Schmieden

[365] Schmieden (forging; forger; forgiare), Formgebung bezweckende Arbeit an Werkstücken aus Eisen und Stahl in der Glühhitze entweder unter Anwendung von Hammerschlägen (S. im engeren Sinn) oder von ruhigem Druck (Preßschmieden). Man hat ferner zu unterscheiden das S. mit der Hand und das S. mittels Maschinen. Es werden dabei Formen erzeugt, die entweder nur wenig Nacharbeit oder die zur Erzielung genauer Abmessungen noch eine weitere Ausarbeitung erfordern.


Das zu schmiedende Material wird für die Bearbeitung rotglühend oder schwach weißglühend und nur zum Schweißen hell weißglühend (schweißwarm) gemacht. In diesem Zustand wird das Material so lange bearbeitet, bis es dunkelrotglühend wird, worauf das Schmiedstück, wenn es die verlangte Form noch nicht erlangt hat, nochmals erhitzt werden muß.


Zur Erwärmung des zu schmiedenden Materials dienen Schmiedfeuer oder Glüh- oder Schweißöfen.


Die Schmiedfeuer (Schmiedherde) sind entweder an eine Wand aus mit Eisenplatten armiertem Mauerwerk oder aus einem Gußeisentisch T (Abb. 220) mit einem darüber befindlichen Rauchmantel R hergestellt, der den Rauch in einen in der Mauer angebrachten Schornstein S führt, oder sie sind freistehend angeordnet, in welch letzterem Fall ein konischer Rauchmantel mit blechernem Abzugrohr sich darüber befindet. Um starke Hitze zu erzielen, wird dem Feuer von einem Gebläse oder einem Ventilator gepreßte Luft durch ein Rohr v mit Absperrvorrichtung w zugeführt. Diese Luft- oder Windleitung mündet durch eine Düse D (Windform, Esse) in den mit feuerfesten Steinen ausgemauerten Feuerraum F. Die Düse besitzt eine kreisrunde, eine oder 2 rechtwinklige Windaustrittsöffnungen. Als Brennmaterial wird außer Holzkohle und Koks gern Steinkohle verwendet, die zusammenbackt und an der Oberfläche eine dichte Decke bildet, die die Hitze im Innern zusammenhält und außen durch Abkühlung am Verbrennen gehindert wird. Die Abkühlung erfolgt durch Wasseraufspritzen aus dem Löschtrog L vermittels eines Löschwedels (ein an einem Stiel befindliches, unten durchlöchertes Gefäß) oder eines Lappens.

Die bei der Verbrennung sich bildende Schlacke wird mit einem Haken oder Löschspieß (d.i. eine zugespitzte Eisenstange) aus dem Feuerraum entfernt und in den Schlackenraum C gebracht.

Für große Schmiedstücke und solche, die mit dem Brennmaterial nicht unmittelbar in Berührung kommen dürfen oder gleichmäßig erwärmt werden sollen, werden Glüh- oder Flammöfen verwendet. Abb. 221 zeigt einen derartigen Ofen im Längsschnitt.

Beim S. mit der Hand werden hauptsächlich folgende Werkzeuge angewendet:

Der Amboß (Abb. 222 a u. b) ist die feste Unterlage, die die durch die Hammerschläge hervorgebrachten Stöße aufzunehmen hat und daher entsprechend schwer sein muß (150–220 kg). Er ist aus Schmiedeisen, mit glatter, ebener Oberfläche hergestellt, die die Bahn genannt wird und durch eine aufgeschweißte Stahlplatte dauerhafter gemacht ist. In der Bahn befinden sich 1–2 4eckige Löcher, um Dorne, Gesenke u. dgl. einstecken zu können.[365]

Der Amboß wird mit seiner Oberkante etwa 680 mm über dem Fußboden auf einen in den Boden gesetzten Eichen- oder Steinblock gestellt.

Je nach der Form unterscheidet man den deutschen Amboß mit rechteckiger Bahn, den englischen mit einem Hörn und den französischen mit einem keil- und einem kegelförmigen Hörn.

Das Sperrhorn ist ähnlich dem Amboß, nur viel schwächer als dieser in den Abmessungen gehalten und unten mit einem Zapfen zum Einstecken in einen Eichenklotz versehen. Das Sperrhorn wird nur für kleinere Schmiedarbeiten verwendet.

Die Hämmer, mit denen dem zu schmiedenden Material die verlangte Form gegeben wird, werden von Hand oder aber auch vermittels Maschinen bewegt. Im folgenden werden nur die ersteren behandelt.

Je nach der Größe unterscheidet man folgende Hämmer: Handhämmer, 1–3 kg schwer, mit 450–550 mm langem Stiel, werden mit einer Hand geführt, u.zw. vom Schmied (Meister, Feuerburschen); Vorschlag- oder Zuschlaghämmer, 3–10 kg schwer, mit 700–900 mm langem Stiel, werden mit beiden Händen vom Schmiedhelfer (Zuschläger) geschwungen. Diese Hämmer sind mitunter auch Kreuzschlaghämmer.

Setzhämmer sind Werkzeuge, die nach Art der Hämmer mit einem Holzstiel versehen sind und dem Zweck zu dienen haben, mehrere kräftige Schläge auf eine ganz bestimmte Stelle des Schmiedstücks führen zu können. Die Setzhämmer haben daher auf einer Seite eine Bahn oder Finne, mit der sie auf den Gegenstand gesetzt werden, daher der Name, und auf der andern Seite einen Kopf, auf den mit dem Vorschlaghammer geschlagen werden kann.

Schrotmeißel und Abschrot werden zum Zerteilen des Schmiedstücks verwendet.

Der Abschrot ist ein mit der Schneide nach oben gekehrter, in das Amboßloch eingesteckter Meißel. Der Schrotmeißel hat eine Form ähnlich jener eines Setzhammers mit Finne, besitzt jedoch an Stelle der letzteren die Meißelschneide. Die Schläge werden auf den oberen Teil des Schrotmeißels mit dem Vorschlaghammer gegeben.

Ferner sind Hohlformen aus Stahl, Gesenke zum Ausschneiden zylindrischer oder prismatischer Stücke in Verwendung; u.zw. gibt es einfache und doppelte Gesenke; letztere bestehen aus einem Ober- und einem Unterteil.

Der Gesenkoberteil (Abb. 223 a) ist nach Art der Setzhämmer mit einem Stiel versehen; bei seiner Verwendung werden auf denselben Schläge mit dem Vorschlaghammer gegeben. Der Gesenkunterteil (Abb. 223 b) ist mit einem nach abwärts gerichteten 4kantigen Zapfen versehen, mit dem er in das Amboßloch eingesetzt wird.

Der Gesenkstock (Abb. 224), jetzt nur vereinzelt in Verwendung, ist ein gußeiserner Block von etwa einem Drittel Würfelform, der Durchbohrungen von kreisrunden, rechteckigen und quadratischen Querschnitten besitzt, während sich am Umfang prismatische Einschnitte von halbrunden, halbsechseckigen und rechteckigen Querschnitten befinden.


Die beim S. vorkommenden Hauptarbeiten sind: das Strecken, das Stauchen, das Biegen und das Schweißen.

Das Strecken. Durch Hämmern mit der Finne gegen das auf der Amboßbahn liegende Schmiedstück wird es verbreitert bzw. gestreckt.

Das Stauchen. Wird ein Schmiedstück genügend erhitzt und in der Längsrichtung mit dem Hammer gegen das Ende geschlagen oder gegen den Amboß oder gegen eine im Fußboden befindliche Platte gestoßen, so erfolgt eine Verdickung, d.i. Stauchung der glühend gemachten Stellen.

Das Biegen. Das Werkstück wird über das Horn des Ambosses oder Sperrhorns oder eines Dorns gelegt und werden sodann auf eine frei überstehende, nicht unterstützte Stelle Hammerschläge gegeben. Scharfeckige Biegungen werden hergestellt, indem man das Schmiedstück anschließend um, die Kante des Ambosses herum hämmert. Größere Gegenstände werden durch eigene Biegemaschinen gebogen, durch Hämmern über eigene Formen oder mittels Pressen.

Zum Schweißen werden in der Regel die 2 zu schweißenden Teile abgefinnt, d.h. keilartig ausgeschmiedet und mit diesen keilartigen Stellen aufeinandergelegt oder es wird ein Teil gabelartig aufgehauen und der andere Teil keilartig ausgeschmiedet und in den Spalt des ersteren eingefügt. Zu entsprechender Schweißung werden dann die zu schweißenden Teile in Schweißhitze versetzt und durch Hammerschläge oder durch inniges Zusammenpressen vereinigt.

Für die Massenherstellung von Bolzen und Schrauben, zum Strecken und Stauchen runder Gegenstände, zum Einziehen von Rohren u.s.w. finden auch besondere Schmiedmaschinen Verwendung.

Eine solche Schmiedmaschine hat im allgemeinen die folgende Einrichtung: In einem kräftigen gußeisernen Gestell sind die Ambosse mittels Schrauben und hölzerner Zwischenlagen elastisch befestigt, um den rasch aufeinanderfolgenden Hammerschlägen Widerstand zu leisten. Im Oberteil des Gestells ist eine Antriebwelle mit Schwungrädern und Riemenscheiben zum Antrieb von der Transmission gelagert und trägt die Exzenter, die die Oberteile der Hämmer lagerartig übergreifen. In die Ambosse und Hämmer sind die erforderlichen Formen nach Art der Gesenke aus Stahl eingesetzt und können erstere vermittels Handräder und Zahnräderübersetzung beliebig höher oder tiefer gestellt werden.[366]

In der Regel ist unter diesen Gesenken auch eine Abschneide- oder Abscheervorrichtung für kurze Gegenstände vorhanden.

Schmiedpressen wurden zuerst von Haswell in Wien gebaut und haben den Zweck, große Schmiedstücke von zusammengesetzter Form, wie Kurbeln, Kreuzköpfe, Dampfkolben, Achsbüchsen, Lokomotiv- und Tenderradsterne u.s.w. mit einem einzigen kräftigen Druck als fertig geschmiedetes Stück herstellen zu können.

Die Schmiedpressen werden für einen Arbeitsdruck von 75.000–2,000.000 kg ausgeführt.


Die von Haswell gebaute Presse besteht aus 2 in derselben Achse lotrecht übereinander liegenden hydraulischen Zylindern, wovon der untere der eigentliche Preßzylinder und der obere der Hebe- oder Differentialzylinder zum Heben des Preßkolbens nach erfolgtem Niedergang ist. Diese Zylinder sind in ein Querstück eingesetzt, das durch 4 starke schmiedeiserne Säulen mit einem entsprechenden, auf einem Fundament ruhenden Unterteil verbunden ist.

Letzteres bildet den Amboß oder den Gesenkunterteil, während der Preßkolben den Hammer oder den Gesenkoberteil darstellt. Die Kolben der beiden Zylinder sind miteinander gekuppelt und arbeiten daher zusammen.

Das erforderliche Druckwasser wird mittels einer in der Nähe der Presse befindlichen liegenden Dampfmaschine beschafft, die 2 zu beiden Seiten des Dampfzylinders in der Verlängerung der Kolbenstange symmetrisch angeordnete Pumpen treibt.

Das Ein- und Auslaßventil steht mit je einem kleinen Dampfzylinder in Verbindung, welch letztere vermittels Muschelschiebern von Hand gesteuert werden und so den Maschinisten in die Lage versetzen, die Wirkung der Presse vollkommen in der Gewalt zu haben, so daß je nachdem das Ein- und Auslaßventil geöffnet oder geschlossen wird, der Arbeitsdruck von Null bis zum größten Effekt gesteigert werden kann.


Bei der Schmiedpresse ist es möglich, auf das stärkste Schmiedstück den größten Druck auszuüben, während beim Dampfhammer die Wirkung des Hammerbären wegen des verringerten Hubs bei starken Schmiedstücken verringert wird.

Die Anzahl der Hube hängt lediglich von der Geschwindigkeit ab, mit der die Ventile gesteuert werden.

Um die infolge der großen hin- und hergehenden Massen des Dampfkolbens beim Hubwechsel, besonders bei rascher Preßarbeit sehr bedeutend werdenden Stöße zu vermeiden, hat Kaselowky in Berlin anstatt der Dampf pumpe unter Beibehaltung der Ventilsteuerung einen Akkumulator angewendet, der jedoch nicht durch Gewichte, sondern durch Dampf belastet wird.

Eine andere Bauart sind die Dampfschmiedpressen mit Wasserdruck-Übersetzung der Kalker Werkzeugmaschinenfabrik bei Cöln a. Rh., die im wesentlichen aus dem sog. Dampftreibapparat und der eigentlichen Presse bestehen.


Ersterer setzt sich zusammen aus dem auf kräftigen Fundamentrahmen befestigten lotrechten Antriebdampfzylinder und einem darüber mittels 4 geschmiedeter Zuganker, 4 gußeiserner Säulen und Platte befestigten kleinen hydraulischen Zylinder aus geschmiedetem Stahl, dessen Kolben die Kolbenstange des darunter befindlichen Dampfzylinders ist. Die Steuerung erfolgt mittels eines eigenen entlasteten Kolbenschiebers. Nach geschehener Pressung findet der Rückgang des großen Dampfkolbens selbsttätig durch dessen Eigengewicht statt.

Die Presse selbst besteht aus einem kräftigen Oberteil, der den großen hydraulischen Zylinder aus Stahlguß trägt, und aus einem Unterteil aus Gußeisen. Oberteil und Unterteil sind durch 4 stählerne Säulen miteinander verbunden. An der Unterseite des Preßkolbens ist ein an diesen Säulen sicher gleitendes Führungsstück zur Aufnahme der Hammerbahn oder der Gesenkteile angebracht.

Wenn der Dampf in den großen Dampfzylinder unter dem Kolben eintritt, so bewegt sich dieser aufwärts und die Kolbenstange verdrängt das Wasser aus dem oberen kleinen hydraulischen Zylinder des Treibapparats und drückt es in den großen hydraulischen Zylinder der Presse, wodurch dessen Kolben auf das Führungsstück drückt und so die Pressung vollzieht.

Zum Heben des Preßkolbens samt der Preßtraverse dienen ein oder mehrere kleine, über dem Preßzylinder befindliche, einfach wirkende Dampfzylinder, deren Kolbenstangen mit der Traverse verbunden sind. Diese können je nach Bedarf von der Zentralsteuerung aus gesteuert werden. Durch Umschaltung der Steuerung der Hebezylinder kann man in beliebiger Höhe mit kurzen Auf- und Abbewegungen arbeiten.


Diese Schmiedpressen haben den großen Dampfhämmern gegenüber noch den besonderen Vorteil, daß sie ganz geräuschlos und stoßfrei arbeiten und nur geringe Fundamentkosten erfordern.

Abb. 220.
Abb. 220.
Abb. 221.
Abb. 221.
Abb. 222 a u. b.
Abb. 222 a u. b.
Abb. 223 a u. b.
Abb. 223 a u. b.
Abb. 224.
Abb. 224.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 365-367.
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Faksimiles:
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