[670] Meisenbach-Riffart. Der Begründer der berühmten graphischen Kunstanstalten Meisenbach-Riffarth & Co. in Schöneberg bei Berlin war der Münchener Kunstbuchdrucker Georg Meisenbach. Er machte eine der wichtigsten Erfindungen auf dem Gebiete der Reproduktionstechnik, deren universelle Bedeutung für Kunst und Wissenschaft, sowie für Industrie, Handel und Gewerbe, allgemein anerkannt wird, derjenigen der Autotypie. Dieses Verfahren, welches Meisenbach im Jahre 1881 erfand, ermöglichte es, nach jedem Original ein Negativ zu erzeugen, welches die Zeichnung des aufgenommenen Objektes mit allen Tonwerten in kaum bemerkbare feine Linien und Punkte zerlegt, enthält. Das »autotypische Negativ« ergibt durch die Kopie auf lichtempfindlich präpariertes Metall ein positives Bild, welches durch Aetzung in eine Buchdruckplatte verwandelt wird und[670] in unbeschränkt hohen Auflagen die bildliche Anschauung der Originaldarstellung in die weitesten Kreise trägt.
Die Autotypie, welche auf allen Gebieten der Illustration eine gewaltige Umwälzung hervorgerufen hat, hat sich inzwischen zu einer Weltindustrie entwickelt. Dem Holzschnitt und der Lithographie wurde ein großer Teil ihrer bisherigen Arbeitsfelder entrissen, andererseits aber die Schmückung der Bücher und Zeitschriften mit bildlichen Darstellungen in ganz außerordentlicher Weise ausgedehnt. Bald beschäftigten sich mit diesem allmählich vielfach verbesserten und modifizierten photomechanischen Verfahren eine Reihe von Spezialanstalten in den meisten Kulturländern, und es kam sogar eine Zeit, in der die Vereinigten Staaten Amerikas in der technischen Vollendung der Autotypie eine führende Stellung einnahmen; in den letzten 10 Jahren ist es aber Deutschland, welches auf allen Gebieten des Buchgewerbes von jeher eine hervorragende Position inne hatte, gelungen, sich wieder in die erste Reihe zu stellen.
Nicht zum mindesten ist diese erfreuliche Tatsache der Anstalt zu danken, die mit dem Namen und dem Wirken des Erfinders der Autotypie aufs engste verknüpft ist, nämlich der Firma Meisenbach Riffarth & Co. in Berlin. Die Firma entstand im Jahre 1892 durch den Zusammenschluß der Anstalten von G. Meisenbach & Co. in München und Heinrich Riffarth & Co. in Berlin. Die Uebersiedelung in ein eigenes neues Gebäude in der Hauptstraße 7a zu Schöneberg-Berlin war die erste Folge der Fusion, die deshalb nötig wurde, weil der wachsenden Bedeutung der photomechanischen Verfahren einerseits und die Wichtigkeit Berlins als Centrale deutscher Wissenschaft, Kunst und Industrie andererseits nur eine Einrichtung des Geschäftes in größtem Maßstabe entsprechen konnte. Neben dem Berliner Hauptgeschäft arbeiteten die Münchener Anstalt und eine im Jahre 1894 errichtete Leipziger Anstalt mit selbständigem, sich ebenfalls stetig vergrößerndem Fabrikationsbetriebe weiter.
Die Firma hat fast sämtliche Zweige des Buchgewerbes in ihren Betrieb aufgenommen und damit Anstalten geschaffen, wie sie hinsichtlich Mannigfaltigkeit und vollkommener Ausbildung aller Spezialitäten einzig dastehen dürften. Man kann in dem Betriebe folgende Hauptgruppen der verschiedenen Techniken unterscheiden und zwar: die auf Gravüre und Photogravüre basierenden vornehmsten Reproduktionsverfahren; Radierung, Kupferstich, Stahlstich, Photogravüre, Heliogravüre, Faksimilegravüre und Schriftstich.
Sodann die im Gegensatz zu den vorigen nicht auf Tiefdruck, sondern auf Hochdruck in der Buchdruckpresse beruhende zweite Gruppe: Autotypie, Photochemigraphie und Doppelautotypie. Ferner die lithographischen Techniken: Lithographie, Steindruck und Photolithographie,[671] sowie das Lichtdruck-Verfahren. Hieran schließen sich die komplizierten Farbendruck-Verfahren für Buchdruck, die ihre höchste Ausbildung erst in den letzten Jahren erfahren haben: Dreifarbendruck, Chromotypie, Citochromie und Typochromie, sowie die Abteilung für Holzschnitt. Auch der reine Buchdruck resp. der Akzidenzsatz wird in einer wohleingerichteten typographischen Abteilung gepflegt, ebenso wie der Galvanoplastik, dieser wichtigen Hilfstechnik für eine ganze Reihe der vorgenannten Verfahren, eine hervorragende Pflege zuteil wird. Als die Grundlage für die meisten der bei der Firma gepflegten Zweige haben die großartigen photographischen Ateliers zu gelten, die eine ganz besondere und nach neuesten Erfahrungen bemessene Ausgestaltung gefunden haben.
Es liegt in dem Wesen des Betriebes einer so umfangreichen und vielseitigen Reproduktionsanstalt wie Meisenbach Riffarth & Co., daß unzählige Fäden sie mit dem gesamten künstlerischen, wissenschaftlichen und gewerblichen Leben der Reichshauptstadt verknüpfen, Fäden, die sich aber auch viel weiter erstrecken und deren Anknüpfungspunkte nicht allein in Deutschland, sondern auch in den meisten Kulturländern des europäischen Kontinents zu suchen sind.
Quellen: Eigene Mitteilungen.