Kartikeya

[296] Kartikeya (Ind. M.), Sohn des Gottes Schiwa und seiner Gattin Parwati, welcher von dem Stern Kartiga erzogen und desshalb wie oben genannt wurde. Die Geschichte der Geburt dieses mächtigen Helden füllt einen bedeutenden Theil des Heldengedichts Ramayana, und bietet, kurz zusammengefasst, Folgendes: Gauga und Uma waren zwei Töchter des Himawai (des Königs aller Berge) und der Mera (Tochter des Meru); die ältere war die Gemahlin aller Götter, Uma aber hatte den einen mächtigen Gott Rudra (Schiwa in der Gestalt des blutigen Rächers, des Zerstörers) zum Gatten. Obwohl sie so schön war, dass Rudra hundert Götterjahre oder 36,000 gewöhnliche Jahre in ihrer Umarmung zubrachte, so erfreute sie den Gott doch nicht mit Nachkommen, und die übrigen Götter fürchteten, dass die Erde entvölkert werden würde; da durchströmte auf ihr Bitten Schiwa's (Rudra's) Kraft das ganze Weltall. Es entstand das grosse, weisse (Schnee-) Gebirge, ganz von Zucker (die Indier kennen kein Eis), mit einem Walde, von demselben Stoffe glänzend; in diesem ward K. von Ganga oder Parwati geboren, und sogleich erhoben sich von Millionen Wesen Gebete zu Schiwa und Ganga. Die Sterne, welche die Constellationen des Mondes bildeten, die Kartiga's, nahmen sich des Kindes an und erzogen und nährten dasselbe; weil es von diesen in seinen Geburtshüllen aufgenommen wurde, hiess es auch Skanda. Da es gewaschen war, glänzte es wie die Sonne, und ward alsbald von den Göttern insgesammt zum Anführer des Götterheeres ernannt. Die sechs Kartiga's (Nymphen, welche man für die sechs mit blossen Augen sichtbaren Sterne des Hyadenheeres, oder für die Jahreszeiten des Aequatorialjahres hält) säugten das Kind, welches sechs Köpfe erhielt und bald so stark wurde, dass es den Riesen Sura Parpma mitten von einander spaltete, aus dessen einer Hälfte ein Pfau, aus der andern aber ein Hahn entstand. K. wird überaus hoch geehrt, und hat von seinen Eigenschaften verschiedene Beinamen, als: der sich schnell Bewegende, der grosse Feldherr, der sechsfach sehende Gott u.a.; auch hat er viele Tempel, welche jederzeit neben seinem Bilde noch die seine Gattinnen aufstellen. Er ist der Kriegsgott der Indier.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 296.
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