[292] Kalighi (Ind. M.), die zehnte Verkörperung des Wischnu, diejenige, welche noch erwartet wird, denn die neunte, in welcher er als Krischna erschien, war seine letzte. Sobald die jetzige Zeitperiode Kali Dschug so weit vorüber ist, dass nur noch 780 Jahre von derselben bleiben, wird Wischnu erscheinen; bis dahin haben wir jedoch noch einige Zeit zu warten, denn diese vierte oder letzte Periode (Kali Dschug) dauert, nebst der ihr zugehörigen Götterdämmerung, noch 1200 Götterjahre, oder 438,000 unserer gewöhnlichen Jahre. In diesem letzten Zeitraume wird ein König aus der niedern Kaste der Schudras herrschen, welcher alle Gräuel der Anarchie heraufführen wird, indem er die niedere Kaste der höheren gleich machen will, was nun einmal, da sie aus verschiedenen Gliedmassen Brama's entsprungen, gar nicht möglich ist. Dann wird ein frommer Bramin, der diese Herabwürdigung seiner Kaste und die Erhebung der andern nicht dulden will, von ihm zum Tode verurtheilt werden, welches das grösste Verbrechen ist, das ein Tyrann begehen kann: in diesem Augenblick wird die Erde sich öffnen, der Gott Wischnu wird in seiner zehnten Verkörperung aus derselben emporsteigen, als K., auf einem weissen Ross, welches geflügelt ist, und in unbegreiflicher Schnelligkeit ihn von Ort zu Ort trägt. Mit einem flammenden Schwert vernichtet er zuerst den König, dann auch alle anderen bösen Menschen; nun regiert er als König achtzig Jahre, während welcher er überall Tugend und Unschuld wieder einführt. Mehrere seiner Nachfolger machen, wie er, die Erhebung der Religion und der Braminerkaste zu ihrem Hauptzweck, und sind desshalb vortreffliche Regenten, bis am Ende des grossen Weltalters die vollkommen gereinigte Welt in den Himmel aufgenommen wird. Ein anderer Mythus nennt Wischnu als K. selbst ein Pferd, welches schon seit Anbeginn dieses Weltalters im Himmel steht, und zwar auf dreien Füssen, weil drei Weltalter vorüber sind; sobald sich das vierte, Dschug, seinem Ende nahet, senkt das Ross seinen vierten Fuss und tritt mit demselben die Erde in den Abgrund. Untergang der Welt und des Bösen darauf ist die Folge dieses Niedertretens. Wenn die Welt sich wieder erhebt, kommen Sonne, Mond und alle Planeten zusammen in dasselbe Zeichen des Thierkreises, und das Räderwerk der Welt beginnt von vorne zu treiben. Man glaubte übrigens in diesen und den vorigen Jahren die zehnte Avatera des Wischnu bereits erfolgt, indem sich ein Cretin, ein fast stummer, völlig blödsinniger, aber äusserst starker Mensch, mit einem Kopfe, in dem man Aehnlichkeit mit dem eines Pferdes finden wollte, an mehreren Orten Indiens sehen liess. Alle Wahnsinnige werden im Morgenlande für Heilige gehalten, und so widerfuhr auch diesem das merkwürdige Glück, als Wischnu angebetet zu werden, bis sich die Braminen darein mischten und erklärten, dass noch keine Zeit zur Verkörperung des Wischnu als K. sei.