[42] Eisenbahnbehörden (railway authorities; autorités des chemins de fer; autorità delle strade ferrate), staatliche Organe, die entweder den Verwaltungskörper eines staatlichen Eisenbahnbetriebes bilden oder die Aufsicht über ein privates oder auch staatliches Eisenbahnunternehmen führen. Man unterscheidet hiernach Eisenbahnverwaltungs- und Eisenbahnaufsichtsbehörden. Die Verwaltungsbehörden der Staatseisenbahnen pflegen gleichzeitig auch Aufsichtsbefugnisse auszuüben. Die Verwaltungsorgane einer Privatbahn als E. zu bezeichnen, ist begrifflich unrichtig, da diese Verwaltungsorgane behördliche, d.h. staatsrechtliche Funktionen nicht ausüben können. Keine eigentlichen E. sind ferner auch diejenigen Staatsbehörden, die nach den Gesetzen der verschiedenen Länder nur zur Mitwirkung bei besonderen Eisenbahnangelegenheiten berufen sind, z.B. bei der Erteilung von Konzessionen zum Bahnbetrieb, wo vielfach die Konzessionsgesuche eine Begutachtung durch die Organe der allgemeinen Landesverwaltung erfahren, bei Durchführung von Enteignungen u.s.w.
Über die Eisenbahnaufsichtsbehörden, die in den verschiedenen Ländern die staatliche Aufsicht über das private Eisenbahnwesen ausüben, vgl. »Aufsichtsrecht«.
Bei den Eisenbahnverwaltungsbehörden werden in der Regel 2 oder 3 Instanzen unterschieden, je nachdem die Behörden Geschäfte allgemeiner Art wahrnehmen oder die Bezirksverwaltung ausüben. Zumeist finden sich gegenwärtig bei den Staatsbahnverwaltungen nur mehr 2 Instanzen, u. zw. die Zentralverwaltungsstelle sowie die eigentliche Verwaltungsstelle für das ganze Netz oder für Teilbezirke.
Die oberste Leitung der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen ist (kaiserlicher Erlaß vom 27. Mai 1878) dem »Reichsamt für die Verwaltung der Reichseisenbahnen« in Berlin übertragen. Chef dieses Amtes, das dem Reichskanzler des Deutschen Reiches unmittelbar unterstellt ist, ist der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten. Unter der Leitung dieses Amtes wird die laufende Verwaltung der Reichseisenbahnen von der auf Grund des kaiserlichen Erlasses vom 9. Dezember 1871 eingesetzten »Kaiserlichen Generaldirektion der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen« in Straßburg geführt. Der Generaldirektion sind Betriebsinspektionen, Verkehrsinspektionen, Maschineninspektionen, Werkstätteninspektionen und Bauabteilungen (deren Zahl jedoch nach dem Umfange der Bautätigkeit schwankt) untergeordnet.
In Preußen liegt die oberste Leitung des Gesamtbetriebes der preußisch-hessischen Staatsbahnen in den Händen des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten.
Dem Minister der öffentlichen Arbeiten sind grundsätzlich alle Angelegenheiten allgemeiner Art vorbehalten. Wegen des bedeutenden Umfanges dieser Aufgaben wurde durch Allerhöchsten Erlaß vom 25. März 1907 zur Wahrnehmung solcher Geschäfte nach den Weisungen des Ministers das mit den Befugnissen der Provinzialbehörden ausgestattete und dem Minister unmittelbar unterstellte Eisenbahnzentralamt in Berlin errichtet.
Unter dem Minister, dessen Anordnungen für den gesamten Staatsbahnbereich maßgebend sind, stehen neben dem Eisenbahnzentralamt die Eisenbahndirektionen, die Verwaltung und Betrieb in dem ihnen zugewiesenen Bezirke unmittelbar führen.
Unter den Eisenbahndirektionen stehen Eisenbahnämter, die die Direktionen in der örtlichen Aufsicht über die Abwicklung des äußeren Eisenbahnbetriebes unterstützen.
Nach den Hauptzweigen des Dienstes unterscheidet man Betriebs-, Verkehrs-, Maschinen-, Werkstätten- und Abnahmeämter, sowie außerdem Bauabteilungen.
In Bayern steht nach der gegenwärtigen Organisation vom 1. April 1907 dem kgl. bayer. Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten die oberste Leitung der bayer. Staatseisenbahnen zu. Die eigentliche Verwaltung wird von Eisenbahndirektionen geführt.[42]
Eine von Preußen abweichende Behandlung haben in Bayern diejenigen Verwaltungsangelegenheiten erfahren, die zweckmäßig und der Einheitlichkeit halber von einer Zentralstelle aus für das ganze Verwaltungsgebiet geregelt werden, soweit sie nicht, als zur obersten Leitung gehörend, im Ministerium bearbeitet werden. Während Preußen nur ein einziges Eisenbahnzentralamt besitzt, hat Bayern deren 8, je ein Personal-, Revisions-, Verkehrs-, Reklamations-, Tarif-, Baukonstruktions-, Maschinenkonstruktions- und Versicherungsamt, von denen die erstgenannten 6 ihren Sitz in München haben.
Unter den Eisenbahndirektionen besorgt eine Anzahl von Eisenbahninspektionen die Leitung und Überwachung des ganzen äußeren Dienstes. Die Inspektionen sind, wie in Preußen, nach Dienstzweigen getrennt; abweichend von Preußen sind jedoch nicht Betrieb und Bau, sondern Betrieb und Verkehr in den kleineren Inspektionen vereinigt.
In Sachsen bildet nach der gegenwärtigen Organisation die oberste E. das Finanzministerium. Unter ihm führt die laufende Verwaltung die »Generaldirektion der Staatseisenbahnen« in Dresden. Dieser sind unterstellt: Betriebsdirektionen, Maschinenämter, Werkstättenämter, elektrotechnische Ämter und Neubauämter. Außer diesen Ämtern sind noch Bauämter eingerichtet.
In Württemberg steht die oberste Leitung der Staatsbahnen der Verkehrsabteilung des Staatsministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zu, unter der die Generaldirektion der Staatseisenbahnen in Stuttgart die laufende Verwaltung führt. Ihr unterstellt sind Betriebs-, Bau-, Maschinen-, Werkstätteninspektionen, je eine Telegraphen- und Dampfschiffinspektion sowie Bausektionen.
In Baden werden die Staatsbahnen in oberster Instanz von dem Finanzministerium verwaltet, unter dem die großherzogl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen in Karlsruhe die laufende Verwaltung besorgt. Der Generaldirektion sind Betriebs-, Bahnbau- und Maschineninspektionen (seit 1913 auch Werkstätteninspektionen) unterstellt.
In Mecklenburg-Schwerin wird die staatliche großherzoglich mecklenburgische Friedrich-Franz-Eisenbahn unter der obersten Leitung des großherzogl. Ministeriums des Innern von der großherzogl. General-Eisenbahndirektion in Schwerin verwaltet. Letztere beaufsichtigt mehrere Bauinspektionen, denen die Bahnunterhaltung nach örtlichen Bezirken zugewiesen ist.
In Oldenburg ist oberste E. für die Staatsbahnen das großherzogliche Ministerium der Finanzen, dem als obere Verwaltungsbehörde die Eisenbahndirektion in Oldenburg untergeordnet ist. Letzterer sind unmittelbar die Oberbeamten des örtlichen Dienstes (die Bezirksinspektoren, der Betriebsinspektor, die Inspektoren für den Maschinen- und Werkstättendienst, der Vermessungsinspektor, die Verkehrskontrolleure und der Telegraphenrevisor), unterstellt.
Die Preußen, Hessen und Baden gemeinsam gehörende Main-Neckar-Eisenbahn (s.d.) wurde bis zum Jahre 1902 von einer Gemeinschaftsdirektion für gemeinsame Rechnung der drei Staaten verwaltet. Zufolge Staatsvertrages zwischen den Gemeinschaftsstaaten vom 14. Dezember 1901 ist die Verwaltung der Main-Neckar-Bahn der königlich-preußischen und großherzogl. hessischen Eisenbahndirektion in Mainz übertragen worden.
Eine besondere Stellung als Eisenbahnverwaltungsbehörde nimmt die kgl. Direktion der Militäreisenbahn in Schöneberg bei Berlin ein (s. Militäreisenbahnen).
In Österreich steht dem Eisenbahnministerium die oberste Leitung der Staatsbahnen zu.
Die laufende Verwaltung liegt innerhalb der ihnen zugewiesenen Bezirke den Staatsbahndirektionen zur selbständigen Besorgung ob.
Als den Staatsbahndirektionen gleichgestellte Direktionen bestehen die Betriebsleitung Czernowitz und die Direktion für die böhm. Nordbahn, ferner die Nordbahndirektion, die Direktion für die Linien der Staatseisenbahngesellschaft und die Nordwestbahndirektion, letztere drei mit erweitertem Wirkungskreis. Der Nordbahndirektion ist als besondere Abteilung das bis 1907 der Staatsbahndirektion Wien angegliedert gewesene »Spezialbeschaffungsbureau« unterstellt, das den Jahresbedarf von Materialien für den Bahnerhaltungs-, Bau- und Maschinendienst zu beschaffen hat. Für die Neuanlage von Staatsbahnen und für größere Umbauten auf bestehenden Staatsbahnlinien können besondere »Eisenbahnbauleitungen« bestellt werden, die sich nötigenfalls wieder in Eisenbahnbausektionen gliedern.
Als unterste Dienststellen für den äußeren Eisenbahnbetrieb sind den Direktionen unterstellt: Bahnerhaltungssektionen für den Bahnaufsichts- und Bahnerhaltungsdienst; Bahnstationsämter für den Verkehrs- und kommerziellen Dienst (im Falle besonderer Wichtigkeit als Bahnbetriebsämter bezeichnet), Heizhaus- und Werkstättenleitungen für den Zugförderungs- und (Haupt- und Betriebs-) Werkstättendienst; Materialmagazinsleitungen. Außerdem[43] können für Lokalbahnen und andere Teilstrecken der Staatsbahnen »Betriebsleitungen« als unterste Organe des lokalen Betriebsdienstes bestellt werden, die für ihre Bahnlinien mehrere oder sämtliche Dienstzweige zu versehen haben. Im Bezirk der Nordbahndirektion, der Direktion für die Linien der Staatseisenbahngesellschaft und der Nordwestbahndirektion bestehen neben den untersten Dienststellen noch besondere Inspektorate, die den Bahnerhaltungs-, Verkehrs- und Zugförderungsdienst zu überwachen haben. Der Staatsbahndirektion Innsbruck ist ferner eine Schiffahrtsinspektion in Bregenz unterstellt, deren Aufgabe die unmittelbare Leitung des Trajekt- und Schiffahrtsverkehrs auf dem Bodensee ist.
In Ungarn ist oberste Instanz das Handelsministerium, unter dem die Direktion der königl. ungar. Staatseisenbahnen in Budapest die Verwaltung der Staatsbahnen führt. Als lokale Dienststellen, unter die das Verkehrsnetz aufgeteilt ist, bestehen Betriebsleitungen.
In Belgien bildet die höchste Zentralstelle für das Eisenbahnwesen der Minister des Chemins de fer, Postes et Télégraphes. Unter der unmittelbaren Aufsicht des Ministers führt die Verwaltung der Staatsbahnen die Generaldirektion, an deren Spitze der Generalsekretär steht. Bei der Generaldirektion bestehen neben dem Service général 4 Direktionen (Bau- und Bahnerhaltung, Werkstätten und Zugförderung, Kontrolle der Einnahmen und Materialwesen). Als Unterabteilungen der Direktionen bestehen für den ausübenden Dienst Distrikte unter der Leitung eines »Chef de service«. Diesem sind Ingenieure (Ingénieurs adjoints) als Hilfsorgane beigegeben. Den gesamten äußeren Dienst überwachen besondere Generalinspektoren in denjenigen Dienstzweigen, für die sie vom Minister bestellt werden.
Die Staatseisenbahnen in Bulgarien werden verwaltet von dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten und des Verkehrs in Sofia, unter dem eine Generaldirektion die laufenden Geschäfte erledigt.
In Dänemark stehen die Staatseisenbahnen (die seeländischen, fünenschen und jütischen) unter der Verwaltung der Generaldirektion in Kopenhagen und der Aufsicht des Ministers für öffentliche Arbeiten. Den Direktoren sind wieder Superintendenten und Distriktsleiter für den örtlichen Dienst unterstellt.
In Frankreich ist die gegenwärtige Organisation der Staatsbahnverwaltung durch Erlaß des Präsidenten der Republik vom 10. Dezember 1895 geregelt. Die Zentralverwaltung liegt in den Händen eines »Directeur des chemins de fer de l'État«, der unmittelbar dem Ministre des Travaux publics unterstellt ist. Auf den Direktor sind die Machtbefugnisse des vor 1895 die Oberleitung führenden Conseil d'Administration übertragen worden. Als beratendes Organ steht ihm ein Conseil de réseau de l'État (s. Beiräte) zur Seite, in dem er den Vorsitz führt und der an die Stelle des 1895 aufgehobenen Conseil d'Administration der Staatsbahnen getreten ist.
In Italien gehört das Eisenbahnwesen zum Ressort des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, unter dem ein Generaldirektor selbstständig die Verwaltung führt. Die Ausführung und Überwachung des örtlichen Dienstes wird von der Generaldirektion unterstellten Bezirksdirektionen besorgt, die ihren Sitz in Turin, Mailand, Bologna, Venedig, Genua, Florenz, Rom, Ancona, Neapel, Bari, Reggio di Calabria und Palermo haben.
In Norwegen besteht eine Generaldirektion für Betrieb und Bau der Staatsbahnen (Styrelsen for Norges Statsbaner) mit dem Sitze in Kristiania.
In Rumänien werden die Staatsbahnen von einer Generaldirektion in Bukarest unter Aufsicht des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten verwaltet.
In Rußland untersteht die Verwaltung der Staatsbahnen dem Ministerium der Verkehrswege in St. Petersburg. Das Staatsbahngebiet ist nach der örtlichen Zusammengehörigkeit in verschiedene Bahngruppen geteilt, deren jede eine besondere Direktion in St. Petersburg besitzt.
Die Staatsbahnen in Schweden werden von der kgl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen (kunigl. Järevägsstyrelsen) in Stockholm als oberster Instanz verwaltet. Das Eisenbahnnetz ist in 5 Distrikte eingeteilt, an deren Spitze je eine Bezirksverwaltung steht.
In der Schweiz obliegt die einheitliche Leitung der gesamten Geschäftsführung und die Vertretung der Eisenbahnverwaltung nach außen der vom Bundesrate für die Amtsdauer von 6 Jahren ernannten und aus fünf Mitgliedern zusammengesetzten Generaldirektion in Bern, der ein Verwaltungsrat mit selbständiger Entscheidung beigegeben ist. Unter der Generaldirektion wird der Betriebsdienst innerhalb bestimmter Bezirke von Kreisdirektionen geleitet.
In Serbien ist oberste Verwaltungsbehörde die Direktion der kgl. serbischen Staatsbahnen in Belgrad.
In Ägypten werden die Staatseisenbahnen im Norden des Landes, deren Netz eine Ausdehnung von 2134 km hat, von einem Generaldirektor[44] in Kairo geleitet, der zugleich Präsident der mit dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten verbundenen kleinen Eisenbahnkommission (Light Railway Commission) ist.
In Chile ist oberste Verwaltungsbehörde das Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Santiago. Unter ihm führt die laufende Verwaltung ein Generaldirektor, dem 5 Abteilungsvorsteher für Verkehr, Wege und Bauten, Lokomotiven, Finanzen und Material zur Seite stehen.
In Japan unterstehen die kaiserlichen Staatsbahnen mit einer Betriebslänge von 4845 miles dem kaiserlichen Eisenbahnamt in Tokio.
Hoff.
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