[746] Parey, P. Der berühmte Berliner Verlagsbuchhändler Dr. Paul Parey wurde am 23. 3. 1842 in Berlin geboren, wo sein Vater ein angesehener Geschäftsmann war. Mit Gymnasialbildung ausgerüstet, trat er 1859 in den aus freier Wahl ergriffenen Beruf, den Buchhandel, ein. Die Lehrzeit bestand Parey von 1859-1862 in der Amelangschen Buchhandlung in Berlin.
Nach beendigter Lehrzeit hörte Parey mehrere Semester hindurch Vorlesungen an der Universität Berlin und ging dann zu Georg & Co. nach Genf. Aus Genf kehrte er 1865 nach Berlin zurück, um hier im Kaiser Franz-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2 seiner einjährigen Militärpflicht zu genügen. Als Einjähriger noch machte er den Krieg von 1866 mit, und nachdem er dann vorübergehend im Verlage des »Bazar« gearbeitet hatte, trat er 1867 als Geschäftsleiter in die Firma Wiegandt & Hempel ein, deren einer Inhaber, Karl Wiegandt, am 5. 10. 1867 gestorben war, während der andere, ⇒ Gustav Hempel, durch seinen eigenen großen Verlag so sehr in Anspruch genommen wurde, daß er dem gemeinsamen Besitz sich nicht auch noch widmen konnte. Die Firma Wiegandt & Hempel war 1862 durch Ankauf des Verlages von Gustav Bosselmann begründet worden. Karl Wiegandt hatte 1848 diese Firma unter seinem Namen ins Leben gerufen und sie nach Eintritt von Leo Grieben, 1850, unter der Firma Wiegandt & Grieben fortgeführt. 1853 erfolgte die Trennung der Sozietät, worauf Wiegandt einen Teil des später an Bosselmann abgetretenen Verlages selbständig fortführte. 1869 nahm Hempel Paul Parey als Mitinhaber auf, worauf die Firma in Wiegandt, Hempel & Parey geändert wurde. Nach dem Tode von Gustav Hempel wurde Parey 1877 alleiniger Besitzer der[746] Handlung, deren Firma von 1881 an nur noch auf seinen Namen lautete.
Pareys selbständige buchhändlerische Tätigkeit ist eine der erfolgreichsten gewesen, die der deutsche Buchhandel aufzuweisen hat. Er hatte sich in das von ihm für seine verlegerische Thätigkeit erwählte Gebiet, die Landwirtschaft in weitestem Umfange, in einer Weise eingearbeitet, daß ihm kein Bedürfnis dieses Berufsstandes, mochte es ein wissenschaftliches oder ein praktisches sein, verborgen blieb. Mit bewunderungswertem Scharfblick erkannte er vorhandene Lücken in der landwirtschaftlichen Literatur, verfolgte er jeden Fortschritt der Wissenschaft, jede Anregung, die aus der praktischen Tätigkeit der Landwirte kam, und ebenso hatte er ein feines Gefühl für die Beurteilung der Fähigkeiten der Menschen, die er sich für die Ausführung seiner Pläne erwählte. So hat er fast immer die rechten Männer gefunden, mit deren Hilfe er seine Ideen in die Wirklichkeit umsetzte, und diesen wieder ist er mit der Energie seines Willens, für den es kaum ein Hindernis gab, stets der beste Helfer und Förderer ihrer Arbeit gewesen.
Daneben besaß Parey die eindringendste Kenntnis der Herstellungstechnik und besonders ein feines Verständnis für deren künstlerische Seite. Mit nie versagendem Interesse verfolgte und erprobte er jeden Fortschritt der Illustrationskunst. Nichts blieb unversucht, um seine Werke auch künstlerisch schön zu gestalten, und so sind seine Bücher und Zeitschriften eine vernehmlich redende Geschichte der gewaltigen Entwickelung der Illustrationstechnik von den ersten schüchternen Anfängen der Zinkographie bis zu den vollendeten Dreifarbendrucken, mit denen er besonders seine »Deutsche Landwirtschaftliche Presse«, welche seit 1874 erschien, schmückte.
Das erste seiner eigensten Idee entsprungene große Unternehmen war die »Illustrierte Blumengärtnerei von Vilmorin«. Gern erzählte er, wie ihm der Gedanke hierzu aus einem illustrierten Katalog der Pariser Samenhandlung von Vilmorin gekommen sei. Er reiste selber nach Paris, um mit dieser den Ankauf des Abbildungsmaterials zu vereinbaren, suchte sich dann einen tüchtigen Bearbeiter und hatte mit diesem Werke einen so außerordentlichen Erfolg, daß der reiche Gewinn ihm die sichere Grundlage für den weiteren Ausbau des Verlages bot.
Ein ausgezeichnetes periodisches Unternehmen hatte Parey in Mentzel & von Lengerkes 1847 begründeten landwirtschaftlichem Kalender bereits übernommen; er brachte den jährlichen Absatz auf über 34000 Exemplare.
Ein Unternehmen von ähnlichem Umfange wie die Deutsche landwirtschaftliche Presse ist die 1895 begründete Zeitschrift »Wild[747] und Hund«, für die Parey sich mit beispielloser Energie einsetzte. Der erste Jahrgang verschlang ein Vermögen, und der zweite erforderte auch noch einen Zuschuß von vielen Tausenden von Mark. Aber unentmutigt und fest sein Ziel im Auge behaltend führte er das Unternehmen auf der einmal eingeschlagenen Bahn weiter, und heute hat »Wild und Hund« über 12000 Abonnenten.
Pareys eigenste Schöpfungen sind ferner die vier großen Fachlexika: Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forst- und Jagd-, und Rechts- und Verwaltungs-Lexikon, die zum Teil schon in zwei und drei Auflagen erschienen sind. Diese Unternehmungen beeinflußte er bis ins einzelne. Er suchte die Herausgeber und Mitarbeiter, er entwarf den Plan für die Bearbeitung und gab den Werken endlich die ansprechende äußere Form, die nicht wenig zu ihrer großen Verbreitung beigetragen hat. Überhaupt besaß Parey ein außerordentliches Geschick, aus oft recht unpraktischen Manuskripten brauchbare Bücher zu machen, und ebenso, seinen Büchern vortreffliche Titel zu geben. Diese letztere Gabe bewährte sich besonders bei der von ihm ins Leben gerufenen »Thaer-Bibliothek«, deren ausgezeichneter Gesamttitel jedem Landwirt geläufig ist, und der sicher die große Verbreitung dieses Unternehmens auf das glücklichste gefördert hat. Von den bisher erschienenen 100 Bändchen sind bereits weit über eine halbe Million Exemplare abgesetzt. Im Jahre 1893 begann Parey eine Sammlung von Unterrichtsbüchern für landwirtschaftliche Fachschulen, von der in rascher Folge bisher 50 Bände und von diesen 22 bereits in mehreren Auflagen erschienen sind. Neben neuen Werken machte Parey den Landwirten auch diejenigen ihrer Klassiker wieder zugänglich. So ließ er die Werke von Thaer, Schlipf, Koppe, Stoeckhardt, Rohde, Haubner u.a. neu bearbeiten und erschloß damit der Landwirtschaft den Wissensschatz dieser Bahnbrecher von neuem, der ohne ihn in Vergessenheit zu geraten drohte.
Eine ganze Reihe bedeutender Werke und Zeitschriften aus anderem Verlage ging an Parey über, so auch das berühmte Schlipfsche Handbuch der Landwirtschaft, das zum erstenmal 1841 im Verlage von J. C. Mäcken jun. in Reutlingen erschien; in den achtziger Jahren erwarb er den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Verlag von ⇒ W. Braumüller & Sohn in Wien, der besonders die forstwissenschaftliche Literatur des Pareyschen Verlages um hervorragende Werke bereicherte.
Wie unter einer solchen rastlosen Tätigkeit der Umfang des Geschäftes gewachsen ist, mag die Tatsache erhellen, daß bereits im Jahre 1894 von Parey das tausendste Werk herausgegeben wurde, wobei kleinere Broschüren nicht mitgezählt sind; außerdem erscheinen[748] im Verlage 14 Fachzeitschriften von meist sehr bedeutendem Umfange. Das preußische landwirtschaftliche Ministerium übertrug Parey den Verlag seiner Publikationen und die Preußische Akademie der Wissenschaften den Verlag des großen Sammelwerkes »Acta borussica«, und ebenso machten ihn die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, der Verein der Spiritus-Fabrikanten und viele andere landwirtschaftliche Vereinigungen zu ihrem Verleger.
Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten hat Parey gern und willig in den Dienst des deutschen Buchhandels gestellt. Viele Jahre lang hat er gewirkt in den Vorständen des »Vereins Berliner Buchhändler«, der »Korporation Berliner Buchhändler« und durch sieben Jahre ist er zweiter und erster Vorsteher des »Börsenvereins der Deutschen Buchhändler« gewesen. Zwei große Aufgaben traten während seiner Vorstandstätigkeit in den Vordergrund: der Bau des neuen Buchhändlerhauses und die neuen Satzungen vom Jahre 1887 an denen Parey hervorragend beteiligt war. Er war ferner Mitbegründer und jahrelanges Vorstandsmitglied des deutschen Kunstvereins. Er war der Hauptträger des Gedankens, zum Schutz und zur Pflege deutschen Wesens und deutscher Bildung in den Ostmarken eine große Bibliothek zu begründen. Er ist der Verfasser des warmherzigen Aufrufs, welcher der Kaiser Wilhelm-Bibliothek in Posen so viele Freunde zugeführt hat und bis zuletzt hat er mit Rat und Tat helfend und fördernd der jungen Schöpfung nahegestanden.
In Anerkennung seiner Verdienste um den Ausbau der landwirtschaftlichen Literatur ernannte die Universität Halle Parey 1894 zum Ehrendoktor. Sechs Jahre später, am 31.3.1900 starb Parey in der besten Manneskraft an einer tückischen Krankheit. Die Ausführung des letzten Willens Pareys er hatte u.a. dem Börsen-Verein zur Unterstützung invalider Beamter 20000, dem Buchhändler-Unterstützungsverein 50000, und der Universität Halle 50000 Mark vermacht legte den Testamentsvollstreckern auch die Pflicht auf, die von ihm hinterlassene Verlagsbuchhandlung in anderen Besitz überzuführen. Mit dem 1.12.1900 hat sie Arthur Georgi aus Leipzig, Inhaber der gleichnamigen bekannten Leipziger Verlagshandlung, mit allen Rechten und Pflichten käuflich übernommen und führt sie unter der alten Firma weiter. Es ist damit ein ausdrücklicher Wunsch Pareys in Erfüllung gegangen, denn Arthur Georgi stand Parey im Leben persönlich nahe und hatte früher bereits mehrere Jahre im Pareyschen Verlage gearbeitet.
Quellen: Adreßbuch für den Deutschen Buchhandel 1901; Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1900; Jahresbericht der Korporation der Berliner Buchhändler 1900; Deutsche Landwirtschaftliche Presse vom 7. April 1900; Deutscher Reichsanzeiger vom 5. April 1900; Illustr. Landwirtschaftliches Lexikon (begr. von Krafft) Berlin 1900; Verlagskataloge 1894 uff.
Buchempfehlung
Diese »Oden für das Herz« mögen erbaulich auf den Leser wirken und den »Geschmack an der Religion mehren« und die »Herzen in fromme Empfindung« versetzen, wünscht sich der Autor. Gellerts lyrisches Hauptwerk war 1757 ein beachtlicher Publikumserfolg.
88 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro