Lehrgerüste

[74] Lehrgerüste (centerings; gabarits; impalcature per archi) dienen zur Ausführung von Gewölben und sollen:

1. die Last des noch nicht geschlossenen Gewölbes aufnehmen;

2. eine Lehre zur Herstellung des Gewölbes bilden;

3. möglichst steif und formfest sein;

4. Vorrichtungen aufweisen, die es gestatten, das L. allmählich zu senken (auszurüsten).


I. Teile des L.


Man unterscheidet bei jedem L. folgende Hauptteile:

1. das Tragwerk oder Gerüst;

2. den Lehrbogen;

3. die Schalung;

4. die Ausrüstungs- oder Lüftungsvorrichtungen.

Zu 1. Das Tragwerk oder Gerüst ist in der Regel derart ausgeführt, daß Lehrbogen und Schalung mit dem darüberliegenden Mauerwerk auf der Oberkante des Gerüstes aufruhen und gegen den Untergrund in irgend einer Art abgestützt werden. In seltenen Fällen wurde das Tragwerk auch als Hängewerk ausgebildet, auf das Lehrbogen und Schalung in irgend einer Art verhängt waren. Die Ausbildung eines L. ist von einer Reihe von Umständen beeinflußt, so namentlich von der Anzahl und Art der Stütz- oder Hängepunkte, von der Größe und Form des Gewölbes und des Talquerschnittes, von der Art des Wölbmateriales, vom Hochwasserstand, von der Freihaltung von unterhalb des Gewölbes befindlichen Verkehrsadern u. v. a. Man kann im allgemeinen folgende Hauptformen unterscheiden.

a) Das Ständersystem, das aus einer Reihe von lotrecht geführten Stützen zwischen Lehrbogen und Untergrund besteht, die die lotrechten Teilkräfte des auf die Gewölbeleibung senkrecht wirkenden Mauerwerkdruckes zu übernehmen haben, während die wagrechten Teilkräfte durch wagrechte Verbindungen aufgenommen werden (Abb. 116).

Es wird bei wasserarmen Talquerschnitten angewendet, in denen keine Verkehrsader frei zu halten ist und sind Ober- und Untergerüst ganz gleichartig ausgebildet.

b) Das Zentralstrebensystem, bei dem das Untergerüst aus einzelnen festen Stützpunkten besteht, auf die die fächerartig auseinandergehenden Streben des Obergerüstes aufruhen, die die Lehrbogen zu tragen haben und gegenseitig durch kräftige Zangen verbunden sind (Abb. 117 u. 119).

c) Das Radialstrebensystem, wobei die Streben des Obergerüstes senkrecht auf das Gewölbe angeordnet sind, daher die Druckkräfte des Gewölbes vollständig aufnehmen und auf den Untergrund, bzw. das Untergerüst übertragen (Abb. 120).

d) Die Sprengwerkssysteme werden in der Regel dort angewendet, wo die nötigen Stützpunkte im Untergrunde nicht vorhanden sind und man daher zu freitragenden Konstruktionen greifen muß.

Das verhältnismäßig steifste ist das Dreiecksprengwerk, das in mehrfacher Ausbildung[74] bei kleineren Halbkreisbögen angewendet wird (Abb. 118). Die Trapez- und Vielecksprengwerke werden für Obergerüste heutzutage schon selten angewendet.

e) Bogenträgersysteme, die wegen ihrer schwierigen Berechnung doch nur selten zur Anwendung gelangen und als Fachwerksbogenträger ausgebildet werden, wie dies die Abb. 121 zeigt, die das L. des 84 m weit gespannten Hauptbogens der Straßenbrücke über das Petrustal bei Luxemburg darstellt.

f) Hängewerke werden nur selten, u.zw. dort angewendet, wo die Herstellung eines stützenden Tragwerks mit Rücksicht auf die Freihaltung der Öffnung nicht möglich ist, oder wo man durch um- oder überliegende anderweitige Konstruktionen und durch Aufhängung an diese sich wirtschaftliche Vorteile schaffen kann.

g) L. für Melanbrücken mit einbetonierten eisernen Bogenträgern (s. Eisenbetonbrücken) werden bedeutend schwächer ausgebildet, wie solche für gleiche Bogenbrücken aus anderem Baumaterial, da die eisernen Träger zum Tragen der Schalung herangezogen werden. Zu diesem Zwecke werden die Kranzhölzer mit der Schalung in der Regel derart aufgehängt, daß an einem über den eisernen Bogenträger gelegten, mit Scharnieren versehenen eisernen Bügel B Schrauben aufgehängt werden, die besondere Gerüstpfetten P tragen, die wieder das Kranzholz H unterfangen (Abb. 122 und 123 a u. b). Wenn es die Notwendigkeit erheischt, wie bei tiefen Schluchten, reißenden Gewässern u. dgl., kann man die ganze Schalung an die eisernen Bogenträger aufhängen, wie dies bei der Brücke über die Grandes Ecoux bei le Sépey in der Schweiz der Fall war.

Als Baustoff für das Tragwerk eines L. wird in den allermeisten Fällen Holz verwendet, u.zw. sowohl Rundholz, das in den Knotenpunkten eigens zubereitet werden muß, als auch Kantholz. In neuerer Zeit gelangt auch das Schmiedeisen zur Anwendung, sowohl um Hilfsträger im L. einzubauen, als auch für das Tragwerk des L. Solche Hilfsträger gelangen insbesondere dort zur Anwendung, wo es sich darum handelt, eine Öffnung im L. von großer Spannweite und geringer Konstruktionshöhe freizuhalten. Diese eisernen Hilfsträger werden sowohl als Vollwand- wie als Fachwerksträger ausgebildet. Ganz eiserne Tragwerke für das L. gelangen hauptsächlich neuerer Zeit dort zur Anwendung, wo es möglich ist, das Tragwerk mehreremal nacheinander zu verwenden, wodurch es dem hölzernen Tragwerk wirtschaftlich überlegen wird. So wurden eiserne Tragwerke angewendet bei der Augustusbrücke über die Elbe in Dresden, bei der neuen Rheinbrücke in Basel, beim Untergerüst der Illerbrücke in Kempten u. m. a.

Zu 2. Die Lehrbogen bestehen aus dem Bogenkranz oder den Kranzhölzern, die, genau nach der Bogenform geschnitten, aus zwei bis drei hochkantig nebeneinandergelegten Bohlen zusammengesetzt sind und deren Stöße in[75] den einzelnen Lagen versetzt werden. Die einzelnen stumpf gegeneinander gestoßenen Teile werden mit Schrauben verbunden. Diese Lehrbogen werden in Entfernungen von 1–2 m angeordnet und lagern entweder direkt auf den Stützen des Obergerüstes, in das sie teilweise eingeschnitten sind (Abb. 124), oder aber auf einer Obergerüstpfette (Abb. 119), vermittels der das Bogengewicht auf das Tragwerk übertragen wird. Es ist stets angezeigt, die beiden äußeren Lehrbogen etwas innerhalb der Stirnfläche des Bogens zu rücken, um möglichst gleiche Belastung und Formänderung aller Lehrbogen zu erzielen.

Zu 3. Die Schalung besteht aus Pfosten oder 8/8–12/12 cm starken Kanthölzern, die senkrecht auf die Kranzhölzer verlegt werden. Bei Gewölben aus Quadern und Bruchstein werden zwischen den Schalhölzern Zwischenräume bis zu 5 cm gelassen. Bei Ziegelmauern sind diese Zwischenräume bedeutend kleiner, während sie bei Beton- und Eisenbeton nur 3–6 mm betragen, um die durch das Aufquellen des Holzes entstandene Volumenvermehrung nicht zu behindern und ein Werfen der Schalung unmöglich zu machen. Häufig wird eine so hergestellte Schalung noch mit einer geteerten Dachpappe belegt, um ein Abfließen des Mörtels zu verhindern.

Zu 4. Die Ausrüstungsvorrichtungen haben den Zweck, ein allmähliches, langsames und vor allem stoßfreies Senken des L. und[76] des Gewölbes zu ermöglichen, nachdem der Baustoff des Gewölbes genügend erhärtet ist. Die Einrüstungszeit soll bei kleineren Gewölben (bis 20 m) drei bis vier Wochen, bei größeren Gewölben sechs Wochen und darüber betragen. Als Ausrüstungsvorrichtungen kommen in Betracht:

a) Holzkeile aus hartem Holze mit einem Anzug von 18–20°. Sie sind sehr handlich, billig und können zwischen beliebigen Teilen des L. untergebracht werden, meist zwischen Ober- und Untergerüst (Abb. 125) oder unterhalb der Pfette des Obergerüstes (Abb. 122), in seltenen Fällen zwischen Kranzholz und Obergerüstpfette (Abb. 125). Gegen Lockerung sollen die Keile durch kleine Leisten (Abb. 125) gesichert sein. Da aber beim Ausschlagen der Keile stets ruckweise Senkungen eintreten, empfiehlt sich deren Anwendung nur für kleinere Gewölbe. Der Druck in den Auflagerflächen soll 8–10 kg/cm nicht überschreiten, da sonst das Ausschlagen sehr erschwert wird.

b) Bügelhölzer, die von Zuffer eingeführt wurden und neuerer Zeit sehr oft Anwendung finden (Abb. 126). Diese Vorrichtung besteht aus besonders zugeschnittenen Klötzen aus weichem Holz, die zwischen Ober- und Untergerüst eingesetzt werden. Um die Senkung des Obergerüstes zu ermöglichen, werden zuerst die Sägeschnitte I so geführt, daß der Druck auf die verbleibenden Aufsitzflächen des Bügels doppelt so groß als der ursprünglich gestattete Auflagerdruck, also rund 60 kg/cm wird, wodurch eine geringe Zusammenpressung des Bügels an seinen Auflagerflächen entsteht und eine langsame Setzung des Obergerüstes und Gewölbes mit sich führt. Nach eingetretener Ruhe werden die Schnitte II geführt, die die[77] Aufsitzflächen der Bügel noch mehr verringern und den Druck auf das Dreifache, 90 bis 100 kg/cm, erhöhen. Durch die Schnitte III wird dann endlich die gänzliche Lüftung des Obergerüstes bewirkt, falls sie nicht schon durch die Schnitte II herbeigeführt wurde. Der untere Ausschnitt bei den Bügelhölzern ist stets größer auszubilden als die Breite der über den Bügeln angeordneten Unterzüge, gewöhnlich um 10 cm. Die Mindestlänge L der Bügel ist unter der Anordnung zu bestimmen, daß der Druck in den Aufsitzflächen 30 kg/cm nicht übersteigt. Es soll hierzu stets astfreies Holz verwendet werden.

c) Sandtöpfe sind Blechbüchsen mit einem Loch, das mit einer Eisenschraube verschlossen ist (Abb. 127). In diese Blechbüchse ragt ein Zylinderstempel aus hartem Holz, der den Druck des L. aufnimmt und auf den unterhalb in der Blechbüchse befindlichen Sand überträgt. Der zur Verwendung gelangende Sand muß gereinigt, ganz trocken und nicht von zu kleiner Korngröße sein (am besten 2 mm). Beim Ausrüsten wird die Eisenschraube entfernt und etwas auf die Blechbüchse geklopft, worauf das Ausfließen des Sandes beginnt, das oft durch ein löffelartiges Instrument noch gefördert werden kann. Um die Sandtöpfe vor Feuchtigkeit zu bewahren, empfiehlt es sich, sämtliche Teile mit Ölfarbe zu streichen, auch unterhalb des Holzstempels in der Blechbüchse eine Asphaltlage zu geben sowie den Zwischenraum zwischen Stempel und Blechwand mit Asphaltmasse zu dichten und außerdem die ganzen Töpfe mit geteerten Tüchern zu umwickeln. Als zulässigen Druck auf den Sand nimmt man 5–6 kg/cm und macht den Durchmesser der Büchse 20–25 cm, wonach sich die Anzahl der unter dem L. anzubringenden Sandtöpfe ermittelt. Die Sandtöpfe sind stets hochwasserfrei im L. anzuordnen.

d) Senkschrauben oder Schraubenspindeln (Abb. 128) werden in der Regel zwischen Ober- und Untergerüst gelagert. Sie besitzen eine feste Mutter, die am Unterbau des Gerüstes befestigt ist. Die Schraube wird mittels eines viereckigen Schraubenschlüssels[78] oder eines durch den Schraubenkopf durchgesteckten Hebels bewegt. Die Schraubenspindeln sollen so kurz als möglich ausgeführt werden, um die Gefahr der Knickung herabzumindern und die Standsicherheit gegen Seitenkräfte herabzudrücken, weshalb auch stets angezeigt ist, neben den Senkschrauben Holzklötze anzubringen, die die Schrauben während der Bauausführung entlasten und erst unmittelbar vor dem Senken des L. durch schwaches Anheben der Schrauben entfernt werden.


II. Berechnung der L.


1. Ermittlung des Druckes auf das L. Bei frisch mit Mörtel versetzten Wölbsteinen wird genau am Scheitel das volle Gewicht des Gewölbes auf das L. wirken, daher p = γ ∙ d, wenn d die Gewölbestärke, γ das spezifische Gewicht des Mauernwerkes bedeutet. In einem unter dem Winkel α gegen die Lotrechte vom Scheitel entfernten Gewölbeteil (Abb. 129) wird das Gewicht eines dortselbst befindlichen Gewölbestückes sich zerlegen lassen in eine radiale Seitenkraft, die senkrecht auf die innere Leibung wirkt, und in eine tangentiale Seitenkraft, die parallel einer Leibung wirkt. Erstere ist gegeben durch p1 = γ ∙ d1 ∙ cos α und erzeugt diese an der Schalung eine Reibung f1 = γd1 ∙ cos α tg φ1, wenn φ1 den Reibungswinkel zwischen Mauerwerk und Schalung bedeutet. Die tangentiale Seitenkraft ist γd1 ∙ sin α, die der letztgenannten Reibung entgegenwirkt. Es bleibt in dieser Richtung eine spezifische Kraft von γd1 sin α – f1 übrig. Wenn daher ein Gleiten des Mauerwerkes auf der Schalung nicht stattfinden soll, so muß f1 > γ d1 sin α sein. Dieses Gleiten tritt erst ein, wenn f1 = γd1 sin α – γ d1 cos α tg S1 oder α = φ1. Von dieser Fuge noch weiter entfernte Wölbsteine werden aufeinander drücken derart, daß der radialen Seitenkraft, der Schwerkraft die Reibung von Stein auf Stein entgegenwirkt. Sei dieser Reibungswinkel φ, so ist diese Reibung f = γd1 sin α ∙ tg φ, daher der auf die Schalung wirkende Druck gegeben durch p2 = γd1 cos α – f = γd1 cos α (1 – tg α ∙ tg φ); p2 wird Null für (1 – tg α ∙ tg φ) = 0, d.h. α = 90 – φ. Zumeist nimmt man φ1 = 60° und φ = 33° bei trockenen Fugen und φ = 20–26° bei Fugen mit Mörtel. Die Bestimmung der radialen Drucke auf die Schalung erfolgt in der Regel auf zeichnerischem Wege durch Ermittlung der Drucklinie. Hierbei teilt man das Gewölbe vom Scheitel aus in 3 Teile, deren Zentriwinkel α = 0 bis α = φ1 α = φ1 bis α = 90 – φ und α > 90 – φ sind. Sodann legt man in gewissen, meist gleichen Entfernungen Radialstrahlen durch das Gewölbe. Im ersten Teile α < φ1 ergibt sich die radial gemessene Ordinate der Drucklinie als Projektion von d1 auf die Lotrechte; im zweiten Teile für Lehrgerüste ist diese Ordinate d1 cos α – d1 sin α ∙ tg φ. Man zieht daher durch den oberen Endpunkt des Gewölberadialstrahls A unter dem Winkel φ gegen die Wagrechte einen Strahl AD und macht BD = BE. In der Fuge, wo α = φ1 ist, tritt stets eine Unstetigkeit auf, die man in der Praxis durch eine ausgleichende Linie beseitigt, da ja in Wirklichkeit die Lage dieses Punktes nie scharf begrenzt sein wird. Die Ordinaten dieser Drucklinien stellen daher die spezifischen Belastungen dar für die Berechnung und Dimensionierung des L. von steinernen Brücken. Bei Stampf- und Eisenbetonbogenbrücken müssen aber auch noch die durch das Stampfen bedingten Erschütterungen sowie die Last der dicht stehenden Arbeiter berücksichtigt werden. Ferner kann bei solchen Brücken eine Verminderung des Gewölbedruckes infolge der Reibung zwischen den Gewölbesteinen untereinander, wie bei steinernen Brücken, nicht vorgenommen werden. Man rechnet daher hier entweder mit der tatsächlich vorhandenen Betonbogenstärke, vermehrt um rd. 400 kg/m2 Menschenlast oder mit der 1∙5fachen Betonbogenstärke, wobei auch die dynamischen Wirkungen infolge der Stampfarbeit berücksichtigt erscheinen.

2. Berechnung der Einzelteile. Die Schalhölzer gehen zwar kontinuierlich über die Kranzhölzer und werden kleinere Momente[79] aufweisen, als sich beim frei aufliegenden Träger ergeben. Infolge der dynamischen Einwirkungen und auch aus anderen Sicherheitsgründen (Verschieblichkeit der Lagerung) werden sie jedoch immer als zwischen den Kranzhölzern frei auflagernde Träger gerechnet. Nachdem der Druck des Gewölbes vom Scheitel gegen die Kämpfer zu abnimmt, pflegt man auch bei größer gespannten Steinbrücken die Stärken der Schalhölzer gegen die Kämpfer hin sprungweise zu vermindern, oder aber auch, ihren gegenseitigen Abständen entsprechend, zu vergrößern. Ist e der Abstand der Achsen zweier Schalhölzer, q der Druck f. d. Flächeneinheit auf dem L. und c der Abstand der Lehrbogen, b die Breite, h die Stärke des Schalholzes sowie s die zulässige Inanspruchnahme, so ist


Lehrgerüste

Setzt man s = 75 kg/m2, e = ε ∙ b und nimmt den größten Druck im Scheitel an q = γ ∙ d0, so ist


Lehrgerüste

wobei ε = 1, 1∙5–2∙0 anzunehmen ist. Unter 4–5 cm Stärke der Schalhölzer soll man jedoch nicht gehen.

Die Kranzhölzer werden ebenfalls auf Biegung gerechnet und kann man nach ermittelter Drucklinie die Unterstützungspunkte derart austeilen, daß auf jedes Feld der gleiche Druck entfällt, jede Strebe hat dann den gleichen Druck zu tragen, oder es tritt in jedem Felde eines Kranzholzes das gleiche größte Biegungsmoment auf, in welchem Falle von den früher ermittelten Druckordinaten noch die Wurzeln zu suchen wären und diese so neu ermittelte Druckfläche in flächengleiche Teile zu teilen wäre. In beiden Fällen wachsen die Feldweiten gegen die Kämpfer sehr rasch. In der Praxis pflegt man die Kranzhölzer nur für das erste Feld beim Scheitel zu berechnen und gibt bei einer mäßigen Zunahme der Feldweiten den übrigen Kranzhölzern dieselben Abmessungen. Bezeichnet man mit l die Stützweite eines Kranzholzes bei freier Lagerung (Stoß des Kranzholzes ober der Strebe), c den Abstand der Lehrbogen, q den der Drucklinie zu entnehmenden mittleren Gewölbedruck, b die Breite, h die Höhe des Kranzholzes, so ist


Lehrgerüste

Ist das Kranzholz zwischen seinen Enden noch durch ein Sprengwerk unterstützt, so kann näherungsweise gesetzt werden


Lehrgerüste

Die Ständer und Streben sind auf Knickung zu rechnen. Die meisten Tragwerke der L. sind statisch unbestimmte Konstruktionen und würde deren genaue Berechnung sehr viel Zeit und Mühe erfordern, was in gar keinem Verhältnis zur vorübergehenden Verwendung des L. stünde.


III. Allgemeine Anordnung der L.


Der Aufbau eines L. soll von unten nach oben erfolgen, indem man sich zuvor über die Anzahl der Stützpunkte für das Tragwerk klar wird. Bestehen bereits Widerlager oder Zwischenpfeiler, so können diese direkt zur Auflagerung des L. dienen. Bei Gewölben, unter denen das Erdreich erst später herausgehoben wird (Einschnitten, Kanalbauten), stützt man die Schalung direkt auf das Erdreich mittels Ständer, die durch Pfosten unterstützt sind, um ein Eindrücken in das Erdreich zu verhindern. Meistens wird man jedoch zu Zwischenstützen in Form von geschlagenen Pfahlreihen greifen, die in Entfernungen von 4–6 m angeordnet werden. Bei reißenden und gefährlichen Gewässern wird man gemauerte Zwischenstützen anordnen und diese so hoch führen, daß die Ausrüstungen und der unterste Teil des Obergerüstes ober dem größten Hochwasser zu liegen kommen. Die Lösung des Obergerüstes erfolgt Hand in Hand mit der Schalungsausbildung. Ist bei beschränkter Höhe die Trennung in Unter- und Obergerüst nicht möglich, so wird letzteres über etwas weiter abstehende Stützen ausgeführt, wofür die verschiedensten Sprengwerke vornehmlich Anwendung finden, die in diesem Falle eine freitragende Gerüstkonstruktion bilden und daher im allgemeinen größere Einsenkungen mit sich bringen. Ferner ist zu beachten, daß alle Gerüste gegen Windkräfte genügend seitlich ausgesteift sein müssen. Es werden hierzu Zangen- und Andreaskreuze senkrecht zur Brückenachse verwendet und auch eine Aussteifung in der Längsachse des Gerüstes. Am besten ist es, etwas oberhalb der Grundschwelle einen unteren Zangenverband zu machen und dann einen zweiten etwas unterhalb der Kranzhölzer des Bogens. Sämtliche Fußpunkte der Stützen und Streben sind in einer für die Kräfteaufnahme geeigneten Weise auszubilden. Um Eindrückungen solcher Streben auf einer durchgehenden Holzschwelle zu vermeiden, werden Stemmklötze aus Hartholz oder noch besser schmiedeeiserne Zwischenlager verwendet (Abb. 130 u. 131). Wegen der Senkungen, die das L. während der Ausführung des Gewölbes erfährt, muß jedem L. eine Überhöhung gegeben werden. Diese ist abhängig von der Spannweite des Bogens, von der Höhe des L. und von dessen Ausführungsart, sowie von der mehr oder weniger sorgfältigen Ausbildung der verschiedenen Knotenpunkte. Aus[80] diesen Gründen lassen sich keine allgemein gültigen Regeln für die Überhöhung geben und richtet man sich nach bereits ausgeführten L. Die mittlere Scheitelsenkung des L. bei ausgeführten Bogenbrücken für normale Fälle ergibt sich mit 0∙002 l bis 0∙004 l, wobei l die Lichtweite des Bogens bedeutet, und ist es angezeigt, eher eine größere als eine zu kleine Überhöhung vorzunehmen. Gegen die Kämpfer wird diese Scheitelüberhöhung parabolisch verjüngt. Was die Abbindung der Kranzhölzer anbelangt, so ist es insbesondere bei großen Bogenbrücken notwendig, einen eigenen Reißboden in der Nähe der Baustelle anzulegen und hier im Naturmaße den Bogen aufzutragen. Auch ist es angezeigt, während der Herstellung des Gewölbes stets einige tüchtige Zimmerleute innerhalb der Gerüstung sich aufhalten zu lassen, die insbesondere die Ausrüstungsvorrichtungen zu überwachen haben und im übrigen bei unvorhergesehenen Fällen stets rasch bei der Hand sind.


IV. Baustoffmengen und Kosten der L.


Nach Schönhöfer kommen bei L. mit einer genügenden Anzahl fester Stützpunkte auf 1 m3 Gewölbemauerwerk 0∙3 bis 0∙5 m3 Holz oder auf 1 m2 verbaute Fläche der Öffnung für eine Breite des Gewölbes von ungefähr 5 m je nach der Taltiefe 0∙2 bis 0∙35 m3 Holz. Bei L. mit nur wenigen festen Stützpunkten oder bei freitragend ausgebauten L. kommen auf 1 m3 Gewölbemauerwerk 0∙2 bis 0∙3 m3 Holz. Die Menge des in Form von Klammern, Schraubenbolzen, Bandeisen u. dgl. gebrauchten Schmiedeisens kann man etwa mit 10 bis 30 kg auf 1 m3 Holz veranschlagen. Bei Anordnung von eisernen Schuhen und kräftigen eisernen Knotenpunktsbewehrungen kommen auf 1 m3 Holz 40 bis 70 kg Eisen und noch mehr. Die Arbeitsleistungen der Zimmerleute zur Herrichtung und Aufstellung des L. können im Mittel rund mit 50 Arbeitsstunden für 1 m3 Holz im fertigen Gerüst berechnet werden. Im allgemeinen betragen die Baukosten für das L. 10 bis 20% der gesamten Bausumme der Brücke. Bedeutet l die Spannweite des Gewölbes, b die Breite des L., beide Maße in Metern, so ergeben sich die rohen beiläufigen Kosten des L. in Mark mit 1∙4 bl2.

Literatur: Winkler, Das Lehrgerüst. Vorträge über Brückenbau. Wien 1871. – Mehrtens, Ausführung und Unterhaltung der steinernen Brücken. Hb. d. Ing. W. Leipzig 1904. – Melan, Der Brückenbau. Bd. II., Leipzig und Wien 1911. – Nowak, Schalung bei Bogen. Hb. f. Eisenbetonbau, Bd. II., 2. Aufl., Berlin 1911 – Schönhöfer, Die Haupt-, Neben- und Hilfsgerüste im Brückenbau. Berlin 1911.

Nowak.

Abb. 116. Ständersystem.
Abb. 116. Ständersystem.
Abb. 117. Strebensystem.
Abb. 117. Strebensystem.
Abb. 118. Sprengwerksystem.
Abb. 118. Sprengwerksystem.
Abb. 119. Zentralstrebensystem.
Abb. 119. Zentralstrebensystem.
Abb. 120. Radialstrebensystem.
Abb. 120. Radialstrebensystem.
Abb. 121. Bogenträgersystem.
Abb. 121. Bogenträgersystem.
Abb. 122.
Abb. 122.
Abb. 123 a u. b.
Abb. 123 a u. b.
Abb. 124.
Abb. 124.
Abb. 125.
Abb. 125.
Abb. 126.
Abb. 126.
Abb. 127.
Abb. 127.
Abb. 128.
Abb. 128.
Abb. 129.
Abb. 129.
Abb. 130.
Abb. 130.
Abb. 131.
Abb. 131.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 74-81.
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