[701] Mohr (Freiburg). Jacob Christian Benjamin Mohr, geboren zu Frankfurt a. M. am 9. Oktober des Jahres 1778, begann seine buchhändlerische Laufbahn im Jahre 1793 in seiner Vaterstadt in der Varrentrapp- und Wenner'schen Buchhandlung, arbeitete dann als Gehilfe in Göttingen und Hamburg. 1804 kehrte er nach Frankfurt zurück und übernahm die im Jahre 1801 gegründete Buchhandlung von Aug. Hermann daselbst, dessen Witwe seine Gattin[701] wurde. Aus dieser Ehe erwuchsen ihm drei Töchter und drei Söhne, deren einer, Ernst Mohr, das Sortimentsgeschäft des Vaters übernahm, während dessen Bruder Georg Mohr eine Druckerei in Heidelberg errichtete, aus deren Pressen die meisten letztjährigen Verlagswerke des Vaters hervorgingen.
Bald nach erfolgter Restauration der Universität Heidelberg durch Karl Friedrich war die Etablierung einer Universitäts-Buchhandlung zu einem fühlbaren Bedürfnis geworden; Mohr in Frankfurt, der bereits in literarischen Verkehr mit Heidelberg getreten war, wurde von dort aus dringend aufgefordert, ein solches Etablissement in Heidelberg selbst zu gründen. Die Badische Regierung gab mit aller Bereitwilligkeit dazu ihre Einwilligung und erteilte das Privilegium zu einer akademischen Buchhandlung, welche dann auch J. C. B. Mohr mit seinem Freund Johann Georg Zimmer selbständig errichtete und alsbald unter der Firma Mohr & Zimmer eröffnete. So ward eine Anstalt gegründet, die, aufs innigste mit der neu aufblühenden Universität verbunden, nicht wenig beigetragen hat zu dem großartigen Aufschwung, den die zu neuem Leben gerufene Universität alsbald gewann: ihr Name ist an alle bedeutenden literarischen Unternehmungen geknüpft, welche von der Universität ausgegangen sind.
Als Zimmer 1815 ausgetreten war, setzte Mohr mit dem inzwischen neu eingetretenen Christian Friedrich Winter das Geschäft unter der neuen Firma Mohr & Winter fort. Auch von Winter, der darauf die C. F. Wintersche Verlags- und Sortiments-Buchhandlung (siehe diesen Artikel) gründete, trennte sich Mohr wieder, um den Verlag selbständig fortzusetzen.
Von den journalistischen Unternehmungen, die Mohr begründete, hat er den Heidelberger Jahrbücher, der kritischen Zeitschrift für Rechtswissenschaft und dem Archiv für civil. Praxis außerordentliche Verbreitung zu geben gewußt. Während erstere von 1808-72 erschien, erfreut sich letztere, welche 1818 erstmals erschien, heute noch einer dominierenden Stellung. Welche glanzvollen Perioden unseres literarischen Nationallebens spiegeln sich schon in seinem älteren Verlagsverzeichnisse. Der Göttinger Dichterbund ist vertreten durch dessen bedeutendstes Mitglied, Heinr. Voß, den Übersetzer Homer's und Sänger der Luise; an unsere klassische Epoche erinnern Herder und Jean Paul; die romantische Schule spiegelt sich in Schlegel's Sprache und Weisheit der Inder, in Görres' Volksbüchern und Lohengrin, in Brentano's Goldfaden, in Arnim's Wunderhorn; des philosophischen Zeitalters gedenken wir bei Namen wie Fichte, Hegel, Daub und Creuzer. Blättern wir weiter, so finden wir in der juristischen Literatur die Werke eines Zachariä, Thibaut, Savigny und Mittermaier;[702] in der Altertumsforschung das Lehrbuch K. F. Hermann's; in der Geschichtschreibung F. C. Schlosser's Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts.
Von ebenbürtiger Reichhaltigkeit ist die neuere Verlagstätigkeit der Firma Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr. Theologie und Jurisprudenz sind die vorherrschenden Fächer. Die Gottesgelahrtheit verzeichnet Namen wie E. C. Achelis, C. H. Cornill, C. Daub, E. Friedberg (Kirchenverfassungsgesetze für ganz Deutschland), A. Harnack, F. Kattenbach, F. Köstlin, W. Möller, F. Nitzsch, O. Pfleiderer, Pfarrer A. Wimmer (Im Kampf um die Weltanschauung u. a.), C. Weizsäcker u. v. a., die sich namentlich auch in dem großangelegten »Grundriß der Theologischen Wissenschaften« und in der »Sammlung theologischer Lehrbücher« zusammengefunden haben. Die bekanntesten Juristen und berühmteste Staatsrechtslehrer haben Mohr die Publikation ihrer Werke anvertraut. Wir erwähnen nur P. Laband, L. Gaub, A. von Daniels, C. R. Köstlin, G. Mandry, R. Mohl, M. v. Seydel, F. J. Stahl, Freiherr von Stengel u. v. a. Von grundlegender Bedeutung ist das in Verbindung mit vielen Gelehrten des In- und Auslandes herausgegebene »Handbuch des öffentlichen Rechts« sowie das »Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts«. Der Zeitschriftenverlag wurde vermehrt durch das Archiv für öffentliches Recht, die Kritische Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, die Zeitschrift für Kirchenrecht, die Zeitschrift für Theologie und Kirche, die Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte u. a.
Dr. J. C. B. Mohr starb am 29. 1. 1854, das Geschäft ging drei Jahre später an seine Söhne Ernst und Carl Mohr über, welche es 1878 an J. G. Kötzle und Paul Siebeck in Firma ⇒ H. Lauppsche Buchhandlung in Tübingen abtraten, wohin das Geschäft nunmehr verlegt wurde. 1880 erfolgte die Übersiedelung nach dem jetzigen Sitz Freiburg im Breisgau.
Das von Ernst Mohr anfänglich betriebene Heidelberger Sortimentsgeschäft des Vaters ging 1875 durch Kauf an den jetzigen Besitzer, Gustav Koester, über.
Quellen: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1854, Verlagskatalog 1895 uff.
Adelung-1793: Mohr (3), das · Mohr (2), der · Mohr (1), der
Brockhaus-1911: Mohr [4] · Mohr [5] · Mohr [3] · Mohr · Mohr [2]
DamenConvLex-1834: Mohr, Moir, Moor (Zeug)
Heiligenlexikon-1858: Maria Emerentiana de Mohr (257)
Herder-1854: Mohr [2] · Mohr [1]
Meyers-1905: Mohr [3] · Mohr [4] · Möhr. · Mohr meddhu · Mohr [1] · Mohr [2]
Pataky-1898: Mohr, Klara · Mohr, Frl. Marie L. F. · Mohr, Frau Bertha