Unger, Johann Georg

[963] Unger, J. G. Johann Georg Unger wurde am 26. Oktober 1715 als der jüngste Sohn eines Pächters in dem sächsischen Dörflein Goos bei Pirna geboren. Nach Besuch der Stadtschule Pirna gaben ihn seine Eltern in die Lehre zum Buchdrucker Grütze; trotzdem der junge Unger viel mehr Neigung zum Studium zeigte. In seinen Freistunden beschäftigte den Jüngling das Holzschneiden. Diese Kunst, die dazumal sehr in Verfall geraten war, sollte durch Unger wieder zu neuem Leben erweckt werden. Er fertigte zunächst ein Alphabet in großen, geschnörkelten Buchstaben und fuhr um so eifriger in seiner Kunst fort, als auch sein Prinzipal ihn fortwährend ermunterte. 1738-40 arbeitete Unger in Buchdruckereien in Dresden und ging dann nach Berlin, wo er in der Kunstischen Buchdruckerei mit einem wöchentlichen Arbeitslohn von drei Talern von morgens 6 bis abends 8 Uhr seine Tätigkeit entfaltete. Deswegen erlahmte aber sein Interesse an der angefangenen Holzschneidekunst keineswegs. Mit rastlosem Fleiße suchte er zunächst das Zeichnen zu erlernen, worin er gar keine Uebung besaß, und als er kraft seines eisernen Willens über diese Schwierigkeit hinweg war, wandte er sein Hauptaugenmerk auf die Verbesserungen der sogenannten Buchdruckerstöcke, die damals als Buchverzierung gang und gäbe waren. In der Zeichnung und Zusammensetzung von Buchdruckerleisten, Kartuschen und Finalstöcken wurden seine Leistungen bald so bedeutend, daß er dem Buchdruck Valet sagte und sich 1757 ganz seinem Lieblingsfache, der Holzschneidekunst, zuwandte. Erwähnt soll noch werden, daß er sich seine sämtlichen Werkzeuge mit eigener Hand anfertigte. Von großem Einflusse wurde seine nunmehrige[963] Bekanntschaft mit Wilhelm Meil, einem Berliner Künstler, der ungemein viele Verdienste auf dem Gebiete der damaligen Buchillustration hat.

Trotz alledem kam Unger aber nicht aus den Nahrungssorgen heraus, umsoweniger als seine Familie sich fortwährend vergrößerte. Dabei machten sich gerade damals die drückenden Folgen des siebenjährigen Krieges sehr bemerkbar. Da kam ihm eine Rettung durch die Berliner Tabaksfabrikanten, die von seiner Kunst gehört hatten und ihm nun die Anfertigung von Etiketts für ihre Tabakspakete aufgaben. Bisher hatten diese Fabrikanten ihre Etiketts in dem weit teureren Kupferabdruck herstellen lassen. Unger wollte sich naturgemäß den Gewinn, den das Drucken neben dem Schneiden einbrachte, nicht entgehen lassen. Zur Anschaffung einer Buchdruckpresse fehlte ihm aber das Geld und daher konstruierte er eine wohlfeilere Presse mit 2 Walzen, womit zwar keine Lettern gedruckt werden konnten, die aber dennoch sich für den Etikettendruck als brauchbar erwies. Ja er konnte auf ihr sogar ein Dritteil mehr drucken, als dies mit der Buchdruckpresse möglich gewesen wäre. So von den drückendsten materiellen Sorgen befreit, widmete er sich nebenbei wieder mehr der Formschneidekunst, vervollkommnete sein Wissen über das Wesen der bildenden Künste und begann in seinem 64. Jahr die bekannten fünf landschaftlichen Vorstellungen zu schneiden, die ihn durch 5 volle Jahre beschäftigten, allerdings auch als Meisterwerke aus seiner Hand hervorgingen. Diese 5 Blätter begleitete er mit einer Abhandlung, die darlegte, mit wieviel und mit wie verschiedenen Schwierigkeiten man beim Holzschneiden zu kämpfen habe. Seinem Freunde, dem Buchhändler Gottlieb August Lange, gab er das Schriftchen in Kommissionsverlag. Nach Abzug der Kommissionsgebühren von 66 2/3% erhielt Unger als Erlös nach einem Jahre bare 50 Taler, wovon er nicht einmal die teueren Zeichnungen, ganz zu schweigen von seiner kostbaren Arbeit, bezahlen konnte.

Von neuem traf ihn ein unerwarteter Schlag in der Aufhebung der Tabaksadministration, der ihm den Verdienst raubte. Auch seine Bitte um Entschädigung, die doch den anderen Angestellten gewährt wurde, wurde ihm abgeschlagen. Mit 72 Jahren konnte er Neues nicht mehr beginnen und so legten sich trübe Schatten auf den gebrochenen Mann. Er hat sich von diesem Schlage nicht wieder erholt. Am 15. August 1788 starb er.

Quellen: J. F. U. der Jüngere, Denkmal eines berlinischen Künstlers, Berlin 1788.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 963-964.
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