Indikātor

[798] Indikātor (lat., »Anzeiger«), Instrument zur Untersuchung der Spannungsänderungen in solchen Maschinen, die mit gespannten Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten arbeiten.

Fig. 1. Indikator, System Crosby.
Fig. 1. Indikator, System Crosby.

Das Wesentliche dieses von Watt erfundenen Instruments besteht darin, daß man den Dampf etc. in einem kleinen Zylinder auf ein eingeschliffenes, durch eine Schraubenfeder belastetes Kölbchen drücken läßt. In der Größe der Zusammendrückung der Feder hat man ein Maß für die Intensität des Dampfdruckes. Um das Variieren des Druckes in den kleinsten Zeitintervallen bemerkbar zu machen, bringt man den kleinen Kolben des Instruments mittels seiner Kolbenstange mit einem Mechanismus in Verbindung, durch den die Kolbenbewegung auf einen Schreibstift übertragen wird. Derselbe verzeichnet auf einem senkrecht zur Kolbenbewegung vorbei geführten Papierstreifen sämtliche Kolbenstellungen in einer kontinuierlichen Kurve (Diagramm), deren Ordinaten, gemessen von der dem Atmosphärendruck entsprechenden geraden Linie (der Atmosphärenlinie), die Größe der in jedem Moment herrschenden Spannung erkennen lassen, wenn man zuvor ermittelt hat, um wieviel die Feder des Apparats bei einem bekannten Druck zusammengedrückt wird. Fig. 1 zeigt die übliche Form eines Indikators. a ist der kleine Zylinder, in dem sich der Kolben befindet. c ist die den Kolben b belastende Schraubenfeder. Die Kolbenstange greift mit einer kleinen Bleuelstange e an der Stange f an, die in Verbindung mit letzterer und den Lenkern g und h eine Gelenkgeradführung bildet. Die Stange trägt an ihrem freien Ende den Schreibstift i, der, geradlinig und parallel zur Bewegungsrichtung des Kolbens geführt, in vergrößertem Maßstabe die Kolbenbewegung verzeichnet. k ist ein Zylinder, um den ein Papierstreifen gelegt und von der Feder l festgehalten wird. Diese Papiertrommel wird in Drehung versetzt durch eine um deren untern, geeignet ausgebildeten Teil geschlungene Schnur m, die, durch die Rollen n geführt, ihrerseits von einer die Kolbenbewegung der zu untersuchenden Maschine übertragenden Vorrichtung bewegt wird Beim Hingange des Maschinenkolbens wird die Schnur angezogen und dabei eine in der Papiertrommel befindliche Feder gespannt, die bei dem dann folgenden Rückgange des Maschinenkolbens die Rückdrehung der Trommel bewirkt. Die ganze Schreibvorrichtung läßt sich derart um die Achse des Zylinders a drehen, daß man den Schreibstift i nach Belieben gegen den Papierzylinder drücken oder von ihm abheben kann. In den meisten Fällen kann mit Rücksicht auf die Größe des Papiertrommelumfanges die Bewegung des Maschinenkolbens[798] nur in verkleinertem Maßstab auf die Schnur der Trommel übertragen werden. Die Übertragungsvorrichtung besteht in einem Hebelmechanismus oder aus einer Reduktionsrolle (Hubreduktor, Hubverminderer). Letztere ist eine Verbindung zweier auf derselben Achse sitzenden Rollen, einer großen und einer kleinen. Von der großen Rolle geht eine Schnur ab, die mit einem den Kolbenweg der Maschine beschreibenden Teile (Kreuzkopf, Kolbenstange) in Verbindung steht, während von der kleinen Rolle eine Schnur nach der Papiertrommel führt. Hierdurch wird der Kolbenhub der Maschine im Verhältnis der beiden Rollendurchmesser zueinander reduziert. Die Rückdrehung der Reduktionsrolle erfolgt in gleicher Weise wie bei der Papiertrommel durch eine im Innern der Rolle untergebrachte Feder.

Ein Indikatorversuch wird in folgender Weise vorgenommen: Zunächst wird das Instrument mittels eines zwischengeschalteten Absperrhahnes o an dem einen Ende des Zylinders der zu untersuchenden Maschine angeschraubt und die Schnur m mit einer geeignet angebrachten und in Bewegung versetzten Hubreduktionsvorrichtung verbunden. Sogleich bewegt sich die vorher mit einem Papierstreifen versehene Papiertrommel, indem sie sich proportional zu der Bewegung des Maschinenkolbens hin und her dreht. Dabei verzeichnet bei geschlossenem Absperrhahn der Schreibstift, gegen die Papiertrommel k gedrückt, die Atmosphärenlinie. Dann öffnet man den Absperrhahn, und nun verzeichnet der Stift die auf einer Seite des Kolbens während seines Vor- und Rückganges im Zylinder vorgehenden Druckveränderungen als Indikatordiagramm. Nun wird der Hahn wieder abgeschlossen und der das Diagramm tragende Papierstreifen von der Trommel abgelöst.

Die verschiedenen Systeme der Indikatoren (Thompson, Rosenkranz, Richards, Crosby etc.) weichen im Prinzip nicht voneinander ab. Sie unterscheiden sich nur in Konstruktionseinzelheiten, insbes. in der Schreibstiftführung. Bei den Indikatoren, die vorwiegend für schnell laufende Maschinen benutzt werden sollen, sind alle bewegten Teile möglichst leicht zu halten, um deren Massenwirkung zu vermindern. Dasselbe gilt auch von der Reduktionsrolle. Bei Dampfmaschinen, Gas-, Benzin- etc. Motoren ist der I. mehr oder weniger hohen Temperaturen ausgesetzt, wodurch die den Kolben belastende Feder beeinflußt wird (das Maß ihrer Zusammendrückung ändert sich mit ihrer Temperatur). Um die Feder vor den hohen, wechselnden Temperaturen wirksam zu schützen, ist sie bei einigen neuern Konstruktionen (von Elliot Brothers, Rosenkranz, Schäffer und Budenberg, Maihak, Staus) nicht in dem Zylinder wie in Fig. 1, sondern außerhalb desselben angeordnet. Für manche Zwecke ist es erwünscht, eine ganze Reihe von fortlaufenden Diagrammen hintereinander auf einem Papierstreifen abzunehmen. Hierzu dient eine besondere Konstruktion der Papiertrommel.

Bei einem Indikatordiagramm (Fig. 2 u. 3) entsprechen die einzelnen Hohen oder Ordinaten dem jedesmaligen Druck, die zugehörigen Abszissen den vom Maschinenkolben zurückgelegten Wegen. Die Ordinaten sind nach einem bestimmten, von der jeweilig benutzten Feder abhängigen Maßstabe, dem Federmaßstabe, zu messen, der den Druck in Atmosphären (1 kg auf 1 qcm) angibt. Für die während eines Kolbenhubes wechselnden Drucke läßt sich aus dem Diagramm nach der Simpsonschen Regel oder bequemer mittels eines Planimeters ein Mittelwert bestimmen, der sogen. mittlere Druck. Mit Hilfe dieses mittlern Druckes kann man bei Dampfmaschinen, Gasmotoren etc. die sogen. indizierte Leistung (s. Dampfmaschine, S. 455, Leistung der Dampfmaschine), bei Pumpen, Kompressoren etc. den theoretischen Arbeitsverbrauch berechnen.

Der I. ist nicht nur das wichtigste Instrument zur Ermittelung der Größe der Arbeitsleistung, bez. des Arbeitsverbrauches von allen mit eingeschlossenen Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten arbeitenden Ma schinen, sondern auch das einzige, das mit Hilfe der Diagramme einen genauen Einblick in die Spannungsverhältnisse im Maschinenzylinder gestattet und dadurch eine Kontrolle bietet für das richtige Funktionieren der Steuerungsorgane, überhaupt für den Verlauf aller Vorgänge, die sich ordnungsmäßig im Zylinder abspielen sollen. Vgl. Rosenkranz, Der I. (6. Aufl., Berl. 1901); Pichler, Der I. und sein Diagramm (2. Aufl., Wien 1895); Riedler, Indikatorversuche an Pumpen und Wasserhaltungsmaschinen (Münch. 1881); Haeder, Der I. (3. Aufl., Düsseld. 1900); Grimshaw, Vorbereitung zur Entnahme von Indikatordiagrammen (deutsch nach der 2. amerikanischen Auflage, Hannov. 1902); Pickworth, The indicator handbook (Manchester 1901).

Fig. 2. Diagramm einer Pumpe.
Fig. 2. Diagramm einer Pumpe.
Fig. 3. Diagramm einer Dampfmaschine.
Fig. 3. Diagramm einer Dampfmaschine.

In der analytischen Chemie beim Titrierverfahren versteht man unter I. eine Substanz, die der zu titrierenden Flüssigkeit zugesetzt wird, um durch eine auffallende Farbenveränderung od. dgl. das Ende der Operation anzuzeigen. So setzt man bei Acidimetrie und Alkalimetrie Farbstoffe, wie Lackmus, Phenolphthaleïn, Methylorange, die sich beim Umschlag der Reaktion plötzlich verändern, hinzu; beim Titrieren von Chlor benutzt man ein Chromsäuresalz als I. und erhält als Zusatz von salpetersaurem Silber zunächst den weißen Niederschlag von Chlorsilber, bis das Chlor vollständig gefällt ist. Durch den nächsten Tropfen der Silberlösung wird dann aber rotes chromsaures Silber gefällt und dadurch das Ende der Operation scharf markiert. Vgl. Analyse, S. 475.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 798-799.
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