Laren und Larvä

[281] Laren und Larvä. Der Name dieser altitalischen Schutz- und Hausgötter bedeutet eigentlich Herr. Man dachte sich dieselben als schirmende und hilfreiche Genien, theilte sie in öffentliche und in häusliche, und hatte kleine Bildnisse aus verschiedenen Stoffen von ihnen. Der öffentlichen Laren gab es in Rom ursprünglich nur zwei, ihre Bilder waren von Stein, mit einem Hundefell umgürtet, begleitet von einem Hund, das Symbol der Wachsamkeit.[281] Die Hausgötter, aus Stein, Holz oder Metall verfertigt, standen gewöhnlich bei Bürgersleuten auf dem Heerde, bei Reichen in dem Schlafzimmer, oft in besondern Schreinen und Sanctuarien, wie man in katholischen Ländern noch Schutzheilige in Wohnzimmern angebracht sieht. Die Grundidee solcher Verehrung ist uralt und zieht durch die Religionen aller Zeiten, denn auch die Seelen Verstorbener, die zum Heil der Menschen gewirkt hatten, konnten zu schützenden Laren erwählt werden. Die Opfer, welche den Laren dargebracht wurden, bestanden in älterer Zeit nur in Früchten des Feldes, später in jungen Thieren, Kälbern, Lämmern etc.; nächstdem reichte man den Hauslaren auch Oel, Salz, Milch u. s. w. Ost werden die Laren mit den Penaten verwechselt, was ein Irrthum ist. Die Laren sind als geringere Gottheiten, wie die Penaten (s. d.), zu betrachten. Der Idee zu Folge, daß auch die Geister der Abgeschiedenen Laren sein und werden konnten, dachte man sich dieselben immer gut im Gegensatz zu den Seelen böser Verstorbener, die Larvä hießen, und als Schreckgestalten erschienen. Der von Körperbanden losgerungene Geist hieß Lemur, und es kam nun auf das von ihm geführte Leben an, ob er zum Lar, oder zur Larva wurde. Hier streift die Mythe von den Laren an das Gebiet der skandinavischen Elfen, der slavischen Licht- und Schwarzgötter, und vornehmlich der germanischen Kobolde (s. d.), die unter tausend verschiedenen Namen durch den Norden und Süden Europa's gekannt und genannt sind. Es ist sicherlich anzunehmen, daß der allverbreitete Glaube an Hausgötter der nordischen Nationen nicht von den alten Lateinern kam, sondern daß er, in der Menschennatur tiefbegründet, fast gleichzeitig überall aufsproßte, wo nur Völker feste Wohnsitze wählten. Die Hebräer hatten ihre Teraphim, die oft von den Frauen, vornehmlich zur Erreichung billiger Wünsche, angerufen wurden. Selbst bei gänzlich uncivilisirten Nationen fand man Hausgötter, und bekanntlich hatten die Lappländer die Gewohnheit, ihre Idole zu prügeln, wenn ihre Wünsche unerfüllt blieben.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 281-283.
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