Laren

[308] Laren (Ital. M.), häusliche Gottheiten der Römer, eigentlich die Seelen der Verstorbenen, aber nur derjenigen, die gut gelebt hatten, und nun als segenbringende Götter das Haus ihrer Nachkommen beschützten. Man glaubt, das Stammwort für diese Benennung in dem Worte Lar, Herr, zu finden, welches die Etrusker ihren Königen beilegten. Indessen gab es nicht bloss häusliche, sondern auch öffentliche L., selige Geister, die die Stadt Rom und die Macht des römischen Volkes erhielten, und auf den Kreuzwegen in der Stadt, je zwei an der Zahl, verehrt wurden. Ferner glaubte man auch an den Segen und Schutz der L. auf Reisen zu Land und zur See, und im Fruchtfeld, und nannte sie in dieser Beziehung See-L., Weg-L., Feld-L. Man stellte, der Fabel von der Lara zufolge, die L. häufig als Zwillinge dar. Ihre Bilder verfertigte man aus Stein, Metall, Holz etc., bald roh, bald mehr oder weniger vollendet. Im Hause war ihr Heiligthum der Herd, in seltenen Fällen finden wir sie auch in den Schlafzimmern, oder bei Vornehmeren in eigenen Lararien, deren man wohl mitunter mehr als eines in einem Hause fand, für die höheren und die niederen L.; so z.B. hatte Alexander Severus solcher zwei, in deren erstem auch Abraham und Christus als L. erster Ordnung standen, während Plato, Cicero, Virgil das zweite zierten. - Den L. wurde, wie andern Göttern, geopfert; bei jeder Mahlzeit setzte man ihnen überdiess Speisen vor, welche verbrannt wurden; bei festlichen Gelegenheiten bekränzte man sie mit Blumen. Bei Erreichung reiferer Jahre opferten Jünglinge ihnen die Zeichen des Knabenalters, die Kugeln, welche sie als Zierrath an einer Schnur auf der Brust getragen hatten; Sklaven, bei erlangter Freiheit, hängten ihnen die Ketten über, Mädchen ihre Schleier, wenn sie sich verheiratheten. - An den Kreuzwegen wurden ihnen von den Landleuten in Gemeinschaft mit ihren Sklaven am 22. December die Compitalia gefeiert, auf dass sie die am Kreuzwege von mehreren Seiten zusammenstossenden Gefahren abwenden möchten. Dort waren desshalb häufig kleine, nach vier Seiten völlig offene Capellen erbaut, welche, wie die Kreuzwege selbst, Compita hiessen; in der frühesten Zeit wurden in solchen der Mania (Proserpina) schreckliche Opfer von Kindern gebracht, indem man, einem Orakelspruch zufolge, Köpfe um Köpfe opfern sollte. Der halb vergessene Gebrauch ward durch den grausamen Tarquinius Superbus wieder aus seinem Schlummer geweckt, doch mit dem Sturze dieses Tyrannen auch wieder abgeschafft. Zum Ersatz dieser Menschenopfer hängte man kleine, mit Baumwolle ausgestopfte Puppen, nach der Zahl der im Hause befindlichen Kinder, vor der Thüre auf, damit Mania, an diesen ihre Raublust kühlend, nicht bis in das Haus selbst verderblich eindringe. In Verbindung mit den L. stand dieses dadurch, dass in Rom auch Mania für die Mutter der L. galt. Unter den verschiedenen Arten von L. verdienen noch angemerkt zu werden die Lares Grundules, welche nach Einigen die Manen der vor dem 40sten Tage verstorbenen Kinder waren, die man nicht in den gewöhnlichen Grabstätten, sondern unter der Grunda, dem Vordache des Hauses, zu begraben pflegte.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 308.
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