Bauausschreibung

[477] Bauausschreibung (calling for tenders; mise en adjudication d'une construction ou des travaux; mettere in concorso o all asta o in gara una costruzione), Aufforderung seitens des Bauherrn an Bauunternehmer zur Einreichung von Angeboten (s. Bauangebot) auf die zu vergebenden Arbeiten. Die B. ist verschieden, je nachdem es sich um eine öffentliche (allgemeine) oder beschränkte Ausschreibung handelt. Im ersteren Falle erfolgt durch Einrückung in amtliche Zeitungen und verbreitete Tagesblätter, insbesondere auch in Fachblätter eine öffentliche Aufforderung an alle Bauunternehmer zur Abgabe eines Angebots. Die öffentliche B. ist, sofern es sich um größere Bauarbeiten handelt und bei Staatsbahnbauten überhaupt die gebräuchlichste. Sie bietet den Vorteil, daß weite Kreise herangezogen und die günstigsten Anbote erzielt werden, und daß auch Anfängern Gelegenheit geboten wird, ihre Befähigung als Bauunternehmer darzutun. Bei Einleitung einer beschränkten Bewerbung wendet sich der Bauherr auf schriftlichem Wege an eine Anzahl ihm als vertrauenswürdig bekannter Unternehmer und fordert sie zur Abgabe von Angeboten auf. Dieser Weg bietet viele Vorteile, besonders wenn es sich um die Durchführung größerer und schwierigerer Herstellungen (z.B. Tunnelbauten, Luftdruckgründungen u. dgl.) handelt, von denen im voraus angenommen werden kann, daß nur ganz bestimmte, mit den für den betreffenden Fall erforderlichen Erfahrungen und Einrichtungen ausgerüstete Unternehmer in der Lage sein werden, den Bau sachgemäß auszuführen; durch eine beschränkte Ausschreibung wird im allgemeinen ein Herabdrücken der Preise unter das, eine solide Ausführung gewährleistende Mindestmaß und das Eindringen unverläßlicher und unlauterer Elemente in das Baugeschäft verhütet.

Sofern es sich um Staatsbahnbauten handelt, ist die öffentliche B. bei Bauten, die einen bestimmten Mindestkostenbetrag übersteigen, vorgeschrieben.

Die Form der B. ist verschieden, je nach Art und Umfang des Baugeschäftes. In der Regel enthält sie außer der Aufforderung zur Einbringung von Angeboten eine allgemeine Beschreibung der Arbeiten, Angaben über ihren Umfang, die Höhe der zu leistenden Sicherstellung (Vadium) und der im Falle der Annahme eines Angebotes zu hinterlegenden oder von dem Verdienste zurückzuhaltenden Haftsumme, sowie darüber, ob die Hinterlegung in bar oder in Wertpapieren zu erfolgen hat; ferner muß ersichtlich sein, bis zu welchem Zeitpunkte (Tag und Stunde) Angebote angenommen werden und wo diese einzureichen sind; ob das Anbot auf die gesamten Arbeiten gestellt werden muß oder ob auch auf Teile derselben geboten werden kann; ob, wo und zu welcher Zeit die allgemeinen und besonderen Bedingungen, Entwürfe, Kostenanschläge, Preisverzeichnisse und sonstigen für die Berechnung der Angebote zur Verfügung stehenden Unterlagen eingesehen oder ob und wo sie käuflich oder unentgeltlich bezogen werden können, endlich auch meistens, bis zu welchem Zeitpunkte die Entscheidung über die Annahme oder Nichtannahme der Bauangebote erfolgt (s. Verdingungswesen, Bauangebot, Bauleitung, Bauvergebung),

v. Enderes.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 477.
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