Friedländer

[112] Friedländer, 1) David, geb. 6. Dez. 1750 zu Königsberg i. Pr., kam 1771 nach Berlin, wo er 25. Dez. 1834 starb. Er gehört zu dem Kreise begeisterter Israeliten, die, von Moses Mendelssohn angeregt, das Werk der geistigen und leiblichen Emanzipation ihrer Glaubensgenossen fortsetzen wollten. Im Sinne Mendelssohns übersetzte er einzelne Teile der Bibel, schrieb einiges über die Verbesserung der jüdischen Verhältnisse und machte in einem verfehlten Sendschreiben an den Propst Teller in Berlin Front gegen unberechtigte Angriffe und Proselytenmacherei. F. war der erste jüdische Stadtrat Berlins, Mitbegründer der hebräischen Zeitschrift »Meassef« und errichtete unter Mitwirkung seiner begüterten Familie die jüdische Freischule in Berlin, als deren Vorsteher er 1784 ihr die Erlaubnis erwirkte, eine hebräische Druckerei anzulegen. Vgl. Ritter, Geschichte der jüdischen Reformation, 2. Teil: David F. (Berl. 1861).

2) Julius, Numismatiker, geb. 25. Juni 1813 in Berlin, gest. daselbst 14. April 1884, machte seine Studien an den Universitäten in Bonn und Berlin, bereiste 1838 und 1839 Italien und erhielt 1840 eine Anstellung an der königlichen Sammlung der antiken Münzen in Berlin. Durch ansehnliche Erwerbungen während neuer Reisen in Italien legte er den Grund zur jetzigen Bedeutung des Münzkabinetts des Berliner Museums, dessen Direktor er 1854 wurde, und entwickelte als solcher durch Ankäufe großer Sammlungen, durch Publikationen etc. eine verdienstliche Tätigkeit. 1872 wurde er Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Er veröffentlichte außer zahlreichen Aufsätzen in Zeitschriften: »Die Münzen des Johanniterordens auf Rhodos« (Berl. 1843); »Die Münzen Justinians« (mit Pinder, das. 1843); »Die Münzen der Ostgoten« (das. 1844), als Nachtrag dazu: »Die Münzen der Vandalen« (das. 1849); »Die oskischen Münzen« (Leipz. 1850, mit 10 Tafeln); »Das königliche Münzkabinett. Geschichte und Übersicht der Sammlung« (mit A. v. Sallet, 2. Aufl., Berl. 1877, mit 11 Tafeln); »Die italienischen Schaumünzen des 15. Jahrhunderts« (das. 1880–82,4 Hefte, mit 42 Tafeln); »Ein Verzeichnis von griechischen falschen Münzen, die aus modernen Stempeln geprägt sind« (das. 1883) u. a. Auch gab er G. Schadows »Aufsätze und Briefe« heraus (Düsseld. 1864; 2. Aufl., Stuttg. 1890). Aus seinem Nachlaß veröffentlichte Weil das »Repertorium zur antiken Numismatik« im Anschluß an Mionnets »Description des médailles antiques« (Berl. 1885).

3) Ludwig, Philolog, geb. 24. Juli 1824 in Königsberg, studierte 1841–45 daselbst, in Leipzig und Berlin, habilitierte sich 1847 zu Königsberg, wurde 1856 außerordentlicher, 1858 ordentlicher Professor daselbst und lebt seit Herbst 1892 in Straßburg. Sein Hauptwerk sind die »Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms« (Leipz. 1862–71, 3 Bde.; 7. Aufl. 1901). Außerdem verdanken wir ihm besonders: »Nicanoris περἰ Ἰλιακῆς στιγμῆς reliquiae emendatiores« (Königsb. 1850); »Aristonici Alexandrini περἰ σημείων Ίλιάδος reliquiae emendatiores« (Götting. 1853); »Die Homerische Kritik von Wolf bis Grote« (Berl. 1853); »Analecta Homerica« (Leipz. 1859); »Zwei Homerische Wörterverzeichnisse« (das. 1861) sowie Ausgaben des Martial mit Kommentar (das. 1886, 2 Bde.), der »Cena Trimalchionis« des Petronius mit Übersetzung und Kommentar (das. 1891) und des Juvenal mit Kommentar (das. 1895, 2 Bde.).

4) Friedrich, Maler, geb. 10. Jan. 1825 zu Kohljanowitz in Böhmen, gest. 14. Juni 1901 in Wien, studierte an der Wiener Akademie, dann bei Waldmüller, besuchte 1850 Italien, 1852 Düsseldorf und endlich Paris. Zuerst Historienmaler, wandte er sich seit 1854 dem Genre zu. Er malte anfangs namentlich Szenen aus dem Wiener Volks- und dem Soldatenleben und aus dem schwäbischen Volksleben, später aus dem beschaulichen Leben der österreichischen Invaliden, die sich durch seine Charakteristik und humorvolle Auffassung auszeichnen. Seine bekanntesten Werke sind: Volk, aus einem Amtsgebäude auf die Straße strömend (1859, Hofmuseum in Wien), das Versatzamt (1866), die Politiker (1866), die reuige Tochter (1867), Rückkehr ins Vaterhaus (1868), der neue Kamerad (1869), die Invaliden (1871), die Liebeserklärung (1872), die Erdbeerlieferanten (1872, Hofmuseum in Wien), der Zither spielende Invalide, die Vorstellung des Enkels, der Maler und seine Modelle, Invaliden eine Uhr reparierend u. a. 1889 wurde F. unter dem Beinamen von Malheim in den österreichischen Adelstand erhoben. – Seine Tochter und Schülerin Camilla F. (geb. 10. Dez. 1856) ist eine ausgezeichnete Stillebenmalerin, die vornehmlich Werke der Kunstindustrie, Kleinodien u. dgl. mit miniaturenartiger Feinheit wiederzugeben weiß.

5) Max, Publizist, geb. 18. Juni 1829 zu Pleß in Oberschlesien, gest. 20. April 1872 in Nizza, widmete sich gleichzeitig mit seinem Vetter Ferd. Lassalle juristischen Studien auf den Universitäten von Berlin, Breslau und Heidelberg und ward Assessor am Stadtgericht in Breslau, wo er sein Buch über das geistige Eigentum: »Der ausländische und einheimische Rechtsschutz gegen Nachdruck und Nachbildung« (Leipz. 1857), veröffentlichte. Als Publizist trat er zuerst 1856 mit Beiträgen für die Wiener »Presse« hervor, siedelte bald darauf nach Wien über und trat als Mitarbeiter in die Redaktion der genannten Zeitung. Seine volkswirtschaftlichen, insbes. aber seine Artikel über den politischen Tendenzprozeß gegen Richter, den Direktor der Kreditanstalt, die er unter den drückendsten Preßverhältnissen schrieb, lenkten die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihn. Nach dem italienischen Kriege führte er einen erfolgreichen publizistischen Feldzug für die Einführung einer konstitutionellen Verfassung und gegen den Schmerlingschen Scheinliberalismus. Mit M. Etienne (s.d. 2) begründete er im September 1864 die »Neue Freie Presse«.

6) Max, Musiker, geb. 12. Okt. 1852 in Brieg, widmete sich zuerst dem kaufmännischen Berufe, studierte Gesang, zuletzt unter Garcia in London und [112] Stockhausen in Frankfurt a. M., war dann als Konzertsänger tätig, wandte sich aber seit 1883 unter Spitta in Berlin musikhistorischen Studien zu, promovierte 1887 in Rostock mit den »Beiträgen zu einer Biographie Franz Schuberts« zum Dr. phil. und habilitierte sich 1894 als Privatdozent für Musikwissenschaft an der Universität zu Berlin, wo er 1903 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Sein Hauptwerk ist: »Das deutsche Lied im 18. Jahrhundert« (Stuttg. 1902, 2 Bde. in 3 Tln.). Außerdem veröffentlichte er neue Ausgaben der Lieder Schuberts, Schumanns und Mendelssohns und Monographien über Gegenstände der Liedliteratur, wie »Goethes Gedichte in der Musik« (im Goethe-Jahrbuch 1896), »Gedichte Goethes in Kompositionen seiner Zeitgenossen« (in den Schriften der Goethe-Gesellschaft 1896), auch ein »Kommersbuch« und eine »Chorschule«, »Deutsche Volkslieder« u. a.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 112-113.
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