[30] Unfälle (accidents; accidents; accidenti), als solche werden im engeren Sinn Ereignisse im Eisenbahnbetrieb bezeichnet, durch die einem Menschen Verletzungen widerfahren (s. Stengel, Staatswörterbuch: Unfallpolizei), im weiteren Sinn werden als U. auch solche Ereignisse angesehen, die grobe Sachbeschädigungen zur Folge haben.
Inhalt: A. Allgemeines; B. Betriebsunfälle, Unfallverhütung, Rettungswesen; C. Verzeichnis der bedeutendsten Betriebsunfälle; D. Unfallstatistik.
A. Allgemeines.
Im Eisenbahnwesen lassen sich 3 Gruppen von U. unterscheiden:
a) Bauunfälle (s.d.);
b) Betriebsunfälle, U., die sich bei dem eigentlichen Betrieb der Eisenbahnen (s.d.) ereignen;
c) U., die sich bei den mit dem Betrieb der Eisenbahnen nicht unbedingt zusammenhängenden Nebenbetrieben ereignen. Hierher gehören insbesondere U. bei Bau- und Bahnunterhaltungsarbeiten, in Werkstätten, Magazinen, Fabriken, Heizhäusern, Gasanstalten, elektrischen Beleuchtungsanlagen, Heißwasser- und Dampfheizungsanlagen, Wasserschöpfwerken, Steinbrüchen, Sandgruben, Kohlengruben u. dgl.
Diese Unterscheidung der U. ist insofern von Belang, als die Haftpflicht der Eisenbahnverwaltungen bei den Betriebsunfällen vielfach anders ist als bei den übrigen U. Auch in bezug auf Unfallversicherung (s.d.) wird in Österreich eine ähnliche Unterscheidung[30] gemacht. Überdies erfordern die Betriebsunfälle, insbesondere was die Beseitigung der Folgen und die Verhütung der U. betrifft, besondere Vorkehrungen. Die beim Bau und bei Nebenbetrieben vorkommenden U. unterliegen dagegen den allgemeinen, meist gesetzlichen Vorschriften, die für U. bei ähnlichen Arbeiten und Betrieben in bezug auf Anzeigepflicht, Vorsichtsmaßregeln u.s.w. bestehen.
B. Betriebsunfälle (accidents; accidents d'exploitation; accidenti d'esercizio) sind die bei der Bewegung der Eisenbahnfahrzeuge vorkommenden außergewöhnlichen Ereignisse, durch die eine Beschädigung von Personen oder Sachen oder die unmittelbare Gefahr einer solchen herbeigeführt wird. Sie lassen sich nach der Entstehungsursache in folgende Hauptgruppen einteilen:
1. Betriebsunfälle infolge von Witterungseinflüssen, als Blitz, Erdbeben, Sturm, Nebel, Wolkenbrüche, Lawinen- und Bergstürze, Felsabrutschungen, Überflutungen, Schneeverwehungen u.s.w. (s. auch Betriebsstörungen);
2. Betriebsunfälle infolge böswilliger oder mutwilliger Handlungen (s. Eisenbahnstrafrecht), ferner solche, die im Kriegsfall von Feindeshand hervorgerufen werden;
3. Betriebsunfälle infolge mangelhaften Zustandes der Fahrbahn, der Bauwerke, Betriebsmittel und sonstiger Vorrichtungen;
4. Betriebsunfälle infolge von Verfehlungen der Bediensteten in der Ausübung des Betriebsdienstes;
5. sonstige Betriebsunfälle, die bei der Bewegung von Eisenbahnfahrzeugen vorkommen, z.B. Tötungen und Verletzungen durch Überfahren, durch Stöße in, auf oder neben Fahrzeugen, durch Aufspringen oder Aufsteigen, durch Herabfallen, Abspringen oder Absteigen, Ausgleiten, Straucheln oder Fallen, beim Kuppeln der Fahrzeuge, Wagenschieben, Bremsen u.s.w.
Durch die in der ersten Gruppe angegebenen Ursachen werden verhältnismäßig nur sehr wenige U. hervorgerufen. Früher wurde vielfach die Blitzgefahr für die fahrenden Züge wegen der in ihnen enthaltenen Metallmassen gefürchtet. Nur ganz vereinzelte Fälle mit geringen Folgen sind bekannt geworden. Durch Erdbeben sind zwar vielfach Zerstörungen an Bahnanlagen und dadurch Zugunfälle veranlaßt worden, erheblichen Umfang haben aber auch diese Art Betriebsunfälle nicht angenommen. Durch heftigen Sturmwind sind mehrfach, besonders auf Schmalspurbahnen, einzelne Wagen in fahrenden Zügen umgeworfen worden, u. zw. nicht nur, wie manchmal behauptet wird, in Amerika, sondern auch in Deutschland und in Österreich.
Die Zahl der Betriebsunfälle in der zweiten Gruppe, die durch Böswilligkeit hervorgerufen werden, ist nicht groß; noch seltener sind mutwillige Beschädigungen oder Fahrtbehinderungen.
Häufiger sind die Betriebsunfälle in der dritten und vierten Gruppe und am zahlreichsten die der fünften Gruppe.
Der Form nach lassen sich die Betriebsunfälle gliedern in: Entgleisungen, Zusammenstöße und sonstige U. Die Zahl der letzteren überwiegt zwar (z.B. kommen bei den Bahnen des VDEV. 31/2mal soviel sonstige U. vor als Entgleisungen und Zusammenstöße zusammen), jedoch ist den Entgleisungen und Zusammenstößen eine größere Bedeutung beizumessen, weil sie häufig von schweren Folgen Tötungen und Verletzungen von Personen sowie erheblichem Sachschaden begleitet sind. Zusammenstöße kommen vor bei Zügen entgegengesetzter Fahrrichtung durch Gegeneinanderfahren, bei Zügen gleicher Fahrrichtung durch Auffahren und unabhängig von der Fahrrichtung durch Zusammentreffen auf ineinanderlaufenden oder sich kreuzenden Fahrwegen. Die zuerst genannten U. sind dem eingleisigen Betriebe (s.d.) eigentümlich. Den dieser Betriebsweise dadurch erwachsenen besonderen Gefahren stehen aber die Gefahren gegenüber, die dem zweigleisigen Betriebe daraus entstehen, daß Unfälle im Fahrgleis der einen Richtung infolge des geringen Gleisabstands (s.d.) die Züge der anderen Richtung häufig in Mitleidenschaft ziehen.
Über die wichtigeren Betriebsunfälle, bei denen eine Tötung oder Verletzung von Personen oder eine bedeutende Beschädigung von Fahrzeugen stattgefunden hat, ist in fast allen Staaten Meldung an die Eisenbahnaufsichtsbehörde auf Grund der hierüber herausgegebenen ausführlichen Dienstvorschriften zu erstatten.
Bei den deutschen Reichsbahnen ist die Meldung telegraphisch von der der Unfallstelle nächstgelegenen Station an den Reichsverkehrsminister zu erstatten. Die gleichen Meldungen gehen an die Ämter und die Eisenbahndirektion. Ferner ist die Gerichts- und Polizeibehörde zu verständigen.
In Österreich besteht ebenfalls Anzeigepflicht an die oberste Eisenbahnaufsichtsbehörde, u. zw. bei U., bei denen eine Verletzung der Reisenden, der Bediensteten oder anderer Personen stattgefunden hat oder wenn ein U. öffentliches Aufsehen erregt. Die Anzeige findet telegraphisch statt, auch ist der Gerichts- und Polizeibehörde Mitteilung zu machen.
In der Schweiz, in Frankreich und in Italien bestehen ähnliche Vorschriften über[31] die Meldung der U. In England haben die Bahnen jeden U. dem Board of Trade in vorgeschriebener Form sofort zu melden. Bei ernsteren U. darf das Board of Trade juristische Beistände dem von ihm abgesandten Inspektor beigeben, um eine formelle Untersuchung in der Weise eines Gerichtshofs zu veranlassen.
Die Eisenbahnaufsichtsbehörde ordnet zuweilen eines oder mehrere ihrer Mitglieder zur Untersuchung der Ursache des U. und zur Ermittlung der Schuldigen ab. Die Schuldigen werden strafgerichtlich verfolgt, falls durch den U. Personen getötet, verletzt oder in Gefahr gebracht wurden.
Die Vorkehrungen zur Verhütung von Betriebsunfällen sind im Aufsatz »Betriebssicherheit« besprochen. Über die Art und Höhe der Entschädigung im Fall der Tötung oder Verletzung von Personen s. Haftpflicht und Unfallversicherung (Unfallfürsorge).
Zur Sicherung der beim Eisenbahnbetrieb unmittelbar gefährdeten Bediensteten haben die Eisenbahnverwaltungen Einrichtungen verschiedenster Art getroffen und außerdem Unfallverhütungsvorschriften vielfach als Aushänge den Bediensteten bekanntgegeben. Die Vorschriften behandeln die Sicherung der Arbeitsstellen, Schneeräumungsarbeiten, Tunnelarbeiten, Sprengungen, Rangier- und Zugdienst, Anheizen von Lokomotiven, Arbeiten an Fahrzeugen, Ladedienst, feuergefährliche Güter, Hebezeuge, Aufzüge u.s.w. Ferner bestehen Vorschriften über das Rettungswesen (s.d.) bei Verunglückungen auf den Eisenbahnen, die Anleitungen zur ersten Hilfeleistung geben.
Die größeren Eisenbahnverwaltungen halten auf geeigneten Stationen Hilfszüge (s.d.) bereit, die mit allen für Rettungsarbeiten geeigneten Ausrüstungsstücken ausgestattet sind und die unter Begleitung von Ärzten und Hilfspersonal in kurzer Frist auf einer Unfallstelle einzutreffen vermögen.
C. Als die bedeutendsten, seit dem Jahre 1842 bekannt gewordenen U. im Eisenbahnbetrieb, bei denen eine größere Zahl von Personen getötet oder verletzt wurde, sind die nachstehenden anzuführen:
[34] D. Unfallstatistik.
Über die im Eisenbahnwesen vorkommenden U. aller Art werden in allen Kulturländern Aufzeichnungen geführt. Die Unfallstatistik hat zum Gegenstand die Feststellung der Zahl und der Folgen (Tötungen, Verletzungen, Sachschaden) sowie die Ermittlung der Ursachen der U. Ihr Zweck besteht in der Möglichkeit, auf Grund der Feststellungen über die Folgen und Ursachen der U. Vorkehrungen zur Verhütung ähnlicher U. oder zur Milderung ihrer Folgen zu treffen.
Die Statistik der U. beim Eisenbahnbetrieb bildete im Hinblick auf die häufig schweren Folgen solcher U. schon frühzeitig Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit und der Beratungen der gesetzgebenden Verwaltungskörper. Auf Veranlassung der Regierungen finden regelmäßige Veröffentlichungen der Ergebnisse der Unfallstatistik statt u. zw.[35] entweder als Bestandteile der allgemeinen Statistik der Eisenbahnen (s.d.) oder in Form besonderer Arbeiten. So z.B. in England durch a) Returns of Accidents and Casualties, b) General-Report to the Board of Trade upon the Accidents; in den Vereinigten Staaten von Amerika durch »Accident Bulletin« Railroad Accidents in the United States; neuerdings finden sich auch die Unfallzahlen im Annual Report of the Interstate Commerce Commission. Abgesehen von den Veröffentlichungen, die die Regierungen vornehmen, ist insbesondere auch die Unfallstatistik zu erwähnen, die in den vom VDEV. herausgegebenen »Statistischen Nachrichten« enthalten ist. Diese Statistik umfaßt auch die U. auf den zum VDEV. gehörenden niederländischen Eisenbahnen. In den Grundsätzen, nach denen in den einzelnen Ländern die U., ihre Folgen und Ursachen geschildert werden, besteht nur geringe Obereinstimmung. Einen Versuch zur Erzielung einer Übereinstimmung bildet die internationale Eisenbahnstatistik, die aber nur für das Jahr 1882 vorliegt.
In den meisten Staaten werden bei den Betriebsunfällen unterschieden: Entgleisungen, Zusammenstöße und sonstige U. Ferner werden die U. meist getrennt nach solchen, die auf freier Strecke, und solchen, die in Stationen vorgekommen sind.
Entgleisungen (s.d.) pflegt man zu gliedern nach den Ursachen: Unterbrechung des Gleises und sonstige Bahnhindernisse; ungenaue und falsche Stellung der Weichen und sonstiger beweglicher Einrichtungen; unrichtige Handhabung des Fahrdienstes; Mängel am Oberbau (s.d.); Achsbrüche (s.d.); Radreifenbrüche (s. Räder); sonstige Mängel an Fahrzeugen; sonstige Ursachen.
Zusammenstöße (s.d.) werden zurückgeführt auf die Ursachen: Falsche Anordnungen aus Unachtsamkeit der im Fahrdienst tätigen Bediensteten; falsche Weichenstellung; mangelhafte Signalgebung; Nichtbeachtung oder Überfahren der Haltsignale; zu schnelles Einfahren in die Stationen; unvorsichtiges Verschieben; falsche Aufstellung von Fahrzeugen; unzeitige Ingangsetzung stehender Fahrzeuge; Zugtrennungen (s.d.); Einfahren in besetzte Gleise; sonstige Ursachen.
Zu den »sonstigen U.« rechnen: Überfahren von Fuhrwerken; Feuer im Zug; Kesselexplosionen; andere Ereignisse, sofern Personen getötet oder verletzt worden sind.
Entgleisungen und Zusammenstöße von Zügen werden fast überall in die Statistik aufgenommen. Solche von Verschubabteilungen und die »sonstigen U.« nur dann, wenn Personen zu Schaden gekommen oder erhebliche Beschädigungen an Bahneinrichtungen oder Fahrzeugen entstanden sind. In den einzelnen Ländern bestehen indessen erhebliche Abweichungen in den Voraussetzungen für die Aufnahme des U. in die Statistik. In England werden z.B. Zusammenstöße und Entgleisungen, die im Verschubdienst (s.d.) eintreten, nicht in die Statistik aufgenommen. In Frankreich finden Entgleisungen und Zusammenstöße auch von Zügen nur Aufnahme, wenn eine Verletzung von Personen oder ein erheblicher Sachschaden vorgekommen ist. Als Tötung gilt in manchen Ländern lediglich eine unmittelbar beim U. augenblicklich eingetretene Tötung, während die deutsche Statistik zu den Tötungen auch Verletzungen zählt, die binnen 24 Stunden nach dem U. den Tod zur Folge haben.
Als Folgen der U. werden nachgewiesen:
a) Tötungen und Verletzungen von Personen;
b) Sachschaden;
c) gerichtliche und Disziplinarverfügung gegen Schuldige.
Zu a werden unterschieden: Reisende, Bahnbedienstete (in Deutschland auch Post-, Steuer-, Telegraphen-, Polizei- und sonstige im Dienst befindliche Beamte), fremde Personen und außerdem Selbstmörder.
Die unverschuldet bei Zugunfällen und bei sonstigen U. verunglückten Reisenden werden getrennt nachgewiesen von solchen, die infolge eigener Unvorsichtigkeit beim Benutzen, Besteigen und Verlassen in Bewegung befindlicher Züge zu Schaden kamen.
Für die Bahnbediensteten werden Verunglückungen unterschieden: bei Zugunfällen; durch unvorsichtiges Verhalten beim Besteigen und Verlassen in Bewegung befindlicher Fahrzeuge oder während des Aufenthalts darin; beim Wagenschieben; beim An- und Abkuppeln; durch unzeitigen Aufenthalt auf den Gleisen, namentlich beim Überschreiten derselben; durch sonstige unvorsichtige Handhabung des Dienstes u.s.w. Für fremde Personen tritt eine Trennung ein: durch falsche Handhabung der Wegübergangsschranken u.s.w.; infolge eigener Unvorsichtigkeit beim Betreten der Bahn.
Die Unfallstatistik gibt meist nicht nur die reinen Unfallzahlen an, sondern sie stellt diese in Beziehungen zu der Größe des Bahnnetzes, zu den Zugleistungen (Zugkm, Wagenachskm), zu der Zahl der beförderten Reisenden, zu den durchfahrenen Personenkm, zu der Zahl der Bediensteten u.s.w. Dies geschieht, weil die reinen Unfallzahlen im Vergleich mit den Vorjahren oder mit anderen Bahnen und anderen Betriebsleistungen kein richtiges Bild ergeben würden. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes, der[36] Zunahme der Züge und der Reisenden sowie der Vermehrung der Bediensteten müssen bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen naturgemäß auch die reinen Unfallzahlen steigen. Schon zu Beginn des Eisenbahnwesens ist die Sicherheit der Reisenden auf den Eisenbahnen trotz der damals noch unvollkommenen Einrichtungen eine wesentlich höhere gewesen als bei der Benutzung der früheren Beförderungsmittel. Dank der Vervollkommnung der Eisenbahntechnik und der Sicherheitseinrichtungen ist die Sicherheit des Reiseverkehrs auf den Eisenbahnen ungeachtet der mit der zunehmenden Dichte des Verkehrs steigenden Gefahr nicht nur nicht geringer, sondern im allgemeinen sogar größer geworden.
Die Zahlentafel 1 und Abb. 40 bieten eine Übersicht über die Gesamtzahl der auf einigen Bahnen während einer Reihe von Jahren vorgekommenen U. Die auf 1 Mill. Zugkm entfallenden U. (Abb. 41) zeigen trotz gewaltiger Zunahme der Zugdichtigkeit keine Steigerung, wohl aber im Durchschnitt einen fortschreitenden Rückgang.
Zahlentafel 1. Zahl der Betriebsunfälle der auf 1 km Betriebslänge entfallenden Zugkm aller Züge.
Die Zahlentafeln 2 und 3 geben einen Überblick über die Tötungen und Verletzungen von Reisenden. Die Zahl der Tötungen und Verletzungen bei den U. ist vielfach von Zufälligkeiten abhängig Besetzung der einzelnen Wagen und Plätze, Auftreten von Zugbränden bei Zusammenstößen u.s.w. Hieraus ergeben sich die Schwankungen innerhalb dieser Zahlen.
In Deutschland, Österreich, Ungarn und Italien werden die Reisenden nur einmal gezählt, auch wenn mehrere Bahnbezirke von ihnen durchfahren werden. In Frankreich, England und Amerika erscheinen die über mehrere Bahnen fahrenden Personen in der Statistik wiederholt. Die englische Statistik enthält nicht die Zahl der auf Zeitkarten beförderten Reisenden.
Die reinen und die auf die Zugleistungen bezogenen Zahlen der Tötungen und Verletzungen von Bahnbediensteten, Zahlentafel 4 und 5 sowie Abb. 42, sind im Verhältnis zu denen der Reisenden weitaus größer. Dies liegt einerseits darin, daß sich diese U. auch auf die von Reisenden nicht benutzten Güterzüge erstrecken, daß die im Betriebsdienst tätigen Bediensteten einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt sind und daß endlich die Vertrautheit[37] mit den Gefahren des Eisenbahnbetriebs die Bediensteten sorgloser macht. Immerhin zeigt aber Abb. 43, daß die Zahl der bei Betriebsunfällen verunglückten Eisenbahnbediensteten immer noch weit geringer ist als die Zahl der Verunglückten bei den größeren deutschen Berufsgenossenschaften, daß also der Eisenbahndienst keineswegs mit den größten Unfallgefahren verbunden ist.
Zahlentafel 2. Zahl der verunglückten Reisenden im Verhältnis zur Zahl der beförderten Reisenden.
Die Angaben für Frankreich beziehen sich auf die Eisenbahnen allgemeiner Bedeutung (intérêt général).
1 In England sind die auf Zeitkarten beförderten Reisenden nicht berücksichtigt.
Zahlentafel 3. Unverschuldet durch Zugunfälle verunglückte Reisende.
Die Zahl der Tötungen und Verletzungen fremder Personen unterliegt im allgemeinen großen Schwankungen. Sie betrug im Durchschnitt der letzten 10 Jahre:
unverschuldet - infolge eigener Schuld
getötet | verletzt | getötet | verletzt | |||||||
in Deutschland | 16 | 103 | 293 | 232 | ||||||
in Österreich-Ungarn | 8 | 68 | 318 | 350 | ||||||
VDEV | 30 | 180 | 755 | 686 |
Während des Krieges und für die Nachkriegszeit sind Aufzeichnungen über Unfälle nur vereinzelt veröffentlicht worden. Ein Überblick[38] über die Entwicklung der Unfallstatistik für diese Zeit ist daher noch nicht zu gewinnen. Soweit Zahlen vorliegen, ist zu erkennen, daß die Unfälle während des Krieges und in der Nachkriegszeit zugenommen haben, insbesondere hat die Zahl der schweren Unfälle eine außerordentliche Steigerung erfahren. Die Gründe liegen in den durch den Krieg hervorgerufenen Verhältnissen starke Beanspruchung der Bahnen und ihres Materials, notgedrungene Verwendung von ungeeignetem Material, das zu Zugtrennungen und einer außerordentlichen Vermehrung der Heißläufer Veranlassung gab, sowie von ungenügend aus gebildetem Personal u. dgl. In welchem Umfange diese verschiedenen Ursachen eine Steigerung der Unfälle herbeiführten, ist aus nachstehender Zusammenstellung ersichtlich (Arch. f. Ebw. 1921, S. 493).
Zahlentafel 4.
Zahl der verunglückten Beamten und Arbeiter sowie der verunglückten Reisenden, Beamten und Arbeiter.
Zahlentafel 5. Unverschuldet durch Zugunfälle verunglückte Beamte und Arbeiter.
[39] Auf den deutschen Bahnen fallen auf 1 Million Zugkm:
Literatur: Arch. f. Ebw.; Statistische Nachrichten des VDEV.; Statistik der im Betrieb befindlichen Eisenbahnen Deutschlands. M.M. Freiherr v. Weber, Die Praxis der Sicherung des Eisenbahnbetriebes. Wien, Pest, Leipzig 1876; Die Gefährdung des Personals beim Maschinen- und Fahrdienst der Eisenbahnen. Eine Denkschrift. Leipzig 1862. J. Rigler, Die im Eisenbahndienst vorkommende Berufskrankheit und Mittel zu ihrer Abhilfe. Berlin 1880; Über das Eisenbahnrettungswesen. Berlin 1881. L.A. Schmidt, Rettung der Eisenbahnpassagiere bei Unglücksfällen. Ratschläge in bezug auf das Verhalten der Passagiere während der Fahrt, beim Anhalten des Zuges und bei vorkommenden Unglücksfällen. St. Petersburg 1885. Statistics of railways in the United States; Accident Bulletin, railroad accidents in the United States; Annual Report of the Interstate Commerce Commission. C.F. Adams jr., Notes on railroad accidents. New York 1879. C.W. Doten, Recent railway accidents in the United States. Boston 1905. Canada: Report of the Select Committee on bills nos. 2 and 3 in reference to the safety on railways. Session 1897. Ottawa. Statistique des chemins de fer français. E. With, Les accidents sur les chemins de fer, leurs causes, les règlès à suivre pour les éviter. Augmenté d'une préface par A. Perdonnet. Paris 1854. Ministère des Travaux publics. Enquête sur les moyens de prévenir les accidents de chemin de fer 18791880. Paris 1882. J. Arago, Système Latour-Dumoulin pour prévenir tous les accidents sur les chemins de fer. Paris 1844. England: Returns of accidents and casualties; General-Report to the Board of Trade upon the accidents; Report from the select Committee on railways belonging prevention of accidents. London 18411842. Royal Commission on railway accidents Report of the Commissioners. Italien: Statistica dell' esercizio (Ferrovie dello stato). Stockert, Eisenbahnunfälle. Leipzig 1913. Ztg. d. VDEV.
Bode.
Buchempfehlung
Als einen humoristischen Autoren beschreibt sich E.T.A. Hoffmann in Verteidigung seines von den Zensurbehörden beschlagnahmten Manuskriptes, der »die Gebilde des wirklichen Lebens nur in der Abstraction des Humors wie in einem Spiegel auffassend reflectirt«. Es nützt nichts, die Episode um den Geheimen Hofrat Knarrpanti, in dem sich der preußische Polizeidirektor von Kamptz erkannt haben will, fällt der Zensur zum Opfer und erscheint erst 90 Jahre später. Das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren, der Jurist Hoffmann ist zu dieser Zeit Mitglied des Oberappellationssenates am Berliner Kammergericht, erlebt er nicht mehr. Er stirbt kurz nach Erscheinen der zensierten Fassung seines »Märchens in sieben Abenteuern«.
128 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro