[184] Chile. (Vgl. Karte S. 185.) Die südamerikanische Republik Chile erstreckt sich von Norden nach Süden vom 18. bis 56. Breitengrade, hat also eine Längenausdehnung von etwa 4255 km, während die Breite zwischen 160 und 400 km schwankt. Im Westen grenzt das Land an den Stillen Ozean, an der ganzen östlichen Grenze zieht sich das Hochgebirge der Anden entlang, die Chile von den benachbarten Staaten Peru, Bolivien (im Norden) und Argentinien trennen. Der Norden des Landes ist unfruchtbar, er birgt aber reiche Schätze an Mineralien, vor allem nahezu unerschöpfliche Salpeterlager ferner Kupfer, Borsäure, Kalk, Jod, Gold- und Silbererze. In den mittleren Teilen des Staates hat sich eine blühende Landwirtschaft entwickelt, es wird Weizen, Gerste, Obst, Wein angebaut und Viehzucht betrieben.
Das Eisenbahnnetz des Landes erstreckt sich hauptsächlich in nordsüdlicher Richtung, das nördliche hat an das südliche Netz keinen Schienenanschluß. Das nördliche Netz besteht aus einer großen Anzahl von Privatbahnen, von denen die Bahn von Antofagasta nach Oruro Anschluß nach Osten (Bolivia, s.d.) hat. Einen solchen hat auch die Staatsbahn[184] von Arica nach La Paz, die kürzlich ganz fertiggestellt worden ist. Die südlichen Linien sind Staatsbahnen. Sie nehmen ihren Ausgangspunkt von Valparaiso, der größten Hafenstadt des Landes, die sie mit der Hauptstadt Santiago verbinden. Von hier verzweigen sie sich wieder nach Norden, Süden und Osten. Die Hauptlinie setzt sich jetzt östlich nach Argentinien fort, wo sie an die transandinische Bahn (s. Argentinien) anschließt, so daß, abgesehen von der verschiedenen Spur, eine unmittelbare Schienenverbindung zwischen Valparaiso und Buenos Aires besteht. Auch die sonst geplanten südamerikanischen Überlandbahnen werden ihren westlichen Ausgangspunkt in Chile finden.
Die älteste Eisenbahn Chiles und gleichzeitig des südamerikanischen Festlandes ist die im Mai 1850 begonnene und am 2. Januar 1852 eröffnete Bahn vom Hafen Caldera nach Copiapó. Die erste Strecke der Staatsbahnen von Valparaiso nach Santiago wurde am 15. September 1865 in Betrieb genommen.
Die Spurweite der meisten Staatsbahnen beträgt 1∙68 m. Dieselbe Spur haben auch einige Privatbahnen. Die meisten Privatbahnen und einige Staatsbahnen haben Schmalspur von 1∙37 m, 1∙27 m, 1∙067 m, 1 m und 0∙76 m, einzelne auch die Normalspur von 1∙435 m.
Das Eisenbahnnetz von Chile hatte 1909 einen Umfang von 5675 km, davon 2618 km Staatsbahnen und 3057 km Privatbahnen, im Bau waren 1393 km Staatsbahnen, Vorarbeiten waren für weitere 199 km ausgeführt. Auch mehrere Privatbahnen waren im Bau und in Vorbereitung.
Das Anlagekapital der Staatsbahnen betrug 226,182.263 $ (rund 900 Millionen M.), das der Privatbahnen (im Jahre 1905, in dem der Umfang 2457 km betrug) rund 150 Millionen $ oder 600 Millionen M. Über den Verkehr und die finanziellen Ergebnisse im Jahre 1909 werden folgende Zahlen mitgeteilt:
Staatsbahnen | Privatbahnen | |
Beförderte Personen | 10,148.707 | 1,239.429 |
Beförderte Güter/t | 39,724.660 | 32,938,735 |
Einnahmen in $ | 47,169.803 | 34,261.573 |
Ausgaben in $ | 58,734.301 | 18,003.954 |
Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist außer der obenerwähnten neuen Staatsbahnlinie von Arica am Stillen Ozean nach La Paz in Bolivien, die sogenannte Längsbahn. Die Länge der ersteren beträgt in Chile 206, in Bolivien 233 km, die Spurweite 1 m.
Der Bau der Längsbahn ist in Angriff genommen; sie soll unter Benützung bereits vorhandener Linien Tacna im Norden mit dem bereits bestehenden Staatsbahnnetz, das sie bei[185] Cabildo erreicht, von wo die Staatsbahn bis Osovno bereits im Betrieb ist, verbinden. Nach Fertigstellung der Längsbahn und nach Inbetriebnahme der nahezu fertigen Strecke Osovno Puerto Montt, werden von Tacna im Norden bis Puerto Montt im Süden 3439 km Eisenbahnverbindung vorhanden sein, jedoch mit Spurweiten, die abwechselnd 1 m und 1∙68 m betragen. Der Bau der Linie liegt in den Händen zweier englischer Syndikate. Die größten Schwierigkeiten finden sich auf der Strecke Cabildo-Vallenar. Zwischen Cabildo und Vallenar entfallen auf eine Gesamtlänge von etwa 400 km rund 65 km Zahnradstrecken. Die Höchststeigung auf den Zahnstrecken beträgt 6%, auf den Reibungsstrecken 3%, der kleinste Krümmungshalbmesser auf den Zahnradstrecken 140 m, sonst 80 m. An Kunstbauten hat die Linie Cabildo-Copiapó neben verschiedenen kleineren Tunneln vier große Tunnel von 787 bis 1470 m Länge aufzuweisen, ferner zwei Brücken mit je zehn Öffnungen zu 30 m und eine mit fünf Öffnungen von 60 und 30 m. Der höchste Punkt auf dem mittleren Abschnitt liegt 1387 m ü. d. M., zu noch größeren Höhen erhebt sich das Gleis zwischen Pueblo Hundido und Lagunas.
Literatur: Santiago Marin Vicuña: Los ferrocariles de Chile. Santiago de Chile. 1910. Luis Galdames, El commerco interior de Chile. 1909. Arch. f. Ebw. Ztg. d. VDEV. Rev. gén. d. chem. 1900. S. 287 ff. The Railway Gazette (London), Sondernummer vom 25. Mai 1910, S. 89 ff. Organ 1912, S. 206.
v. der Leyen.
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