[256] Indikator. Der Dampfdruckindikator zur Prüfung der Kolbenmaschinen wurde von James Watt im Jahre 1782 erfunden. Der erste I. bestand nach Abb. 164 aus einem kleinen Dampfzylinder, dessen Kolben durch eine Feder belastet war. Die Kolbenstange trug an ihrem oberen Ende einen Schreibstift, der sich dem Dampfdruck entsprechend in verschiedener Höhe einstellte. Der Schreibstift zeichnete auf einer Tafel, die gleichzeitig oder proportional mit dem Kolben bewegt wurde. Verbindet man den Indikatorzylinder mit einer Seite eines Dampfzylinders, so zeichnet der Schreibstift auf der Tafel den Verlauf des Druckes in Abhängigkeit des Kolbenweges. Für einen Kolbenhin- und -rückgang erhält man eine geschlossene Druckspurlinie, das sog. Indikatordiagramm (Abb. 167 u. 168).
Aus dem Indikatordiagramm sind alle Druckvorgänge der Kolbendampfmaschinen genau zu entnehmen und ist der I. der wichtigste Behelf zur wissenschaftlichen und praktischen Untersuchung der Kolbendampfmaschinen, Verbrennungsmotoren, Pumpen u.s.w.
Da der mit dem I. gemessene Druck der ausgeübten Kolbenkraft proportional ist und die Längen des Diagrammes dem Kolbenweg entsprechen, so ist die Fläche als Produkt aus Kraft und Weg gleich der bei einem Kolbenhin- und -rückgang geleisteten Arbeit. Durch Bestimmung der Fläche der Indikatordiagramme kann daher auch die ausgeübte Kolbenkraft, die Arbeit und die Leistung berechnet werden, wenn die Maßstäbe von Druck und Kolbenweg berücksichtigt werden.
Der mittlere, wirksame Druck, der sich als die mittlere Höhe eines Indikatordiagrammes ergibt, wird mittlerer, indizierter Druck genannt und ist für die Beurteilung eines Indikatordiagrammes besonders wichtig. Die Fläche des Indikatordiagrammes wird durch das Planimeter (s. Flächenmessung), seltener zeichnerisch durch Zerlegung in eine Anzahl schmaler lotrechter Streifen bestimmt. Bei Teilung der Fläche durch die Länge des Diagrammes und Einführung der durch die Maßstäbe gegebenen Verhältnisziffern wird der mittlere nützliche Dampfdruck erlangt.
Der I. ist von Richards, Thompson, Rosenkranz, Crosby, Stans, Schäfer und Buchenberg, Maihak u.a. weiter ausgebildet worden. Statt der im Dampfzylinder liegenden Federn werden gegenwärtig hauptsächlich außerhalb kühl liegende Federn benützt, die sich als genauer erwiesen haben. Der Schreibstift wird nicht mehr unmittelbar von der Kolbenstange getragen, sondern es ist ein Schreibwerk vorgesehen, das die Bewegung des Indikatorkolbens genau proportional vergrößert und. auf den metallenen Schreibstift überträgt. Statt der Schreibtafel sind um eine Achse drehbare Trommeln vorgesehen, auf die das präparierte Papier aufgezogen wird. Die Trommeln werden durch eine Rolle mit Schnurzug, einen sog. Hubverminderer vom Kreuzkopf oder von der Kolbenstange aus angetrieben. Der Hubverminderer muß die Verkleinerung der Kolbenbewegung der zu indizierenden Maschine ebenfalls genau proportional vornehmen. Meist wird die Schreibtrommel nur in einer Richtung durch die Schnur bewegt, während die Rückbewegung durch eine, in der Trommel gelagerte Feder besorgt wird.
Die modernen Bauarten der I. zielen darauf ab, durch möglichst empfindliche Federn, tunlichst reibungslose Kolben, genaue Schreibwerke und leichte Trommeln, die durch Massenwirkungen nicht beeinflußt werden, die Genauigkeit der Messungen zu verbessern. Tatsächlich wurde in dieser Richtung ein hoher[256] Grad der Vollkommenheit erzielt; es bestehen I., die für Kolbenmaschinen mit 1000 Umdrehungen in der Minute geeignet sind.
Abb. 165 zeigt einen I. gewöhnlicher Bauart von H. Maihak in Hamburg für schnelllaufende Kolbenmaschinen, der sich auch für Lokomotiven eignet, im Schnitt und Grundriß. Er wird mit der Überwurfmutter 7 an einem Dreiweghahn, der die Verbindung des I. mit jeder der beiden Kolbenseiten (vgl. Abb. 169) ermöglicht, befestigt. Die Kolbenstange 10 geht durch die Führung 10 a und ist mit dem Schreibwerk durch den Bolzen 12 in Verbindung. Das Schreibwerk ist mit der Scheibe 3 drehbar. Die Drehbewegung ist jedoch durch einen Stift i begrenzt. Um das Diagramm zu zeichnen, wird der Knopf 22 mit der Hand erfaßt und der Schreibstift leicht an die Trommel gedrückt.
Die Bezeichnungen der Einzelteile in Abb. 165 sind:
1 Trommelträger
2 Federträger
2a Überwurfmutter
3 Drehscheibe
3a Haltemutter dazu
4 Zylinder
5 Dampfmantel
6 Anschlußkonus
7 Anschlußmutter
8 Kolben
8a Kolbenhaltestift
9 Kolbenschraube
10 Kolbenstange
10a Anschlaghülse, verstellbar
11 Schlußschraube
11a Geschlitzter Drehkopf
12 Kuppelstift
13 Schwinghebel
14 Kuppelgelenkstück
15 Gegenlenker
16 Schreibhebel
17 Säulen z. Schwinghebel, nebst Bolzenschräubchen
18 Gelenkbolzenschräubchen
19 Gelenkbolzenschräubchen
20 Gelenkbolzenschräubchen
21 Säulen zum Gegenlenker nebst Bolzenschräubchen
22 Griffschraube mit Gegenmutter
23 Anschlagsäule
24 Papierzylinder
25 Papierhalter
26 Schräubchen dazu
27 Trommelunterteil
28 Trommelachse
28a Flache Haltemutter
29 Stellring mit Stift
30 Federfußschrauben
31 Trommelfeder
32 Trommelanschlagschraube
32a Gegenanschlagschraube
33 Winkel zum Rollenhalter
34 Kloben zum Rollenhalter
35 Mutter zum Kloben
36 Röllchen z. Rollenhalter
37 Bolzenschrauben hierfür
38 Unterlegscheibe
39 Flügelmutter
40 Halteknopf
Das Indizieren der Dampflokomotiven war bisher mit großen Schwierigkeiten verbunden. Es mußten zunächst besondere Schutzvorrichtungen für die Personen getroffen werden, die die Bedienung der I. an den Dampfzylindern besorgten. Mit Rücksicht auf den beschränkten Raum war dies oft ohne Störung der Fernsicht vom Führerhaus nicht möglich. Die Bedienung der I. ist auch durch die Erschütterungen erschwert. Der größte Übelstand ist jedoch, daß es nicht leicht ist, zwischen dem Führerstand und den Personen zur Bedienung der I. eine vollkommen entsprechende Verständigung herzustellen. Es war daher schwierig, die gleichzeitig mit den Indikatoraufnahmen erforderlichen Ablesungen, Aufzeichnungen und Aufschreibungen zu machen. Wegen der umständlichen Einrichtungen war daher das Ergebnis der Versuche oft nicht genügend zuverlässig. Außerdem konnte mit den I. gewöhnlicher Bauart nur eine sehr beschränkte Zahl von Diagrammen in der Zeiteinheit aufgenommen werden, obschon man durch auswechselbare Papiertrommeln, Trommelanhaltevorrichtungen, die ein Auswechseln des Papiers ohne Beschädigen der Schnur ermöglichten u.s.w., die I. für die Indizierung von Lokomotiven brauchbarer zu machen trachtete.
Um in dieser Richtung Abhilfe zu schaffen, wurde von der französischen Westbahn ein Autoindikator angewendet, der die Druckspurlinien auf einen langen Papierstreifen aufzeichnet. Der Papierstreifen wird durch ein Uhrwerk mit gleichbleibender Geschwindigkeit fortbewegt. Die Totlagen der Kurbel müssen durch eine elektrische Schreibvorrichtung am Streifen besonders vermerkt werden. Zur richtigen Beurteilung der Dampfdruckspurbilder[257] und zur Bestimmung der Dampfarbeit müssen die Dampfdruckspurbilder nach dem Kolbenweg umgezeichnet werden. Dieser Umstand ist ein Nachteil und ein Grund für die geringe Verbreitung dieser Einrichtung.
Eine ähnliche Einrichtung, bei der die Bewegung der Indikatortrommel von der Triebachse abhängig ist, wurde von Prof. Wagener ausgeführt. Sie erlaubt es hauptsächlich, die Vorgänge in der Nähe der Totlage der Kurbel genau zu verfolgen, was bei dem Kolbenwegdiagramm nicht immer möglich ist.
Einen Fortschritt bedeuten die I. mit selbständiger Papierwechselvorrichtung. Bei diesen I. ist innerhalb der Indikatortrommel ein 2∙54∙5 m langer Papierstreifen aufgerollt, der je nach Bedarf bei jeder Umdrehung um ein Stück über die Trommel vorrückt oder ruhig stehen bleibt. Es ist hierdurch möglich, einerseits aufeinanderfolgende Diagramme in beliebiger Zahl aufzunehmen, wie dies beim Anfahren, bei Widerstandsbestimmungen u.s.w. erforderlich ist, andererseits können gewöhnliche geschlossene Diagramme zu beliebigen Zeiten nebeneinander aufgenommen werden. Der Papiervorschub kann so eingerichtet werden, daß die Diagramme nebeneinander auf dem Papierstreifen erscheinen. Derartige Vorrichtungen werden von Dreyer, Rosenkranz und Droop in Hannover und von Maihak in Hamburg gebaut.
Die Bedienung dieser I. muß noch immer von Hand erfolgen, doch ist diese sehr erleichtert, da der Papierstreifen innerhalb der Trommel aufgewickelt wird und vor Beschädigung und Beschmutzung geschützt ist.
In Abb. 166 ist ein I. für fortlaufende Diagramme von H. Maihak dargestellt.
Der aufgerollte Papierstreifen wird in das, durch Hartgummideckel m verschlossene Rohr geschoben. Das freie Ende des Papiers wird dann zwischen den Leitwalzen 1 und 2 hindurch um den Papierzylinder gelegt und zwischen den Walzen 3 und 4 hindurch in den Schlitz einer Achse gesteckt, die mit dem Rädchen z in Verbindung steht. Das Zahnrad z steht mit dem auf einem Ansatz des Trommeldeckels lose drehbaren Zahnrade z1 im Eingriff. Mit z1 ist eine Sperrkrone verbunden, in die die Sperrklinke b federnd eingreift. Eine zweite Sperrklinke n greift in die Zähne von z1.
Zunächst seien b und n ausgerückt. Dreht man nun Zahnrad z mit dem Finger, so wickelt sich der Papierstreifen auf die Welle auf und spannt sich glatt um die Trommelwandung, welche Spannung man durch Einrücken der Klinke n sichert.
Wird in diesem Zustande die Papiertrommel bewegt, so verhält sich das Papier wie bei einer gewöhnlichen Trommel, da z1 und die eingreifenden Teile sich mit der Trommel hin und her bewegen. Sobald Klinke b zum Eingriff mit der Sperrkrone z2 gebracht wird, so gleitet beim Schnurzug der Sperrzahn über die Zähne von z2 und das Papier bleibt noch in Ruhe. Im Augenblick des Rückganges wird jedoch z2 und mit ihm z1 festgehalten, Rad z muß sich auf z1 abwälzen und dreht sich mit Achse 5, so daß der Papierstreifen ein entsprechendes Stück aufgewickelt, bzw. auf der Trommel vorgeschoben wird. Beim nächsten Vorwärtsgange bleibt das Papier wieder in Ruhe, um sich beim Rückgange wieder vorzuschieben und so fort; es entsteht ein fortlaufendes Diagramm nach Abb. 168.
Hierbei ist erkenntlich, daß der wichtigste obere Linienzug des Diagramms in richtiger Länge gezeichnet wird, während die bisherigen Bauarten der I. diesen Linienzug verkürzt oder verlängert aufzeichnen.
Löst man Klinke b wieder aus, was während des Ganges geschehen kann, so findet ein Vorschub des Papiers nicht statt. Die Trommel arbeitet jetzt wie eine gewöhnliche Trommel[258] und es kann ein normales, geschlossenes Diagramm (Abb. 167) genommen werden. Wird dann b wieder für ein oder mehrere Hübe eingerückt und gleich wieder ausgerückt, so ist das Papier um ein entsprechendes Stück weitergeschoben und es kann wieder ein Einzeldiagramm genommen werden. Es ist also derart auch möglich, den ganzen Papierstreifen mit einer Reihe dicht aufeinander folgender Einzeldiagramme zu beschreiben, ohne daß die Trommel zur Ruhe gebracht werden muß.
Abb. 167 zeigt die geschlossenen, nebeneinander gezeichneten Diagramme einer Heißdampf-Zwillinglokomotive.
Abb. 168 zeigt das Anfahrdiagramm des Hochdruckzylinders einer Zweizylinder-Verbundlokomotive, das mit einem Maihakindikator aufgenommen wurde. Der Papierstreifen rückt bei jedem Doppelhub um ein geringes vor und es werden die einzelnen Diagramme nebeneinander gezeichnet.
Maihak ist nun noch weiter gegangen und hat den I. für fortlaufende Diagramme mit elektrischer Fernbetätigung sowohl des Papierwechsels als auch des Schreibzeuges ausgerüstet. Wird auch noch der den I. tragende Dreiweghahn (Abb. 169) mit einer Vorrichtung von durch Zugseile Z1 und Z2 vom Führerstand aus bewegt, so ist es möglich, die Indikatoraufnahmen vom Führerstand aus vorzunehmen. Hierdurch ist ein viel genaueres Arbeiten ermöglicht, da die Indikatoraufnahmen durch den Versuchsleiter nach Bedarf vorgenommen werden und die Aufnahmen sehr vieler Diagramme in der Zeiteinheit möglich sind. Erst durch diese Einrichtung ist eine sachgerechte Untersuchung der Dampflokomotiven möglich geworden.
In Abb. 169 ist der Maihaksche Fernschreibindikator für Lokomotiven dargestellt. Er unterscheidet sich von dem in Abb. 166 dargestellten I. nur dadurch, daß die Klinke K (in Abb. 166 mit b bezeichnet) durch den Anker eines kräftigen Elektromagneten E1 nach Bedarf ein- oder ausgerückt wird und dadurch den Papiervorschub einleitet oder aufhebt. Desgleichen kann die in Abb. 166 mit 3 bezeichnete Drehscheibe, die das ganze Schreibzeug s samt dem Schreibstift trägt, ebenfalls durch einen Anker mit einem Elektromagnet E2 an die Trommel angerückt werden. S ist der vom Hubverminderer zur Indikatortrommel führende Schnurzug.
Den Strom liefert ein Akkumulator. Die Schalthebel sind am Führerstand angebracht und können durch entsprechende Handhabung der Schaltungen nach Bedarf fortlaufende oder geschlossene Diagramme in beliebigen Zeitabständen aufgenommen werden.
Abb. 170 zeigt die Anordnung der I. samt deren Antrieb an einer Vierzylinderzahnradlokomotive (Serie 269) der österr. Staatsbahnen.
m ist der am Kreuzkopf befestigte Mitnehmer, zumeist ein rechtwinklig abgebogenes Flacheisen, in dessen Ende die zur Trommel des Hubreduktors R führende Schnur S1 eingehängt ist. Von der kleinen Rolle des am Führungsträger angeschraubten[259] Hubreduktors führt die Schnur S2 über eine Lenkrolle zur Schreibtrommel des Indikators I1. Dieser ist auf den Dreiweghahn D1, aufgeschraubt. Von den beiden Enden des rechten Außenzylinders führen umflochtene Kupferrohre zum Dreiweghahn D1. (In Abb. 170 ist nur die zur Kreuzkopfseite des Zylinders führende Leitung L1 sichtbar.)
Der Schnurzug S3 kommt von der kleinen Rolle des unter dem Langkessel angebrachten Hubreduktors für den rechten Innenzylinder und führt zur Trommel des Indikators I2. Leitung L2 stellt die Verbindung des hinteren Zylinderendes des rechten Innenzylinders mit dem den Indikator I2 tragenden Dreiweghahn D2 her. Die Leitung zum vorderen Zylinderende des rechten Innenzylinders ist in Abb. 170 nicht sichtbar. Z1 und Z2 bzw. Z3 und Z4 sind die zu dem Dreiweghahn D1 bzw. D2 führenden Drahtzüge, die durch an der Seitenwand des Führerhauses befestigte, drehbare Stellhebel mit Schnurscheiben bedient werden können, wodurch die Einstellung der Dreiweghähne D1 und D2 nach Bedarf erfolgt. Die I. sind, durch Kästchen aus Eisenblech geschützt, auf dem Schieberkasten der Lokomotive angebracht; die Schutzkästchen haben nach hinten keine vollkommen abgeschlossene Wand, sondern nur eine bewegliche Klappe, um die I. während der Fahrt überwachen zu können.
In Abb. 170 ist die Anordnung der I. auf der rechten Maschinenseite dargestellt, die linke Seite der Lokomotive trägt die I. entsprechend symmetrisch angeordnet.
Ist pi der mittlere, nützliche Dampfdruck eines Lokomotivdampfzylinders nach einem Indikatordiagramm, so ist die mittlere, indizierte Zugkraft Zi in kg
wenn
F die wirksame Kolbenfläche (abzüglich des Kolbenstangenquerschnittes) in cm2,
h der Kolbenhub in cm und
D der Laufkreisdurchmesser der gekuppelten Räder in cm ist.
Die indizierte Zugkraft kann man sich am Umfang der Triebräder wirkend denken, wenn die Dampfmaschine als reibungslos vorausgesetzt wird. Die entsprechende Leistung Ni in indizierten PS ergibt sich für einen Dampfzylinder aus der Gleichung
wenn V die Fahrgeschwindigkeit in km/St. ist.[260]
Für Lokomotiven mit mehreren Dampfzylindern muß die Berechnung für jeden Zylinder besonders durchgeführt werden. Es empfiehlt sich, an Zwillingslokomotiven beide Zylinder, und an Vierzylinder-Verbundlokomotiven beide Lokomotivseiten zu indizieren, da oft durch Unregelmäßigkeiten in den Steuerungen zwischen den Arbeiten größere Unterschiede bestehen.
Die Anlage der Versuchsfahrten bei Indizierungen richtet sich nach der gestellten Aufgabe.
Die Untersuchung mit dem I. gibt die Möglichkeit, eine Kolbenmaschine in bezug auf folgende Punkte zu prüfen:
1. Dichtheit der Arbeitskolben und Verteilungsorgane (Schieber, Ventile u.s.w.).
2. Güte der Steuerung in bezug auf ihre Kinematik, Güte des Entwurfes.
3. Güte der Einstellung der Steuerung.
4. Messung der Leistung und der Kräfte an den Kolben, Verteilung der Arbeit auf einzelne Zylinderseiten und verschiedene Zylinder.
Um alle Erscheinungen an den Indikatordiagrammen richtig erklären zu können, ist langes Arbeiten mit diesen erforderlich. Es sind hauptsächlich Erscheinungen, die durch Störungen im I. selbst hervorgerufen werden, von jenen zu unterscheiden, die in der untersuchten Maschine aufgetreten sind, da sonst die Ergebnisse zu Trugschlüssen führen könnten. Es empfiehlt sich daher genaues Studium der verwendeten I. und möglichst oftmalige Wiederholung aller Versuche.
Während der Versuchsfahrten mit Indikatoraufnahmen müssen auch genaue, fortlaufende Aufzeichnungen über den Kesseldruck, Stellung der Steuerung, des Reglers, den Zeitpunkt und den Streckenpunkt während der Indikatoraufnahme gemacht werden. Bei genaueren wissenschaftlichen Untersuchungen werden auch die Schieberkasten und Blasrohrdrücke, die Luftverdünnungen in der Rauchkammer, Feuerbüchse und im Aschenkasten aufgenommen u.s.w.
Wird der I. benützt, um den Gesamtwiderstand des Zuges zu ermitteln, so muß auf langen gleichmäßigen Strecken der Beharrungszustand hergestellt werden, oder es müssen mit genauen Geschwindigkeitsmessern die etwa vorhandenen Beschleunigungen oder Verzögerungen gemessen und in Rechnung gezogen werden.
Mitunter werden die Indikatorversuche mit der Messung der Zugkraft am Tenderzughaken durch Dynamometer (s.d.) verbunden. Solche Messungen liefern besonders wertvolle Ergebnisse, da hierdurch nicht nur die nutzbare Leistung und nutzbare Zugkraft der Lokomotive erlangt werden kann, sondern auch der Leistungs- oder Zugkraftverbrauch für ihre eigene Fortbewegung. Das Verhältnis der nutzbaren Leistung zur indizierten Leistung wird als der Gesamtwirkungsgrad der Lokomotive bezeichnet.
Die jüngste Vervollkommnung des Lokomotivindikators ist der Leistungszähler oder integrierende I. von Böttcher, Abb. 171. Dieser besteht der Hauptsache nach aus einem gewöhnlichen I. mit einfacher Papiertrommel zur Aufnahme einzelner Probediagramme. An der oberen Stirnfläche der Trommel läuft eine Zählrolle e, die durch einen Winkelhebel c mit dem Kolbengestänge p des I. in Verbindung steht. Der Drehpunkt des Winkelhebels liegt in der Säule a. Die Zählrolle wird daher durch den Dampfdruck im Zylinder auf der Stirnfläche der Trommel in der Richtung des Halbmessers hin und her geschoben, während die Trommel in gewöhnlicher Weise vom Kreuzkopf aus bewegt wird. Die Zählrolle e, die durch eine Feder f auf die Stirnfläche der Trommel angepreßt wird, umfährt daher die durch den Dampfdruck im Zylinder dargestellte Arbeitsfläche. Im Gehäuse d befindet sich ein Zählwerk, das in ähnlicher Weise ausgebildet ist als an einem Polarplanimeter. Der Inhalt der umfahrenen Arbeitsflächen wird durch das Zählwerk addiert und[261] kann die geleistete Arbeit mit Rücksicht auf die vorhandenen Druck- und Hubmaßstäbe ausgemittelt werden.
Diese Vorrichtung bietet den großen Vorteil, daß für eine durchgeführte Fahrt oder für einen bestimmten Streckenabschnitt die gesamte geleistete Arbeit genau gemessen werden kann, während die Indizierung mit den gewöhnlichen I., die gesamte geleistete Arbeit nicht so genau feststellen läßt, da nur für eine geringe Zahl der ausgeführten Triebachsumdrehungen die Arbeit gemessen werden kann. Da sich gerade im Lokomotivbetrieb die Leistung häufig ändert, so bildet der Leistungszähler von Böttcher einen wichtigen Behelf für Messungen an Lokomotiven.
Literatur: Pichler, Der Indikator und sein Diagramm. Wien 1895. Rosenkranz, Der Indikator und seine Anwendung. Berlin 1901 und Nachtrag 1906. Meyenberg, Totalisierende Indikatoren. Ztschr. dt. Ing. 1904, S. 61. Rosenkranz, Geschichte der Indikatoren. Ztschr. dt. Ing. 1906, S. 1081. Wagener, Kurbelweg und Zeitdiagramme. Ztschr. dt. Ing. 1906, S. 1635. Maihak, Fortschritte im Bau von Indikatoren. Ztschr. dt. Ing. 1907, S. 1908. Grauberg, Technische Messungen. Berlin 1909. Haeder, Der Indikator. Wiesbaden 1909. Borhow, Einrichtungen zum Indizieren von Lokomotiven. Ztschr. dt. Ing. 1910, S. 522. Böttcher, Leistungszähler für Kolbenmaschinen. Ztschr. dt. Ing. 1910, S. 1233. Stans, Der Indikator und seine Hilfseinrichtungen. Berlin 1911.
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