Wabash-Eisenbahn

[232] Wabash-Eisenbahn. Ihre Stammlinie ist die im Jahr 1857 gegründete Bahn zwischen St. Louis und Kansas City, die North Missouri-Eisenbahn. Durch Bau von Zweiglinien und Ankauf und Pachtung benachbarter Strecken dehnte sich diese nach Norden (nach Council Bluffs) und nach Osten (nach Toledo) aus und erhielt im Jahr 1879 die Firma Wabash-St. Louis and Pacific-Eisenbahn. Die Vereinigung der verschiedenen Linien zu diesem System, das demnächst Anschluß finden sollte an die New York Lake Erie and Western-Bahn (s.d.), war hauptsächlich das Werk von Jay Gould, der nunmehr dazu überging, die Bahn weiter auszudehnen und das Aktienkapital und die Obligationen durch Verwässerung zu vermehren. Die Bahnen waren fast alle schlecht gebaut, hatten unter dem Wettbewerb benachbarter Linien zu leiden und die Erträge reichten nicht hin zur Bezahlung der Obligationenzinsen. Im Jahr 1884 kam die Bahn unter die Verwaltung von Receivers, die vollständig unter dem Einfluß von Jay Gould und Genossen standen und mit Hilfe der gleichfalls beeinflußten Gerichte in den folgenden Jahren die größte Mißwirtschaft führten und die Obligationäre in schnödester Weise beraubten. Im Jahr 1886 wurde die Bahn zu einem Spottpreis an Jay Gould verkauft. Nun griffen endlich die ausländischen Gläubiger der Bahn nachdrücklich ein und brachten die Angelegenheit vor die Gerichte von Illinois und Ohio; es wurde eine sorgfältige Untersuchung angestellt, die Receivers abgesetzt und neue Receivers für ein westliches und ein östliches Netz eingesetzt. 1889 gelang die Reorganisation und die Bahn nahm die Firma Wabash-Eisenbahn an.

Die W. hatte im Jahr 1915 eine Länge von 3055 km. Ihre Linien gehen von Kansas City nach St. Louis, Chicago, Toledo und Detroit; Zweiglinien führen nach Des Moines, nach Council Bluffs, in die Kohlengebiete von Illinois u.s.w. Nach ihrer ersten Reorganisation hat die Bahn andauernd in unsicheren finanziellen Verhältnissen fortbestanden und war wiederholt in der Hand von Receivern. Ihre letzte Reorganisation hat 1915 infolge der durch den Weltkrieg herbeigeführten unsicheren Verhältnisse stattgefunden.

Literatur: van Oss, American Railroads as investments. S. 507 ff.

v.d. Leyen.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 232.
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