[224] Führerstandsignale (cab signal; signal d'abri de lokomotive) sind hörbare oder sichtbare Signale, die auf dem Führerstand der Lokomotive oder der Triebwagen über den Zustand der zu befahrenden Strecke Auskunft geben, die Stellung der auf der Strecke befindlichen Signale anzeigen oder die Annäherung an ein feststehendes Signal ankündigen.
Die F. der zuerst genannten Form sind Bestandteile selbsttätiger Blockeinrichtungen (s. Bd. 2, S. 412 unter IV) und als solche schon in den ersten Anfängen des Eisenbahnwesens vorgeschlagen und verwendet worden. Man wollte die Beobachtung der Signale dadurch erleichtern, daß man sie dem Lokomotivführer so nahe wie möglich brachte und ihre Wahrnehmbarkeit von den Einflüssen der Witterung unabhängig machte. Die feststehenden Signale auf der Strecke aber behaupteten das Feld und lange Zeit hindurch traten die F. ganz in den Hintergrund. Mit der zunehmenden Verkehrsdichtigkeit und der Vergrößerung der Fahrgeschwindigkeit mehrten sich aber die Unfälle, die auf Nichtbeachtung der Haltstellung der festen Signale zurückzuführen waren. Das Bestreben, Hilfsmittel zur Unterstützung der Lokomotivführer bei der Beobachtung dieser Signale auf der Strecke zu schaffen, führte zu den F. zurück.
Im Jahre 1901 regte das österr. Eisenbahnministerium im VDEV. die Frage an, ob die vielfach geforderten Einrichtungen, »die dem Lokomotivführer das Bestehen eines [224] Haltsignals nicht nur durch das sichtbare Mastsignal auf der Strecke, sondern auch durch anderweitige hörbare oder sonstige Zeichen auf der Lokomotive bekannt geben, wirklich geeignet sein könnten, zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in dem erhofften Maße beizutragen«. Der zur Beratung dieser Angelegenheit eingesetzte Ausschuß entschied sich dahin, daß solche Einrichtungen zweckmäßig seien und stellte bestimmte Bedingungen auf, denen sie entsprechen müßten. Die Folge davon war, daß die Vorschläge zu derartigen Vorrichtungen sich häuften; irgend ein Aufsehen erregender Unfall führte den Eisenbahnverwaltungen jedesmal eine wahre Springflut von Angeboten neuer Erfindungen zur Verhütung des Überfahrens der Haltsignale zu. Fast allen diesen Vorschlägen liegen dieselben Gedanken zu Grunde. Entweder handelt es sich um rein mechanisch wirkende oder um elektrisch betriebene Vorrichtungen.
Im ersten Falle wird ein Anschlag oder Hebel neben dem Gleise so angebracht, daß er bei Fahrtstellung des Signals sich niederlegt, bei Haltstellung des Signals dagegen so steht, daß er von einem Ausleger der Lokomotive gestreift wird und dabei auf dem Führerstand ein Zeichen gibt.
Bei den elektrisch betriebenen Einrichtungen befindet sich die Stromquelle auf der Lokomotive oder auf der Strecke; bei manchen Bauarten ist sie sowohl auf der Lokomotive, als auf der Strecke vorhanden. Vor den festen Signalen liegen in oder neben dem Gleise Kontaktschienen, über die an der Lokomotive angebrachte Bügel, Rollen oder Bürsten schleifen. Dabei wird ein Stromkreis geschlossen oder unterbrochen und hierdurch auf der Lokomotive ein hörbares und sichtbares Zeichen hervorgerufen. Durch Kontakte an den Flügeln oder Scheiben der festen Signale können die Zeichen auf der Lokomotive von der Halt- oder Fahrtstellung dieser Signale abhängig gemacht werden.
Als ein Beispiel für eine rein mechanische Einrichtung sei der auf den preußischen Staatsbahnen und den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen seit mehreren Jahren im Versuch befindliche van Braamsche Zugsicherungsapparat in seiner neuesten, von der Maschinenfabrik Bruchsal ausgeführten Form beschrieben. Seine wesentlichsten Teile sind die an festen Teilen der Lokomotive angebrachten Schleifhebel, die das F. in Tätigkeit setzen, wenn sie über die auf der Strecke an der rechten Seite des Gleises etwa 200 m vor dem Vorsignal zu beiden Seiten der Fahrschiene angebrachten Streckenanschläge gleiten. Abb. 151 zeigt einen Streckenanschlag. Der höchste Punkt der Auflauffläche liegt 75 mm über Schienenoberkante. An dem einen Ende ruht er auf einer starken Feder, um etwa auf ihn wirkende starke Stöße zu mildern. Den zwei Streckenanschlägen entsprechen zwei Schleifhebel an der Lokomotive (Abb. 152). Sie sind aus Blattfedern a gebildet, die in den Haltern b und c befestigt sind. Jeder einzelne Halter kann mit seinem Schleifhebel um die Achse d ausschwingen und bewegt dabei den unter dem Auslösebolzen e sitzenden und diesen abstützenden Schleifkranz f. Wird nur ein Schleifkranz ausgeschwenkt, so bleibt der Bolzen durch den Schleifkranz des anderen Schleifhebels abgestützt. Werden dagegen beide Schleifhebel angehoben, so werden beide Schleifkränze unter dem Auslösebolzen e weggezogen. Unter dem Drucke der Feder g bewegt dieser sich abwärts und zieht das Zugseil Z1 nach sich. Dabei wird die auf der Nabe des Hebels h lose gelagerte Scheibe s gedreht. Die Folge davon ist, daß der Bolzen i niedergeht und die Dampfpfeife in Tätigkeit setzt. Gleichzeitig wird das Zugseil Z2 angezogen und dadurch die Signalscheibe S verstellt.
Mit dem Hebel H stellt der Lokomotivführer die Ruhelage wieder her. Die allgemeine Wirkungsweise des F. ist in Abb. 153 ac erläutert.[225]
Bei dieser, den Versuchen auf den preußischen Staatsbahnen zu grunde gelegten Anordnung tritt die Einrichtung jedesmal in Tätigkeit, wenn die Lokomotive über die Streckenanschläge hinwegfährt. Dem Lokomotivführer wird also jedesmal angekündigt, daß er sich einem Vorsignal nähert. Macht man die Streckenanschläge so von der Stellung der Signale abhängig, daß sie umgelegt werden, wenn das zugehörige Signal »Fahrt frei« zeigt, so erscheint ein Zeichen auf der Lokomotive nur dann, wenn das Signal »Halt« zeigt.
Zu den rein elektrischen Einrichtungen mit einer Stromquelle auf der Lokomotive gehört der auf den preußischen Staatsbahnen versuchsweise verwendete Signalmelder von Siemens & Halske (Abb. 154156).
Die Ausrüstung auf der Lokomotive (Abb. 154) besteht dabei aus einer Trockenbatterie 1 von 4 Elementen, einer Schleifbürste 3, einem Magnetschalter 4 und einer Klingel oder einem Wecker 8. Der Magnetschalter besitzt eine Hauptwickelung 4 und eine im entgegengesetzten Sinne aufgebrachte Gegenwickelung 2, die im Magnetkern entgegengesetzte Polarität erzeugen. Die Windungszahl und der Ohmsche Widerstand sind bei der Hauptwickelung bedeutend größer als bei der Gegenwickelung. Neben dem [226] Gleise, etwa 200 m vor dem Vorsignal ist eine aus zwei Eisen gebildete, geerdete Streichschiene 10 auf den Schwellen befestigt (Abb. 155).
In der Ruhestellung ist der Stromkreis Erde I, Batterie 1, Gegenwickelung 2, Schleifbürste 3, Hauptwickelung 4, Erde II geschlossen. Der Anker 5 des Magnetschalters ist angezogen, u.zw. im Sinne des von der Hauptwickelung erzeugten Feldes, dessen Einfluß in Folge der hohen Windungszahl überwiegt. Läuft die Schleifbürste bei der Annäherung der Lokomotive an das Vorsignal in die geerdete Streichschiene 10 ein, so kommt folgender Stromkreis zu stande: Erde I, Batterie 1, Gegenwickelung 2, Schleifbürste 3, Streichschiene 10, Erde III. Der Magnet steht jetzt allein unter dem Einfluß der Gegenwickelung 2. Die Polarität des Feldes wird durch den die Wickelung 2 durchfließenden Strom umgekehrt. Der Anker 5 fällt in die punktierte Lage ab und läßt eine rote Farbscheibe erscheinen. Er schließt dabei den Kontakt 7, wodurch ein Stromkreis Erde I, Batterie 1, Kontakt 7, Wecker 8, Erde IV geschlossen und ein hörbares Zeichen hervorgebracht wird. Statt des Weckers oder der Klingel kann auch eine Pfeife in diesen Stromkreis eingeschaltet werden. Wenn die Schleifbürste 3 die Streichschiene verlassen hat, ist zwar der erste Stromkreis wiederhergestellt, aber der Magnet vermag den Anker wegen seines großen Abstandes vom Pol nicht wieder anzuziehen. Hebt aber der Lokomotivführer mit dem Druckknopf 9 den Anker 5 an den Magnetschalter heran, so wird[227] dieser durch den Ruhestrom festgehalten. Das rote Zeichen verschwindet; gleichzeitig wird auch der Kontakt 7 unterbrochen und das hörbare Zeichen aufgehoben. Bei Außerbetriebsetzung der Lokomotive kann der Ruhestrom zur Schonung der Batterie durch den Ausschalter 11 abgeschaltet werden. Abb. 156 zeigt eine mit dem Signalmelder ausgerüstete Lokomotive. Die Schleifbürste befindet sich in der Erdschiene.
In dieser Ausführungsform gibt der Signalmelder ein hörbares und sichtbares Zeichen, wenn die Lokomotive sich einem Vorsignal nähert. Er läßt sich leicht dahin ergänzen, daß das Zeichen nur bei Warnstellung des Signals erscheint. Die Streichschiene müßte dann nicht unmittelbar geerdet, sondern die Erdleitung über einen Signalscheibenkontakt geführt werden, der bei Warnstellung des Signals geschlossen, bei Fahrtstellung unterbrochen ist.
Bei einer der Firma C. Stahmer in Georgsmarienhütte patentierten, gleichfalls auf den preußischen Staatsbahnen versuchten Einrichtung Abb. 157159 ist ein Dauermagnet über dem Gleise angebracht. Auf dem Dach der Lokomotive befindet sich in einem Gehäuse eine auf einen Aluminiumrahmen gewickelte Spule aus isoliertem Kupferdraht, die zwischen zwei Eisenkörpern drehbar gelagert ist. Mit der Achse der Spule ist eine Kontaktfeder verbunden. Im Ruhestande wird die Spule von dem Strom einer auf der Lokomotive befindlichen Batterie durchflossen und dadurch in einer bestimmten Lage festgehalten. Wird diese Vorrichtung bei der Fahrt der Lokomotive unter dem auf der Strecke befindlichen Dauermagnet hergeführt, so wird die Spule abgelenkt. Die an ihrer Achse sitzende Kontaktfeder schließt einen zweiten Stromkreis, wobei ein Magnet seinen Anker anzieht und ein Ventil öffnet. Die dadurch austretende [229] Preßluft ruft ein sichtbares und hörbares Zeichen hervor. Durch Umlegen eines Hebels kann der Lokomotivführer die Grundstellung wieder herstellen.
Eine andere elektrische Einrichtung, bei der jede mechanische Berührung zwischen den Vorrichtungen auf der Strecke und an der Lokomotive vermieden wird, ist ein neuerdings auf den preußischen Staatsbahnen probeweise in Betrieb genommener Signalmelder, der das in England versuchte sog. Railophone auf preußische Verhältnisse anwendet (Abb. 160 und 161). Er beruht auf der induktiven Wirkung von Wechselströmen, die von einer Station aus in eine parallel mit den Eisenbahnschienen verlaufende Drahtschleife gesandt werden. Auf der Station befindet sich eine Wechselstromdynamo, die bei einer Spannung von 100 Volt 90 Perioden erzeugt. An diese ist eine isolierte Leitung aus Kupferdraht angeschlossen, die als geschlossene Leitung von der Station ausgehend und zu ihr zurückkehrend in einer Entfernung von 1½2 m von den äußeren Schienen verläuft. In einem um den Tender der Lokomotive herumlaufenden Holzrahmen befindet sich eine Drahtspule R (Abb. 161) mit einer großen Anzahl von Windungen, die mit einem äußerst empfindlichen, von Dr. Gisbert Kapp und dem Ingenieur von Kramer erfundenen Resonanzrelais K in Verbindung stehen. Der von der Dynamo erzeugte, dauernd in der Leitung am Gleise entlang fließende Wechselstrom induziert in der am Tender angebrachten Spule R Ströme entgegengesetzter Richtung. Die zum Relais K gehörige federnde Zunge A wird hierbei der Periodenzahl des Wechselstroms entsprechend hin und her bewegt. Beim Anliegen an einem der Kontakte ist der Stromkreis der Batterie BB geschlossen und der Anker des Magnetschalters Z, mit dem eine Farbscheibe verbunden ist, angezogen. Die kurze Unterbrechung des Stromes beim Hin- und Hergehen der Zunge A von einem Kontakt zum anderen läßt den Anker nicht abfallen. Etwa 200 m vor einem Vorsignal wird in der die Wechselströme führenden Leitung eine Schleife abgezweigt, die das Gleis kreuzt, an der entgegengesetzten Schiene entlang geführt und nach nochmaliger Kreuzung des Gleises wieder an die Hauptleitung angebunden wird (Abb. 160). Kommt die Lokomotive in den Bereich dieser Schleife, so hebt sich die Induktionswirkung der Wechselströme auf, die Zunge A des Resonanzrelais (Abb. 161) nimmt eine Ruhestellung zwischen den beiden Kontakten ein und der Stromkreis der Ortsbatterie BB ist unterbrochen. Der Anker des Magnetschalters Z[230] fällt ab und schließt den Stromkreis der Batterie AB, wobei die in diesen eingeschaltete Huppe ertönt. Durch das Abfallen des Ankers am Magnetschalter Z ändert die Scheibe ihre Farbe. Es erscheint also ein hörbares und sichtbares Zeichen auf der Lokomotive. Wird durch die Kurbelunterbrecher in den Stellwerken und Blockbuden (Abb. 160) der in der Streckenleitung fließende Wechselstrom unterbrochen, so nimmt die Zunge A gleichfalls die Ruhelage ein und es erscheint das sichtbare und hörbare Zeichen auf der Lokomotive. Die Einrichtung gestattet also, Zeichen von der Strecke aus auf die Lokomotive zu übertragen, indem man die Leitung für die Wechselströme unterbricht. Sie leistet also mehr als die anderen Einrichtungen. Bei der von der Firma C. Lorenz Aktien-Gesellschaft in Berlin eingerichteten Versuchsstrecke der preußischen Staatsbahnen auf der Strecke Eberswalde Freienwalde ist vorläufig die Leitung 20 km lang. Unterbrechungseinrichtungen zum Zeichengeben nach der Lokomotive sind in mehreren Blockbuden angebracht.
Ein auf den preußischen Staatsbahnen angestellter Versuch, wie bei der Funkentelegraphie durch elektrische Wellen Signale auf der Lokomotive zu geben, hat ein brauchbares Ergebnis nicht geliefert.
Auf der französischen Nordbahn ist seit langer Zeit (etwa seit 1880) ein 1872 von den Ingenieuren dieser Bahn (Lartigue und Forest) erfundenes, im einzelnen später verbessertes elektrisches F. in Gebrauch, das die Haltstellung eines Signals durch ein hörbares Zeichen auf der Lokomotive ankündigt.
Die Stromquelle befindet sich auf der Strecke in der Nähe des Signals in einem besonderen Batteriehäuschen oder in einer Wärterbude. Etwa 200 m vor dem Signal ist im Gleise zwischen den Schienen die feste Kontaktschiene (das sog. »Krokodil«) isoliert angebracht. Sie besteht aus einem mit Messing beschlagenen, vorn etwas abgerundeten Holzbalken. An der Lokomotive hängt, von ihr isoliert, eine Bürste aus Kupferdrähten. Auf dem Führerstand befindet sich eine Dampfpfeife, die von einem Magnetschalter in Tätigkeit gesetzt wird, wenn der Elektromagnet Strom erhält. Dieses geschieht, wenn die Bürste bei geschlossenem Signal über die Kontaktschiene streift. Es entsteht dann folgender Stromlauf (s. Abb. 162): Von der Batterie über den Messingbelag der Kontaktschiene und die Bürste in die Spulen des Elektromagneten, von dort über die Achsen und Räder der Lokomotive zu den Schienen und über den Scheibenkontakt zur Batterie zurück. Steht das Signal auf »Fahrt frei«, so wird die Leitung an dem Scheibenkontakt unterbrochen. In diesem Falle erscheint das Zeichen auf der Lokomotive nicht. Die Einrichtung verwendet Arbeitsstrom. Mangelhafter Kontakt, Versagen der Batterie, Bruch eines Leitungsdrahtes macht sie unwirksam. Trotz dieser Mängel ist sie auf der Nordbahn in vielen tausend Stück im Betrieb.
Im Jahre 1899 und dann wiederum 1904 wurden die französischen Eisenbahngesellschaften durch ministerielle Verfügung aufgefordert, Vorschläge zu machen, in welcher Weise die Stellung der festen Streckensignale auf der Lokomotive angezeigt werden könnte. Im Jahre 1907 wurde die Angelegenheit durch den M. d. ö. A. Barthou von neuem aufgenommen. Die Gesellschaften sollten alsbald Vorschläge zur Einrichtung von Versuchsstrecken erstatten und eine Anzahl von Lokomotiven probeweise mit F. ausrüsten. Daß diese Versuche einen besonderen Erfolg gehabt hätten, ist nicht bekannt geworden.
Auf den belgischen Staatsbahnen werden auf der Strecke Brüssel Lüttich Versuche mit einem F. von César angestellt. Es sind damit 88 Signale und 65 Lokomotiven ausgerüstet. Dabei wird eine sehr lange Kontaktschiene verwendet, auf der zwei an der Lokomotive befestigte Metallbürsten bei der Vorbeifahrt an einem Signal schleifen. Die auf der Lokomotive befindliche Pfeife spricht bei jeder Vorbeifahrt an einem Signal an, bei Fahrtstellung jedoch nur mit einem kurzen Ton und wird durch einen Handgriff des Führers in die Grundstellung zurückgebracht.
Auch auf den englischen Bahnen ist man in der Frage der F. bis jetzt über Versuche im allgemeinen nicht hinausgekommen, obwohl man annehmen sollte, daß dort wegen des häufigen starken Nebels ein Bedürfnis für solche Einrichtungen in besonders hohem Maße bestände. Beachtenswert ist eine von der Great-Western Bahn versuchsweise verwendete Einrichtung, deren allgemeine Anordnung Abb. 163 zeigt.[231]
Sie hat eine Stromquelle auf der Strecke und auf der Lokomotive. In der Gleismitte befindet sich in angemessener Entfernung vor dem Signal eine -förmige Kontaktschiene M, die isoliert ist. Unter der Lokomotive sitzt ein Kontaktschuh K mit einem Schalter, der geschlossen ist, wenn der Kontaktschuh sich außerhalb der Kontaktschiene befindet. Der Stromkreis ( ) Batterie, Relais A, Schalter, Batterie ist dann geschlossen. Legt sich der Schuh auf die Kontaktschiene, so wird er angehoben und öffnet dabei den vorerwähnten Schalter. Steht das Signal in Halt- oder Warnstellung, so wird durch Anheben des Kontaktschuhes der Ruhestromkreis auf der Lokomotive unterbrochen, der Anker A fällt ab, die Dampfpfeife P ertönt und es erscheint ein rotes Feld. Steht das Signal auf »Fahrt frei«, wenn der Kontaktschuh bei der Fahrt über die Kontaktschiene angehoben wird, so ist durch das Umlegen des Signalhebels ein Kontakt in der Leitung geschlossen worden, die vom Stellwerk zu Kontaktschiene führt. Durch das Anheben des Kontaktschuhes wird nun zwar, wie vorher der Ruhestromkreis geöffnet, der Anker A bleibt aber durch den von der Batterie im Stellwerk, über den Signalhebelkontakt, die Kontaktschiene M, den Kontaktschuh K, das zweite Relais bei A und das Relais R zur Erde gehenden Stromkreis ( ... ) angezogen. Die Pfeife P ertönt also nicht, dagegen wird durch Anziehen des Ankers am Relais R der Stromkreis (.....) geschlossen, der die Klingel in Tätigkeit setzt.
In Amerika hat das im Jahre 1907 geschaffene Blocksignal- und Zugsicherungsamt den F. seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Von den zahlreichen ihm zur Begutachtung vorgelegten Erfindungen auf diesem Gebiet ist indes nur eine ganz geringe Zahl für reif erachtet worden, Versuche damit empfehlen zu können. Eine rein mechanische Einrichtung von Harrington, die seit einigen Jahren auf der Northern-Bahn von New Jersey in Gebrauch ist, wird nicht ungünstig beurteilt. Bei ihr hängt etwa 300 m vor jedem Signal an einem Maste ein beweglicher Ausleger, der über das Gleis hinwegragt, wenn das zugehörige Hauptsignal auf Halt steht. An dem Ausleger hängt an einer Kette ein Gewicht und auf dem Dache des Führerhauses befindet sich ein drehbarer Arm. Gegen diesen schlägt das Gewicht, wenn bei Haltstellung des Hauptsignals an dem Ausleger vorbeigefahren wird. Sobald das Gewicht den Arm auf dem Führerhaus trifft, schwenkt dieser aus, setzt ein Pfeifensignal in Tätigkeit und wirkt auf die Bremse.
Zu einer Einführung in größerem Maßstabe hat es aber auch in Amerika bis jetzt keine einzige Einrichtung gebracht.
Die Frage, ob ein Bedürfnis zur Einführung von F. besteht, kann heute wohl dahin beantwortet werden, daß es erwünscht wäre, wenn den Lokomotivführern auf den dicht belegten, mit großer Geschwindigkeit befahrenen Strecken ein Hilfsmittel gegeben werden könnte, das ihnen die Beobachtung der Signale besonders bei ungünstiger Witterung erleichtert. Auch darüber besteht kaum ein Zweifel, daß von solchen Einrichtungen ein hoher Grad von Zuverlässigkeit gefordert werden muß, wenn sie ihren Zweck erfüllen sollen. Dagegen gehen die Meinungen darüber noch sehr auseinander, was die F. anzeigen sollen. Die preußische Staatseisenbahnverwaltung ist bei ihren Versuchen im allgemeinen davon ausgegangen, dem Lokomotivführer lediglich anzuzeigen, daß er sich einem Vorsignal nähert. Von der Stellung der Signale Warnung oder Fahrt frei soll der Führer sich durch Ausschauen nach den festen Signalen überzeugen. Von manchen Seiten wird die Ankündigung eines jeden Vorsignals für überflüssig, ja für unerwünscht gehalten. Es wird für zweckmäßiger erachtet, dem Lokomotivführer nur dann ein Zeichen zu geben, wenn das Vorsignal sich in Warnstellung befindet. Gibt man ein Zeichen bei Warnstellung, so behaupten andere, so soll man auch die[232] Stellung »Fahrt frei« am festen Signal auf der Lokomotive durch ein besonderes Zeichen darstellen. Und nicht nur Erfinder haben bei einer derartigen Ausgestaltung der F. die Entbehrlichkeit der festen Streckensignale behauptet, sondern auch von anderer Seite ist die Frage aufgeworfen worden, ob die F. die feststehenden Streckensignale entbehrlich machen könnten. Damit ist man dann wieder auf den Ausgangspunkt der Entwickelung zurückgekommen.
Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß gute Streckenkunde und genaue Streckenbeobachtung für den Lokomotivführer unerläßlich sind und bleiben müssen, wenn die Züge auf den schwer belasteten Hauptbahnstrecken sicher befördert werden sollen. Es wird daher wohl kein Betriebstechniker ernstlich daran denken, daß man die festen Streckensignale auf solchen Bahnen jemals beseitigen könnte. Man soll dann aber auch bei der Ausgestaltung der F. alles vermeiden, was die Lokomotivführer in der Beobachtung der feststehenden Signale lässig machen kann. Die Gefahr, daß dieses eintritt, liegt aber um so näher, je vollständiger man die Signalbilder der Strecke auf die Lokomotive überträgt.
Fast alle F. lassen sich ohne weiters dahin ergänzen, daß eine Einwirkung auf die durchgehende Bremse eintritt, wenn ein Signal in Warn- oder Haltstellung überfahren wird. Bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer solchen Einrichtung spielt die Frage eine große Rolle, ob man davon etwa eine ungünstige Einwirkung auf die Aufmerksamkeit der Lokomotivführer zu befürchten haben würde. Es sind dabei aber auch noch andere Gesichtspunkte von Bedeutung. Bei den Signalanordnungen, die ein Hauptsignal in mäßiger Entfernung vom Gefahrpunkt und im Abstand der Bremsweglänge vom Hauptsignal ein Vorsignal aufweisen, muß der Lokomotivführer unter Beachtung der nötigen Vorsicht an dem Warnung zeigenden Vorsignal vorbeifahren. Eine regelmäßige Einwirkung auf die Bremse durch selbsttätige Einrichtungen bei Warnstellung des Vorsignals ist daher unerwünscht. Es lassen sich zwar Vorrichtungen treffen, die es dem Lokomotivführer ermöglichen die Einwirkung auf die Bremse auszuschalten. Das führt aber wieder zur Zufügung von Überwachungseinrichtungen, die die vom Lokomotivführer bewirkten Eingriffe aufzeichnen. Die Einrichtungen werden dadurch noch verwickelter.
Anders liegen die Verhältnisse dort, wo zwischen dem Haltsignal und dem Gefahrpunkt der volle Bremsweg vorhanden ist, wie bei den auf manchen Bahnen üblichen Distanzsignalen. Bei solchen Signalanordnungen kann die selbsttätige Auslösung der Bremse bei unbeachtetem Überfahren des Signals in Haltstellung zweckmäßig sein. Insbesondere trifft dieses zu bei Stadtbahnen, bei denen die Blocksignale so aufgestellt sind, daß hinter ihnen immer eine Sicherheitsstrecke von der Länge des Bremsweges vorhanden ist. Tatsächlich sind auch bei elektrisch betriebenen Stadtbahnen mit selbsttätiger Blockung, bei denen die genannte Voraussetzung im allgemeinen erfüllt ist, fast überall selbsttätige Fahrsperren (Stoß) in Gebrauch. Diese Sperren befinden sich in der Regel unmittelbar neben dem Hauptsignal u.zw. meistens unten am Gleise, zuweilen auch seitlich in Höhe des Wagendachs. Bei Fahrtstellung des Signals gestatten sie den Wagen freien Durchgang, bei Haltstellung des Signals werden sie vom Motorwagen gestreift. Hierbei wird dann die durchgehende Bremse in Tätigkeit gesetzt. In Abb. 164167 ist eine solche Fahrsperre dargestellt, die neuerdings auf den Strecken der Berliner Hoch- und Untergrundbahn Verwendung gefunden hat, auf denen das selbsttätige Blocksystem eingeführt ist. Abb. 164 zeigt die Fahrsperre neben dem mit 37 bezeichneten Hauptsignal in der dem Haltsignal entsprechenden Stellung. Bei Fahrtstellung am Hauptsignal nimmt der Arm der Fahrsperre eine um 45° nach oben geneigte Stellung ein. Die Einrichtungen am Wagen veranschaulichen die Abb. 165167. Fährt der Wagen bei Haltstellung des Signals an diesem vorbei, so schlägt der Anschlaghebel a (Abb. 165) gegen den wagerecht stehenden Arm der Fahrsperre und legt sich nach links um. Dabei wird das Auslösestück c mitgenommen und die [234] Nase d gibt den Flansch e der Stahlwelle f frei. Diese dreht sich unter der Einwirkung der Zugfedern h. Von der Welle f wird die mit ihr verbundene hölzerne Schaltwalze g, die die Kontaktstücke K1, K2 und K3 trägt, mitgenommen. Dabei wird das Schleifstück K2 von den Kontaktfingern m2 abgeschaltet und K1 mit m1, K3 mit m3 geschlossen. Durch K3 m3 wird ein Sromkreis (40 Volt) von der Bremsbatterie zu den Bremsventilen geschlossen und die Luftdruckbremse in Tätigkeit gesetzt. Durch K1 m1 wird ein den automatischen Ausschalter betätigender Stromkreis geschlossen und hierdurch der Fahrstrom unterbrochen. Zum Lösen der Bremsen muß die Schaltwalze in die Grundstellung zurückgebremst werden. Es geschieht dieses durch einen Stellschlüssel, mit dem vom Innern des Wagens aus die Kegelräder n gedreht werden. Das Auslösestück c kann auch durch das Drahtseil p, das zum Notbremsgriff am Zugbegleiterstand führt, unter der Schaltwalze fortgezogen und dadurch die Bremsung herbeigeführt werden. Soll ein Zug bei einer Störung an einem auf Halt stehenden Signal vorbeifahren, so steckt der Zugbegleiter den Schlüssel in den Zapfen der Kegelräder n und hält durch Druck nach rechts die Schaltwalze in der Grundstellung fest, während der Hebel a durch die in der Haltlage befindliche Fahrsperre ausgeschwenkt wird. Nach der Vorbeifahrt an der Fahrsperre geht der Hebel a in die Grundstellung zurück und das Sperrstück c fängt die Walze wieder ab.
Die Ausbildung der F. hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn es gelingen sollte, sie soweit zu vervollkommnen, daß sie den Lokomotivführern zuverlässige Hilfsmittel für die Beachtung der Signale bieten und hierdurch die Sicherheit des Betriebs erhöhen würden.
Literatur: Kohlfürst, Die selbsttätige Zugdeckung. Stuttgart 1903. Ferdinand Enke, Über elektrisch betriebene, zur Verschärfung des Haltsignals dienende Vorrichtungen. VII. Bd. 8. Heft d. Sammlung elektrotechnischer Vorträge. Stuttgart 1905. Gonell, Versuche und Vorrichtungen zur Verhinderung des Überfahrens der Haltsignale. Berlin 1909. Jahresberichte des Blocksignal- und Zugsicherungsamtes der Vereinigten Staaten Nordamerikas (auch im Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb.). Ztg. d. VDEV. 1907 Nr. 48 und 1910 Nr. 34.
Hoogen.
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