[255] Gastransportwagen (gas reservoir car; wagon réservoir à gaz; carro serbatoio per gas), Wagen zur Versendung von Leuchtgas (gewöhnlich Ölgas) im verdichteten Zustand. In den G. wird das Gas nach jenen nicht mit Gasanstalten versehenen Stationen geführt, in denen ein Nachfüllen der Behälter der für Gasbeleuchtung eingerichteten Eisenbahnwagen stattfinden soll.
Die G. werden als Kesselwagen (Gefäßwagen) gebaut und unterscheiden sich von den übrigen Gefäßwagen für Flüssigkeiten insbesondere dadurch, daß die Gefäße auch einem größeren inneren Druck Widerstand zu leisten haben.
Auf dem Wagenuntergestell ist entweder ein größerer Kessel auf sattelartigen Querträgern befestigt, oder es sind 23, vereinzelt auch 4 Kessel von kleinerem Durchmesser entsprechend angebracht.
Die Kessel werden aus Schweißeisen oder Flußeisen mit gewölbtem Boden, dichter, doppelter Vernietung in den Längs- und Querstößen, innen und außen an den Stößen gut verstemmt, oder ohne Vernietung durchaus geschweißt hergestellt. Die letztere Herstellungsart ist die gebräuchlichere und für G. zweckmäßigere. An einem Ende oder in der Mitte des Kessels ist ein rotmetallener Kopf mit Absperrventil angebracht, von dem ein schmiedeisernes Rohr zu einem Kreuzstutzen führt. Von diesem zweigen nach rechts und links Rohre zu den Füllköpfen ab. Die Füllköpfe sind mit Manometern ausgerüstet und besitzen an dem vorderen Ende ein mit einem Schraubengewinde versehenes Mundstück (in einer Höhe von ungefähr 800 mm über Schienenoberkante), an dem die Füllschläuche mittels Holländermuttern gasdicht[255] befestigt werden. Die Füllköpfe sind in besonderen Schutzkästen untergebracht. Die Füllvorrichtung dient auch gleichzeitig zur Entleerung des Kessels.
Im Bereich des VDEV. werden die Gewinde für die Dichtungskegel an den Mundstücken der Füllköpfe nach den Vorschriften der Technischen Vereinbarungen, § 138, Al. d (s.a. Beleuchtung der Eisenbahnwagen), ausgeführt. Das Gewinde erhält 30∙5 mm äußeren und 28 mm inneren Durchmesser und 2 mm Ganghöhe. Der Dichtungskegel ist mit 18 mm größtem Durchmesser auf 83 mm Kegelhöhe herzustellen.
Am oberen Teil des Kessels oder am Kesselboden wird ein mit abschraubbarem Deckel verschlossenes Mannloch angebracht; im ersteren Falle wird bei größerem Kesseldurchmesser (ungefähr über 1∙4 m) im Behälterinnern unterhalb des Mannloches eine Steigleiter zur leichteren Befahrung des Kessels angeordnet.
Sind zwei oder drei kleinere Kessel auf einem Untergestell vorhanden, so werden die beiden rechts und links an einer Stirnseite angebrachten Füllköpfe derart mit den Kesseln verbunden, daß Gas von jedem einzelnen Kessel entnommen und jeder Kessel für sich abgeschlossen werden kann, wenn ein Kessel schadhaft oder undicht würde.
An jedem Kessel ist außerdem ein Entlüftungs- und ein Kohlenwasserstoffablaßhahn vorhanden.
Die G. werden gewöhnlich mit einem Fassungsraum von 20 bis 40 m3 ausgeführt. Um eine möglichst große Gasmenge unterzubringen, wird das Gas auf 10 bis 15 at verdichtet im Wagen versendet (die Gasbehälter der zu beleuchtenden Wagen werden nur bis zu Spannungen von 6 bis 10 at mit Gas gefüllt).
Da durch Einwirkung der Sonnenstrahlen eine nur geringfügige Druckerhöhung über die Füllspannung im Behälter (bei einer Temperaturdifferenz von 40° C kaum 11/2 at) eintreten kann, so ist die Anbringung von Sicherheitsventilen bei G. nicht erforderlich, und wird sogar vielfach als unzweckmäßig erachtet, da hierdurch unbeabsichtigte Gasausströmungen herbeigeführt werden können.
Die Wandstärke der Behälter ist so zu bemessen, daß ihre schwächste Stelle durch den höchsten auftretenden inneren Druck nicht über ein Fünftel der Bruchfestigkeit des verwendeten Materials beansprucht wird. Dementsprechend ergibt sich die Blechstärke δ in cm für den zylindrischen Teil geschweißter Kessel (ohne Rücksicht auf Abrostung)
wobei D der innere Zylinderdurchmesser in cm, p die größte Füllspannung in at, und S die zulässige Materialinanspruchnahme in kg cm2 bedeutet.
Bei genieteten Kesseln ist entsprechend der geringeren Festigkeit der Nietnaht mit einer geringeren Beanspruchung oder einem entsprechenden Sicherheitskoeffizienten zu rechnen.
Für die Böden muß die Beanspruchung je nach dem Wölbungsradius der Böden noch vermindert werden.
Die kleinen Gasbehälter, die am Untergestell der Personenwagen angebracht sind, werden mit Rücksicht auf die größere Sicherheit, die die Kessel unter Personenwagen bedingen, in verhältnismäßig stärkerem Blech ausgeführt.
Neue Behälter werden vor ihrer ersten Verwendung einer amtlichen Druckprobe unterzogen, die periodisch nach behördlich festgesetzten Terminen zu wiederholen ist.
Unter den Hauptträgern wird zumeist ein versperrbarer Kasten zum Aufbewahren der Füllschläuche, der Schlüssel für die Füllventile, eines Kontrollmanometers und der Reservebrenner und -reflektoren für die Gaslampen angebracht. Die Füllschläuche werden aus Kautschuk oder Blei hergestellt und den zugelassenen Füllungsdrücken entsprechend bemessen.
Es empfiehlt sich, wenigstens ein Räderpaar der G. mit Verschubbremse zu versehen, um derlei Wagen in den Stationen ohne weitere Hilfsmittel gegen Entrollen sichern zu können.
In Abb. 188 ist ein G. mit drei kleineren Kesseln dargestellt. Die beiden unteren Kessel sind auf 2 Holzsätteln am Untergestell befestigt, während der dritte Kessel mittels zweier Sattelhölzer auf dem unteren Kessel reitet.
Die Füllköpfe f f, sind am Langträger, die Mannlöcher an den Kesselböden angebracht.
Der Inhalt der 3 Kessel, die für eine Füllspannung von 10 at bemessen sind, beträgt 27 m3, das Eigengewicht des Wagens rund 19 t; das Ladegewicht ist mit 3 t festgesetzt.
Dieses Ladegewicht wird jedoch tatsächlich nicht ausgenutzt, da das spezifische Gewicht von Ölgas von 1 at Spannung im Verhältnis zur atmosphärischen Luft 0∙630∙70 beträgt; es wiegt daher 1 m3 Ölgas von 10 at Spannung beiläufig 9 kg.
G. mit zwei oder drei kleinen Kesseln gewähren gegen solche mit einem größeren Kessel den Vorteil, daß bei ersterer Anordnung die Gasfüllung besser ausgenutzt werden kann.
Bezeichnet beispielsweise F den Fassungsraum in Litern bei einem Wagen mit einem großen Kessel und 3 f denselben bei einem Wagen mit drei kleinen Kesseln, wobei 3 f = F ist, so lassen sich unter der Voraussetzung, daß die Ladung in beiden Fällen bis zu 10 at Überdruck erfolgt, in jedem G. 10 F = 30 f l Gas unterbringen. Sind die Gasbehälter der Personenwagen mit[256] Gas bis 4 at aus diesen G. zu speisen, so können dem Wagen mit dem großen Kessel nur (10 4). F = 6 F l Gas entnommen werden. Eine viel größere Menge von Speisegas läßt sich dem Wagen mit den drei kleinen Kesseln bei Einhaltung des folgenden Vorgangs entnehmen. Zunächst wird aus dem ersten Kessel eine Anzahl von Behältern mit Gas bis zu 4 at Spannung gefüllt, bis die Kesselspannung auf 4 at gesunken ist. Nun erfolgt bei einer weiteren Anzahl von Behältern die Speisung in zwei Abteilungen. n der ersten Abteilung findet die Vorspeisung der Behälter aus dem ersten Kessel statt, in der zweiten Abteilung wird die Gasmenge in den Behältern bis zu 4 at Spannung ergänzt. Dies wird so lange fortgesetzt, bis die Spannung im ersten Kessel auf etwa 1 at gesunken ist. Der gleiche Vorgang wird beim zweiten und dritten Kessel wiederholt, so daß schließlich die Spannung im ersten und zweiten Kessel etwa 1 at, im dritten Kessel 4 at beträgt.
Auf diese Weise können dem G. mit drei kleinen Kesseln 2 (10 1) f + (10 4) f = 24 f l = 8 F l Gas entnommen werden, während ein G. mit einem großen Kessel nur 6 F l zum Füllen der Personenwagengasbehälter abgeben kann. Hätte jeder dieser G. 27 m3 Rauminhalt, so könnten in jeden 270.000 l geladen werden.
Aus dem Wagen mit dem einzigen großen Kessel können jedoch nur 270.000 108.000 = 162.000 l, aus dem Wagen mit den 3 kleineren Kesseln dagegen 2 (10 1 ) 9000 + (10 4) 9000 = 216.000 l entnommen werden.
Um dem Nachteil, der darin liegt, daß der Inhalt der G. nicht zur Gänze in die Wagenrezipienten überfüllt werden kann, abzuhelfen, haben in der letzten Zeit G. mit Überfüllvorrichtung am Fahrbetriebsmittel, bei einzelnen Bahnverwaltungen Verwendung gefunden. Ein Wagen mit einer derartigen Vorrichtung ist in Abb. 189 dargestellt.
Ein mit einem Gasmotor versehener Kompressor überpumpt nach vorangegangenem Druckausgleich den ganzen Inhalt des Gaskessels in einen stabilen, hierfür vorgerichteten Kessel, an. den eine Füllrohrleitung angeschlossen ist. Zum Betriebe des Gasmotors wird dabei das im Fahrbetriebsmittel verladene Gas benutzt.
Mit einem solchen G. kann auch ohne Stationssammelkessel direkt in die Wagenrezipienten gepumpt werden. Durch diese G. mit Überfüllvorrichtung wird nicht nur der Gasinhalt besser ausgenützt, sondern es tritt auch der wesentliche Vorteil hinzu, daß diese Wagen an der Verbrauchsstelle nur einige Stunden aufgehalten werden müssen, bis sie den stationären [257] Kessel, bzw. die Wagenrezipienten gefüllt haben, während G. ohne solche Überfüllvorrichtungen tage- und auch wochenlang in der Station, in der die Gasauffüllung nötig ist, aufgehalten werden müssen.
Diese G. werden mit einem oder mehreren Kesseln ausgeführt. Dienen solche Wagen zur Auffüllung stabiler Stationskessel, so können Einkesselwagen vorteilhaft verwendet werden. Ist jedoch ein fliegender Nachfülldienst (Auffüllung der Wagenrezipienten in zahlreichen Stationen) notwendig, so ist wegen der früher angeführten Vorteile die Verteilung des Gasinhaltes auf mehrere Kessel auch bei G. mit Überfüllvorrichtung empfehlenswert.
Zu erwähnen wäre, daß bei derartigen Wagen im Winter für einen entsprechenden Wärmeschutz des Motorkühlwasserbehälters (allenfalls durch Heizung) vorgesorgt werden muß; auch kann die Bedienung der Kompressoreindichtung nur geschultem Personal überlassen werden, was die ständige Beigabe eines derartigen Begleiters nötig macht.
Bei Bahnstrecken, auf denen Zusammenstellung und Ausrüstung der Personenzüge sich auf verhältnismäßig wenige große Stationen beschränkt, ist die Aufstapelung der zur Füllung der Wagen notwendigen Gasmengen in den keine Ölgasanstalt besitzenden Stationen, in Sammelkessel bei Verwendung stabiler Kompressionsanlagen als die zweckmäßigste zu bezeichnen. Der G. ohne Überfüllvorrichtung kommt von der Ölgasanstalt zur Kompressionsanlage, kann dort sofort gänzlich entleert und wieder an die Gasanstalt zurückgesandt werden. Auch bei diesem System der Gasnachfüllung ergibt sich eine günstigere Ausnützung der G., die sich in einen rascheren Wagenumlauf und dementsprechend der Erreichung des gleichen Effektes mit einer geringen Anzahl G. ausdrückt.
Eine derartige stabile Kompressionsfüllanlage ist in Abb. 190 dargestellt.[258]
Erwähnenswert ist auch das System der Überschlauchung von Wagen zu Wagen, das allerdings nur als Aushilfssystem benützt werden kann. Hierbei wird so vorgegangen, daß aus von vornherein reichlicher bemessenen Rezipienten größerer durchfahrender Wagen, die in unterwegs gelegenen Stationen befindlichen Wagen (die zu einer Ölgasanstalt nicht gelangen können) mit Gas gespeist werden; der mit der Beleuchtungseinrichtung versehene Personen-, bzw. Dienstwagen stellt somit hier den G. dar. Dieses System der Überfüllung gelangt bei Hauptbahnen mit zahlreichen abzweigenden Nebenlinien vorteilhaft zur Verwendung. Es ist billig, da es keinerlei Investitionen bedarf.
Es wäre schließlich noch zu erwähnen, daß beim erstmaligen Füllen, bzw. beim Füllen leerer G. mit Gas vorerst die Luft aus dem Kessel entfernt werden muß; hierzu wird der Gasbehälter zunächst mit Gas auf ungefähr 2 at gefüllt, um hierauf das Gasluftgemisch bis auf etwa 1/4 at Überdruck ausströmen zu lassen (ausblasen). Dieser Vorgang wird noch einmal wiederholt und sodann die Füllung des G. bis auf die vorschriftsmäßige Füllspannung vorgenommen.
Bei den späteren Nachfüllungen ist ein Ausblasen nicht mehr nötig, weil dem Kessel nur so lange Gas entnommen wird, als die Spannung nicht unter 4 at, bzw. 1 at sinkt, somit keine Luft in die Behälter der G. ein treten kann.
Schützenhofer jun.
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