Tiefbohrungen

[313] Tiefbohrungen.


Inhalt: I. Allgemeines über Anwendung der T. – II. Beschreibung der Tiefbohrverfahren: 1. Meißelbohrungen; 2. Kronenbohrungen. – III. Vor- und Nachteile und Anwendung der verschiedenen Arten von T. Behandlung der Bohrproben.


I. Allgemeines über Anwendung der T.


Die T. finden im Eisenbahnwesen in erster Linie zur Aufklärung der Gebirgsverhältnisse beim Tunnelbau Anwendung, u.zw. besonders dann, wenn es sich um Tunnel mit großer Überlagerungshöhe handelt.

Daneben können sie sehr wohl zur Ermittlung der Wasserzuflüsse und der Wärmeverhältnisse im Tunnelgebirge mit Vorteil verwendet werden.

Sodann lassen sie sich, wie die Erfahrungen des Feldzugs gezeigt haben, in vorteilhafter Weise dazu benutzen, um starke Wasserzuflüsse in Einschnitten u.s.w., die durch wassertragendes Gebirge am Versacken gehindert werden, in tiefe, belegene, zerklüftete und wasserführende Schichten abzuleiten. Endlich können sie recht wohl zur Erschließung von in größerer Tiefe liegendem Druckwasser ausgeführt werden.


II. Beschreibung der Tiefbohrverfahren.


Die T. zerfallen in 1. Meißelbohrungen und 2. Kronenbohrungen. Ihre Technik ist namentlich in Deutschland und Österreich zu hoher Vollendung gediehen. Insbesondere haben die deutschen Bohringenieure Tiefen erzielt, wie sie weder andere europäische, noch amerikanische Staaten erreicht haben. Gegenwärtig sind in Deutschland mit dem Meißel Bohrungen bis zu 1300 m, mit der Krone solche bis zu 2240 m Tiefe ausgeführt worden. Auch die Tagesleistungen sind z.T. sehr große. Es sind bei Verwendung des Meißels an einem Tag bis zu 160 m, bei Verwendung der Diamantkrone an einem Tag bis zu 50 m, letztere einmal in ziemlich ungünstig ausgebildetem Buntsandstein abgebohrt worden.

Von den zurzeit im Gebrauch befindlichen Tiefbohrapparaten sind nachstehend jene näher beschrieben, die sich am besten für Bodenuntersuchungen des Eisenbahnbaues eignen.


1. Meißelbohrungen.


Bei den Meißelbohrungen sind 2 Arten, die Freifall- und die Schnellschlagbohrung, zu unterscheiden. Bei der ersteren beträgt die Anzahl der Schläge höchstens 60 in der Minute mit 60–80 cm Hubhöhe, während bei der letzteren bis zu 120 Schläge in der Minute mit 8–10 cm Hubhöhe gemacht werden können.

Des weiteren lassen sich die Meißelbohrungen in Trockenbohrungen und Spülbohrungen einteilen. Bei der Trockenbohrung arbeitet der Meißel entweder in vollkommen wasserfreiem Bohrloch oder im Grundwasser bzw. im Gebirge mit Quellzutritt. In sehr hartem trockenen Gebirge muß dem Bohrloch allerdings von Zeit zu Zeit etwas Wasser zugeführt werden. Der Bohrschlamm wird bei diesem Verfahren mittels der Schlammbüchse aus dem Loch entfernt. Mit Rücksicht auf die hierdurch entstehende zeitraubende Unterbrechung der Arbeit kommt dieses Verfahren mehr und mehr in Abnahme; für größere Tiefen als 200 m sollte es überhaupt nicht mehr angewendet werden.

Bei der Spülbohrung wird der Bohrlochsohle durch das hohle Bohrgestänge beständig Druckwasser zugeführt, das den Bohrschlamm in den ringförmigen Hohlraum zwischen der Bohrwand und dem Gestänge ununterbrochen zu Tage spült. Bei 50 cm Sekundengeschwindigkeit des aufsteigenden Wasserstroms werden Gesteinsstücke von 2 cm Durchmesser, bei 100 cm solche von 5 cm Durchmesser, bei 200 cm sogar Metallteile des Bohrgezähes, die sich etwa losgelöst haben, zu Tage gefördert.

Die Bohrapparate bestehen aus dem eigentlichen Bohrgezähe, dem Gestänge mit seinen Verbindungen, den Haspeln, dem Antrieb und dem Motor. Dazu kommen noch die Verrohrung des Loches, zahlreiche Instrumente zum Auswechseln einzelner Teile der Apparate und für Fangarbeiten u.s.w. bei Betriebsstörungen. Ferner tritt bei den Spülbohrungen noch die[313] Spülpumpe mit ihren Rohren und Schläuchen hinzu.

Sämtlichen hier in Frage kommenden Apparaten gemeinsam ist als Antrieb der Bohrschwengel. Er besteht aus einem ungleicharmigen Hebel, dessen kürzerer Arm, der Schwengelkopf, das Bohrgestänge hebt und senkt, während der längere Arm, der Schwengelschwanz oder das Schwengelende, bei der Freifallbohrung mit dem Kolben des Schlagzylinders, bei dem Schnellschlag mit einer Pleuelstange oder einem Exzenter nebst Exzenterstange gekuppelt ist. Bei größerer Tiefe des Bohrlochs wird das Schwengelende derartig mit angehängtem Gewicht belastet, daß dadurch ein Teil des Gestängegewichts ausgeglichen ist. Der Schwengel ist entweder aus einem sehr kräftigen, 4kantigen Holzbalken oder aus einem genieteten Eisenträger gebildet und mittels eines wagrechten Zapfens in etwa 2∙0 m Höhe über dem Boden auf den Schwengelbock verlagert. Das Gestell des letzteren ist gleichfalls aus Holz oder aus Profileisen hergestellt.


Freifallbohrung.


Das eigentliche Bohrgezähe besteht aus dem Meißel, bei der Freifallbohrung außerdem noch dem Bär und dem Freifallstück.

Der Meißel wird aus Schmiedeeisen mit gehärteter Schneide, besser noch aus Gußstahl hergestellt. Seine Schneidebreite schwankt zwischen 100 und 400 mm, sein Gewicht zwischen 20 und 250 kg. Bei der Spülbohrung sind Meißelgewinde und -schaft hohl, damit die Spülung aus dem Hohlgestänge die Bohrlochsohle neben der Meißelschneide trifft. Neben den eben beschriebenen Flachmeißeln kommen noch sog. Kernstoßmeißel vor, die ringförmigen Querschnitt besitzen und in der Mitte des Bohrloches einen Kern von Gestein stehen lassen. Bei der Freifallbohrung beträgt, wie bereits bemerkt, die Hubhöhe des Meißels bis zu 80 cm. Diesen Hub müßte bei steifem Gestänge – englische Bohrmethode – das ganze Gestänge mitmachen. Bei größerer Tiefe des Bohrloches und dementsprechendem, sehr bedeutendem Gewicht des Gestänges würde das letztere infolge der Stauchungen häufigen Brüchen ausgesetzt sein.

Man hat deshalb beim Freifallbohren mit der großen Hubhöhe zwischen Meißel und Gestänge den Bär und ein sog. Freifallstück eingefügt – deutsche Bohrmethode. Der Bär hat lediglich den Zweck, den Meißel zu belasten; er ist 200–500 kg schwer und besteht aus einem voll- oder hohlzylindrischen Stück Eisen, das unten ein Muttergewinde zum Aufschrauben auf das Meißelende, oben ein Gewinde für die Verbindung mit dem Freifallstück besitzt. Letzteres ist recht verschiedenartig gebaut. Am zweckmäßigsten hat sich noch das am häufigsten angewendete Fabiansche Freifallstück erwiesen.

Das Oberstück O (Abb. 297) besteht aus 2 Teilen, die oben und unten durch warm aufgezogene Ringe verbunden sind. In seinem Schlitz, der sich oben zu einem Keilsitz K verbreitert, gleiten die Flügelkeile F des Unterstücks U. Steht letzteres auf seinem tiefsten Punkt, so ruht der Meißel auf der Bohrlochsohle. Senkt sich O mit dem Gestänge, so schiebt sich U mit seinen Flügelkeilen F F in O in die Höhe, die Keile werden am höchsten Punkt seitlich auf den Keilsitz K gedrängt. In dieser Stellung wird das Ganze auf dem Gestänge hochgehoben, letzteres erhält über Tag eine Prellung und zugleich eine kurze Drehung. Dadurch werden die Flügelkeile nach rechts geschoben, U mit dem daranhängenden Bär und Meißel wird abgeworfen und der Meißelschlag auf die Sohle erfolgt, ohne daß das Gestänge beansprucht wird.

Als Gestänge werden bei T. heutzutage vorwiegend Mannesmannrohre von je 5 m Länge mit angedrehten konischen Gewinden für die Verbindung der einzelnen Rohre miteinander[314] verwendet, u.zw. so, daß das Muttergewinde jeweils am unteren Ende des Rohres sitzt.

Über Tag wird das Gestänge am Schwengelkopf aufgehängt. Da es aber beim Bohren mit Zunahme der Lochtiefe nachgesenkt und von Zeit zu Zeit durch Aufsetzen einer neuen Stange verlängert werden muß, so ist am oberen Ende des Gestänges noch die sog. Nachlaßvorrichtung (Abb. 298) eingefügt. Sie bestand ursprünglich aus einer einfachen, 1–1∙5 m langen Schraubenspindel, die mittels Wirbel W am Schwengelkopf aufgehängt war, und aus der sog. Schere S, in deren Mutter M die Spindel gehoben und gesenkt werden konnte. Am unteren oder oberen Ende der Schere, die das Gestänge trägt, ist der Krückel K zum Umsetzen und Abwerfen des Meißels angebracht. Diese einfache und dauerhafte Vorrichtung ist auch jetzt noch vielfach in Gebrauch. Sie verlangsamt aber den Bohrbetrieb insofern, als jedesmal, nachdem das untere Ende der Schraubenspindel in der Mutter M angelangt ist, ein neues, noch dazu nur etwa 1∙5 m langes Gestängestück zwischen der Schere und dem Gestänge eingesetzt werden muß.

Zur Vermeidung dieses Übelstandes ordnet man 2 Spindeln nebeneinander an; diese sind oben und unten durch Traversen verbunden, auf die das nach oben über die obere Traverse hinausragende oberste Gestängerohr mit einfachem Rohrbündel abgefangen ist. Hierdurch wird erreicht, daß die Unterbrechung der Bohrarbeit bei Ablauf der Spindel auf das Zurückschrauben der Muttern, das Lösen des Rohrbündels und das Wiederfestschrauben des letzteren in 1∙5 m höherer Lage beschränkt ist. Auch diese Unterbrechung wird noch in zweckmäßiger Weise durch die stetig wirkende Nachlaßvorrichtung des Bergrats Köbrig (Abb. 299) vermieden. Bei dieser besitzen die beiden Schraubenspindeln in der oberen Hälfte Rechtsgewinde, in der unteren Linksgewinde. Jede Traverse trägt Muttergewinde für die Spindeln, deren Bewegung unten durch Zahnräder Z und ein kleines Handrad bewirkt wird. Ist das Gestänge mit dem Bündel Bu der Traverse Tu abgefangen, so ist Bo lose. Beim Bohren und Drehen der Spindeln bewegt sich Tu mit dem Gestänge nach unten, bis sie am unteren Spindelende angekommen ist. Dabei ist gleichzeitig To am oberen Spindelende angelangt. Jetzt wird Bu gelöst, Bo festgemacht und damit das Gestänge auf To abgefangen. Die Gestänge werden von jetzt ab in umgekehrter Reihenfolge gedreht, die obere Traverse To mit dem Gestänge bewegt sich abwärts, während die unbelastete Tu wieder aufsteigt u.s.w.

Das Aufholen und Einlassen des Gestänges und Bohrgezähes erfolgt durch einen besonderen Haspel, dessen Seil über eine kräftige, im höchsten Punkt des Bohrturms über dem Bohrloch aufgehängte Seilscheibe führt. Der Haspel wird maschinell betrieben und bietet in seiner Bauart nichts bemerkenswertes.

Die Bewegung des Bohrschwengels und damit des Meißels wird durch den Schlagzylinder bewirkt, der unterhalb des Schwengelendes aufgestellt ist.

Er stellt einen Dampfzylinder dar, dem der Dampf durch Rohrleitung in der Regel von einer Lokomobile her zugeleitet wird. Die Kolbenstange greift am Schwengelende an; sie zieht es nach jedem Schlag abwärts, hebt also den Schwengelkopf mit dem daran hängenden Gestänge. Der Zylinder besitzt selbsttätige Umsteuerung. Der Dampf pufft nach jedem Kolbenhub aus, wobei dann das Übergewicht des Gestänges den Schwengelkopf senkt, das Ende hebt. Neuerdings ist in einzelnen Fällen der stehende Schlagzylinder durch Pleuelstangenexzenter ersetzt worden, die durch Riementrieb von der Lokomobile her bewegt werden.

Als Motor dient vorwiegend die Lokomobile, die je nach der Tiefe der Bohrung 10–40 PS. besitzt. Elektrische Kraftübertragung ist bislang nur sehr selten verwendet worden.

Wie oben bemerkt, erfolgt die Förderung des Bohrschlamms von der Lochsohle bei Bohrungen geringer Tiefe durch die Schlammbüchse, einen Blechzylinder mit Klappenventil im Boden. Sie wird mit Seil eingelassen und gehoben.

Tiefere Bohrungen werden besser mit Wasserspülung ausgeführt, wobei das Wasser durch das Hohlgestänge der Lochsohle zuströmt.

Von der im Bohrturm aufgestellten Riemen- oder Dampfpumpe geht das Wasser dem Hohlgestänge durch einen Schlauch zu. Dieser endigt in einem einfachen Gestängekopf, der auf das obere Ende des Gestänges aufgeschraubt ist. Der Kopf ist mit oberer und unterer Stopfbüchse versehen, so daß auch drehende Bewegung des Gestänges ohneweiters möglich ist.[315]

Wie bei den Seichtbohrungen muß das Bohrloch auch bei der Tiefbohrung gegen »Zusammengehen« durch Futterrohre geschützt werden, die nur in ganz festem Gebirge entbehrt werden können. Sofern eine solche Rohrtour, die mehrere 100 m lang sein kann, im Loch nicht mehr abwärts bewegt werden kann, wird innerhalb derselben eine engere eingeführt. Bei sehr tiefen Bohrungen stehen des öfteren 5–6 Rohrtouren ineinander. Selbstverständlich nimmt mit der Weite der Futterrohre auch die Lochweite und die Meißelbreite ab.


Schnellschlagbohrung.


Bei den Schnellschlagbohrungen wird auch bei größter Tiefe das Freifallstück und der Bohrbär ausgeschaltet. Der Meißel ist also unmittelbar an das untere Gestängeende angeschraubt. Das Gestänge wie auch die sonstigen Teile des Bohrapparates besitzen im allgemeinen die gleiche Anordnung wie bei der Freifallbohrung. Um indes die bei den schnell aufeinander folgenden Schlägen eintretenden Stauchbeanspruchungen möglichst unschädlich zu machen und insbesondere das Gestänge vor Beschädigungen zu schützen, wird der Bohrschwengel in elastischem Rahmen aufgehängt, der auf einer Gruppe von Pufferfedern gelagert ist. Bei anderen Bauarten erhält der Schwengel selbst eine Verlagerung auf Pufferfedern oder eine Unterstützung durch Gestängevierecke mit Federn.

Der Schwengel wird durch Pleuelstange oder Exzenter bewegt, da der Schlagzylinder die große Anzahl der Schläge nicht zu leisten vermag.

Mit den Schnellschlagapparaten lassen sich in günstigem Gebirge Tagesfortschritte erzielen, die jene der Freifallbohrungen um das 5–10-fache übertreffen. Anderseits erfordern die ersteren verhältnismäßig viele Reparaturen. Am besten bewährt haben sich bislang die Schnellschlagapparate System »Raky« und System der Deutschen Tiefbohrgesellschaft zu Nordhausen. Ferner sind folgende Systeme zu nennen: Thumanns Schnellschlagapparat, Faucks Expreßbohrkran, Trauzls Rapid-Bohrkran.


2. Kronenbohrungen.


Bei den Kronenbohrungen wird im Bohrloch nicht der ganze Vollzylinder des Gebirges zermalmt, sondern nur ein ringförmiger Hohlraum eingeschnitten, in dessen Mitte ein Gebirgskern unverletzt stehen bleibt. Geschickte Bohrmeister liefern im festen Gebirge nicht selten Kerne ab, deren Gesamtlänge bis 98% der Bohrlochtiefe beträgt. Im einzelnen sind Kerne mit Stücklängen von mehr als 10 m vorgekommen.

Die Bohrung wird stets als Spülbohrung und so ausgeführt, daß die Krone, ein Hohlzylinder, dessen Faß das Einschneiden in das Gebirge besorgt, mit dem Gestänge in drehende Bewegung gesetzt wird.

Das eigentliche Bohrgezähe besteht aus der Krone und dem Kernrohr.

Bei weicheren Gesteinen stellt die Krone einen Hohlzylinder aus Stahl dar, dessen unterer Rand gezähnt ist.

Im festeren Gebirge muß dagegen der untere Kronenrand mit Diamanten besetzt werden. Versuche der amerikanischen Bohringenieure, die Diamanten durch Karborund zu ersetzen, haben sich nicht bewährt.

In den unteren Rand der Krone werden zur Aufnahme der Diamanten Löcher gebohrt, in diese die Steine eingesetzt und dann die Löcher wieder mit Kupfer verstemmt. Die Diamanten sind dabei etwa so auf der Ringfläche zu verteilen, wie Abb. 300 zeigt. An der Innen- und Unterseite der Krone sind flache Rinnen angebracht, die die Wasserwege für die Spülung bilden. Im mittleren Teil sind die Innenwände konisch nach unten verengt: in diesem konischen Teil der Krone liegt ein Federring – vgl. Abbildung – der an der Innenseite 4 oder 5 Dornfortsätze trägt. Wird die Krone angehoben, so wird der Federring nach unten gedrängt, er wird enger, seine Dornfortsätze krallen sich in den Gebirgskern ein und der letztere wird bei weiterem Anheben des Gestänges abgerissen und mit zu tage gefördert.

Der Durchmesser der Kronen und demzufolge auch der Kerne ist sehr verschieden. Im[316] allgemeinen wird man mit dem Kronendurchmesser nicht über 40 cm hinausgehen. In den untersten Tiefen der beiden über 2000 m tiefen Bohrungen von Paruschowitz und Czuchow hatten die letzten Kerne nur noch wenige cm Durchmesser.

Um möglichst lange Kerne abbohren zu können, setzt man auf die Krone noch ein Kernrohr, das als einfacher Hohlzylinder die Verlängerung der Krone nach oben bildet und das sich mit dem Fortschreiten der Bohrung allmählich über den Kern herabsenkt. Das Kernrohr kann bis zu 15 m Länge erhalten. Größere Längen sind unzweckmäßig, weil sowohl das Gewicht des Kernrohrs wie auch das des abgerissenen Kernes zu groß wird.

Das Gestänge ist das gleiche wie bei der Meißelbohrung, doch fehlt an seinem oberen Ende die Nachlaßvorrichtung.

Die Drehung des Gestänges und der Krone erfolgt mittels des Bohrwagens, der auf einer Bühne im Bohrturm 5–6 m über dem Erdboden aufgestellt ist.

Der Bohrwagen (Abb. 301) trägt eine wagrechte Welle, an deren einem Ende die Riemenscheibe R für den Antrieb, an deren anderm ein stehendes Kegelrad aufgekeilt ist. Letzteres treibt ein liegendes Rad an, dessen Nabe eine hohle Spindel, die sog. Bohrspindel B umschließt. Die Spindel ist in der Nabe senkrecht verschiebbar. In B wird das Gestänge mit Klemmfutter befestigt; es muß also die Drehung des Kegelrades und der Spindel mitmachen. Letztere ist aber am Schwengelkopf aufgehängt und mittels des Schwengels so ausbalanciert, daß die Krone im Bohrloch höchstens 250–400 kg Belastung erhält. Die Zuführung der Spülung erfolgt in gleicher Weise wie bei der Meißelbohrung von oben her.

Durch Lösen des Klemmfutters und der Spindel, durch Aufziehen der letzteren und Zurückfahren des Bohrwagens kann das Gestänge in wenigen Minuten zur Aufnahme des Schlagbetriebs freigemacht werden. Ebenso leicht ist umgekehrt der Übergang von der Meißelbohrung zur Kronenbohrung zu vollziehen, nachdem selbstverständlich vorher Krone und Meißel vertauscht sind.

Bei den T. werden sämtliche Apparate in einem aus Holzfachwerk mit Bretterverschalung hergestellten Bohrturm vereinigt. In diesem finden neben Bohrapparat, Lokomobile und Pumpe auch eine kleine Schmiede und ein Raum für die Bohrproben Platz.


Wagrechte Kernbohrungen.


Diese kommen für Bodenuntersuchungen im Eisenbahnbau nur in seltenen Fällen in Betracht, können jedoch bei Gebirgsuntersuchungen für Tunnel, die in geringer Entfernung hinter Steilhängen verlaufen, wichtige Dienste leisten. Sie werden mit der Krone, u.zw. entweder der Stahl- oder der Diamantenkrone zur Ausführung gebracht. Der Kerndurchmesser beträgt meist nur 6–8 cm. Die Drehung erfolgt durch Kurbelmechanismus entweder von Hand oder von einem Arbeitsmotor aus, der mit Dampf, hin und wieder auch elektrisch betrieben wird. Der Tagesfortschritt beträgt bei Handbetrieb 1–2 m, bei Maschinenbetrieb 3–8 m. Dabei sind Bohrungen bis zu 450 m Länge ausgeführt worden.

Mit der gleichen Maschine lassen sich übrigens auch senkrechte Bohrungen, überhaupt Bohrungen in jeder beliebigen Richtung ausführen. Hin und wieder sind senkrechte oder doch sehr steil geneigte Seichtbohrungen bis zu 100 m Tiefe mit einem solchen Apparat niedergebracht worden.


III. Vor- und Nachteile und Anwendbarkeit der verschiedenen Arten von T. Behandlung der Bohrproben.


Die Meißelbohrungen besitzen den Kernbohrungen gegenüber den Vorteil größerer Schnelligkeit und geringerer Kostenerfordernisse. Sie sind deshalb einmal da am Platz, wo es sich lediglich um die Erschließung einer bestimmten Gesteinsschicht handelt, also z.B. bei Wasserbohrungen. Sodann werden sie zweckmäßig im oberen Teil eines Bohrloches verwendet, in dem, wie beispielsweise im Tunnelbau, die genaue Ermittlung des Gebirgsprofils durch Kernbohrung auf eine bestimmte Tiefe dicht über und in der Tunnelebene beschränkt werden kann.[317]

Dagegen ist es als ein Nachteil der Meißelbohrung zu bezeichnen, daß sie mit Rücksicht darauf, daß das durchbohrte Gestein in völlig zermalmtem Zustand zu Tage gefördert wird, keine genaue Deutung des Bohrlochprofils zulassen.

Im übrigen wird zweckmäßig in mildem Gebirge, bei weichem tonigen Sandstein, Ton, Tonschiefer, Mergel und Gips die Schnellschlagbohrung, im festen Gebirge dagegen die Freifallbohrung angewendet.

Die Kernbohrung gestattet die Aufnahme eines bezüglich der Mächtigkeit, der Größe des Einfallswinkels und der Beschaffenheit des durchsunkenen Gebirges ziemlich genauen Profils, dagegen vermag sie keine sichere Auskunft über die Richtung des Streichens und des Einfallens der Schichten zu geben, weil die gewonnenen Gesteinskerne infolge des dem Bohrgestänge innewohnenden »Dralles« beim Aufholen sich mehrfach drehen müssen und daher in veränderter Stellung an die Oberfläche gelangen. Die zur Unschädlichmachung dieses Übelstandes bislang verwendeten Vorkehrungen, sog. Stratameter, die die Streich- und Fallrichtung des Gebirges schon auf der Bohrlochsohle teils mittels Kompaß, teils mittels zweier senkrecht zueinander schwingender Lote und mit Selbstzeichner festlegen sollen, arbeiten gleichfalls nur recht unvollkommen.

Immerhin wird es dem erfahrenen und geologisch geschulten Ingenieur möglich sein, aus einer Reihe von nicht zu entfernt voneinander niedergebrachten Kernbohrungen in Verbindung mit den Oberflächenaufschlüssen und unter Berücksichtigung des allgemeinen geologischen Charakters der betreffenden Gegend ein brauchbares Längenprofil für einen Tunnel od. dgl. aufzustellen.

Im Ton, nicht zu festen, von Quarz- und Eisenkieseinlagerungen freien Tonschiefer, Mergel, Gips und selbst in weichem Kalkstein läßt sich recht wohl die Stahlkrone verwenden. In allen härteren Gebirgsarten ist die Diamantkrone nicht zu entbehren, so teuer sie auch sein mag.

Die Bohrproben der Meißelbohrungen werden an der Luft getrocknet und in Holzkästen mit Einzelfächern für jedes abgebohrte m oder doch für zusammenhängende Abschnitte des Profils aufbewahrt.

Die Kerne der Kronenbohrungen werden zunächst mit Wasser abgespült, an der Luft getrocknet und dann gleichfalls in langen Holzkästen oder Blechhülsen aufbewahrt.

Von jedem Bohrloch ist ein Profil aufzutragen, das auf genauer Bezeichnung der einzelnen Gesteinsarten, der Tiefenangabe jedes Gesteinswechsels, der Angabe der Einfallwinkel der Schichten, etwaiger Verwerfungen, aller Wasserzugänge, Spülverluste und vorkommendenfalls der Kernverluste zu versehen ist.

Hoyer.

Abb. 297.
Abb. 297.
Abb. 298.
Abb. 298.
Abb. 299.
Abb. 299.
Abb. 300.
Abb. 300.
Abb. 301.
Abb. 301.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 313-318.
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