Dürer

Dürer
Dürer

[610] Dürer (Albrecht), der ausgezeichnetste und vielseitigste deutsche Künstler des Mittelalters, gleich trefflich als Maler, Kupferstecher, Bildhauer und Formenschneider, Stifter einer [610] zahlreichen Malerschule, war der Sohn eines geschickten Goldschmieds aus Ungarn und am 20. Mai 1471 zu Nürnberg geboren, das als freie Reichsstadt damals in seiner höchsten Blüte stand.

Der frühzeitig Künstlertalente bewährende [611] Knabe sollte sich der Kunst des Vaters widmen, der jedoch der Neigung desselben zur Malerei nachgab, in der ihn seit 1486 der beste nürnberger Maler, Mich. Wohlgemuth, unterwies. Nach vollendeter Lehrzeit ging D. nach damaliger Sitte 1490 auf die Wanderschaft, sah sich in Deutschland um und kehrte 1494 aus dem Elsaß zurück, worauf er sein Meisterstück machte, das in einer Zeichnung, den Orpheus vorstellend, bestand; auch heirathete er bald nachher auf seines Vaters Betrieb Agnes, die schöne Tochter des nürnberg. Mechanikus, Harfenspielers und Sängers Frey, deren böser Charakter ihm aber das Leben verbitterte und selbst seinen frühzeitigen Tod verschuldet haben soll. Außer seinem eignen Bilde ohne Bart sind aus dieser frühen Zeit ein Johannes der Täufer, ein h. Onuphrius, eine Maria, die drei Weisen aus dem Morgenlande und einige Kupferstiche zu erwähnen, allgemein aber verbreitete sich der Ruf seiner Kunstfertigkeit, nachdem er 1507 von einer nach Venedig und Bologna zu seiner Ausbildung unternommenen Reise zurückgekehrt war. Während derselben hatte er auch mit Rafael Freundschaft geschlossen und in Venedig den Märtyrertod des h. Bartholomäus für die St.-Markuskirche gemalt, dessen Berühmtheit später Kaiser Rudolf II., 1576–1612, bewog, das Bild um jeden Preis an sich zu bringen und um ganz sicher zu gehen, unter kriegerischer Bedeckung bis Prag tragen zu lassen. Selbst berühmte ital. Maler nahmen sich jetzt D. zum Muster, und ein in Venedig lebender Künstler, Marc Antonio Raimondi, stach sogar dessen Kupferstiche mit dem Zeichen nach, was 1508 ein ausdrückliches Verbot solcher selbst in Nürnberg feilgebotenen Nachstiche von Seiten des Magistrats veranlaßte. Aber auch Ehrenbezeigungen blieben nicht aus und Kaiser Maximilian I., gest. 1519, ernannte D. zu seinem Hofmaler, in welcher Würde ihn dessen Nachfolger, Karl V., bestätigte, auch ihm das Malerwappen, 3 weiße Schindeln im lasurblauen Felde, verlieh, der damalige König von Ungarn aber, Ferdinand I., gab D. ein Jahrgeld und andere Gunstbeweise. D. zeichnete sich besonders durch getreue Nachbildung der Natur aus, war ein sehr richtiger Zeichner, in allem Mechanischen gründlich erfahren und drang darauf, die ganze Malerkunst, so weit sie die eigentliche Zeichnung anlangte, auf mathematische Grundsätze zurückzuführen. Eine seltene Meisterschaft bewährte er in Bildnissen, in denen er täuschende Ähnlichkeit und jede Gemüthsrichtung auszudrücken wußte, und auch seine Landschaften sind ausgezeichnet. Die Kupferstechkunst erweiterte D., indem er dabei außer dem Grabstichel das Ätzen und die Radirnadel zuerst gebrauchte, und von seinen zahlreichen Kupferstichen werden Adam und Eva im Paradiese, die Fortuna, Melancholie, Ritter, Tod und Teufel, der h. Hieronymus und die kleine Passion zu den vorzüglichsten gezählt. Unter den ihm zugeschriebenen Holzschnitten, die aber wahrscheinlich nur von ihm auf Holz gezeichnet und von Andern geschnitten wurden, gehören zu den werthvollsten: die große Passion in 13 Folioblättern; die kleine in 37, die Offenbarung Johannis in 15, das Leben der Maria in 2 Blättern; auch erfand er, Holzschnitte mit zwei Farben zu drucken und zeigte zuerst, wie man mit Hülfe der Geometrie die Buchstaben nach bestimmten Verhältnissen formen müsse. Alle berühmte Zeitgenossen ehrten und schätzten den durch seltene Biederkeit des Charakters ausgezeichneten D., der auch als Schriftsteller im Fache der Mathematik sich rühmlichst bekannt machte, selbst auf Veredlung der deutschen Sprache hinarbeitete und 1527 das erste Buch in Deutschland über den Festungsbau erscheinen ließ, ehe ihn am 6. Apr. 1528, dem ersten Osterfeiertage, seinem vielseitigen Wirkungskreise der Tod entriß, weshalb später sein Gedächtniß am 7. Apr. gefeiert wurde. In Nürnberg wurde an diesem Tage 1828 der Grundstein zu seinem ehernen Standbilde gelegt und sein Gedächtniß auch in vielen andern deutschen Städten gefeiert. Der in Nürnberg schon von früher her bestandene Dürerverein vereinigte sich 1817 mit dem dortigen Kunstvereine und. in Nürnberg führt auch die Straße seinen Namen, in der sein hier abgebildetes, neuerdings von der Stadt erworbenes und hergestelltes Wohnhaus steht, das zu Kunstausstellungen und Künstlerversammlungen benutzt wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 610-612.
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