[301] Ausbildungs- und Prüfungswesen. Bei fast allen Eisenbahnverwaltungen wird heute der Standpunkt vertreten, daß sämtliche in den verschiedenen Dienstzweigen beschäftigten Klassen von Bediensteten einer gründlichen theoretischen wie praktischen Ausbildung und Einführung in den Dienst bedürfen, die vor ihrer Zulassung zur selbständigen Ausübung einer Beamtentätigkeit durch eine eingehende strenge Prüfung ihren Abschluß zu finden hat.
Im Bereiche der preußischen Staatseisenbahnen werden in dieser Hinsicht folgende Grundsätze beobachtet:
A. Bezüglich der höheren Beamten.
Als höhere Beamte werden in der Regel nur Beamte angestellt, die die höheren Staatsprüfungen abgelegt haben. Es kommen hierbei die Prüfung zum Gerichts- oder Regierungsassessor für die juristisch oder administrativ vorgebildeten Beamten und die Prüfung zum Regierungsbaumeister für die technisch vorgebildeten [301] Beamten in Betracht. Weitere Erfordernisse für die Einstellung sind Unbescholtenheit, Erfüllung der Militärdienstpflicht, körperliche Brauchbarkeit und Lebensalter unter 40 Jahren.
Die Assessoren und Regierungsbaumeister werden vom Minister der öffentlichen Arbeiten für den Staatseisenbahndienst angenommen und den Eisenbahndirektionen überwiesen.
Die Assessoren haben eine in der Regel einjährige Probe- und Ausbildungszeit zurückzulegen, während der sie aus dem Ressort der Justiz-pp. Verwaltung von dem vorgesetzten Minister beurlaubt werden. Während der Ausbildungszeit sollen sie sich eine Übersicht über die Beziehungen zwischen den einzelnen Gliedern der Staatseisenbahnverwaltung und den übrigen Verwaltungszweigen verschaffen, sich mit den Einrichtungen der Staatseisenbahnverwaltung bekannt machen und ein volles Verständnis für die den einzelnen Dienststellen und Beamtenklassen übertragenen Geschäfte unter persönlicher Teilnahme an diesen sich aneignen. Sie werden zu diesem Zweck, nach einer einleitenden Beschäftigung bei der königlichen Eisenbahndirektion, in der ersten Hälfte des Probejahres bei einem Betriebs-, Verkehrs-, Maschinen-, Werkstättenamt und den diesen untergeordneten Dienststellen, im zweiten Halbjahre vorzugsweise bei der königlichen Eisenbahndirektion in den nichttechnischen Dezernaten beschäftigt. Nach Ablauf des Probejahres wird auf den Bericht des Eisenbahndirektionspräsidenten über ihre dauernde Übernahme in den Staatseisenbahndienst vom Minister der öffentlichen Arbeiten entschieden. Die Gerichtsassessoren werden im Falle ihrer Beibehaltung alsdann zu Regierungsassessoren ernannt.
Die Regierungsbaumeister des Eisenbahnbaufachs, die dem Minister der öffentlichen Arbeiten als Ressortminister dienstlich und disziplinarisch unterstellt sind, sind zunächst zum Zweck ihrer Fortbildung und der Erprobung ihrer praktischen Brauchbarkeit für den Staatseisenbahndienst tunlichst bei einem größeren Betriebsamte zu beschäftigen, u. zw. derart, daß sie sich mit allen Einzelheiten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes genauer vertraut machen, insbesondere auch mit den die Signal- und Sicherungs- sowie die Telegraphenanlagen betreffenden technischen Angelegenheiten. Um sich weiterhin Sicherheit und Gewandtheit in der praktischen Handhabung des Betriebs- und Baudienstes in fortschreitendem Maße zu eigen zu machen, sind sie demnächst möglichst abwechselnd im Neubau-, Bahnunterhaltungs- und Betriebsdienst zu beschäftigen, auch mit den Vertretungen von beurlaubten oder erkrankten Betriebsamtsvorständen zu betrauen.
Die Regierungsbaumeister des Maschinenbaufachs sollen möglichst in allen Zweigen des höheren maschinentechnischen Eisenbahndienstes, d.h. im Werkstättenwesen, Maschinenbetriebsdienst, maschinentechnischen Konstruktionsarbeiten und Abnahmewesen beschäftigt werden. Die Dauer der Beschäftigung soll bei den Werkstätten- und Maschinenämtern in der Regel je 3 Monate betragen, während deren Bemessung für die Ausbildung bei den königlichen Eisenbahndirektionen diesen überlassen ist.
Nach Vollendung einer zweijährigen Staatsdienstzeit kann alsdann der Minister der öffentlichen Arbeiten für die endgültig zu übernehmenden Regierungsbaumeister die Unkündbarkeit der Anstellung aussprechen.
Zur Ausbildung der höheren Staatseisenbahnbeamten werden fachwissenschaftliche Vorlesungen von höheren Beamten der Staatseisenbahnverwaltung, von Universitätslehrern u.s.w. gehalten. Sie erstrecken sich auf Eisenbahnrecht, die Verwaltung der preußischen Staatseisenbahnen, wirtschaftliche Aufgaben der Eisenbahnen (Nationalökonomie), insbesondere auch Tarifwesen, auf Eisenbahnbetrieb, Technologie und Elektrotechnik.
B. bezüglich der mittleren und unteren Beamten.
Die Personen, die für den mittleren und unteren Dienst angenommen werden, müssen gleichfalls eine Reihe von Vorbedingungen hinsichtlich des Lebensalters, der körperlichen Tauglichkeit, der Schulbildung und ihrer Militärpflicht erfüllen, auch müssen sie unbescholten und schuldenfrei sein.
Für die einzelnen Dienststellungen ist sodann eine Vorbereitungszeit festgesetzt, während der die praktische Ausbildung erfolgt. Die Einführung in den Vorbereitungsdienst geschieht nach näherer Anweisung des vorgesetzten Amtsvorstandes oder der königlichen Eisenbahndirektion durch einen Dienstvorgesetzten. Gleichzeitig werden dem Dienstanfänger die erforderlichen Dienstanweisungen und sonstigen Vorschriften zu seiner Unterweisung, insbesondere auch zum Zweck des Selbststudiums, übergeben. Zur Heranbildung der Dienstanfänger für den mittleren Eisenbahndienst bestehen außerdem in allen Direktionsbezirken Eisenbahnschulen, in denen alle für die einzelnen Prüfungen in Betracht kommenden Lehrstoffe durch höhere und geeignete mittlere Beamte nach einem bestimmten Lehrplane behandelt werden. Näheres s. unter Eisenbahnschulen.[302]
Die Vorbereitungszeit dient zugleich als Probezeit. Treten während der Ausbildung in der Person des Dienstanfängers erhebliche Mängel hervor, so ist von den mit der Überwachung der Ausbildung betrauten Beamten alsbald der vorgesetzten Stelle zu berichten. Erweist sich der Dienstanfänger während dieser Zeit als ungeeignet, so ist er wieder zu entlassen, ohne daß die Beendigung der Probezeit abgewartet zu werden braucht.
Welche Kenntnisse die einzelnen Dienstanfänger sich zu erwerben und welchen Erfordernissen sie zu genügen haben, darüber geben, soweit es sich um demnächstige Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamte handelt, die für ganz Deutschland (mit Ausnahme von Bayern) geltenden, vom Bundesrate festgesetzten Bestimmungen über die »Befähigung von Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamten«, gültig vom 1. Mai 1906, Aufschluß. In diesen sind als gemeinsame Erfordernisse, die jeder unter diese Bestimmungen fallende Beamte erfüllen muß, folgende genannt:
1. Bei der ersten Zulassung zur selbständigen Wahrnehmung des Dienstes müssen die Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamten in der Regel mindestens 21 Jahre alt sein, dürfen aber das 40. Lebensjahr nicht über schritten haben.
2. Die Beamten müssen unbescholten sein; sie müssen die zur Wahrnehmung ihres Dienstes nötige körperliche Rüstigkeit und Gewandtheit und ein ausreichendes Hör-, Seh- und Farbenunterscheidungsvermögen besitzen.
3. Die Beamten müssen in deutschen und lateinischen Buchstaben Gedrucktes und Geschriebenes lesen, deutsch leserlich schreiben und in dem für ihren Dienst erforderlichen Umfang in den vier Grundarten rechnen können.
4. Die Beamten müssen Fertigkeit im Gebrauche des Fernsprechers besitzen.
5. Jeder Beamte muß die schriftlichen oder gedruckten Anweisungen über seine dienstlichen Obliegenheiten und die seiner Untergebenen kennen.
6. Jeder Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamte muß die Eisenbahn -Bau- und -betriebsordnung, die Eisenbahn-Signalordnung mit den für den Bahnbezirk erlassenen Ausführungsbestimmungen, die Eisenbahn-Verkehrsordnung mit ihren Ausführungsbestimmungen und die Militär-Eisenbahnordnung kennen, soweit diese Ordnungen seinen eigenen Dienstkreis und den seiner Untergebenen berühren.
Im Anschluß daran sind dann weiterhin für jede einzelne Kategorie von Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamten (Wächter, Pförtner [Stationsdiener], Bahnsteigschaffner, Bremser, Wagenwärter, Schaffner, Zugführer, Rangiermeister [Schirrmeister], Schrankenwärter, Bahnwärter, Rottenführer, Weichensteller, Blockwärter, Haltepunktwärter, Fahrdienstleiter und Aufsichtsbeamte auf Bahnhöfen, Vorsteher oder Aufseher kleinerer Bahnhöfe, Vorsteher mittlerer Bahnhöfe, Vorsteher größerer Bahnhöfe, Lokomotivheizer, Lokomotivführer und Bahnmeister) die besonderen, von jedem einzelnen zu erfüllenden Erfordernisse aufgezählt. Zu betonen ist aber hierbei, daß diese bundesrätlichen Befähigungsvorschriften nur das Mindestmaß der Anforderungen enthalten, denen die vorgenannten Beamten in ihrer Eigenschaft als Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamte genügen müssen. Den Landesaufsichtsbehörden ist es überlassen geblieben, noch weitergehende Anforderungen, soweit sie für notwendig erachtet werden, festzusetzen. Für den Bereich der preußischen Staatseisenbahnen werden denn auch durch die »Prüfungsordnung für die mittleren und unteren Staatseisenbahnbeamten«, gültig vom 1. Mai 1909, noch in dem »besonderen Teil« das Mindestmaß teilweise erheblich überschreitende Kenntnisse gefordert. Außerdem ist an derselben Stelle für alle übrigen, in den bundesrätlichen Befähigungsvorschriften nicht genannten Beamtenklassen angeordnet, welche Kenntnisse und Fertigkeiten die Dienstanfänger sich während ihrer Vorbereitungszeit anzueignen haben. Es kommen hierbei die Laufbahn zum Bahnhofswächter, Rangierführer, Lademeister, Magazinaufseher, Fahrkartenausgeber, zur Eisenbahngehilfin, zum Kanzlisten, Stellwerkschlosser, Maschinenwärter, Maschinenwärter bei elektrischen Anlagen, Maschinisten bei elektrischen Anlagen, Wagenmeister, Werkführer, Werkführer für Telegraphenwerkstätten, Werkmeister, technischen Bureauassistenten, technischen Eisenbahnsekretär und Eisenbahnbetriebsingenieur in Betracht.
Ist die Ausbildung beendet und erscheint die Überzeugung begründet, daß der Bedienstete genügend vorbereitet und befähigt ist, den Dienst in der Stellung, für die die Vorbereitung erfolgt ist, selbständig wahrzunehmen, so hat er die erworbenen Kenntnisse in einer mit ihm vorzunehmenden Prüfung nachzuweisen. Es ist hierbei zu unterscheiden zwischen »Prüfungen für die erste Anstellung« und »Prüfungen für die Beförderung«.
Die Prüfung für die erste Anstellung haben abzulegen:
Die Dienstanfänger für den Dienst eines
1. Bahnwärters, Weichenstellers, Eisenbahngehilfen, Stellwerkschlossers, Rottenführers,
2. Wagenwärters, Schaffners,[303]
3. Bahnhofswächters, Stationsschaffners (Bahnhofspförtners und Bahnsteigschaffners),
4. Lademeisters, Magazinaufsehers, Fahrkartenausgebers, einer Eisenbahngehilfin,
5. Maschinenwärters, Lokomotivheizers, Maschinenwärters bei elektrischen Anlagen, Wagenmeisters, Werkführers, Rangierführers,
6. Bahnmeisters, Werkmeisters, technischen Bureauassistenten,
7. Eisenbahnassistenten,
8. Kanzlisten,
9. technischen Eisenbahnsekretärs oder wer
10. als Zivilsupernumerar für den mittleren nichttechnischen Dienst angenommen ist.
Zu dieser Prüfung werden die Prüflinge entweder auf Veranlassung des vorgesetzten Amtsvorstandes oder der königlichen Eisenbahndirektion von Amtswegen vorgeladen. Besteht ein Dienstanfänger die Prüfung ganz oder teilweise nicht, so hat er sie in den nicht bestandenen Teilen oder Gegenständen nach Ablauf einer bestimmten Frist zu wiederholen. Diese soll bei den Dienstanfängern zu 13 längstens drei, bei denen zu 4 und 5 längstens sechs, bei denen zu 6 und 8 sechs bis längstens neun Monate, bei denen zu 7 sechs oder neun, bei denen zu 9 und 10 sechs oder zwölf Monate betragen. Bestehen sie die Prüfung auch im Wiederholungsfalle nicht, so sind sie zu entlassen oder mit ihrem Einverständnis in einer geringeren Stellung, für die sie die Anstellungsfähigkeit und Befähigung besitzen, zu verwenden. Eine drittmalige Ablegung der Prüfung ist bei den Dienstanfängern zu 9 und 10 überhaupt nicht zulässig, den übrigen Dienstanfängern darf sie nur unter besonderen Umständen und ganz ausnahmsweise von der königlichen Eisenbahndirektion nachgelassen werden, wenn es von den zuständigen vorgesetzten Stellen besonders befürwortet wird.
Durch das Bestehen der Prüfung wird die Befähigung zur selbständigen Verrichtung der Dienstgeschäfte erworben und eine der Vorbedingungen für die erste etatmäßige Anstellung erfüllt (s. auch Anwärter).
Die Zulassung zur Beförderungsprüfung, u. zw.:
a) vom Bahnwärter zum Weichensteller, vom Weichensteller zum Weichensteller 1. Klasse,
b) vom Schaffner zum Zugführer,
c) vom Lokomotivheizer zum Lokomotivführer,
d) vom Maschinenwärter bei elektrischen Anlagen zum Maschinisten bei elektrischen Anlagen
sowie die Zulassung der versorgungsberechtigten und der aus dem unteren Betriebsdienste hervorgegangenen Beamten zur Fachprüfung 1. Klasse erfolgt nach Ablauf der vorgeschriebenen Vorbereitungszeit auf Antrag. Im Falle des Nichtbestehens der Prüfung darf sie auf Antrag des beteiligten Beamten nach einer Frist von 6 oder 12 Monaten wiederholt werden. Eine drittmalige Ablegung der Prüfung darf ausnahmsweise für die Beamten von ad von der königlichen Eisenbahndirektion nachgelassen werden, wenn dies von den hierfür maßgebenden Stellen befürwortet wird und bei der königlichen Eisenbahndirektion die Überzeugung besteht, daß der Beamte die praktische Befähigung für das höhere Amt besitzt.
Durch das Bestehen der Prüfung erwirbt im übrigen kein Anwärter einen Anspruch auf Beförderung. Diese unterbleibt vielmehr, wenn der Anwärter in Zukunft den Anforderungen des Amtes nicht voll entspricht.
Ohne förmliche Prüfung, vorwiegend nach dem Grade der Tüchtigkeit der Beamten, erfolgen die Beförderungen zum Oberbahnhofsvorsteher, Obergütervorsteher, Oberkassenvorsteher, Betriebskontrolleur, Hauptkassenkassierer, Eisenbahnsekretär (einschl. Verkehrskontrolleur) und Obermaterialienvorsteher aus der Zahl der Bahnhofsvorsteher, Gütervorsteher und Kassenvorsteher, zum Werkstättenvorsteher für den Betriebsdienst aus der Zahl der Betriebswerkmeister, zum Werkstättenvorsteher für Betriebs-Wagenwerkmeistereien aus der Zahl der Betriebs-Wagenwerkmeister, zum Oberbahnmeister aus der Zahl der Bahnmeister 1. Klasse, zum Bahnmeister 1. Klasse aus der Zahl der Bahnmeister, zum Werkführer für Stellwerke aus der Zahl der Stellwerksoberschlosser, zum Stellwerksoberschlosser aus der Zahl der Stellwerksschlosser (Weichensteller), zum Stellwerksweichensteller aus der Zahl der Weichensteller, zum Rangiermeister aus der Zahl der Rangierführer.
Für die Abnahme der Prüfungen bestehen für die verschiedenen Beamtenkategorien besondere Prüfungsausschüsse, als deren Mitglieder grundsätzlich nur etatsmäßige Beamte in Betracht kommen, deren Auswahl mit besonderer Sorgfalt zu erfolgen hat.
Die Prüfungen zerfallen in der Regel in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil, doch kann, falls dies von dem Prüfungsausschuß für notwendig erachtet wird, auch noch eine praktische Prüfung (z.B. für den Telegraphendienst) hinzugefügt werden. Im allgemeinen sollen die Prüflinge mit den wichtigen und im praktischen Dienste hauptsächlich zur Anwendung kommenden Vorschriften genau bekannt, mit den übrigen Bestimmungen aber im wesentlichen vertraut sein und insbesondere ein richtiges Verständnis sowie die Fähigkeit zeigen, sich leicht darin zurechtzufinden.[304]
Die Prüfungen werden unentgeltlich abgehalten. Für die Hin- und Rückreise zum Prüfungsorte erhalten die Beamten freie Eisenbahnfahrt, Tagegelder und Reisekosten werden jedoch nicht gewährt.
Bei den elsaß-lothringischen (Reichs-) Eisenbahnen ist das A. (s. Prüfungsordnung für die mittleren und unteren Beamten der Reichseisenbahnverwaltung vom 1. Juli 1904) in ähnlicher Weise wie bei den preußischen Staatsbahnen geregelt.
In Bayern hat die Aufnahme als Anwärter für den höheren Dienst der bayrischen Staatseisenbahnverwaltung die erfolgreiche Ablegung der Staatsprüfungen für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst oder den höheren Baudienst (u. zw. entweder für das Bauingenieurfach [Wasser-, Straßen- und Eisenbahnbau] oder für Hochbau oder für Maschinenbau) zur Voraussetzung.
Nach einmonatiger Probedienstleistung bei einer Eisenbahndirektion wird der Anwärter während eines Jahres in allen Geschäftszweigen des äußeren Dienstes (auf Stationen, Güterstationen, Bahnmeistereien, in Betriebswerkstätten und Sicherungswerkstätten) ausgebildet. Hierbei wird der Schwerpunkt auf die selbständige Arbeitsleistung im Stationsdienste, bei den Bautechnikern auch im Bahnmeisterdienste und bei den Maschineningenieuren im Lokomotivheizer- und -führerdienste gelegt und hiernach die Dauer der Verwendung bei den einzelnen Dienststellen verschieden bemessen.
Hieran schließt sich eine mehrjährige Beschäftigung als Hilfsarbeiter im inneren Dienste, während der die etatsmäßige Anstellung als Eisenbahnassessor erfolgt. Diese Beschäftigung wird bei den juristischen und den bautechnischen Beamten, die nicht ausschließlich für den bautechnischen Dienst in Aussicht genommen sind, unterbrochen durch eine einjährige Verwendung als Vorstand einer Station, bei den Maschineningenieuren durch eine ein- bis zweijährige Verwendung als Vorstand einer Betriebswerkstätte. Vor seiner Verwendung als Referent muß sodann jeder Beamte des höheren Dienstes mehrere Jahre eine seiner Fachrichtung entsprechende Inspektion als Vorstand geleitet haben.
Als Anwärter für den mittleren Eisenbahnbetriebs- und Verwaltungsdienst kommen Zivilbewerber, die die wissenschaftliche Befähigung zum Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst nachweisen, und Militäranwärter in Betracht.
Die Zivilbewerber werden zunächst mehrere Monate lang auf einer Station mit gemischtem Dienst informatorisch beschäftigt, sodann in einem gemeinsamen Vorbereitungskurse über die wichtigsten Zweige des Verwaltungs-, Rechnungs-, Betriebs-, Stations-, Sicherungs-, Verkehrs- und Postbetriebsdienstes theoretisch unterrichtet und hierauf der Aufnahmeprüfung unterzogen. Nach erfolgreicher Ablegung dieser Prüfung werden sie zu einem mindestens zweijährigen Vorbereitungsdienste als Aspiranten in den Bezirk einer Eisenbahndirektion überwiesen und dürfen frühestens nach 6 Monaten aushilfsweise unter eigener Verantwortung verwendet werden. Die Befähigung zur Anstellung als Eisenbahnsekretär haben sie durch Bestehen der Anstellungsprüfung nachzuweisen.
Für die Beförderung in die nächsthöhere Klasse ist zurzeit das Bestehen einer Prüfung aus dem Betriebs- oder dem Güter- oder dem Verwaltungs- (einschließlich Kassen-) Dienste vorgesehen.
Die Militäranwärter haben, wenn sie nicht die wissenschaftliche Befähigung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienste besitzen, eine Vorprüfung über ihre allgemeine Bildung abzulegen. Die Dauer der informatorischen Beschäftigung einschließlich des Besuchs des Vorbereitungsunterrichts und der Ablegung der Aufnahmeprüfung ist bei ihnen auf sechs Monate festgesetzt. Für die Anstellung bildet sodann eine weitere neunmonatige Probedienstleistung und das Bestehen der Anstellungsprüfung die Voraussetzung.
Die Aufnahme als Aspirant für den mittleren technischen Dienst hat den Nachweis der Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst und der Abschlußprüfung an dem Technikum in Nürnberg zur Voraussetzung. Der Aspirant hat frühestens nach Ableistung eines vierjährigen Vorbereitungsdienstes, während dessen er mit den Geschäftszweigen seiner Fachrichtung vertraut gemacht und unter Umständen auch schon zu aushilfsweiser Dienstleistung herangezogen wird, die Anstellungsprüfung abzulegen und erhält nach deren Bestehen die Anstellung nach Maßgabe der verfügbaren Stellen. Zur Anstellungsprüfung werden auch bewährte Beamte des unteren technischen Dienstes zugelassen, die die Befähigung für den Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst erlangt oder die Abschlußprüfung an einer fünfklassigen Bauschule abgelegt und mindestens vier Jahre in der höchsten Klasse des unteren Dienstes gedient haben.
Die Beamten des unteren Dienstes ergänzen sich außer durch vorzugsberechtigte Anwärter (Militäranwärter und Inhaber des Anstellungsscheines) in der Hauptsache aus dem Taglohnpersonale des Bahnunterhaltungsdienstes. Für die Zulassung zu bestimmten[305] Dienstzweigen bildet jedoch die Erlernung eines Handwerks, der Besuch bestimmter Schulen oder der Nachweis gewisser allgemeiner Kenntnisse die Voraussetzung. Dies gilt namentlich für eine Reihe technischer Stellen, dann aber auch z.B. für den Stationsgesamtdienst, der nur im Wege einer Vorprüfung erreicht werden kann, ferner zum Teil auch für den Portierdienst, in dem Sprachenkundige vorzugsweise Anstellung finden.
Im allgemeinen kommen beim Vorhandensein verschiedener persönlicher Voraussetzungen als Anwärter solche ständig auf dauernd notwendigen Posten beschäftigte Taglohnarbeiter (Gehilfen) in Betracht, die nach mindestens einjähriger ständiger Verwendung um Vormerkung für Anfangsstellen in den einzelnen (bestimmt zu bezeichnenden) Dienstgruppen nachsuchen. Die Bewerbung kann sich auf mehrere Dienstgruppen erstrecken, ist jedoch stets nur zu bestimmten Zeitpunkten, nämlich dann zulässig, wenn die zur Bewerbung zugelassenen Altersklassen durch Ausschreiben der Verwaltung aufgerufen werden. Eine frühere Vormerkung kann unterbleiben, weil für die Reihenfolge der Vormerkungen allgemein der Zeitpunkt des Beginnes der anrechnungsfähigen Dienstzeit maßgebend ist.
Die Ausbildung der Bewerber hat sich nach den Anforderungen des Dienstzweiges zu richten, in dem die Anstellung in Aussicht genommen ist. Ebenso ist die Anstellungsprüfung nur auf die Gegenstände zu erstrecken, mit denen der Bewerber nach der Anstellung befaßt sein wird. Die Zeit der Vorbereitung vor der Zulassung zur Anstellungsprüfung muß mindestens 3 Jahre betragen. Hiervon muß eine für jeden Dienstzweig festgesetzte Mindestzeit auf die Sonderausbildung verwendet sein. Die vor der Sonderausbildung im gleichen Dienstzweig zurückgelegte Dienstzeit kann auf die Ausbildungszeit unter bestimmten Voraussetzungen angerechnet werden.
Der Bewerber kann während der Vorbereitungszeit aushilfsweise auf verantwortlichen Posten selbständig verwendet werden, wenn durch eine mit ihm vorgenommene praktische Prüfung aktenmäßig festgestellt ist, daß er die Eignung hierzu besitzt. Weitere Prüfungen als die Anstellungsprüfung werden im allgemeinen nicht gefordert. In einzelnen technischen Dienstzweigen bilden jedoch noch besondere Prüfungen die Voraussetzung für die Beförderung.
Für die fortlaufende Weiterbildung des gesamten im äußeren Dienste verwendeten Personals (Beamte und Gehilfen) haben im übrigen die Dienstvorstände durch die Abhaltung regelmäßigen Unterrichts, der als Bestandteil des Dienstes gilt, nachweislich Sorge zu tragen.
Die vom Deutschen Bundesrate festgesetzten Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahn-Betriebs- und -Polizeibeamten, gültig vom 1. Mai 1906, haben gemäß Artikel 46, 2, der deutschen Reichsverfassung für Bayern keine Geltung. Selbstverständlich werden aber auch in Bayern, wie sich schon zum Teil aus dem oben Gesagten ergibt, an die körperlichen und geistigen Eigenschaften der Bewerber entsprechende Anforderungen gestellt.
In Württemberg ist das Ausbildungs- und Prüfungswesen durch die königliche Verordnung betreffend die Prüfungen für den Dienst der Verkehrsanstalten vom 12. Juli 1909 neu geregelt worden.
Danach setzt die Befähigung zum höheren Eisenbahndienst, nämlich zu den Stellen der Vorstände und Mitglieder der Kollegien, der Eisenbahnbetriebsinspektoren, Eisenbahnbetriebs- und Verkehrskontrolleure, der Bahnhofinspektoren, Eisenbahninspektoren u.s.w. die Ablegung der ersten höheren Justizdienstprüfung oder der Diplomprüfung als Architekt, Bauingenieur, Maschineningenieur, Verwaltungsingenieur oder Elektroingenieur an der Technischen Hochschule in Stuttgart sowie die Ablegung der Staatsprüfung für den höheren Eisenbahndienst voraus. Die Zulassung der Ausbildung für letzteren erfolgt in der Eigenschaft eines Referendars. Voraussetzungen für die Zulassung zu der höheren Staatsprüfung sind:
1. eine mindestens zweijährige Ausbildung im Eisenbahndienst,
2. Ablegung der praktischen Prüfung im Telegraphieren,
3. Vorlegung der Militärpapiere,
4. gute Führung.
Die zweijährige Ausbildung zerfällt in eine Probezeit im Betriebsdienst, deren Dauer in der Regel 14 Monate beträgt, von denen 10 Monate auf die Dienstleistung bei einer Bahnstation und 2 Monate auf die Erlernung des Telegraphendienstes entfallen, sowie in eine Probezeit im Verwaltungsdienst von 10 Monaten.
Gegenstände der Staatsprüfung für den höheren Dienst sind namentlich: Eisenbahngesetzgebung, Verwaltung und Betrieb, Verkehrsdienst einschließlich des Tarifwesens, Bahnoberbau und Fahrzeuge. Die Kandidaten, die die Prüfung bestanden haben, treten in das Verhältnis von Eisenbahnassessoren ein. Je nach Freiwerden etatsmäßiger Stellen rücken sie alsdann in die Stellen von Eisenbahninspektoren, Eisenbahnbetriebsinspektoren und von Kollegialmitgliedern (Finanzräten, Oberfinanzräten u.s.w.) ein.[306]
Personen, die die zweite höhere Justizdienstprüfung, die Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst oder für den höheren Finanzdienst oder eine zweite Staatsprüfung im Baufach bestanden haben, können ohne weitere Prüfung in den höheren Eisenbahndienst übernommen werden; die Anwartschaft auf eine etatsmäßige Anstellung erlangen sie jedoch erst, nachdem sie ihre Befähigung während einer angemessenen Zeit nachgewiesen haben.
Die Befähigung zum mittleren Dienste, nämlich zu den Stellen der Oberbahnsekretäre, Bahnhof- und Güterverwalter, Bahnhof- und Güterkassierer, Materialverwalter, Eisenbahnsekretäre, Oberbahnassistenten u.s.w. setzt die Ablegung der mittleren (Sekretärs-) Dienstprüfung voraus. Die Zulassung zur Ausbildung für den mittleren Dienst erfolgt in der Eigenschaft eines Eisenbahnpraktikanten 2. Klasse. Sie erfordert den Nachweis des Besuchs einer württembergischen humanistischen oder realistischen öffentlichen Unterrichtsanstalt, wenigstens bis zur Erlangung des Befähigungszeugnisses für den Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst. Voraussetzungen für die Zulassung zur mittleren Prüfung sind außer der Zurücklegung des 21. Lebensjahres, Ablegung der praktischen Prüfung im Telegraphieren und guter Führung eine mindestens dreijährige praktische Ausbildung, in die ein einjähriger Probedienst inbegriffen ist. Die Kandidaten, die die mittlere Prüfung bestanden haben, werden zu Eisenbahnpraktikanten 1. Klasse ernannt.
Die Befähigung zum niederen Dienste, nämlich zu den Stellen der Stationsverwalter, Stationskassierer, Kanzleiassistenten und Eisenbahnassistenten hat die Ablegung der niederen (Assistenten-) Dienstprüfung zur Voraussetzung. Die Zulassung zur Ausbildung für den niederen Dienst erfolgt in der Eigenschaft eines Eisenbahnanwärters und erfordert den Nachweis genügender Schulbildung, die nötigenfalls durch Ablegung einer Vorprüfung darzutun ist; Bewerber, die eine Latein-, Real- oder Bürgerschule besucht haben, werden vorgezogen. Voraussetzungen für die niedere Prüfung sind neben den für die mittlere Prüfung genannten gleichfalls eine dreijährige praktische Ausbildung, in die ein einjähriger Probedienst eingerechnet ist. Die Kandidaten, die die Prüfung bestanden haben, treten in das Verhältnis von Eisenbahngehilfen ein.
Auf welche Gegenstände sich die Prüfungen für den mittleren und niederen Eisenbahndienst erstrecken, ergibt sich aus der eingangs erwähnten königlichen Verordnung vom 12. Juli 1909, §§ 15 und 20.
Schließlich ist noch über die Ausbildung und Prüfung der Anwärter für die Unterbeamtenstellen im Eisenbahnbetrieb Verfügung getroffen, u. zw. in der Weise, daß zu den bundesrätlichen Befähigungsvorschriften vom 1. Mai 1906 noch besondere Ausführungsbestimmungen, vom gleichen Tage ab gültig, erlassen sind. Sie erstrecken sich auf folgende Beamtenkategorien: Stationsdiener, Bremser, Tag- und Nachtwächter, Wagenwärter und Wagenrevidenten, Schaffner, Zugführer, Bahnhofsaufseher, Schrankenwärter und Schrankenwärterinnen, Bahnwärter, Oberbahnwärter, Weichenwärter, Stationswärter, Blockwärter, Haltepunktvorsteher, Haltestellevorsteher, Lokomotivheizer und Lokomotivführer.
Die Prüfungen bestehen aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil.
Die Staatsprüfungen für den höheren Dienst und die mittleren Prüfungen werden unter Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrsabteilung, durch besondere Prüfungskommissionen vorgenommen, die aus Beamten dieses Ministeriums, der Generaldirektion oder anderen Beamten der Verkehrsanstalten, bei den Prüfungen für den mittleren Dienst außerdem aus Sprachlehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten, unter einem vom Ministerium zu bezeichnenden Vorsitzenden gebildet werden.
Für die niederen Prüfungen werden ständige Prüfungskommissionen aus Beamten der Verkehrsanstalten und aus Sprachlehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten vom Ministerium bestellt.
Der Vorsitzende und die Mitglieder für die Prüfungskommission für Unterbeamte werden alljährlich von dem Präsidenten der Generaldirektion bestimmt.
Wer bei einer Prüfung nicht für befähigt erkannt wird, kann sie nach einem Jahre wiederholen.
Bei den sächsischen Staatseisenbahnen kommt die Anstellung der höheren nichttechnischen Beamten gleichfalls erst nach Ablegung der beiden juristischen Prüfungen in Frage. Assessoren oder Referendare, die sich dem Staatseisenbahndienste widmen wollen, treten in der Regel bei der Generaldirektion zunächst in den gewöhnlich ein Jahr dauernden Vorbereitungsdienst ein, während dessen sie sich mit der Verwaltungsorganisation und dem Geschäftsgange im einzelnen bekannt zu machen haben. Haben sie sich während der Vorbereitungszeit bewährt, so werden sie für eintretende Vakanzen vorgemerkt, müssen aber, falls eine offene Stelle am Schlusse jener Zeit nicht vorhanden ist, einstweilen wieder ausscheiden.[307] Die erste Anstellung der angenommenen Assessoren erfolgt als »Direktionsreferendar« bei der Generaldirektion unter Belassung des Titels »Assessor«. Werden ausnahmsweise Referendare, die sich im einjährigen Vorbereitungsdienste besonders bewährt haben, mit der Absicht künftiger Anstellung beibehalten, so werden sie bis zur Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung als Referendare zunächst diätarisch weiter beschäftigt.
In den ersten Jahren nach der Anstellung werden die Direktionsreferendare je nach Bedarf im Sekretariat der Generaldirektion beschäftigt oder einzelnen Referenten zur Unterstützung zugeteilt, in der Regel auch während dieser Zeit auf einige Monate einer Betriebsdirektion zur Ausbildung im Betriebsdienste zugewiesen. Bei Vakanzen in der Generaldirektion werden sie dorthin als juristische Hilfsarbeiter zurückberufen und erhalten ein selbständiges Referat. Im Laufe der Zeit werden sie zum »Finanzamtmann« ernannt und rücken in Erledigungsfällen in Finanzratstellen ein.
Die Einstellung und Ausbildung der höheren technischen Beamten (Regierungsbaumeister) erfolgt nach ähnlichen Grundsätzen wie in Preußen.
Als Dienstanfänger für den mittleren Dienst gelten die diätarisch Besoldeten, d.h. die außerhalb des Beamtenverhältnisses stehenden, im mittleren Dienste gegen Diäten beschäftigten Personen. Zu ihnen gehören die Diätisten und die Eisenbahnaspiranten, die Diätistinnen, die Telephonistinnen und die Maschinenschreiberinnen, die diätarischen Zeichner, die Techniker, Bahnmeister-, Telegraphenmeister- und Werkmeisteraspiranten sowie die technischen Hilfsarbeiter im mittleren Dienste.
Über ihre Annahme, die Vorbedingungen für diese, die Dauer der Probezeit, Höhe der diätarischen Besoldung u.s.w. geben die »Dienstvorschriften für die diätarisch Besoldeten (Zivilanwärter) im mittleren Dienste«, gültig vom 1. Mai 1910, Aufschluß. Nach Abschluß der Probezeit können die Diätisten zu Aspiranten befördert werden.
Die Dienstanfänger für den unteren Dienst gehen in der Hauptsache aus den »ständigen Arbeitern« hervor (s. Arbeitsordnung für die ständigen Arbeiter).
Soweit die Dienstanfänger des mittleren und unteren Dienstes demnächst als Eisenbahnbetriebs- und -polizeibeamte verwendet werden sollen ergibt sich aus den auch für Sachsen geltenden bundesrätlichen Bestimmungen über die »Befähigung von Eisenbahnbetriebs- und Polizeibeamten«, gültig vom 1. Mai 1906, welches Mindestmaß von Kenntnissen sie sich zu erwerben und welchen Erfordernissen sie zu genügen haben. Welche weiter gehenden Anforderungen die Dienstanfänger alsdann in den Prüfungen zu erfüllen haben, geht aus der »Prüfungsordnung für Beamte der Staatseisenbahnverwaltung«, gültig vom 1. April 1899, u. zw. aus dem Teil 2: »Besondere Bestimmungen für die einzelnen Beamtenstellungen« hervor.
In Sachsen findet eine Heranziehung zur Prüfung für eine Beamtenstelle von Amtswegen nicht statt. Die Bediensteten können sich nach Ablauf der in den »Besonderen Bestimmungen für die einzelnen Beamtenstellen« festgesetzten Vorbereitungszeit zur Prüfung melden. Für die diätarisch Besoldeten ist eine Höchstzeit zur Meldung vorgeschrieben. Die Abnahme der Prüfungen erfolgt durch Prüfungskommissionen. Soweit diese bei der Generaldirektion bestellt sind, findet die Abnahme der Prüfungen halbjährlich statt. Für die übrigen Prüfungen ist kein bestimmter Zeitraum vorgeschrieben, sie werden vielmehr nach Bedarf abgenommen. Diese Frist beträgt 36, bzw. 1224 Monate. Eine Zulassung zur drittmaligen Ablegung der Prüfung ist nicht angängig.
Bei den sächsischen Staatseisenbahnen bestehen auch Prüfungen für die erste Anstellung und für die Beförderung. Die erstere haben abzulegen:
Die Dienstanfänger für den Dienst zum Bahnwärter, Rottenführer, Wächter, Pförtner, Zugschaffner und Wagenwärter, Wagenmeister, Materialausgeber, Maschinenwärter II. und I. Klasse, Werkführer und Wagenmeister I. Klasse, Werkmeister, Eisenbahnschreiber und Stationsaufseher, Eisenbahnassistenten, Bahnmeister, Telegraphenwärter, Telegraphenaufseher, Telegraphenmeister, Zeichner, Feuermänner II. und I. Klasse und Lokomotivführer.
Beförderungsprüfungen bestehen zum Bodenmeister, Schirrmeister, Weichenwärter I. Klasse, Oberschaffner, Oberwerkmeister, Bahnhofs-, Güter- und Kassenvorsteher, Eisenbahnsekretär, Bausekretär, zum Vorstande von Betriebselektrizitätswerken, Heizhausvorsteher und Bahnverwalter.
Ein Anspruch auf Anstellung oder Beförderung wird durch das Bestehen der Prüfungen nicht erlangt.
Ohne förmliche Prüfung, vorwiegend nach dem Grade der Tüchtigkeit der Beamten, erfolgen die Beförderungen zum Oberbahnhofs- und Obergütervorsteher aus der Zahl der Bahnhofs-, Güter- und Kassenvorsteher, zum Eisenbahnobersekretär aus der Zahl der Eisenbahnsekretäre, zum Bahnverwalter I. Klasse aus der Zahl der Bahnverwalter II. Klasse, zum Heizhausvorsteher I. Klasse aus der Zahl der Heizhausvorsteher[308] II. Klasse, zum Obertelegraphenmeister aus der Zahl der Telegraphenmeister I. Klasse und zum Telegraphenmeister I. Klasse aus der Zahl der Telegraphenmeister II. Klasse.
Prüfungen sind zurzeit nicht vorgesehen: für Eisenbahngehilfinnen, Bureau- und Kassendiener, Botenmeister, Fahrkartendrucker, Steindrucker und Werkstattaufseher.
In Baden hat die Einstellung der administrativen Anwärter für den höheren Eisenbahnverwaltungsdienst zur Voraussetzung, daß diese zunächst die erste Prüfung zum höheren öffentlichen Dienst in der Justiz und inneren Verwaltung (Rechtspraktikantenprüfung) bestanden haben. Binnen einer Woche nach der Aufnahme als Rechtspraktikant haben sie sich um Aufnahme in den höheren Finanzdienst zu bewerben und, ohne die Entscheidung über die Aufnahme in letzteren abzuwarten, sich zunächst mindestens. 8 Monate lang in dem Justizdienst praktisch vorzubereiten. Werden sie in den Finanzdienst aufgenommen, so treten sie nach Ablauf dieser Zeit in den Vorbereitungsdienst bei der Finanzverwaltung über und werden zu Finanzpraktikanten ernannt. Die Finanzpraktikanten, die sich dem höheren Eisenbahnverwaltungsdienst widmen wollen, haben die Aufnahme in diesen ein Jahr nach ihrer Ernennung zum Finanzpraktikanten nachzusuchen. Werden sie in den Eisenbahndienst aufgenommen, so treten sie, nachdem sie eine Vorbereitungszeit von mindestens einem Jahr und vier Monaten bei der Finanzverwaltung durchgemacht haben, in den Vorbereitungsdienst bei der Eisenbahnverwaltung über, der mindestens ein Jahr dauert und sich auf die Beschäftigung bei verschiedenen Dienststellen, Inspektionen und bei der Generaldirektion erstreckt. Nach Beendigung dieser Vorbereitung haben sie die Staatsprüfung für den höheren Finanzdienst (Finanzassessorenprüfung) mit den besonders vorgeschriebenen Fächern aus dem Gebiete des Eisenbahnwesens abzulegen. Die in den Eisenbahnverwaltungsdienst übernommenen Finanzassessoren werden alsdann zum Zweck ihrer weiteren Ausbildung 18 Monate lang bei äußeren Dienststellen beschäftigt und nach Ablauf dieser Zeit zur selbständigen Dienstleistung bei Stationen und Güterverwaltungen, Betriebsinspektionen, Zentralanstalten und der Generaldirektion herangezogen.
Bei der Besetzung von Stellen des höheren Eisenbahnverwaltungsdienstes kann von dem Nachweis der vorstehend beschriebenen regelmäßigen Vorbildung abgesehen werden, sofern der zu Ernennende die zweite juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt und seine praktische Befähigung für den Eisenbahndienst nachgewiesen hat.
Als Anwärter für die Stellen des höheren technischen Dienstes kommen die Diplomingenieure (Praktikanten) des Ingenieurbaufachs oder Hochbaufachs sowie des Maschinenbaufachs in Frage. Erstere haben eine praktische Vorbereitungszeit von 3 Jahren durchzumachen und spätestens mit Ablauf des 4. Jahres nach der Annahme zum Vorbereitungsdienst die Staatsprüfung abzulegen. Die Vorbereitungszeit der Diplomingenieure des Maschinenbaufachs dauert nur 2 Jahre, jedoch müssen sie vor Zulassung zur Diplomprüfung bereits eine einjährige praktische Tätigkeit abgeleistet haben. Die Staatsprüfung müssen sie spätestens mit Ablauf des 3. Jahres nach der Annahme zum Vorbereitungsdienst ablegen. Nach bestandener Staatsprüfung erhalten die Ingenieure den Titel »Regierungsbaumeister« und werden, soweit sich Gelegenheit dazu bietet, in der Staatsverwaltung, u. zw. zunächst gleichfalls zum Zweck der weiteren Ausbildung, beschäftigt. Näheres ist enthalten in den im badischen Gesetzes- und Verordnungsblatt veröffentlichten landesherrlichen Verordnungen vom 26. Juni, 2. Juli und 10. Oktober 1906, 3. August 1907, 8. Januar 1909 und 30. April 1910.
Für die Ausbildung und Prüfungen der Dienstanfänger des mittleren und niederen Dienstes gelten im allgemeinen ähnliche Bestimmungen wie in Preußen. Soweit es sich um die demnächstige Verwendung der Dienstanfänger als Eisenbahn-betriebs- und -polizeibeamte handelt, finden auch hier die bereits mehrfach erwähnten bundesrätlichen Befähigungsvorschriften vom 1. Mai 1906 Anwendung. Welche Kenntnisse darüber hinaus von diesen und auch von den anderen in den Befähigungsvorschriften nicht genannten Beamtenklassen gefordert werden, ergibt sich aus den »Aufnahmebestimmungen für Bewerber um mittlere und niedere Stellen des badischen Eisenbahn- und Dampfschiffahrts-Verwaltungsdienstes« in Verbindung mit der Verordnung, betreffend die Vorbereitung für den mittleren nichttechnischen Eisenbahndienst vom 11. März 1908. Danach muß, wer zu einem Staatsdienst im mittleren nichttechnischen Eisenbahndienst gelangen will, abgesehen von dem erfolgreichen Besuch einer deutschen Mittelschule (7 oder 9 Jahreskurse) eine 3-, bzw. 2jährige praktische Vorbereitungszeit als Eisenbahngehilfe zurücklegen und alsdann die Assistentenprüfung bestehen.
Für die Aufnahme als mittlere technische Beamte des tiefbau-, hochbau-, maschinen- und elektrotechnischen Dienstes kommen in der[309] Regel Personen in Betracht, die die Baugewerkschule in Karlsruhe mit Erfolg durchgemacht und die Werkmeisterprüfung bestanden oder die eine gleichwertige Vorbildung aufzuweisen haben.
Der etatsmäßigen Anstellung hat im allgemeinen mindestens eine einjährige Probedienstzeit und eine zweijährige Dienstzeit als nichtetatsmäßiger Beamter voranzugehen. Anwärtern für obere und mittlere Beamtenstellen wird jedoch die Eigenschaft als nichtetatsmäßiger Beamter nach Bestehen der maßgebenden Prüfung ohne Zurücklegung einer Probedienstzeit verliehen. Bei Militäranwärtern hat die der etatmäßigen Anstellung vorangehende Dienstleistung als nichtetatmäßiger Beamter nur ein Jahr zu dauern.
Für die erste etatmäßige Anstellung der mittleren und unteren Beamten kommen folgende Amtsstellen in Betracht:
a) mittlere Stellen:
Eisenbahngehilfinnen, Bureau- und Abfertigungsbeamte, Amtsstelle Gehaltsklasse II, technische Beamte Amtsstelle Gehaltsklasse II, Vermessungsbeamte in nicht selbständiger Stellung;
b) untere Stellen:
Matrosen, Schiffskassiere, Schiffsheizer, Bremser, Rottenführer, Wagenaufschreiber, Lademeister, Bahn- und Weichenwärter, Schirrmänner, Schaffner, Diener, Schreibbeamte, Lokomotivheizer, Bau-, Betriebs-, Werk- und Magazinaufseher, Maschinenwärter, Drucker, Wagenrevidenten, Maschinisten, Schirrmeister, Telegraphenmeister, Bahnmeister, technische Beamte und Zeichner (untere), Bureau-, Abfertigungs- und Vermessungsbeamte (untere).
Wo für bestimmte Arten von Amtsstellen mehrere Gehaltsklassen vorgesehen sind, soll der Beamte seine erste Anstellung in der Regel in der untersten Gehaltsklasse finden. Das Vorrücken in die höheren Gehaltsklassen erfolgt nach dem Dienstalter des Beamten, sofern nicht seine Leistungen und Verwendbarkeit eine abweichende Behandlung begründen, also ohne weitere Prüfung. Für gewisse Beamtengruppen bestehen noch Gehaltsstufen für wichtigere Stellen, in die das Einrücken nach Dienstalter und Tüchtigkeit der Beamten erfolgt.
Weiter können ohne Ablegung einer ferneren Prüfung befördert werden:
Mittlere nichttechnische Bureau- und Abfertigungsbeamte zu Stationsvorständen, Güterverwaltern und Bureauvorstehern,
mittlere technische Beamte zu Werkstättenvorstehern,
Zugmeister zu Zugrevisoren,
Magazinaufseher zu Magazinmeistern,
Wagenwärter zu Wagenrevidenten,
Lademeister zu Hallenmeistern u.s.w.
Dagegen ist eine weitere Prüfung z.B. abzulegen vor der Beförderung
vom Matrosen zum Untersteuermann oder Schleppschifführer,
vom Bremser zum Schaffner,
vom Lokomotivheizer zum Lokomotivführer,
vom Schiffsheizer zum Schiffsmaschinisten,
vom Schaffner zum Zugmeister,
vom Untersteuermann zum Steuermann,
vom Steuermann zum Schiffskapitän,
vom Bahn- oder Weichenwärter zum Vorsteher eines Stationsamtes V. Klasse,
vom Vorsteher eines Stationsamtes V. Klasse zum Vorsteher eines Stationsamtes IV. Klasse.
Der Übergang von einer Dienststellung in eine andersartige erfolgt in der Regel nur auf Antrag des Beamten.
Für die Abnahme der Prüfungen bestehen für die einzelnen Beamtenarten besondere Prüfungsausschüsse.
Die Anwärter für obere Beamtenstellen haben bei Ablegung der Staatsprüfung eine Prüfungsgebühr von 60 M., die Geometer für die vorgeschriebenen 2 Prüfungen zusammen Gebühren von 40 M. und die mittleren nichttechnischen Beamten für die Assistentenprüfung eine Gebühr von 20 M. zu entrichten. Im übrigen erfolgen die Prüfungen unentgeltlich.
Nach den in Österreich geltenden Bestimmungen darf daselbst niemand zum exekutiven Dienste verwendet werden, der sich nicht vorher über die seine Dienstverrichtungen betreffenden Vorschriften genaue Kenntnisse verschafft und diese durch Zurücklegung einer Probezeit und durch entsprechende Prüfungen nachgewiesen hat. Das Unterbeamten-, Diener- und Arbeiterpersonal muß im allgemeinen durch den unmittelbaren Dienstvorstand in periodischen Zwischenräumen eingehend über die einschlägigen Vorschriften belehrt und auch geprüft werden. Im Fall eines ungenügenden Prüfungsergebnisses sind die Bediensteten entweder in den Vorschriften, in denen sie versagt haben, einer Nachprüfung zu unterziehen oder, falls Gefahr für den Dienst vorhanden ist, zeitweilig aus diesem herauszunehmen (Prüfungsvorschrift für den niederen Staatseisenbahndienst, gültig vom 1. Juni 1909.
Für die Aufnahme in den Dienst der österr. Staatsbahnen sind den Bewerbern um eine Anstellung als Beamter (Beamtenaspirant), Unterbeamter oder Diener bestimmte Aufnahmsbedingungen vorgeschrieben. Sie müssen danach die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, dürfen zur Erlangung eines öffentlichen Amtes nicht unfähig sein, müssen ein Alter zwischen 18 und 35 Jahren haben sowie von gesunder Körperbeschaffenheit sein; es wird ferner gefordert die Kenntnis der deutschen Sprache und die für den betreffenden Dienstposten verlangte besondere Vorbildung sowie ein ehrenhaftes Vorleben (Dienstordnung[310] für die Bediensteten der k. k. österr. Staatsbahnen, gültig vom 7. April 1898, § 5).
Von Bewerbern um eine Anstellung als Unterbeamter oder Diener wird, abgesehen von dem etwa erforderlichen Nachweise der die spezielle Voraussetzung für die Erlangung einzelner solcher Posten bildenden besonderen Fachkenntnisse ein bestimmtes Maß an allgemeiner Schulbildung gefordert (Besuch einer allgemeinen Volksschule für Bewerber um Dienerposten, Besuch einer Bürger-, Gewerbe- oder Unterrealschule pp. für Bewerber um Unterbeamtenposten, die erste Anstellungen im niederen Staatseisenbahndienst bilden).
Bei Besetzung von Beamtenposten, die juridische oder technische Kenntnisse erfordern, können nur solche Bewerber berücksichtigt werden, die die Absolvierung der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultätsstudien und die für die Aufnahme in den Staatsdienst vorgeschriebenen Staatsprüfungen, bzw. die Absolvierung der Studien an einer technischen Hochschule und die an einer technischen Hochschule des Inlandes abgelegten Staats- oder Diplomprüfungen aus jenen Fächern, deren Kenntnis für den angestrebten Dienstposten erfordert wird, auszuweisen in der Lage sind.
Bewerber um sonstige Anstellungen als Beamte (Beamtenaspiranten), mit Ausnahme des Kanzlei- (Manipulations-) Dienstes, müssen, falls sie nicht in dem k. u. k. Heere pp. als aktive Offiziere gedient haben, den Nachweis einer entsprechenden Vorbildung erbringen. Dieser Nachweis ist zu führen:
a) Durch das Zeugnis über die vollständige Absolvierung eines Obergymnasiums, einer Oberrealschule oder einer hinsichtlich des Bildungsgrades diesen gleich zu achtenden anderen inländischen Lehranstalt,
b) Durch die Auszüge aus den Klassifikationslisten der Militärbildungsanstalten des k. u. k. Heeres u.s.w.,
c) Durch das Zeugnis über die mit gutem Erfolge bestandene Befähigungsprüfung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst.
Für Beamtenstellen im Kanzlei- (Manipulations-) dienste genügt, die sonstige Eignung vorausgesetzt, der Nachweis der für Unterbeamte vorgeschriebenen Schulbildung.
Nach Ablauf einer praktischen Ausbildungszeit von bestimmter, für die verschiedenen Kategorien verschieden bemessener Dauer haben sich sowohl die Bewerber um Unterbeamten- und Dienerposten, die erste Anstellungen im niederen Eisenbahndienste bilden, wie auch die Anwärter für Beamtenposten im mittleren Eisenbahnbetriebs- und Verwaltungsdienst Dienstprüfungen abzulegen.
Die als Voraussetzung für die Erlangung von Posten des niederen Eisenbahndienstes nachzuweisenden besonderen Fachkenntnisse, ferner die mindeste Dauer der von den Bewerbern um solche Posten zurückzulegenden Ausbildungszeit, sowie endlich die Gegenstände der abzulegenden Dienstprüfungen sind im »Besonderen Teil« der Prüfungsvorschrift für den niederen Staatseisenbahndienst vom 1. Juni 1909, § 10, für jede einzelne Dienstklasse der Unterbeamten und Diener enthalten. Außer den dort aufgeführten Prüfungsgegenständen kommen bei den Dienstprüfungen für alle in die Kategorie der Unterbeamten gehörigen Posten noch folgende in Betracht: Die Dienstordnung für die Bediensteten der k. k. österr. Staatsbahnen samt Gebührenregulativ, die Statuten der Altersversorgungsinstitute, die Eisenbahngeographie des eigenen Bezirkes, die das Personal berührenden Bestimmungen der Eisenbahnbetriebsordnung, das Statut der Krankenkasse sowie die wichtigsten, das Personal berührenden Bestimmungen des Statutes für die berufsgenossenschaftliche Unfallversicherungsanstalt der österr. Staatsbahnen.
Zur Abnahme der Dienstprüfungen für die Posten des niederen Eisenbahndienstes sind bei jeder Staatsbahndirektion ständige Prüfungskommissionen bestellt.
Bewerber, die als Kandidaten für einen Beamtenposten im mittleren Eisenbahnbetriebs- und Verwaltungsdienst aufgenommen wurden, sind 3 Monate lang im Telegraphendienste auszubilden und haben nach Schluß dieser Ausbildungszeit die Signal- und Telegraphenprüfung abzulegen. Nach Ablegung dieser Prüfung haben sich die Kandidaten des mittleren Eisenbahnbetriebs- und Verwaltungsdienstes einem besonderen Eisenbahnfachbildungsdienste zu unterziehen. Zunächst sind sie auf die Dauer von 47 Monaten im exekutiven Verkehrsdienst auszubilden und haben sich nach Ablauf dieser Frist einer Fachprüfung aus den für den Verkehrsdienst geltenden Instruktionen und sonstigen Vorschriften, der Verkehrsprüfung, zu unterziehen. Nach bestandener Verkehrsprüfung sind die Aspiranten (Volontäre) auf weitere 39 Monate in dem Dienstzweige auszubilden, für den sie bestimmt sind, und haben danach eine Fachprüfung aus den allgemein für den Staatseisenbahndienst und speziell für den betreffenden Dienstzweig geltenden und nicht schon in eine der vorhergegangenen Prüfungen einbezogenen Instruktionen und Vorschriften abzulegen.
Diese Fachprüfungen sind für die einzelnen Dienstzweige verschieden, u. zw. haben abzulegen:
1. die Kandidaten des allgemeinen Verwaltungsdienstes die administrative Fachprüfung,[311]
2. die Kandidaten des Bau- und Bahnerhaltungsdienstes die bautechnische Fachprüfung,
3. die Kandidaten des Zugförderungs- und Werkstättendienstes die maschinentechnische Fachprüfung,
4. die Kandidaten des exekutiven Betriebsdienstes, die des kommerziellen Dienstes und des Einnahmenkontrolldienstes die kommerzielle Fachprüfung,
5. die Kandidaten des Rechnungs- und Materialdienstes die Fachprüfung aus den Verrechnungsvorschriften.
Von allen Beamten abzulegen ist schließlich die Fachprüfung aus den Vorschriften für den Eisenbahnkriegsverkehr.
Jedem Beamten, der eine dieser Fachprüfungen bestanden hat, bleibt es unbenommen, zur Erhöhung seiner Qualifikation sich der gleichen Prüfung auch aus den für andere Dienstzweige vorgeschriebenen Prüfungsgegenständen zu unterziehen.
Auch für die vorgenannten Prüfungen sind am Sitze der Staatsbahndirektionen ständige Prüfungskommissionen bestellt, die entweder nach Bedarf oder zu bestimmten Terminen im Laufe des Jahres die Prüfungen vorzunehmen haben. Die Ladungen zu sämtlichen Prüfungen erfolgen von Amtswegen. Jedem Kandidaten, der eine Prüfung bei der erstmaligen Ablegung nicht bestanden hat, ist nur eine einmalige Wiederholung gestattet. Eine zweite Wiederholung kann nur ganz ausnahmsweise und aus besonders zu berücksichtigenden Gründen bewilligt werden. Sämtliche Prüfungen sind unentgeltlich.
Die Ablegung der für eine Stelle vorgeschriebenen Prüfung befähigt den Kandidaten zur selbständigen Ausübung des Dienstes, gewährt aber für sich allein noch keinen Anspruch auf die Stelle. Die Entscheidung über die wirkliche Verleihung der Stelle erfolgt vielmehr von Amtswegen unter Berücksichtigung des dienstlichen und außerdienstlichen Verhaltens, der praktischen Bewährung, des Dienstalters und der vorhandenen Vakanzen.
In Belgien erfolgt die Aufnahme der Bediensteten auf Grund freien Wettbewerbs, in Frankreich auf Grund einer Aufnahmsprüfung, die für die einzelnen Dienstzweige genau geregelt ist.
Was die Ausbildung des Personals betrifft, so bestehen hierüber in den beiden genannten Ländern keine bestimmten Normen. Die Bediensteten haben sich die Kenntnisse in Ausübung des Dienstes zu erwerben, wobei sie von ihren Vorgesetzten ständig überwacht werden. In Belgien bestehen keinerlei weitere Prüfungen zum Nachweis der Befähigung für höhere Dienstposten; es erfolgt auch die Beförderung auf Grund des freien Wettbewerbs.
In der Schweiz haben Anstellungswerber für den höheren Dienst die Absolvierung einer technischen Hochschule oder einer Universität, für den mittleren Dienst ein Abgangszeugnis einer gewerblichen Fachschule, bzw. Mittelschule nachzuweisen. Sie werden in der Regel einer Vorbereitung unterzogen, deren Erfolg durch eine Prüfung festgestellt wird. Für die einzelnen Dienstgruppen (Lokomotivführer, Anwärter des Stations- und Expeditionsdienstes, Zugsführer, Kondukteure u.s.w.) bestehen besondere Prüfungen; hierbei wird vielfach auch die Kenntnis einer fremden Sprache gefordert. Das gesamte, beim Betriebsdienst beschäftigte Personal ist durch fortgesetzte Instruktion und Belehrung durch die vorgesetzten Stellen auf der Höhe seiner Aufgabe zu erhalten, und wird periodischen Prüfungen in der Weise unterzogen, daß jeder Angestellte mindestens alle vier Jahre zur Prüfung gelangt. Außerdem hat jeder Angestellte anläßlich seiner Beförderung oder Versetzung in eine andere Dienstkategorie sich über die für den neuen Dienstkreis erforderlichen Kenntnisse durch eine besondere Prüfung auszuweisen.
In Italien haben sich zwecks Aufnahme alle Bewerber, ausgenommen Ingenieure und Rechtslizentiaten, die auf Grund ihrer Studienzeugnisse ausgewählt werden, einer Aufnahmsprüfung und, wenn eine große Anzahl von Bewerbern vorhanden ist, einem Wettbewerb zu unterziehen. Hierauf erfolgt eine vorläufige Verwendung in der Dauer von mindestens einem Jahre (bis zu 18 Monaten), worauf bei entsprechendem Erfolg die definitive Ernennung stattfindet. Jene Bediensteten, die sich um die Stelle eines Stationsvorstandes, eines Telegraphisten oder eines Lokomotivführers bewerben, haben sich einer Befähigungsprüfung zu unterziehen, die vor einer von der Regierung ernannten Kommission abzulegen ist.
Bei den nordamerikanischen Eisenbahnen muß der Anfänger in der Regel ohne Rücksicht auf seine allgemeine Vorbildung und ganz gleich, ob er dem technischen oder nichttechnischen Dienste angehört, auf der untersten Stufe des Dienstzweiges beginnen. Bewährt er sich im praktischen Dienste, so stehen ihm an sich alle Stellen offen. Auf eine außerhalb des praktischen Dienstes erworbene Fachbildung wird gewöhnlich kein Wert gelegt, oft genug setzt man sich bei der Besetzung von Stellen, die an sich eine fachtechnische Vorbildung wünschenswert erscheinen lassen, über den Mangel einer solchen hinweg.[312]
Allerdings hat sich die American Railway Association schon seit einer Reihe von Jahren damit beschäftigt, für die Annahme des Eisenbahnbetriebspersonals Regeln aufzustellen, damit die Erfordernisse, die an die körperliche Tauglichkeit und die elementaren Kenntnisse der Bewerber gestellt werden, wenigstens im allgemeinen übereinstimmen. So hat die Association am 5. April 1905 Bedingungen angenommen, die nicht nur bei der ersten Annahme der Bewerber, sondern auch bei der späteren Beförderung in höhere Stellen u.s.w. Anwendung finden sollen. Sie betreffen das Sehvermögen, das Gehör, andere physische Erfordernisse und Kenntnisse (Lesen, Schreiben, Rechnen in den 4 Spezies, genügende Auffassungsgabe und Sprachkenntnis sowie Kenntnis der Dienstpflichten).
Dieser Beschluß vom 5. April 1905 über die Annahmebedingungen des Betriebspersonals bedeutet sicherlich einen erheblichen Fortschritt, er zeigt auch zugleich, daß die ganz und gar willkürliche Einstellung von Personal, die bisher als allein richtiger Grundsatz angesehen worden war, mit einem sicheren Eisenbahnbetrieb als nicht verträglich allmählich erkannt wird. Trotzdem sind diese Bedingungen aber immerhin erst als ein Anfang zu betrachten. Umfangreichere Dienstprüfungen kennt man bei den amerikanischen Eisenbahnen nicht, für die Beförderung in höhere Stufen gibt vielmehr, wie erwähnt, die praktische Befähigung die nächste Anwartschaft. Dienstaltersvorzüge läßt man im allgemeinen nicht gelten, so daß in allen Dienststufen die verschiedensten Lebensalter vertreten sind. In der Regel hält man jedoch darauf, daß bewährte Kräfte möglichst schnell in ihrer Stellung aufrücken, so daß an den verantwortungsvollsten Posten im Durchschnitt Männer im besten Lebensalter angetroffen werden (s. Hoff und Schwabach, Die nordamerikanischen Eisenbahnen).
Nach ähnlichen Grundsätzen wie bei den nordamerikanischen Eisenbahnen wird in England verfahren, indem auch hier der Schwerpunkt auf eine gründliche kaufmännische Vorbildung und geschäftliche Gewandtheit gelegt wird. Indessen geht man auch bei den englischen Bahnen schon seit einer Reihe von Jahren mehr und mehr zu einer systematischen Ausbildung des Eisenbahnpersonals durch Unterricht in zahlreichen Eisenbahnschulen über, auch wird in gewissem Umfange bereits von den Bediensteten die Ablegung von fachlichen Prüfungen verlangt (vgl. Artikel Eisenbahnschulen).
Literatur: Bulletin de la Commission internationale du Congrès des chemins de fer. 1900. Bd. XIV.
Seydel.
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