[597] Lattmann, F. A. Der erste Buchdrucker der Stadt Goslar, Johann Voigt, war auch zugleich der Begründer der noch heute blühenden Firma F. A. Lattmann. Voigt besaß auch einen kleinen Verlag, druckte aber insbesondere für die Stern in Lüneburg, deren Handlung um diese Zeit im Aufsteigen begriffen war. Im Jahre 1614[597] erschien die erste große von Voigt gedruckte und verlegte Foliobibel, welche mit vielen Holzschnitten geziert ist.
Voigt starb 1625, die Druckerei fiel an seine 1603 geborene Tochter Kunigunde Voigt, für welche bis zu ihrer Verheiratung, 1628, das Geschäft unter der Firma Johann Voigts Erben fortgesetzt wurde. Ihre Verheiratung mit dem Buchdrucker Nicolaus Duncker, dem 1602 geborenen Sohn des Buchdruckers Andreas Duncker in Braunschweig (vergl. ⇒ Band 2 Seite 233 dieses Werkes), kam die Druckerei in den Besitz ihres nunmehrigen Mannes. 1649 begründete Duncker den noch heute erscheinenden Goslarschen Bergkalender. Nach dem Tode Dunckers er starb am 24. März 1671 als Stadthauptmann wurde die Druckerei unter der Firma Nicolaus Dunckers Wwe weitergeführt, bis sie 1676 der Sohn, Simon Andreas Duncker (geb. 1640) übernahm. Dieser hat sich wieder mehr dem Verlag zugewandt und insbesondere mit dem 1676 erstmals erschienenen »Geistlichen Gesangbuch« gute Geschäfte gemacht. Als Ratsherr und Kirchenprovisor starb er am 10. Juni 1708. Das Geschäft ging einige Jahre später an seinen 1675 geborenen Sohn Johann Philipp Duncker über, der sich als Drucker einen sehr bedeutenden Ruf erwarb. Nach seinem Tode 4. April 1753 kam die Firma an seinen Sohn Georg Berthold Duncker, geboren den 25. Juni 1713, gestorben 22. Juli 1777. »Dieser war ein sehr kluger und vielseitiger Mann, der aber seinen wissenschaftlichen Neigungen in erster Linie nachging. Er war nicht nur Advokat, sondern auch Konsistorialrat und außerdem Senator.« Nach seinem Ableben übernahm sein 1743 geborener Sohn Georg August Friedrich Duncker das Geschäft. »Durch seine Bosheit und seine oftmals an den Tag gelegte Unzuverlässigkeit und Taktlosigkeit zog er sich viele Feinde zu. Durch sein unbesonnenes Handeln brachte er die Druckerei und seine Vermögensverhältnisse derart herunter, daß ihm all sein Hab und Gut 1782 gerichtlich versteigert wurde.« Haus und Druckerei erstand damals seine unverheiratete Schwester Friederike Catharine Wilhelmine Duncker, welche nunmehr mit vieler Mühe die Druckerei fortführte. Sie verheiratete sich 1783 mit dem Buchdrucker Ernst Wilhelm Gottlieb Kircher.
Kircher, der durch seinen Vater, den Kantor zu Gernrode, eine gute und gründliche Vorbildung erhalten hatte, hatte es auch in der Buchdruckerkunst weit gebracht, wie übrigens seine 1793 erschienene »Anweisung in der Buchdruckerkunst« dartut. Er brachte die alte Druckerei bald wieder zu Ehren, legte 1787 auch eine Filiale in Einbeck an. Im gleichen Jahre siedelte Kircher nach Braunschweig über, nachdem er den nachherigen Regierungsdrucker zu Halberstadt Johann Christoph Doelle, zum Faktor seiner Druckerei in Goslar[598] bestellt und seinem jüngsten Bruder Conrad Kircher die Einbecker Druckerei überlassen hatte. Kircher begründete in Braunschweig die neue Schulbuchhandlungs-Druckerei, die er bis 1790 leitete, sie dann in Pracht nahm und am 8. November 1794 käuflich erwarb, um sie mit der Goslarer Druckerei zu vereinigen. Durch Uebernahme der Schulbuchhandlung in Braunschweig seitens C. F. Vieweg war Kircher bald ganz frei geworden und so traf er 1799 in Goslar wiederum zu dauerndem Aufenthalt ein.
1794 gründete Kircher in Goslar eine Spielkartenfabrik, die er 1799 seinem Bruder Conrad Kircher, der in Einbeck seine Rechnung nicht finden konnte, übergab. Er vergrößerte die Druckerei und verschaffte ihr nach und nach einen Ruf, wie ihn keiner seiner Vorgänger erlangt hatte. Er gab auch das Handels- und Polizeiblatt heraus, das später seine Wiedergeburt in dem Goslarschen Wochenblatt fand, seit dem Jahre 1800 aber ununterbrochen unter dem Titel »Goslar'sche Zeitung« erscheint. Weiter gab er die Monatsschrift »Der Bergmann mit der Zither« heraus und widmete sich eifrig dem Bergmannskalender, dessen Absatz er auf 15000 Exemplare brachte.
1820 nahm Kircher seinen Sohn Johann Friedrich Gottfried Kircher, geb. 29. 7. 1794 zu Braunschweig, in seine Firma auf, die von nun ab E. W. G. Kircher & Sohn firmierte. Mit dem Clausthaler Lithographen Schrepf verband sich Kircher zur Errichtung einer Steindruckerei, welche unter der Firma Kircher & Schrepf geführt wurde.
Fr. Kircher, der inzwischen die Waisenhaus-Buchdruckerei in Hildesheim übernommen hatte, verkaufte 1827 sein Goslarer Geschäft an den aus Roemhild gebürtigen Buchdrucker Wolrad Philipp Brückner, nach dessen 1837 erfolgtem Tode die Firma unter dem Namen W. Ph. Brückners Ww. von seiner ihn überlebenden Ehefrau weiter geführt wurde. 1840 wurde aufs neue eine Steindruckerei angelegt und dieselbe Eduard Brückner überlassen. Dieser, der 1855 auch das erste Goslarsche Adreßbuch herausbrachte und eine Kunsthandlung einrichtete, übernahm 1868 auch die Druckerei. Auf dem Gebiete des Verlags war seine Spezialität die Harzliteratur.
Demnächst übernahm sein Verwandter Joseph Jäger die Druckerei; seit 1888 wurde die Firma unter dem Namen J. Jäger & Sohn fortgeführt und die Leitung dem 1859 geborenen Franz Jäger übertragen. Joseph Jäger starb 1894, vier Jahre später ging das Geschäft in den Alleinbesitz von Hermann Lattmann über, der die Leitung seinem Sohn Friedrich Adolf Lattmann, geboren 1872 übertrug. Seit 1899 ist derselbe Mitinhaber der Firma.
In dem seit 1900 der Druckerei angegliederten Verlag, welcher[599] unter der Firma F. A. Lattmann Verlag beschrieben wird, befinden sich Werke von Wilhelm Schaer, Ludwig Bräutigam, Börris Freiherr von Münchhausen, Janitschek, Frieda Schanz u. a.
Quellen: Die 300jährige Geschichte des Hauses F. A. Lattmann zu Goslar, 1904.