Friedländer, Julius

[269] Friedländer, J. Dr. Julius Friedländer wurde am 25. April 1827 zu Berlin als erster Sohn des Buchhändlers Raphael Friedländer geboren. Die 1828 gegründete Buchhandlung des Vaters war nur von geringer Ausdehnung. Unter Büchern aufwachsend nahm der Sohn die Liebe zu den Büchern in sich auf und schöpfte aus ihnen eine Fülle von Kenntnissen, welche ihm ein schnelles Durchmessen der Schule ermöglichte. Seine Schulbildung empfing Friedländer auf dem Gymnasium zum Grauen Kloster, auch war er während der Schulzeit im Geschäft des Vaters thätig. Mit Vorliebe hatte er mathematische Studien gepflegt, er entschloß sich daher, dieselben auf der Berliner Universität fortzusetzten und sich später dem Lehrfache zu widmen. Nachdem er mit einer Dissertation über die Convergenz der trigonometrischen Reihen, die er auch englisch hatte drucken lassen, promoviert hatte, verließ er Berlin, ausgerüstet mit warmen Empfehlungen Alexander von Humboldts, um an einer der aufblühenden Universitäten in den Vereinigten Staaten eine Docentenstelle anzutreten. Doch es war ihm nicht vergönnt, diesen von ihm gehegten Lieblingswunsch zur Ausführung zu bringen: Krankheit des Vaters rief ihn in die Heimat zurück, und der 1853 eingetretene Tod desselben nötigte ihn, die Leitung des väterlichen Geschäftes und die Sorge für die jüngeren Geschwister zu übernehmen.[269]

Schwer wurde es ihm, die geliebten Studien aufzugeben, doch bald fand er in der Ausübung des neuen Berufes volle Befriedigung. Bei seinen Studien hatte er selbst erfahren, wie schwer es dem Spezialisten sei, die nötigen litterarischen Hilfsmittel herbeizuschaffen, und wie selbst intelligente Buchhändler so wenig imstande waren, hierbei dem Gelehrten hilfreiche Hand zu leisten. Er beschloß daher, seine Buchhandlung nach und nach in einer bestimmten Richtung zu entwickeln und wählte dazu als das ihm am meisten zusagende Fach die Naturwissenschaften. Die Erwerbung großer, vor allem naturwissenschaftlicher Bibliotheken (darunter Fr. Jacobs, C. Lachmann, G. A. Goldfuß, F. H. von der Hagen, Chr. Olufsen, Chr. Weiß, C. G. Ehrenberg u. A.), gab seinem Antiquariat bald eine bedeutende Ausdehnung. Die mannigfachen Verbindungen, die er während des Besuchs in Nordamerika angeknüpft hatte, machte er seinem Geschäfte nutzbar und berühmte Institute, wie die Astor-Bibliothek in New-York, Harvard-College in Cambridge u. a. übertrugen ihm große Bücherlieferungen. Der direkte Verkehr mit den bedeutendsten Gelehrten schuf ihm bald ein Lager, dessen reicher Inhalt in sorgfältig bearbeiteten, wissenschaftlich angeordneten Katalogen den Interessenten von ihm dargeboten wurde. Um die Erlangung der Hilfsmittel zu Spezialstudien so viel wie möglich zu erleichtern, wurde auch die neu erscheinende naturwissenschaftliche Litteratur aller Länder herangezogen, so daß es wohl kaum eine wichtige oder interessante naturwissenschaftliche Publikation gab, die auf dem Lager oder in den Katalogen von R. Friedländer & Sohn in Berlin nicht zu finden gewesen wäre. Die Firma hat bis jetzt die stattliche Reihe von 435 Katalogen, deren jeder als eine Spezial-Bibliographie des von ihm behandelten Faches gelten darf, veröffentlicht und giebt daneben seit dem Jahre 1879 eine Bibliographie neuer naturwissenschaftlicher Publikationen »Naturae Novitates« heraus.

Friedländers reiche Kenntnisse in der Physik, Chemie und Technik machten ihn neben seiner buchhändlerischen Thätigkeit zum wissenschaftlichen Experimentator: er beschäftigte sich mit Vorliebe mit der Reproduktion von Druckwerken, typographischen sowohl wie artistischen, und gelangte auch hier zu den vollendetsten Resultaten, sie waren ihm einen Erholung von seinen Berufsgeschäften.

Dr. Friedländer starb am 4. 11. 1882, das Geschäft ging an E. Buschbeck über, der W. Junk und O. Budy als Teilhaber aufnahm.[270]

W. Junk trat 1899 aus dem Geschäfte aus und gründete unter seinem Namen eine neue Firma, die sich ebenfalls als Spezialität die Naturwissenschaften erwählt hat.

Quellen: Bibliotheca Historico Naturalis von R. Friedländer & Sohn, 1883; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1882.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 2. Berlin/Eberswalde 1903, S. 269-271.
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