Dürer, Albrecht

[191] Dürer, Albrecht. Albrecht Dürer, geb. 21. 5. 1471 in Nürnberg, gest. ebenda 6. 4. 1528, war nicht nur einer der größten Maler, Kupferstecher und Formschneider, nicht nur Erfinder der Aetzkunst und des Tondrucks, sondern auch ein überaus thätiger Buchdrucker, Verleger und Sortiments-Buchhändler. 1498 legte[191] Dürer eine eigene Buchdruckerei an und veröffentlichte in seinem eigenen Verlag das erste seiner drei großen Werke, da am meisten dazu beigetragen hat, seinen Ruhm zu verbreiten, die: »Die heimliche Offenbarung Johannis« oder »Apocalypsis cum figuris«, die neben dem lateinischen und deutschen Texte, der samt der Vorrede aus Kobergers Bibel entnommen und mit schönen gotischen Lettern gedruckt ist, mit fünfzehn großen Holzschnitten geziert war. Dieses erste Erzeugnis seiner Presse schließt mit den Worten: »Ein ende hat das buch der heimlichen offenbarung sant Johannsen des zwelffboten vnd ewangelisten. Gedrückt zu Nürenbergk durch Albrecht Dürer maler nach Christi gepurt M.C.C.C.C. und darnach im XCVIII. jare«, was wohl als Beweis dafür gelten kann, daß Dürer eine eigene Offizin besessen hat.

Mit der Veröffentlichung der »Apocalypse« beginnt eine neue Epoche der Formschneidekunst.

Das erste der »drei großen Bücher« Dürers, deren Druck im Jahre 1511 vollendet war, war eine neue und etwas vermehrte Ausgabe der schon erwähnten »Apocalypse«, welche mit dem lateinischen Text und in den semigotischen Lettern der ersten Ausgabe von 1498 erschien. Das zweite Werk mit dem Titel: »Passio domini nostri Jesu ex Hieronymo. Paduano. Dominico Manico. Sedulio et Baptista Mantuano, per fratrem Chelidonium collecta, cum figuris Alberti Dureri Norici Pictoris« wird gewöhnlich die »große Passion« genannt und erschien nur 12 Blätter stark in Folio; doch veranstaltete Dürer zugleich eine Ausgabe in kleinerem Format mit 38 Blättern, die sogenannte »kleine Passion«. Den Text zu den beiden Passionen schrieb Dürers Freund, der Benediktinerpriester Chelidonius, der sich selbst Musophilus nannte, in lateinischen Hexametern; je dreißig auf einem Blatte stehen auf der Rückseite des dazu gehörenden Holzschnittes, und zwar sind diese neuen Texte ganz gleichmäßig bereits mit den Renaissancebuchstaben gedruckt, wie sie die italienischen Drucker zur Zeit des zweiten Aufenthaltes Dürers in Venedig schon in Gebrauch hatten. Uebrigens tragen die vier großen Holzschnittfolgen am Schlusse die Worte: »Impressum Nurnberga per Albertum Durer pictorem. Anno Christiano Millesimo quingentesimo undecimo.« Darunter befindet sich eine Formel mit den fürchterlichsten Drohworten gegen etwaige Kopisten oder Nachdrucker mit Berufung auf das kaiserliche Privilegium: »Heus tu insidiator, ac alieni laboris et ingenii surreptor, ne manus temerarias his nostris operibus inicias cave! Scias enim a gloriosissimo Romanorum[192] imperatore Maximiliano nobis concessum esse, ne quis suppositiciis formis has imagines imprimere, seu impressas per imperii limites vendere audeat; quod si per contemptum seu avaritiae crimen secus feceris, post bonorum confiscationem tibi maximum periculum subeundum esse certissime scias.«

Ein drittes Holzschnittwerk, »Unser Frauen Leben«, erschien ebenfalls 1511 in Dürers Verlag unter dem Titel: »Epitome in Divae Parthenices Mariae Historiam ab Alberto Durero norico per Figuras Digestum cum Versibus annexis Chelidonii«. Dasselbe war 20 Blätter stark, im übrigen aber ebenso ausgestattet, wie die Passionen, und mit denselben Typen gedruckt wie diese; der Text war in lateinischen Distichen verfaßt.

Bereits 1510 hatte Dürer drei fliegende Blätter veröffentlicht, welche Gedichte und je einen dazu angefertigten Holzschnitt von ihm enthielten. Das erste dieser Flugblätter heißt »Der Schulmeister oder Lebensweisheit«. Das Gedicht handelt in 66 Versen von der Klugheit im Umgang mit Menschen; in dem Bild ist ein Lehrer dargestellt, wie er, das Stäbchen in der Rechten, fünf vor ihm sitzende Knaben unterrichtet. Das andere Blatt handelt in 78 Versen vom Tode und von der steten Vorbereitung auf denselben; im Holzschnitt hält der Sensenmann einem strammen Landsknecht die Sanduhr entgegen. Das dritte Blatt zeigt Christus am Kreuze zwischen Maria und Johannes, enthält 70 Verse über die sieben Betstunden und trägt den Titel: »Das sind die sieben Tagezeit', Darin Christus auf Erden leit«. Am Schluß befindet sich auf den drei Blättern das Monogramm Dürers.

Das Hauptwerk Dürers, an welches er die größte Mühe gewandt, war seine Proportionslehre mit folgendem Titel: »Hierin sind begriffen vier bücher von menschlicher Proportion, durch Albrechten Durer von Nurnberg erfunden vnd beschrieben zu nutz allen denen, so zu dieser kunst lieb tragen; M.D.XXVIII.« Die Herausgabe des Werkes erlebte Dürer nicht mehr, denn er starb während der Vorbereitung zu dessen Drucklegung.

Albrecht Dürer ist auch der Verfasser eines der großen deutschen Lehrbücher der Fecht- und Ringkunst, das sich nur in Handschriften erhalten hat, die sich in Breslau und Wien befinden.

Auch durch Vervollkommnung der Druckschrift hat sich der Meister ganz bedeutend verdient gemacht, in dem er den Schriftgießern zeigte, wie man mit Hilfe der Geometrie die Buchstaben, besonders die Versalien, nach bestimmtem Verhältnis anordnen müsse. Die Kunst[193] des Aetzens brachte Dürer 1515 als Vervielfältigungsart zum erstenmal in Anwendung.

Seinen Verlag vertrieb Dürer auf seinen vielfachen und weiten Reisen teils selbst, teils hielt er sich dazu Austräger, Agenten, Reisende, die mit ihm in Verrechnung standen und über deren unglückliches oder unredliches Gebahren zu seinem Schaden er nicht selten Klage führt. Seine großen Bücher: Apocalypse, Marienleben und die große und kleine Passion verkaufte er um 1/4 Gulden, die Kupferstich-Passion um 1/2 Gulden und die anderen Blätter und Bücher bewertete er nach dem Format und der Größe der Bogen.

Dürer verkaufte nicht bloß die eigenen Druck- und Verlagswerke, sondern er führte zu diesem Zweck auch die Werke anderer mit sich und erwarb auch durch Tausch und Kauf fremde Artikel. Wiederholt kaufte er »wälsche Kunst«, dann giebt er »ein Stüber für zween Eulenspiegel«, eine gedruckte Schrift von Thomas Murner. Auch ist er stets darauf bedacht, Flugschriften von Luther, deutsche und lateinische, zu erwerben; so kaufte er zweimal die »Condemnatio doctrinae librorum Martini Lutheri. Selestadii, Lazarus Schurer 1520«, die in demselben Jahre auch durch Melchior Lotther zu Wittenberg gedruckt wurde u.s.w. Auch die Werke seines ehemaligen Schülers, des Malers Hans Leonhard Schäufelein verkaufte Dürer in größeren Partieen.

So darf der große Maler also mit Recht als ein Zunftgenosse betrachtet werden.

Quellen: Nach J. Braun, »Albrecht Dürer, Mitteilungen über dessen Thätigkeit als Buchdrucker, Verleger und Buchhändler,« Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1885; vergl. auch Lützow, Kupferstich, Berlin 1891.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 191-194.
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191 | 192 | 193 | 194

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