[218] Glaucus (Gr. M.),
1) ein Meergott, welcher den Argonauten wahrsagte, indem er während ihrer Fahrt dem Schiffe Argo nachschwamm. Er war früher ein Fischer, sass an dem, noch nie von fremdem Fuss betretenen, noch nie von Thieren abgeweideten Grasufer, und schüttete seine Fische darauf hin, um sie zu sichten; da erhoben sich diese alle, wie von unsichtbarer Macht beseelt, und sprangen in das Meer zurück. Voll Staunen betrachtete G. das Wunder, kostete von den Kräutern, hatte aber ihren Saft noch nicht zur Kehle gebracht, als schon seine Natur verwandelt war, und er sich unwillkürlich in's Meer stürzen musste; hier ward er von den Göttern desselben als Genosse begrüsst, von allem Sterblichen gereinigt, und ihm durch hundert Ströme Wassers die Brust entsündigt; so erzählt er selbst in Ovids Verwandlungen der schönen Scylla, die er liebt. Kein Gehör bei ihr findend, da sein struppiger Bart, sein grünes Haar, seine blauen Arme, und der in einen Fischschweif endende Leib die Liebe der Erdbewohnerin nicht erwecken konnte, eilte er zur Zauberin Circe, um sie zu bitten, dass sie die Scylla ihm geneigt mache. Circe fasste nun selbst Liebe zu ihm und trug sich ihm an; da er jedoch an dem Erdenkinde hing, mischte sie die Fluth, in welcher jene täglich zu baden pflegte, mit giftigen Kräutern, welche sie in ein Ungeheuer verwandelten, so weit sie sich in das Wasser[218] begeben; so wurden ihre Beine bis zu den Hüften in lauter bellende, gefrässige Hunde verwandelt, während der Oberleib ein schönes Mädchen blieb.
2) G., Sohn der Minos, Königs von Creta, fiel als Knabe in ein Fass mit Honig, in welchem ihn natürlich Niemand suchte. Polyïdus, ein Seher aus Argos, des Cöranus Sohn, errieth den Ort, wo er verborgen war; nun aber sperrte der König ihn mit dem Todten ein, und hiess ihn denselben wieder lebendig machen. In das Grabgewölbe kam eine Schlange, welche Polyïdus erschlug; alsbald kam eine zweite dazu, die ein Kraut in dem Rachen trug, bei dessen Berührung die erste erwachte; sogleich ergriff Polyïdus dieses und machte dadurch auch den G. wieder lebendig, den er nun auch noch, auf des strengen Minos Befehl, in der Wahrsagerkunst unterrichten musste. Als dieses geschehen war, reiste er ab, bat jedoch vorher noch seinen Zögling, ihm in den Mund zu spucken, wodurch G. Alles, was er gelernt, wieder vergass. Polyïdus aber entfloh der Rache der Königs.
3) G., Sohn des Sisyphus, Königs in Corinth, den seine eigenen Pferde zerrissen, und dessen Geist es dann sein sollte, der während der Wettrennen bei den isthmischen Spielen die Pferde scheu machte. Er soll mit Eurymede vermählt, und durch sie Vater des Bellerophon gewesen sein.
4) G., Urenkel des vorigen, Hippolochus' Sohn und Bellerophons Enkel, einer der tapfersten Heiden auf Seiten der Trojaner. Eine Episode in der Ilias lässt uns einen tiefen Blick in die Sitten jener Zeit thun, nach welchen die Gastfreundschaft die heiligste der Pflichten war. Mitten im wildesten Kampfe begegneten sich G. und Diomedes; sie erkennen einander, als durch die Väter, welche einander einmal vor vielen Jahren besucht, gastfreundlich verbunden, und Diomedes stösst seine Lanze in die Erde, sagt, dass Jupiter ihn bewahren solle, seinen Gastfreund zu tödten, wechselt mit ihm die Rüstung, und als Freunde gehen sie aus einander.