Gefällsbruch

[266] Gefällsbruch, Gefälls-, Neigungswechsel, Visierbruch, Brechpunkt (change of gradient; changement de déclivité; cambiamento di livelletta), ist die Stelle, an der das Neigungsverhältnis einer Bahn, Straße, eines Flusses, einer Leitung u.s.w. sich ändert. Die Bezeichnung dieser Stelle mit dem Worte Punkt ist für Straßen und Eisenbahnen nicht richtig, weil das Neigungsverhältnis nicht in einem Punkt plötzlich geändert, sondern allmählich von dem einen Wert in den anderen übergeführt wird. Der plötzliche Wechsel des Neigungsverhältnisses würde bei Eisenbahnen heftige Stöße beim Befahren der Übergangsstelle zur Folge haben und die Achsbelastung der dreiachsigen Fahrzeuge so ändern können, daß die sichere Führung dieser Fahrzeuge an solchen Stellen gefährdet wäre. Deshalb ist in den TV., § 282, und der BO., § 103, vorgeschrieben:

»Neigungswechsel in durchgehenden Hauptgleisen sind nach einem Kreisbogen auszurunden.« (Vgl. Abb. 200.) Nach der BO. sollen die Halbmesser der Kreisbogen bei Hauptbahnen mindestens 5000 m, bei Nebenbahnen mindestens 2000 m lang sein und nur vor Stationen kann hienach auch bei Hauptbahnen auf einen Halbmesser von 2000 m herabgegangen werden. Die TV. gehen bei der Bemessung der Halbmesser des Ausrundungsbogens von einem anderen Gesichtspunkte aus. Sie fordern in Hauptgleisen von Haupt- und Nebenbahnen gleichmäßig 5000 m Halbmesser und gestatten, in geraden Strecken dieses Maß bis zu 2000 m zu verkleinern. In den Grz. § 21 empfiehlt der VDEV., auf Lokalbahnen die Ausrundungen mit 2000 m Halbmesser zu machen. Die Verwendung größerer Ausrundungshalbmesser wird öfter in gekrümmten Gleisen vorgeschrieben, weil an solchen Stellen die 4 Berührungspunkte der Räder eines Fahrzeuges mit den Schienen nicht mehr in einer Ebene liegen. Sicherlich ist es besser, die Neigungswechsel in die Geraden oder doch wenigstens nicht in die schärfsten Krümmungen zu legen. Noch ungünstiger ist das Zusammentreffen von Ausrundungen mit Übergangsbogen, da hiebei die Berührungspunkte der Räder eines Fahrzeuges noch mehr von einer gemeinsamen Berührungsebene abweichen, so daß die Belastung der Räder sehr verschieden sein kann. Auch von eisernen Brücken mit Holzschwellen ohne Kiesbett sollen die Gefällsbrüche so weit entfernt liegen, daß die Ausrundung die Brücke nicht mehr erreicht. Dagegen kann ein Neigungswechsel auf einer Brücke mit durchlaufendem Kiesbett fallen. Jedoch muß schon bei dem Entwurf solcher Brücken die Höhenlage des Gleises mit Berücksichtigung der Ausrundung festgesetzt werden.

Da Fahrzeuge mit mehr als zwei Achsen in einem Rahmen bei der Fahrt über gewölbte (konvexe) Ausrundungen in der Spur mangelhaft geführt sind, können solche Neigungswechsel beim Zusammentreffen mit den Weichenkrümmungen zu Entgleisungen Anlaß geben. Es sollen daher in gewölbten Ausrundungen keine Weichen liegen.

Für den Übergang der Neigungsverhältnisse der im entgegengesetzten Sinne geneigten Strecken enthalten die TV., § 283, und die BO., § 78, noch eine gleichlautende Bestimmung, die aber in der BO. nur auf Hauptbahnen[266] angewendet wird: »Steigt von zwei, in entgegengesetztem Sinne und stärker als 5 (1 : 200) geneigten, aneinanderstoßenden Strecken die eine mehr als 10 m an, so ist eine mindestens 500 m lange, höchstens 3 geneigte Zwischenstrecke einzuschalten. In die Länge von 500 m dürfen die Tangenten der Ausrundungsbogen eingerechnet werden.«

Die wagrechte Länge ergibt sich für hohle (konkave) Ausrundungsbogen nach Abb. 200 zu


e = r (sin α1 – sin α2)


für gewölbte (konvexe) zu e = r (sin α1 + sin α2), wobei α1 und α2 die Winkel zwischen den geneigten Strecken und der Wagrechten sind. Da α1 und α2 stets kleine Winkel sind, kann man ihren Sinus mit ihrer Tangente, d.h. mit den Neigungsverhältnissen der Strecken, vertauschen.


tg α1 = m‰, tg α2 = n‰; e = r (mn‰).


Die Tangentenlängen sind BC = AB = r/2 (m%n‰). Für die praktische Absteckung der Höhenpunkte eines Ausrundungsbogens kann man diesen als Parabel betrachten, die in B und C ihre Berührungspunkte hat, und die Gleichung benutzen


y = x2/2r.


Die Höhen y kann man für die wenigen gebräuchlichen Halbmesser r und für die von 10 zu 10 m wachsenden Abszissen x in einem handlichen Verzeichnis zusammenstellen.

Hager.

Abb. 200.
Abb. 200.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 266-267.
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