ein Endliches sei, verstehe ich. Denn in mir ist jene notwendige Vereinigung des Idealen und Realen, des absolut Tätigen und absolut Leidenden (die Spinoza in eine unendliche Substanz außer mir versetzte) ursprünglich, ohne mein Zutun, da, und eben darin besteht meine Natur24.
Diesen Weg ging Leibniz, und hier ist der Punkt, wo er von Spinoza sich scheidet und mit ihm zusammenhängt. Es ist unmöglich, Leibnizen zu verstehen, ohne auf diesen Punkt sich gestellt zu haben. Jacobi hat erwiesen, daß sein ganzes System vom Begriff der Individualität ausgeht und darauf zurückkehrt. Im Begriff der Individualität allein ist ursprünglich vereinigt, was alle übrige Philosophie trennt, das Positive und das Negative, das Tätige und Leidende unserer Natur. Wie im Unendlichen außer uns Bestimmungen sein können, wußte Spinoza nicht verständlich zu machen, und vergebens suchte er einen Übergang vom Unendlichen zum Endlichen zu vermeiden. Dieser Übergang findet sich nur da nicht, wo Endliches und Unendliches ursprünglich vereinigt sind, und diese ursprüngliche Vereinigung ist nirgends, als im Wesen einer individuellen Natur. Leibniz ging also weder vom Unendlichen zum Endlichen, noch von diesem zu jenem über, sondern beides war ihm auf einmal – gleichsam durch eine und dieselbe Entwicklung unserer Natur – durch eine und dieselbe Handlungsweise des Geistes wirklich gemacht.
Daß die Vorstellungen in uns aufeinander folgen, ist notwendige[133] Folge unserer Endlichkeit; daß aber diese Reihe endlos ist, beweist, daß sie von einem Wesen ausgeht, in dessen Natur Endlichkeit und Unendlichkeit vereinigt sind.
Daß diese Sukzession notwendig ist, folgt in Leibnizens Philosophie daraus, daß die Dinge zugleich mit den Vorstellungen, kraft der bloßen Gesetze unserer Natur, nach einem inneren Prinzip in uns, wie in einer eigenen Welt entstehen. Was Leibniz allein für ursprünglich-real und an sich wirklich hielt, waren vorstellende Wesen; denn in diesen allein war jene Vereinigung ursprünglich, aus welcher erst alles andere, was wirklich heißt, sich entwickelt und hervorgeht. Denn alles, was außer uns wirklich ist, ist ein Endliches, also nicht denkbar ohne ein Positives, das ihm Realität, und ein Negatives, das ihm Grenze gibt. Diese Vereinigung positiver und negativer Tätigkeit aber ist nirgends als in der Natur eines Individuums ursprünglich. Äußere Dinge waren nicht wirklich an sich selbst, sondern nur wirklich – geworden durch die Vorstellungsweise geistiger Naturen; dasjenige aber, aus dessen Natur erst: alles Dasein hervorgeht, d.h. das vorstellende Wesen allein mußte etwas sein, das in sich selbst Quell und Ursprung seines Daseins trägt.
Entspringt nun die ganze Sukzession der Vorstellungen aus der Natur des endlichen Geistes, so muß sich daraus auch die ganze Reihe unserer Erfahrungen ableiten lassen. Denn daß alle Wesen unserer Art die Erscheinungen der Welt in derselben notwendigen Aufeinanderfolge vorstellen, läßt sich einzig und allein aus unserer gemeinschaftlichen Natur begreifen. Diese Übereinstimmung unserer Natur aber durch eine prästabilierte Harmonie erklären, heißt sie wirklich nicht erklären. Denn dieses Wort sagt nur, daß eine solche Übereinstimmung stattfinde, aber nicht wie und warum. Es liegt aber in Leibnizens System selbst, daß aus dem Wesen endlicher Naturen überhaupt jene Übereinstimmung folge. Denn wäre dies nicht, so hörte der Geist auf, absoluter Selbstgrund seines Wissens und Erkennens zu sein. Er müßte den Grund seiner Vorstellungen doch noch außer sich suchen, wir wären wieder auf denselben Punkt zurückgekommen, den wir gleich anfangs verließen, die Welt und ihre Ordnung[134] wäre für uns zufällig und die Vorstellung davon käme uns nur von außen. Damit aber schweifen wir unvermeidlich über die Grenze, innerhalb welcher wir allein uns verstehen. Denn wenn eine höhere Hand erst uns so eingerichtet hat, daß wir eine solche Welt und eine solche Ordnung der Erscheinungen vorzustellen genötigt sind, so ist, abgerechnet, daß diese Hypothese uns völlig unverständlich ist, diese ganze Welt abermals eine Täuschung; ein Druck jener Hand vermag sie uns zu entreißen oder uns in eine ganz andere Ordnung der Dinge zu versetzen; selbst, daß Wesen unserer Art (von gleichen Vorstellungen mit uns) außer uns seien, ist dann völlig zweifelhaft. Mit der prästabilierten Harmonie also kann Leibniz nicht die Idee verbunden haben, die man gewöhnlich damit verbindet. Denn er behauptet ausdrücklich, kein Geist könne entstanden sein, d.h. auf einen Geist lassen sich Begriffe von Ursache und Wirkung gar nicht anwenden. Er ist: also absoluter Selbstgrund seines Sein und Wissens, und dadurch, daß er überhaupt ist, ist er auch das, was er ist, d.h. ein Wesen, zu dessen Natur auch dieses bestimmte System von Vorstellungen äußerer Dinge gehört. Philosophie also ist nichts anderes, als eine Naturlehre unseres Geistes. Von nun an ist aller Dogmatismus von Grund aus umgekehrt. Wir betrachten das System unserer Vorstellungen nicht in seinem Sein, sondern in seinem Werden. Die Philosophie wird genetisch, d.h. sie läßt die ganze notwendige Reihe unserer Vorstellungen vor unseren Augen gleichsam entstehen und ablaufen. Von nun an ist zwischen Erfahrung und Spekulation keine Trennung mehr. Das System der Natur ist zugleich das System unseres Geistes, und jetzt erst, nachdem die große Synthesis vollendet ist, kehrt unser Wissen zur Analysis (zum Forschen und Versuchen) zurück. Aber noch ist dieses System nicht da; viele verzagte Geister verzweifeln zum voraus, denn sie reden von einem System unserer Natur (deren Größe sie nicht kennen) nicht anders, als ob von einem Lehrgebäude25 unserer Begriffe die Rede wäre.[135]
Der Dogmatiker, der alles als ursprünglich außer uns vorhanden (nicht als aus uns werdend und entspringend) voraussetzt, muß sich doch wenigstens dazu anheischig machen, das was außer uns ist auch aus äußeren Ursachen zu erklären. Dies gelingt ihm, solange er sich innerhalb des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung befindet, unerachtet er nie begreiflich machen kann, wie dieser Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen selbst entstanden ist. Sobald er sich über die einzelne Erscheinung erhebt, ist seine ganze Philosophie zu Ende; die Grenzen des Mechanismus sind auch die Grenzen seines Systems.
Nun ist aber Mechanismus allein bei weitem nicht das, was die Natur ausmacht. Denn sobald wir ins Gebiet der organischen Natur übertreten, hört für uns alle mechanische Verknüpfung von Ursache und Wirkung auf. Jedes organische Produkt besteht für sich selbst, sein Dasein ist von keinem anderen Dasein abhängig. Nun ist aber die Ursache nie dieselbe mit der Wirkung, nur zwischen ganz verschiedenen Dingen ist ein Verhältnis von Ursache und Wirkung möglich. Die Organisation aber produziert sich selbst, entspringt aus sich selbst; jede einzelne Pflanze ist nur Produkt eines Individuums ihrer Art, und so produziert und reproduziert jede einzelne Organisation ins Unendliche fort nur ihre Gattung. Also schreitet keine Organisation fort, sondern kehrt ins Unendliche fort immer in sich selbst zurück. Eine Organisation als solche demnach ist weder Ursache noch Wirkung eines Dinges außer ihr, also nichts, was in den Zusammenhang des Mechanismus eingreift. Jedes organische Produkt trägt den Grund seines Daseins in sich selbst, denn es ist von sich selbst Ursache und Wirkung. Kein einzelner Teil konnte entstehen, als in diesem Ganzen, und dieses Ganze selbst besteht nur in der Wechselwirkung der Teile. In jedem anderen Objekt sind die Teile willkürlich, sie sind nur da, insofern ich teile. Im organisierten Wesen allein sind sie real, sie sind da ohne[136] mein Zutun, weil zwischen ihnen und dem Ganzen ein objektives Verhältnis ist. Also liegt jeder Organisation ein Begriff zugrunde, denn wo notwendige Beziehung des Ganzen auf Teile und der Teile auf ein Ganzes ist, ist Begriff. Aber dieser Begriff wohnt in ihr selbst, kann von ihr gar nicht getrennt werden, sie organisiert sich selbst, ist nicht etwa nur ein Kunstwerk, dessen Begriff außer ihm im Verstande des Künstlers vorhanden ist. Nicht ihre Form allein, sondern ihr Dasein ist zweckmäßig. Sie konnte sich nicht organisieren, ohne schon organisiert zu sein. Die Pflanze nährt sich und dauert fort durch Assimilation äußerer Stoffe, aber sie kann sich nichts assimilieren, ohne schon organisiert zu sein. Die Fortdauer des belebten Körpers ist an die Respiration gebunden. Die Lebensluft, die er einatmet, wird durch seine Organe zerlegt, um als elektrisches Fluidum die Nerven zu durchströmen. Aber um diesen Prozeß möglich zu machen, mußte selbst schon Organisation da sein, die doch hinwiederum ohne diesen Prozeß nicht fortdauert. Daher nur aus Organisation Organisation sich bildet. Im organischen Produkt ist eben deswegen Form und Materie unzertrennlich; diese bestimmte Materie konnte nur zugleich mit dieser bestimmten Form, und umgekehrt, werden und entstehen. Jede Organisation ist also ein Ganzes; ihre Einheit liegt in ihr selbst, es hängt nicht von unserer Willkür ab, sie als Eines oder als Vieles zu denken. Ursache und Wirkung ist etwas Vorübergehendes, Vorüberschwindendes, bloße Erscheinung (im gewöhnlichen Sinne des Wortes). Die Organisation aber ist nicht bloße Erscheinung, sondern selbst Objekt, und zwar ein durch sich selbst bestehendes, in sich selbst ganzes, unteilbares Objekt, und weil in ihm die Form von der Materie unzertrennlich ist, so läßt sich der Ursprung einer Organisation, als solcher, mechanisch ebensowenig erklären, als der Ursprung der Materie selbst.
Soll also die Zweckmäßigkeit der organischen Produkte erklärt werden, so sieht sich der Dogmatiker völlig von seinem Systeme verlassen. Hier hilft es nicht mehr, Begriff und Gegenstand, Form und Materie zu trennen wie uns beliebt. Denn hier wenigstens ist beides nicht in unserer Vorstellung, sondern im[137] Objekt selbst ursprünglich und notwendig vereinigt. Auf dieses Feld, wünschte ich, wagte sich mit uns einer von denen, die ein Spiel mit Begriffen für Philosophie und Hirngespinste von Dingen für wirkliche Dinge halten.
Vorerst müßt ihr zugeben, daß hier von einer Einheit die Rede ist, die sich schlechterdings nicht aus der Materie, als solcher, erklären läßt. Denn es ist eine Einheit des Begriffs; diese Einheit ist nur da in bezug auf ein anschauendes und reflektierendes Wesen. Denn daß in einer Organisation absolute Individualität ist, daß ihre Teile nur durch das Ganze und das Ganze nicht durch Zusammensetzung, sondern durch Wechselwirkung der Teile möglich ist, ist ein Urteil, und kann gar nicht geurteilt werden, als nur von einem Geiste, der Teil und Ganzes, Form und Materie wechselseitig aufeinander bezieht, und nur durch und in dieser Beziehung erst entsteht und wird alle Zweckmäßigkeit und Zusammenstimmung zum Ganzen. Was haben auch diese Teile, die doch nur Materie sind, mit einer Idee gemein, die der Materie ursprünglich fremd ist, und zu der sie doch zusammenstimmen? Hier ist keine Beziehung möglich, als durch ein Drittes, zu dessen Vorstellungen beides, Materie und Begriff, gehört. Ein solches Drittes aber ist nur ein anschauender und reflektierender Geist. Also müßt ihr einräumen, daß Organisation überhaupt nur in bezug auf einen Geist vorstellbar ist.
Dies räumen selbst diejenigen ein, welche auch die organischen Produkte durch einen wundervollen Zusammenstoß von Atomen entstehen lassen. Denn indem sie den Ursprung dieser Dinge vom blinden Zufall ableiten, heben sie sofort auch alle Zweckmäßigkeit in ihnen und damit selbst alle Begriffe von Organisation auf. Dies heißt konsequent gedacht. Denn da Zweckmäßigkeit nur vorstellbar ist in bezug auf einen urteilenden Verstand, so muß auch die Frage: wie die organischen Produkte unabhängig von mir entstanden, so beantwortet werden, als ob es zwischen ihnen und einem urteilenden Verstande gar keine Beziehung gäbe, d.h. als ob in ihnen überall keine Zweckmäßigkeit wäre.
Das Erste also, was ihr zugebt, ist dieses: Aller Begriff von[138] Zweckmäßigkeit kann nur in einem Verstande entstehen, und nur in bezug auf einen solchen Verstand kann irgend ein Ding zweckmäßig heißen.
Gleichwohl seid ihr nicht minder genötigt, einzuräumen, daß die Zweckmäßigkeit der Naturprodukte in ihnen selbst wohnt, daß sie objektiv und real, daß sie also nicht zu euern willkürlichen, sondern zu euern notwendigen Vorstellungen gehört. Denn ihr könnt gar wohl unterscheiden, was in den Verbindungen eurer Begriffe willkürlich und notwendig ist. So oft ihr Dinge, die durch den Raum getrennt sind, in Eine Zahl zusammenfaßt, handelt ihr völlig frei; die Einheit, die ihr ihnen gebt, tragt ihr nur aus euern Gedanken auf sie über, in den Dingen selbst liegt kein Grund, der euch nötigte, sie als Eines zu denken. Daß ihr aber jede Pflanze als ein Individuum denkt, in welchem alles zu Einem Zweck zusammenstimmt, davon müßt ihr den Grund in dem Ding außer euch suchen; ihr fühlt euch in euerm Urteil gezwungen, ihr müßt also einräumen, daß die Einheit, mit der ihr es denkt, nicht bloß logisch (in euern Gedanken), sondern real (außer euch wirklich) ist.
Nun verlangt man von euch, ihr sollt die Frage beantworten: wie es zugeht, daß eine Idee, die doch offenbar bloß in euch existieren und bloß in bezug auf euch Realität haben kann, doch von euch selbst als außer euch wirklich angeschaut und vorgestellt werden muß.
Zwar gibt es Philosophen, die für alle diese Fragen Eine Universalantwort haben, die sie bei jeder Gelegenheit wiederholen und nicht genug wiederholen können. Was an den Dingen Form ist, sagen sie, tragen wir erst auf die Dinge über. Aber eben das verlange ich längst zu wissen, wie ihr das könnt, was denn die Dinge sind ohne die Form, die ihr erst auf sie übertragt, oder was die Form ist, ohne die Dinge, auf welche ihr sie übertragt. Ihr müßt aber zugeben, daß hier wenigstens die Form von der Materie, der Begriff vom Objekt schlechterdings unzertrennlich ist. Oder wenn es in eurer Willkür steht, die Idee von Zweckmäßigkeit auf Dinge außer euch überzutragen oder nicht, wie kommt es, daß ihr diese Idee nur auf gewisse Dinge, nicht auf alle übertragt, daß ihr euch ferner bei dieser Vorstellung[139] zweckmäßiger Produkte gar nicht frei, sondern schlechthin gezwungen fühlt? Für beides könnt ihr keinen Grund angeben, als den, daß jene zweckmäßige Form ursprünglich und ohne Zutun eurer Willkür gewissen Dingen außer euch schlechthin zukomme.
Dies vorausgesetzt gilt auch hier wieder, was oben galt: Form und Materie dieser Dinge konnten nie getrennt sein, beide konnten nur zugleich und wechselseitig durcheinander werden. Der Begriff, der dieser Organisation zugrunde liegt, hat an sich keine Realität, und umgekehrt, diese bestimmte Materie ist nicht als Materie, sondern nur durch den inwohnenden Begriff, organisierte Materie. Dieses bestimmte Objekt also konnte nur zugleich mit diesem Begriff und dieser bestimmte Begriff nur zugleich mit diesem bestimmten Objekt entstehen.
Nach diesem Prinzip müssen sich alle bisherigen Systeme beurteilen lassen.
Um jene Vereinigung von Begriff und Materie zu begreifen, nehmt ihr einen höheren, göttlichen Verstand an, der seine Schöpfungen in Idealen entwarf und diesen Idealen gemäß die Natur hervorbrachte. Allein ein Wesen, in welchem der Begriff der Tat, der Entwurf der Ausführung vorangeht, kann nicht hervorbringen, kann nur Materie, die schon da ist, formen, bilden, kann der Materie nur von außen das Gepräge des Verstandes und der Zweckmäßigkeit aufdrucken; was er hervorbringt, ist nicht in sich selbst, sondern nur in bezug auf den Verstand des Künstlers, nicht ursprünglich und notwendig, sondern zufälligerweise zweckmäßig. Ist nicht der Verstand ein totes Vermögen und dient er zu etwas anderem, als Wirklichkeit, wenn sie da ist, aufzufassen, zu begreifen, und entlehnt nicht der Verstand anstatt das Wirkliche zu schaffen, vom Wirklichen selbst erst seine eigene Realität, und ist es nicht bloß die Sklaverei dieses Vermögens, seine Fähigkeit, Umrisse der Wirklichkeit zu beschreiben, was zwischen ihm und der Wirklichkeit Vermittlung stiftet? Aber hier ist die Frage, wie das Wirkliche, und mit ihm erst und ungetrennt von ihm das Ideale (Zweckmäßige) entstehe. Nicht, daß die Naturdinge überhaupt zweckmäßig sind, sowie jedes Werk der Kunst auch zweckmäßig ist, sondern daß diese Zweckmäßigkeit etwas ist, was[140] ihnen von außen gar nicht mitgeteilt werden konnte, daß sie zweckmäßig sind ursprünglich durch sich selbst, dies ist, was wir erklärt wissen wollen.
Ihr nehmt also eure Zuflucht zum schöpferischen Vermögen einer Gottheit, aus welchem die wirklichen Dinge zugleich mit ihren Ideen entsprangen und hervorgingen. Ihr sähet ein, daß ihr das Wirkliche zugleich mit dem Zweckmäßigen, das Zweckmäßige zugleich mit dem Wirklichen entstehen lassen müßt, wenn ihr außer euch etwas annehmen wollt, das in sich selbst und durch sich selbst zweckmäßig ist.
Allein laßt uns einen Augenblick annehmen, was ihr behauptet (obgleich ihr selbst außerstande seid, es verständlich zu machen), laßt uns annehmen, es sei durch die Schöpferkraft einer Gottheit das ganze System der Natur und damit die ganze Mannigfaltigkeit zweckmäßiger Produkte außer uns entstanden: sind wir wirklich auch nur um Einen Schritt weiter als vorhin und sehen wir uns nicht wieder auf demselben Punkte, von dem wir gleich anfangs ausgingen? Wie organisierte Produkte außer – und unabhängig von mir wirklich geworden, war ja gar nicht das, was ich zu wissen verlangte; denn wie könnte ich mir davon auch nur einen deutlichen Begriff machen? Die Frage war: wie die Vorstellung zweckmäßiger Produkte außer mir in mich gekommen, und wie ich genötigt sei, diese Zweckmäßigkeit, obgleich sie den Dingen nur in bezug auf meinen Verstand zukommt, doch als außer mir wirklich und notwendig zu denken. – Diese Frage habt ihr nicht beantwortet.
Denn sobald ihr die Naturdinge als außer euch wirklich und somit als Werk eines Schöpfers betrachtet, kann in ihnen selbst keine Zweckmäßigkeit wohnen, denn diese gilt ja nur in bezug auf euern Verstand. Oder wollt ihr auch im Schöpfer der Dinge Begriffe von Zweck usw. voraussetzen? Allein sobald ihr dies tut, hört er auf, Schöpfer zu sein, er wird bloßer Künstler, er ist höchstens Baumeister der Natur; ihr zerstört aber alle Idee von Natur von Grund aus, sobald ihr die Zweckmäßigkeit von außen durch einen Übergang aus dem Verstande irgend eines Wesens in sie kommen laßt. Sobald ihr also die[141] Idee des Schöpfers endlich macht, hört er auf, Schöpfer zu sein; erweitert ihr sie bis zur Unendlichkeit, so verlieren sich alle Begriffe von Zweckmäßigkeit und Verstand und es bleibt nur noch die Idee einer absoluten Macht übrig. Von nun an ist alles Endliche bloße Modifikation des Unendlichen. Aber ihr begreift ebensowenig, wie im Unendlichen überhaupt eine Modifikation möglich sei, als ihr begreift, wie diese Modifikationen des Unendlichen, d.h. wie das ganze System endlicher Dinge in eure Vorstellung gekommen, oder, wie die Einheit der Dinge, die im unendlichen Wesen nur ontologisch sein kann, in eurem Verstande teleologisch geworden sei.
Ihr könntet zwar versuchen, dies aus der eigentümlichen Natur eines endlichen Geistes zu erklären. Allein wenn ihr das tut, so bedürft ihr des Unendlichen als eines Außer-euch nicht mehr. Ihr könnt von nun an alles nur in euerm Geiste werden und entstehen lassen. Denn wenn ihr auch außer und unabhängig von euch Dinge voraussetzt, die an sich zweckmäßig sind, so müßt ihr dessenungeachtet noch erklären, wie eure Vorstellungen mit diesen äußeren Dingen zusammenstimmen. Ihr müßt zu einer prästabilierten Harmonie eure Zuflucht nehmen, müßt annehmen, daß in den Dingen außer euch selbst ein Geist herrsche, der dem eurigen analog ist. Denn nur in einem Geiste von schöpferischem Vermögen kann Begriff und Wirklichkeit, Ideales und Reales so sich durchdringen und vereinigen, daß zwischen beiden keine Trennung möglich ist. Ich kann nicht anders denken, als daß Leibniz unter der substantiellen Form sich einen den organisierten Wesen inwohnenden regierenden Geist dachte.
Diese Philosophie also muß annehmen, es gebe eine Stufenfolge des Lebens in der Natur. Auch in der bloß organisierten Materie sei Leben; nur ein Leben eingeschränkterer Art. Diese Idee ist so alt und hat sich bis jetzt unter den mannigfaltigsten Formen bis auf den heutigen Tag so standhaft erhalten – (in den ältesten Zeiten schon ließ man die ganze Welt von einem belebenden Prinzip, Weltseele genannt, durchdrungen werden, und das spätere Zeitalter Leibnizens gab jeder Pflanze ihre Seele) – daß man wohl zum voraus vermuten kann, es müsse irgend[142] ein Grund dieses Naturglaubens im menschlichen Geiste selbst liegen. So ist es auch. Der ganze Zauber, der das Problem vom Ursprung organisierter Körper umgibt, rührt daher, daß in diesen Dingen Notwendigkeit und Zufälligkeit innigst vereinigt sind. Notwendigkeit, weil ihr Dasein schon, nicht nur (wie beim Kunstwerk) ihre Form, zweckmäßig ist; Zufälligkeit, weil diese Zweckmäßigkeit doch nur für ein anschauendes und reflektierendes Wesen wirklich ist. Dadurch wurde der menschliche Geist frühzeitig auf die Idee einer sich selbst organisierenden Materie geführt und, weil Organisation nur in bezug auf einen Geist vorstellbar ist, auf eine ursprüngliche Vereinigung des Geistes und der Materie in diesen Dingen. Er sah sich genötigt, den Grund dieser Dinge einerseits in der Natur selbst, andererseits in einem über die Natur erhabenen Prinzip zu suchen; daher geriet er sehr frühzeitig darauf, Geist und Natur als Eines zu denken. Hier trat es zuerst hervor aus seinem heiligen Dunkel jenes idealische Wesen, in welchem er Begriff und Tat, Entwurf und Ausführung als Eines denkt. Hier zuerst überfiel den Menschen eine Ahndung seiner eigenen Natur, in welcher Anschauung und Begriff, Form und Gegenstand, Ideales und Reales ursprünglich eines und dasselbe ist. Daher der eigentümliche Schein, der um diese Probleme her ist, ein Schein, den die bloße Reflexionsphilosophie, die nur auf Trennung ausgeht, nie zu entwickeln vermag, während die reine Anschauung oder vielmehr die schöpferische Einbildungskraft längst die symbolische Sprache erfand, die man nur auslegen darf, um zu finden, daß die Natur um so verständlicher zu uns spricht, je weniger wir über sie bloß reflektierend denken.
Kein Wunder, daß jene Sprache, dogmatisch gebraucht26 bald selbst Sinn und Bedeutung verlor. Solange ich selbst mit der Natur identisch bin, verstehe ich was eine lebendige Natur ist so gut, als ich mein eigenes Leben verstehe; begreife, wie dieses allgemeine Leben der Natur in den mannigfaltigsten Formen, in stufenmäßigen Entwicklungen, in allmählichen Annäherungen zur Freiheit sich offenbaret; sobald ich aber mich und mit mir alles Ideale von der Natur trenne, bleibt mir nichts[143] übrig als ein totes Objekt und ich höre auf, zu begreifen, wie ein Leben außer mir möglich sei.
Frage ich den gemeinen Verstand, so glaubt er nur da Leben zu sehen, wo freie Bewegung ist. Denn die Vermögen tierischer Organe – Sensibilität, Irritabilität usw. – setzen selbst ein impulsives Prinzip voraus, ohne welches das Tier unfähig wäre, Reizen von außen Reaktion entgegenzusetzen, und nur durch diese freie Zurückwirkung der Organe wird der von außen angebrachte Stimulus Reiz und Eindruck; es herrscht hier die völligste Wechselwirkung: nur durch Reiz von außen wird das Tier zur Hervorbringung von Bewegungen bestimmt, und umgekehrt, nur durch diese Fähigkeit, Bewegungen in sich hervorzubringen, wird der äußere Eindruck zum Reiz. (Daher ist weder Irritabilität ohne Sensibilität, noch Sensibilität ohne Irritabilität möglich.)
Allein alle diese Vermögen der Organe rein bloß als solche reichen nicht hin, das Leben zu erklären. Denn wir könnten uns gar wohl eine Zusammensetzung von Fibern, Nerven usw. denken, in welcher (wie z.B. in Nerven eines destruierten organischen Körpers durch Elektrizität, Metallreiz usw.) durch Reize von außen freie Bewegungen hervorgebracht würden, ohne daß wir doch diesem zusammengesetzten Ding Leben zuschreiben könnten. Man erwidert vielleicht, daß doch die Zusammenstimmung aller dieser Bewegungen Leben bewirke; allein dazu gehört ein höheres Prinzip, das wir nicht mehr aus der Materie selbst erklären können, ein Prinzip, das alle einzelnen Bewegungen ordnet, zusammenfaßt und so erst aus einer Mannigfaltigkeit von Bewegungen, die untereinander übereinstimmen, sich wechselseitig produzieren und reproduzieren, ein Ganzes schafft und hervorbringt. Also begegnen wir hier abermals jener absoluten Vereinigung von Natur und Freiheit in einem und demselben Wesen, die belebte Organisation soll Produkt der Natur sein; aber in diesem Naturprodukt soll herrschen ein ordnender, zusammenfassender Geist; diese beiden Prinzipien sollen in ihm gar nicht getrennt, sondern innigst vereinigt sein; in der Anschauung sollen sich beide gar nicht unterscheiden lassen, zwischen beiden soll kein Vor und kein Nach, sondern absolute Gleichzeitigkeit und Wechselwirkung stattfinden.[144]
Sobald die Philosophie diese innige Verbindung aufhebt, entstehen zwei sich gerade entgegengesetzte Systeme, von denen keines das andere widerlegen kann, weil beide alle Idee von Leben von Grund aus zerstören, die um so weiter vor ihnen entflieht, je näher sie ihr zu kommen glauben.
Ich rede nicht von der sogenannten Philosophie derjenigen, die auch Denken, Vorstellen und Wollen in uns bald aus einem zufälligen Zusammenstoß schon organisierter Körperchen, bald durch eine wirklich künstliche Zusammenfügung von Muskeln, Fasern, Häufchen, Häkchen, welche den Körper zusammenhalten, und flüssigen Materien, die ihn durchströmen, usw. entspringen lassen. Ich behaupte aber, daß wir ein Leben außer uns so wenig als ein Bewußtsein außer uns empirisch begreifen, daß weder das eine noch das andere aus physischen Gründen erklärbar, daß es in dieser Rücksicht völlig gleichgültig ist, ob der Körper als ein zufälliges Aggregat organisierter Körperteilchen, oder als eine hydraulische Maschine, oder als eine chemische Werkstätte betrachtet wird. Gesetzt z.B. daß alle Bewegungen einer belebten Materie durch Veränderungen in der Mischung ihrer Nerven, ihrer Fibern oder der Flüssigkeit, die man in ihnen zirkulieren läßt, erklärbar seien, so fragt sich nicht nur, wie jene Veränderungen bewirkt werden, sondern auch, welches Prinzip alle diese Veränderungen harmonisch zusammenfaßt. Oder, wenn endlich ein philosophischer Blick auf die Natur als ein System, das nirgends stille steht, sondern fortschreitet, entdeckt, daß die Natur mit der belebten Materie aus den Grenzen der toten Chemie tritt, also, weil sonst chemische Prozesse im Körper unvermeidlich wären und weil der tote Körper durch wahrhaft chemische Auflösung zerstört wird, im lebenden Körper ein Prinzip sein muß, das ihn den Gesetzen der Chemie entreißt, und wenn nun dieses Prinzip Lebenskraft genannt wird, so behaupte ich dagegen, daß Lebenskraft (so geläufig auch dieser Ausdruck sein mag), in diesem Sinn genommen, ein völlig widersprechender Begriff ist. Denn Kraft können wir uns nur als etwas Endliches denken. Endlich aber ist ihrer Natur nach keine Kraft, als insofern sie durch eine entgegengesetzte beschränkt wird. Wo wir daher Kraft denken (wie in der Materie), da[145] müssen wir uns auch eine ihr entgegengesetzte Kraft denken. Zwischen entgegengesetzten Kräften aber können wir uns nur ein doppeltes Verhältnis denken. Entweder sie sind im relativen Gleichgewicht (im absoluten Gleichgewicht würden sich beide völlig aufheben); dann werden sie als ruhend gedacht, wie in der Materie, die deshalb träg heißt. Oder man denkt sie in fortdauerndem, nie entschiedenem Streit, da eine wechselseitig siegt und unterliegt; dann aber muß wieder ein Drittes da sein, das diesem Streit Fortdauer gibt und in diesem Streit wechselseitig siegender und unterliegender Kräfte das Werk der Natur erhält. Dieses Dritte kann nun nicht selbst wieder eine Kraft sein, denn sonst kämen wir auf die vorige Alternative zurück. Es muß also etwas sein, das höher ist als selbst Kraft; Kraft aber ist das Letzte, worauf (wie ich erweisen werde) alle unsere physikalischen Erklärungen zurückkommen müssen: also müßte jenes Dritte etwas sein, was ganz außerhalb der Grenzen der empirischen Naturforschung liegt. Nun wird aber außer und über der Natur in der gewöhnlichen Vorstellung nichts Höheres erkannt als der Geist27. Allein wollten wir nun die Lebenskraft als geistiges Prinzip begreifen, so heben wir ebendamit jenen Begriff völlig auf. Denn Kraft heißt, was wir wenigstens als Prinzip an die Spitze der Naturwissenschaft stellen können und was, obgleich nicht selbst darstellbar, doch seiner Wirkungsart nach durch physikalische Gesetze bestimmbar ist. Allein wie ein Geist physisch wirken könne, davon haben wir auch nicht den geringsten Begriff; also kann auch ein geistiges Prinzip nicht Lebenskraft heißen, ein Ausdruck, wodurch man immer noch wenigstens die Hoffnung andeutet, jenes Prinzip nach physikalischen Gesetzen wirken zu lassen28.[146]
Begeben wir uns aber, wie wir denn dazu genötigt sind, dieses Begriffs (einer Lebenskraft), so sind wir genötigt, nun in ein ganz entgegengesetztes System zu flüchten, in welchem auf einmal wieder Geist und Materie einander gegenüberstehen, unerachtet wir jetzt so wenig begreifen, wie Geist auf Materie, als wir bisher begreifen konnten, wie Materie auf Geist wirke.
Geist, als Prinzip des Lebens gedacht, heißt Seele. Ich werde nicht wiederholen, was man gegen die Philosophie der Dualisten schon längst eingewandt hat. Man hat sie bis jetzt großenteils aus Prinzipien bestritten, die so wenig Gehalt hatten als das bestrittene System selbst. Wir fragen nicht, wie eine Verbindung von Seele und Leib überhaupt möglich sei, (eine Frage, zu der man nicht berechtigt ist, weil sie der Fragende selbst nicht versteht), sondern – was man verstehen kann und beantworten muß, wie nur überhaupt die Vorstellung einer solchen Verbindung in uns gekommen sei. Daß ich denke, vorstelle, will, und daß dieses Denken usw. so wenig ein Resultat meines Körpers sein kann, daß vielmehr dieser selbst nur durch jenes Vermögen, zu denken und zu wollen, mein Körper wird, weiß ich gar wohl. Ferner, es sei indes verstattet zum Behuf der Spekulation das Prinzip der Bewegung vom Bewegten, Seele vom Körper zu unterscheiden, unerachtet wir, sobald vom Handeln die Rede ist, diese Unterscheidung gänzlich vergessen. Nun ist mit all diesen Voraussetzungen doch so viel offenbar, daß, wenn Leben und Seele, die letztere als etwas vom Körper Verschiedenes, in mir ist, ich von beiden nur durch unmittelbare Erfahrung gewiß werden kann. Daß ich bin (denke, will, usw.), ist etwas, das ich wissen muß, wenn ich nur überhaupt etwas weiß. Wie also eine Vorstellung von meinem eigenen Sein und Leben in mich komme, verstehe ich, weil ich, wenn ich nur überhaupt verstehe, dieses verstehen muß. Auch weil ich mir meines eigenen Seins unmittelbar bewußt bin, beruht der Schluß auf eine Seele in mir, wenn auch die Konsequenz falsch sein sollte, wenigstens auf Einem unzweifelbaren Vordersatz, dem, daß ich bin,[147] lebe, vorstelle, will. Aber wie komme ich nun dazu, Sein, Leben usw. auf Dinge außer mir überzutragen. Denn sobald dies geschieht, verkehrt sich mein unmittelbares Wissen alsobald in ein mittelbares. Nun behaupte ich aber, daß von Sein und Leben nur ein unmittelbares Wissen möglich ist und daß, was ist und lebt, nur insofern ist und lebt, als es vorerst und vor allem andern für sich selbst da ist, seines Lebens durch sein Leben sich bewußt wird. Gesetzt also es komme in meiner Anschauung vor ein organisiertes Wesen, das sich frei bewegt, so weiß ich gar wohl, daß dieses Wesen existiert, daß es für mich da ist, nicht aber auch, daß es für sich selbst und an sich da ist. Denn das Leben kann so wenig außer dem Leben als das Bewußtsein außer dem Bewußtsein vorgestellt werden29. Also ist auch eine empirische30 Überzeugung davon, daß etwas außer mir lebe, schlechterdings unmöglich. Denn, kann der Idealist sagen, daß du dir organisierte, frei sich bewegende Körper vorstellst, kann auch nur zu den notwendigen Eigenheiten deines Vorstellungsvermögens gehören; und die Philosophie selbst, die alles außer mir belebt, läßt doch die Vorstellung dieses Lebens außer mir nicht von außen in mich kommen. Wenn aber diese Vorstellung nur in mir entsteht, wie kann ich überzeugt werden, daß ihr etwas außer mir entspreche? Auch ist offenbar, daß ich von einem Leben und Selbstsein außer mir nur praktisch überzeugt werde. Ich muß praktisch dazu genötigt sein, Wesen, die mir gleich seien, außer mir anzuerkennen. Wäre ich nicht genötigt, mit Menschen außer mir in Gesellschaft und in alle praktischen Verhältnisse, die damit verbunden sind, zu treten; wüßte ich nicht, daß Wesen, die der Erscheinung der äußeren Gestalt nach mir ähnlich sind, nicht mehr Gründe haben, Freiheit und Geistigkeit in mir anzuerkennen, als ich habe, dieselbe in ihnen anzuerkennen; wüßte ich endlich nicht, daß meine moralische Existenz erst durch die Existenz anderer moralischer Wesen außer mir Zweck und Bestimmung erhält, so könnte ich, der bloßen Spekulation überlassen, allerdings zweifeln, ob hinter jedem[148] Antlitz Menschheit und in jeder Brust Freiheit wohne. – Dies alles wird durch unsere gewöhnlichsten Urteile bestätigt. Nur von Wesen außer mir, die sich mit mir im Leben auf gleichen Fuß setzen, zwischen welchen und mir Empfangen und Geben, Leiden und Tun völlig wechselseitig ist, erkenne ich an, daß sie geistiger Art sind. Dagegen, wenn etwa die neugierige Frage aufgeworfen wird, ob auch den Tieren eine Seele zukomme, ein Mensch von gemeinem Verstande alsobald stutzig wird, weil er mit der Bejahung derselben etwas einzuräumen glaubte, was er nicht unmittelbar wissen kann31.
Gehen wir endlich zurück auf den ersten Ursprung des dualistischen Glaubens, daß eine vom Körper verschiedene Seele wenigstens in mir wohne, was ist denn wohl jenes in mir, was selbst wieder urteilt, daß ich aus Körper und Seele bestehe, und was ist dieses Ich, das aus Körper und Seele bestehen soll? Hier ist offenbar etwas noch Höheres, das, frei und vom Körper unabhängig, dem Körper eine Seele gibt, Körper und Seele zusammendenkt und selbst in diese Vereinigung nicht eingeht – wie es scheint, ein höheres Prinzip, in welchem selbst Körper und Seele wieder identisch sind.
Endlich, wenn wir auf diesem Dualismus bestehen, so haben wir nun ganz in der Nähe den Gegensatz, von dem wir ausgingen: Geist und Materie. Denn immer noch drückt uns dieselbe Unbegreiflichkeit, wie zwischen Materie und Geist Zusammenhang möglich sei. Man kann sich das Abschneidende dieses Gegensatzes durch Täuschungen aller Art verbergen, kann zwischen Geist und Materie so viel Zwischenmaterien schieben, die immer feiner und feiner werden, aber irgend einmal muß doch ein Punkt kommen, wo Geist und Materie Eins oder wo der große Sprung, den wir so lange vermeiden wollten, unvermeidlich wird, und darin sind alle Theorien sich gleich. Ob ich die Nerven von animalischen Geistern, elektrischen Materien oder Gasarten durchströmen oder davon erfüllt sein, und durch[149] sie Eindrücke zum Sensorium von außen fortpflanzen lasse, oder ob ich die Seele bis in die äußersten (noch dazu problematischen) Feuchtigkeiten des Hirns (ein Versuch, der wenigstens das Verdienst hat, das Äußerste getan zu haben) verfolge, ist in Rücksicht auf die Sache völlig gleichgültig. Es ist klar, daß unsere Kritik ihren Kreislauf vollendet hat, nicht aber, daß wir über jenen Gegensatz, von dem wir ausgingen, um das Geringste klüger geworden sind, als wir es anfangs waren. Wir lassen den Menschen zurück, als das sichtbare, herumwandernde Problem aller Philosophie, und unsere Kritik endet hier an denselben Extremen, mit welchen sie angefangen hat.
Fassen wir endlich die Natur in Ein Ganzes zusammen, so stehen einander gegenüber Mechanismus, d.h. eine abwärts laufende Reihe von Ursachen und Wirkungen, und Zweckmäßigkeit, d.h. Unabhängigkeit vom Mechanismus, Gleichzeitigkeit von Ursachen und Wirkungen. Indem wir auch diese beiden Extreme noch vereinigen, entsteht in uns die Idee von einer Zweckmäßigkeit des Ganzen, die Natur wird eine Kreislinie, die in sich selbst zurückläuft, ein in sich selbst beschlossenes System ist. Die Reihe von Ursachen und Wirkungen hört völlig auf und es entsteht eine wechselseitige Verknüpfung von Mittel und Zweck; das Einzelne konnte weder ohne das Ganze, noch das Ganze ohne das Einzelne wirklich werden.
Diese absolute Zweckmäßigkeit des Ganzen der Natur nun ist eine Idee, die wir nicht willkürlich, sondern notwendig denken. Wir fühlen uns gedrungen, alles einzelne auf eine solche Zweckmäßigkeit des Ganzen zu beziehen; wo wir etwas in der Natur finden, das zwecklos oder gar zweckwidrig zu sein scheint, glauben wir den ganzen Zusammenhang der Dinge zerrissen oder ruhen nicht eher, bis auch die scheinbare Zweckwidrigkeit in anderer Rücksicht zur Zweckmäßigkeit wird. Es ist also eine notwendige Maxime der reflektierenden Vernunft, in der Natur überall Verbindung nach Zweck und Mittel vorauszusetzen. Und ob wir gleich diese Maxime nicht in ein konstitutives Gesetz verwandeln, befolgen wir sie doch so standhaft und so unbefangen, daß wir offenbar voraussetzen, die Natur werde unserm Bestreben, absolute Zweckmäßigkeit in ihr zu entdecken, freiwillig[150] gleichsam entgegenkommen. Ebenso gehen wir mit vollem Zutrauen auf die Übereinstimmung der Natur mit den Maximen unserer reflektierenden Vernunft von speziellen, untergeordneten Gesetzen zu allgemeinen, höheren Gesetzen fort; und von Erscheinungen sogar, die noch in der Reihe unserer Kenntnisse isoliert da stehen, hören wir doch nicht auf, a priori vorauszusetzen, daß auch sie noch durch irgend ein gemeinschaftliches Prinzip unter sich zusammenhängen. Und nur da glauben wir an eine Natur außer uns, wo wir Mannigfaltigkeit der Wirkungen und Einheit der Mittel erblicken32.
Was ist denn nun jenes geheime Band, das unsern Geist mit der Natur verknüpft, oder jenes verborgene Organ, durch welches die Natur zu unserm Geiste oder unser Geist zur Natur spricht? Wir schenken euch zum voraus alle eure Erklärungen, wie eine solche zweckmäßige Natur außer uns wirklich geworden. Denn diese Zweckmäßigkeit daraus erklären, daß ein göttlicher Verstand ihr Urheber sei, heißt nicht philosophieren, sondern fromme Betrachtungen anstellen. Ihr habt uns damit so gut wie nichts erklärt; denn wir verlangen zu wissen, nicht, wie eine solche Natur außer uns entstanden, sondern, wie auch nur die Idee einer solchen Natur in uns gekommen sei; nicht etwa mir, wie wir sie willkürlich erzeugt haben, sondern wie und warum sie ursprünglich und notwendig allem, was unser Geschlecht über Natur von jeher gedacht hat, zugrunde liegt. Denn die Existenz einer solchen Natur außer mir erklärt noch lange nicht die Existenz einer solchen Natur in mir: denn wenn ihr annehmt, daß zwischen beiden eine vorherbestimmte Harmonie stattfinde, so ist ja ebendas der Gegenstand unserer Frage. Oder wenn ihr behauptet, daß wir eine solche Idee auf die Natur nur übertragen, so ist nie eine Ahndung von dem, was uns Natur ist und sein soll, in eure Seele gekommen. Denn wir wollen, nicht daß die Natur mit den Gesetzen unsers Geistes zufällig (etwa durch Vermittelung eines Dritten) zusammentreffe, sondern daß sie selbst notwendig und ursprünglich die[151] Gesetze unsers Geistes nicht nur ausdrücke, sondern selbst realisiere, und daß sie nur insofern Natur sei und Natur heiße, als sie dies tut.
Die Natur soll der sichtbare Geist, der Geist die unsichtbare Natur sein. Hier also, in der absoluten Identität des Geistes in uns und der Natur außer uns, muß sich das Problem, wie eine Natur außer uns möglich sei, auflösen. Das letzte Ziel unserer weiteren Nachforschung ist daher diese Idee der Natur; gelingt es uns, diese zu erreichen, so können wir auch gewiß sein, jenem Problem Genüge getan zu haben.
* * *
Dies sind die Hauptprobleme, welche aufzulösen der Zweck dieser Schrift sein soll.
Aber diese Schrift beginnt nicht von oben (mit Aufstellung der Prinzipien), sondern von unten (mit Erfahrungen und Prüfung der bisherigen Systeme).
Erst wenn ich beim Ziel, das ich mir vorgesetzt habe, angekommen bin, wird man mir verstatten, die durchlaufene Bahn rückwärts zu wiederholen.[152]
3 | Erste Auflage: die Idee von Philosophie nur das Resultat der Philosophie selbst, eine allgemeingültige Philosophie aber ein ruhmloses Hirngespinst. |
4 | Die größten Philosophen waren immer die ersten, die dahin zurückkehrten, und Sokrates, nachdem er (wie Platon erzählt) die Nacht hindurch, in Spekulationen versunken, gestanden hatte, betete früh die aufgehende Sonne an (Zusatz der ersten Auflage). |
5 | Hier und auf den folgenden Seiten, sowie auch später noch, stand in der ersten Auflage »Spekulation« statt »Reflexion«, »spekulieren« statt »reflektieren«. |
6 | Der letzte Passus lautet in der ersten Auflage: Die bloße Spekulation also ist eine Geisteskrankheit des Menschen, noch dazu die gefährlichste von allen, die den Keim seiner Existenz tötet, die Wurzel seines Daseins ausrottet. Sie ist ein Plagegeist, der, wo er einmal übermächtig geworden ist, nicht mehr – nicht durch die Reize der Natur (denn was vermögen diese auf eine erstorbene Seele?) – nicht durch das Geräusch des Lebens – zu vertreiben ist. Scandit aeratas vitiosa naves Cura nec turmas equitum relinquit. Gegen eine Philosophie, die Spekulation nicht zum Mittel, sondern zum Zweck macht, ist jede Waffe gerecht. Denn sie peinigt die menschliche Vernunft mit Chimären, gegen welche, weil sie jenseits aller Vernunft liegen, selbst kein Krieg möglich ist. Sie macht jene Trennung zwischen dem Menschen und der Welt permanent, indem sie die letzte als ein Ding an sich betrachtet, das weder Anschauung noch Einbildungskraft, weder Verstand noch Vernunft zu erreichen vermag. (Erste Auflage.) |
7 | Der Philosoph, der seine Lebenszeit oder einen Teil derselben dazu anwendet, der spekulativen Philosophie in ihre bodenlosen Abgründe zu folgen, um dort ihr letztes Fundament zu untergraben, bringt der Menschheit ein Opfer, das, weil es Aufopferung des Edelsten ist, was er hat, vielleicht den meisten andern gleichgeachtet werden darf. Glücklich genug, wenn er die Philosophie so weit bringt, daß auch das letzte Bedürfnis derselben, als einer besonderen Wissenschaft, und damit sein eigener Name auf immer aus dem Gedächtnis der Menschen verschwindet. (Erste Auflage.) |
8 | Dies haben gleich anfangs einige scharfsinnige Männer der Kantischen Philosophie entgegengesetzt. Diese Philosophie läßt alle Begriffe von Ursache und Wirkung nur in unserem Gemüt, in unseren Vorstellungen entstehen, und doch die Vorstellungen selbst wieder, nach dem Gesetz der Kausalität, durch äußere Dinge in mir bewirken. Man wollte es damals nicht hören; wird es aber nun doch hören müssen. |
9 | Es war ein freier Schwung, den sie sich selbst gaben, und der sie dahin erhob, wohin die bleiernen Flügel eurer Einbildungskraft euch nicht zu tragen vermögen. Nachdem sie so sich selbst über den Naturlauf erhoben hatten, wurde ihnen manches unbegreiflich, was euch so begreiflich ist. (Erste Auflage.) |
10 | in Materie zu verwandeln. (Erste Auflage.) |
11 | als ein selbständiges Wesen (Erste Auflage). |
12 | einer schöpferischen Einbildungskraft, die vom Unendlichen in der Idee zum Endlichen in der Anschauung überging (Erste Auflage). |
13 | die alles, und die Wahrheit selbst unter sich erblicken (Erste Auflage). |
14 | Leibnitii Princip. Philosoph. § 7. |
15 | »nicht aber, weder wie ein An sich – reicht« fehlt in der ersten Auflage. |
16 | Gesetzt auch ein höheres Wesen äffte uns mit solchen Schattenbildern, so begreife ich doch nicht, wie es auch nur ein Bild der Wirklichkeit in mir wecken konnte, ohne daß ich Wirklichkeit selbst zum voraus gekannt hätte – das ganze System ist zu abenteuerlich, als daß es irgend jemand im Ernste hätte behaupten können. (Erste Auflage.) |
17 | Ideen aber wie jene eines allgemeinen Gleichgewichts, sind nur Produkte eines schöpferischen Vermögens in uns. (Erste Auflage.) |
18 | »und Leibnizens – erscheinen werden« fehlt in der ersten Auflage. |
19 | »ohne Bedingung – hervorgeht« fehlt in der ersten Auflage. |
20 | Ferner den Körpern kommt zu spezifische Schwere, d.h. die Quantität der Anziehung ist gleich der Quantität der Materie (ohne Rücksicht auf ihr Volumen). Erste Auflage. |
21 | In der Mechanik können zugleich die allgemeinen Eigenschaften der Körper, insofern sie auf mechanische Bewegung Einfluß haben, mitgenommen werden, wie Elastizität, Härte, Dichtigkeit. – Die allgemeine Bewegungslehre aber gehört gar nicht in die empirische Naturlehre. – Ich glaube, daß nach dieser Einteilung die Physik einen weit einfacheren und natürlicheren Zusammenhang bekommt, als sie bis jetzt noch in den meisten Lehrbüchern erhalten hat. |
22 | »und dynamischen« ist Zusatz der zweiten Auflage. |
23 | Das Wahre ist, daß die Idee der Dinge an sich an Kant durch Tradition gekommen war und in der Überlieferung allen Sinn verloren hatte. (Diese Anmerkung fehlt in der ersten Auflage.) |
24 | Die genauere Betrachtung aber wird jeden unmittelbar lehren, daß jedes In-Mir-Setzen der absoluten Identität des Endlichen und Unendlichen ebenso wie das Außer-Mir-Setzen wiederum nur mein Setzen, jene also an sich weder ein In-Mir noch ein Außer-Mir sei. (Diese Anmerkung ist der Zusatz der zweiten Auflage.) |
25 | In Schriften und Übersetzungen aus den ersten Zeiten des deutschen Purismus findet man sehr häufig die Ausdrücke: Lehrgebäude von Wesen, Lehrgebäude der Natur. Schade, daß unsere neueren Philosophen diesen Ausdruck außer Gebrauch kommen ließen. |
26 | szientifisch und dogmatisch gebraucht (Erste Auflage). |
27 | Nun wissen wir aber nichts Höheres, für das Kräfte überhaupt da sein könnten, als den Geist; denn nur der Geist vermag Kräfte und Gleichgewicht oder Streit von Kräften sich vorzustellen. (Erste Auflage.) |
28 | Dies sieht man sehr deutlich aus den Äußerungen mancher Verteidiger der Lebenskraft. Hr. Brandis z.B. (in seinem Versuche über die Lebenskraft § 81) fragt: »Sollte die Elektrizität (die bei phlogistischen Prozessen überhaupt mitzuwirken scheint) auch an dem phlogistischen Lebensprozesse (den der Verfasser annimmt) Anteil haben, oder Elektrizität die Lebenskraft selbst sein? Ich halte es für mehr als wahrscheinlich.« |
29 | Jacobis David Hume. S. 140. |
30 | theoretische (Erste Auflage). |
31 | was er nur von sich und seinesgleichen auszusagen Fug und Recht habe. (Erste Auflage.) |
32 | wo wir Unendlichkeit der Wirkungen und Endlichkeit der Mittel erblicken. (Erste Auflage.) |
Ausgewählte Ausgaben von
Ideen zu einer Philosophie der Natur
|
Buchempfehlung
In elf Briefen erzählt Peter Schlemihl die wundersame Geschichte wie er einem Mann begegnet, der ihm für viel Geld seinen Schatten abkauft. Erst als es zu spät ist, bemerkt Peter wie wichtig ihm der nutzlos geglaubte Schatten in der Gesellschaft ist. Er verliert sein Ansehen und seine Liebe trotz seines vielen Geldes. Doch Fortuna wendet sich ihm wieder zu.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro