Urlaub

[77] Urlaub (furlough; congé; permesso), die seitens des Vorgesetzten einem Bediensteten zur Erholung oder aus anderen berücksichtigungswürdigen Gründen gewährte vorübergehende Dienstbefreiung.

Die Urlaubserteilung ist stets an die Bedingung geknüpft, daß die Dienstverhältnisse eine solche zulassen. Ist sie aber nur unter gleichzeitiger Bestellung eines Vertreters möglich, dann ist bei der Erteilung des U. dafür entsprechend Sorge zu tragen. Die der Verwaltung hierdurch erwachsenden Kosten werden in der Regel für eine bestimmte Zeit von ihr getragen und bleibt der Beurlaubte bis dahin im ungeschmälerten Genuß seines Diensteinkommens. Nach Ablauf dieser Frist tritt zunächst Minderung und hierauf gänzliche Einstellung der Bezüge ein.

Eigenmächtiges Überschreiten eines U. hat außer Disziplinarstrafen vielfach auch Entzug des auf diesen Zeitraum entfallenden Gehalts (Lohnes) zur Folge.

In früherer Zeit mußte jeder U. besonders bewilligt werden, u. zw. erteilten U. von kurzer Dauer in der Regel die unmittelbaren Dienstvorstände, solche von längerer Dauer die höheren Vorgesetzten. Dermalen ist den Bediensteten zumeist der Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub von bestimmter Höchstdauer unter der Voraussetzung gewahrt, daß die Dienstverhältnisse die Ausnützung des U. angängig erscheinen lassen.


Bei den deutschen Reichsbahnen erfolgt die Regelung der Urlaubszeiten der Beamten und Angestellten derzeit auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem Tarifausschusse des Reichsressorts und dem Tarifausschusse der an dem Tarifvertrag für die Reichs- und Staatsangestellten beteiligten Angestellten-Organisation. Darnach erhält jeder Beamte, soweit es die dienstlichen Verhältnisse gestatten, ohne daß es eines besonderen Antrags bedarf, im Anschlusse an eine ununterbrochene Dienstzeit von mindestens 6 Monaten alljährlich U. unter Fortzahlung der Dienstbezüge.

Die bei der Reichsbahn beschäftigten Angestellten erhalten nach dem Tarifvertrag für die Angestellten bei den Reichs- und den preußischen Staatsverwaltungen, soweit die dienstlichen Verhältnisse es gestatten, ebenfalls alljährlich U. unter Fortzahlung der Dienstbezüge, dessen Dauer nach einer Dienstzeit von 6 Monaten 7 Kalendertage beträgt und nach einer Dienstzeit von 5 Jahren auf 21 Kalendertage ansteigt. Dazu treten für einen Teil der Angestellten Urlaubszuschläge, die nach dem Lebensalter und der Vergütungsgruppe abgestuft sind. Der für Angestellte festgesetzte U. darf den U. der entsprechenden und gleichaltrigen Beamten nicht überschreiten.

Die Beamten im Vorbereitungsdienst erhalten bei der Reichsbahn nach Zurücklegung einer Dienstzeit von 6 Monaten einen Erholungsurlaub von 7–16 Kalendertagen und, soweit sie das 30. Lebensjahr vollendet haben, ohne Rücksicht auf die Dienstzeit einen solchen von 18 Tagen.

Angestellte, die auf Veranlassung der Behörde den U. in der Zeit vom 1. November bis 30. April nehmen müssen, erhalten einen Zusatzurlaub von höchstens 7 Tagen. Urlaubspläne sind in der Regel für sämtliche im Beamtendienst tätige Bedienstete aufzustellen. U. müssen tunlichst gleichmäßig auf das ganze Rechnungsjahr verteilt werden. Verheiratete Beamte mit schulpflichtigen Kindern sollen möglichst während der Schulferien beurlaubt werden. Eigentümern und Pächtern von Grundstücken soll gleichfalls hinsichtlich der Saat- und Erntezeiten entgegengekommen werden.

Für Arbeiter ist der Erholungsurlaub durch den zwischen der Reichseisenbahnverwaltung und den beteiligten Arbeitnehmervereinigungen abgeschlossenen Lohntarifvertrag geregelt. Darnach erhält jeder unter den Tarifvertrag fallende Arbeiter alljährlich einen Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Lohnes und der Kinderzuschläge. Die Dauer des U. ist nach der Länge der ununterbrochenen Dienstzeit bemessen. Sie beträgt (im Rechnungsjahr 1921) nach einer ununterbrochenen Dienstzeit von einem Jahr 6 Kalendertage und erreicht nach einer Dienstzeit von 15 Jahren 21 Kalendertage.

Zur Teilnahme an den Tagungen ihrer Organisationsverbände (Haupt- und Bezirksversammlungen sowie Vorstandssitzungen der Gewerkschaftsverbände und deren Fachgruppen) wird Beamten, Angestellten und Arbeitern U. ohne Anrechnung auf den Erholungsurlaub soweit erteilt, als ein Mandat der Organisation vorliegt und dringende dienstliche Gründe im Einzelfall nicht entgegenstehen. Etwa durch die Beurlaubung entstehende Stellvertretungskosten sind ohne Ansehung der dienstlichen Tätigkeit des zu Beurlaubenden von den Organisationen zu tragen.

Für die Erteilung des alljährlichen Erholungsurlaubs und kürzerer U. aus besonderen Veranlassungen (Dienstbefreiungen) sind die Dienststellenvorsteher oder die ihnen vorgesetzten Stellen (Ämter, Inspektionen u.s.w.) zuständig. Beurlaubungen von längerer Dauer sind den Eisenbahndirektionen (Generaldirektionen) oder dem Reichsverkehrsministerium vorbehalten.

Nach der Verordnung über den U. der Reichsbeamten und deren Stellvertretung vom 2. November 1874 (RGB. S. 129) kann bei Beurlaubung von Beamten das Diensteinkommen für die Dauer von 11/2 Monaten unverkürzt weitergezahlt werden. Zur Deckung von Stellvertretungskosten findet, sofern diese nicht nach gesetzlicher Vorschrift der Reichskasse zur Last fallen, bei einem U. von mehr als 11/2–6 Monaten für den 11/2 Monate übersteigenden Zeitraum ein Abzug von der Hälfte des Diensteinkommens des Beurlaubten statt; bei fernerem U. wird das ganze Diensteinkommen einbehalten. Eine Abweichung hiervon bedarf der Genehmigung des Reichsverkehrsministeriums.

Die österreichischen Bundesbahnen gewähren den Bediensteten folgende U.: Definitiven Bediensteten einschließlich der Stabilisierten bei einer für die Vorrückung anrechenbaren Dienstzeit bis zu 5 Jahren 14 Tage, von 5–15 Jahren 21 Tage, über 15 Jahre 28 Tage; Hilfsbediensteten und Beamtenanwärtern bei mindestens einjähriger ununterbrochener Dienstzeit 8 Tage; Hochschülern 5 Jahre Dienstzeitzurechnung.[77]

Aus Anlaß der Abwicklung der Erholungsurlaube dürfen keinerlei, wenn auch nur vorübergehende, Aufnahmen von Bediensteten erfolgen.

Substitutionskosten müssen – soweit es irgend angeht – vermieden werden, jedoch unterliegt es keinem Anstände, jenen Bediensteten, die für einen anderen auf Erholungsurlaub befindlichen Bediensteten Dienst machen, für die tatsächliche geleistete Überzeit die vorschriftsmäßig vorgesehene Überstundenentlohnung zuzuerkennen.

Beamten, die ihren Urlaub in der Zeit vom 1. November des Jahres 1921 bis zum 31. März des Jahres 1922 ausnützten, wurden für je 6 Urlaubstage, die in dem gesamten Zeiträume ausgenützt werden, 2 weitere Urlaubstage zuerkannt.

Für das Jahr 1921 wurde den Bediensteten, die im Vorjahr Anspruch auf Erholungsurlaub hatten, außerdem eine 14tägige Verlängerung des normalen Urlaubs zugestanden.

Nach dem Schweizerischen Bundesgesetz vom 6. März 1920 sind jedem ständig oder vorwiegend im Betriebsdienste einer Eisenbahn beschäftigten Bediensteten im Kalenderjahr folgende Ferien zu gewähren:


vom 1. bis einschließlich 7. Dienstjahr 7 Tage,
vom 8. Dienstjahr oder28. Altersjahr14 Tage,
vom 15. Dienstjahr oder35. Altersjahr21 Tage,
vom50. Altersjahr28 Tage.

Auf je 7 Ferientage ist einer der vorgeschriebenen Ruhetage anzunehmen. Bei Feststellung der Zahl der Dienstjahre ist die gesamte Dienstzeit zu berücksichtigen, die der Beamte, Angestellte oder Arbeiter geleistet hat.

Den Bediensteten der Niederländischen Eisenbahnen wird bei entsprechender Dienstleistung unter Weiterzahlung der vollen Besoldung U. in folgendem jährlichen Ausmaß gewährt:

a) an bestimmte höhere Beamte 28 Tage;

b) an bestimmte mittlere Beamte 21 Tage;

c) an alle anderen Bediensteten 14 Tage, vermehrt bei 15–25 Dienstjahren um 4 Tage, bei 25 oder mehr Dienstjahren um 7 Tage.

Bedienstete, die noch nicht 4 Monate ununterbrochen im Dienst stehen, erhalten keinen U.

Bei Berechnung der Urlaubstage zählen dienstfreie Tage nicht mit.

Außerdem werden auf Ansuchen beim Tode des Ehegatten oder eines Anverwandten des ersten Grades 2 Tage, beim Tode eines Anverwandten des zweiten Grades sowie bei Niederkunft der Ehefrau 1 Tag U. (mit voller Besoldung) gewährt.

Bei militärischen Wiederholungsübungen wird U. unter Fortzahlung der vollen Besoldung gewährt an Verheiratete und solche, die für Unterhalt von Angehörigen zu sorgen haben. Unverheiratete bekommen in diesem Fall halbe Besoldung.

Unter Besoldung sind auch feste Zulagen zu rechnen sowie Prämien nach näherer Bestimmung.

U. ohne Besoldung wird gewährt:

a) für Erfüllung anderer militärischen Verpflichtungen;

b) für Ausübung der Mitgliedschaft bei einem öffentlichen Amt, wozu vorherige Genehmigung der Direktion einzuholen ist;

c) für Betätigung bei Eisenbahn-Fachvereinen auf nachstehenden Grundlagen:

Für jeden Verein erhält auf je 250 Mitglieder eine Person U., höchstens aber 40; von diesen können 5 Personen jährlich höchstens 45 und die übrigen höchstens 30 Urlaubstage bekommen. Die Vereinsverwaltung hat jährlich der Direktion die Zahl der Mitglieder und die Namen, Stellungen und Standorte der Mitglieder, für die 45 bzw. 30 Urlaubstage gewünscht werden, bekanntzugeben.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 77-78.
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