Pferdewagen

[69] Pferdewagen (horse-boxes, horse cars; waggons à chevaux, waggons écuries) (Luxuspferde-, Stallwagen), gedeckte Güterwagen, die ausschließlich für Pferdebeförderung dienen und zu diesem Zweck mit besonderen Einrichtungen bleibend versehen sind.

Die P. sollen ein sicheres und leichtes Ein- und Ausladen der Pferde gestatten; die Stände müssen so beschaffen sein, daß die Pferde sich weder gegenseitig noch an Wagenteilen verletzen können.

Die Pferde sollen während der Fahrt überwacht, getränkt und gefüttert werden können.

Für genügende Lüftung und Beleuchtung der Wagen soll vorgesorgt sein.

Der Fußboden darf nicht zu glatt sein und muß leicht gereinigt werden können.

Die P. sollen weicher abgefedert sein wie gewöhnliche Güterwagen.

Um P. auch in Personenzügen befördern zu können, werden sie mit Laufbrettern und mit Leitungen für durchgehende Bremsen und für Dampfheizungen eingerichtet.

Zum Ein- und Ausladen dienen Seitenwandschubtüren oder 2teilige Klapptüren von 1∙5–2∙0 m lichter Weite oder Stirnwandtüren; vereinzelt sind die Wagen mit beiden Arten von Türen versehen, um die Pferde sowohl an Längsrampen als auch an Stirnrampen aus- und einladen zu können.

Die 2teiligen Klapptüren sind meist so eingerichtet, daß der untere, in kräftigen Scharnieren umlegbare Teil als Verladebrücke zu benutzen ist.

Die Stirnwandtüren werden gewöhnlich als 2flügelige Drehtüren mit 1–1∙5 m lichter Weite hergestellt und führen entweder auf Plattformen mit abnehmbarem Geländer oder umlegbaren Geländerbruststangen oder unmittelbar auf umlegbare Verladebrücken.[69]

Die Pferde werden parallel oder quer zur Wagenlängsachse eingestellt. Die Längsstellung ist vorzuziehen, weil die Pferde bei stoßweisem Anziehen oder Zurückschieben der Wagen sicherer stehen und die Wartung und Pflege der Pferde hierbei leichter erfolgen kann.

Zur Trennung der einzelnen Pferdestände werden abnehmbare Scheidewände (Streichwände, Streichriegel) angebracht.

Sowohl die Scheidewände, als die zu den Ständen gehörigen Seitenwände werden zumeist gepolstert. Alle Säulen und vorstehenden Wagenteile, mit denen die Pferde in Berührung kommen können, werden abgerundet oder aber gleichfalls gepolstert.

Die lichte Höhe des Kastens ist an den Seitenwänden mit 2∙1–2∙2 m, in der Dachmitte mit 2∙3–2∙5 m, die lichte Türhöhe nicht unter 2∙0 m auszuführen.

An der Vorderseite der Stände werden Anbinderinge und abnehmbare Brustriegel angebracht, an die außen Futterkrippen eingehängt werden können.

Der Raum für jeden Stand ist im Lichten mit 0∙7–0∙9 m in der Breitenrichtung und 2∙3–2∙8 m in der Längsrichtung zu bemessen. Der mittlere Stand wird oft breiter gehalten als die äußeren Stände, um ihn für besonders starke Pferde verwenden zu können.

Bei vorn und rückwärts freien Ständen werden außer den vorne angebrachten Brustriegeln auch rückwärts gepolsterte Abschlüsse eingehängt, damit das Pferd nicht zu weit aus dem Stand treten kann.

Für die Begleiter und zur Unterbringung von Futter muß ein entsprechender Raum vorgesehen werden.

Zur Lüftung dienen Fenster in den Seitenwänden und Türen oder mit Schiebern verschließbare Öffnungen in den Seitenwänden, zum Teil auch Deckventilatoren.[70]

Zur Beleuchtung werden zumeist Deckenöllampen verwendet.


Ein P. der preußisch-hessischen Staatsbahnen ist in Abb. 54 dargestellt. Der Wagten ist 3achsig. Er enthält 2 Stallräume und einen Begleiterraum.

Durch die Scheidewände in den Stallräumen können je nach Wunsch 2 oder 3 Stände geschaffen werden.

Quer- und Stirnwände sind gepolstert. Die Türen in den Seitenwänden der Stallräume sind geteilt, u.zw. ist der obere Teil als Doppelflügeltür, der untere als zweiteilige, als Ladebrücke verwendbare Klappe ausgebildet.

Ein P. der Arms Palace Car Co. in Chicago ist in Abb. 55 ac dargestellt. Der Wagen ist 4achsig und zur Aufnahme von 16 Pferden bestimmt, von denen 8 in der Mitte des Wagens und je 4 in den Stirnräumen untergebracht werden.

Die Scheidewände in den Stallräumen sind verstellbar, damit nach Wunsch auch eine geringere Anzahl von Ständen geschaffen werden kann.

Eine Wandpolsterung ist nicht vorgesehen. Die Futtertröge sind in der Höhenrichtung verschiebbar angeordnet. Zur Mitnahme des Tränkwassers ist unterhalb des Fußbodens ein Wasserbehälter vorgesehen.

Die Seitenwandtüren sind doppelflügelige Drehtüren.

Schützenhofer jun.

Abb. 54. Pferdewagen der preußisch-hessischen Staatsbahnen.
Abb. 54. Pferdewagen der preußisch-hessischen Staatsbahnen.
Abb. 55 a. Pferdewagen der Arms Palace Car Co., Chicago.
Abb. 55 a. Pferdewagen der Arms Palace Car Co., Chicago.
Abb. 55 b.
Abb. 55 b.
Abb. 55 c.
Abb. 55 c.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 69-71.
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